Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)

Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi

V Die Abkehr

23: Jesu erste klare Ankündigung von Seinem Opfertod für alle Welt

23-A: O Rabbuni! Versichere mir, dass das nicht wahr ist!
23-B: Ich muss das auf Mich nehmen um der Gerechtigkeit willen!
23-C: Und Ich will das auch tun! Für dich und alle!
23-D: Gräme dich nicht! Die Liebe wollte sich so beweisen von Anfang an!
23-E: O Jesus! Mein lieber Sohn! Ich will Dich nicht verlieren!
23-F: Ich sah ein zartes Lämmlein, das sich für seine ganze Herde dahingab!
23-G: Wenn ihr mit euren Herzen sehen lernt, dann schaut ihr Gott!
23-H: Rückkehr zum Berg der Versuchung
23-I: Ich bin die Liebe! Nichts als die Liebe! Öffne deine Augen und sieh!
23-J: Was wird Mich mehr kosten? Euch die auswendigen, oder euch die inwendigen Augen zu öffnen?
23-K: Was meinen denn die Menschen, wer Ich sei?
23-L: Und Johannes der Täufer? Für wen hielt er Mich?
23-M: Und ihr? Wie denkt ihr inzwischen über Mich?
23-N: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!
23-O: Wahrlich! So bist du nunmehr auf dem Felsen gegründet!
23-P: Ich will euch den Schlüssel zur Glückseligkeit geben!
23-Q: Ich werde bald für euch alle sterben und auferstehen!
23-R: Dies ist es, was selbst schon Jesaja von Mir prophezeit hat!
23-S: Denn diese Worte waren nicht nur ein Nachruf auf den Propheten Jesaja selbst!
23-T: Und es ist nicht nur eine Weissagung über alle Knechte Gottes!
23-U: Dies ist zuerst und zuletzt eine Prophezeiung auf den erlesensten Gottesknecht!
23-V: Das kann unmöglich der Wille Gottes sein!
23-W: Meinst Du, so das Reich Gottes aufrichten zu können?!
23-X: Habt ihr überhaupt eine Vorstellung, was für ein Grauen ihr da ersehnt?!
23-Y: Willst Du all dem Unheil denn nicht endlich wehren?! Wir brauchen einen Erlöser, kein weiteres Opferlamm!
23-Z: Dramatische Überwerfung!
23-AA: Jesu knallhartes Ultimatum
23-AB: Glückseligkeit gibt es nur in der selbstlosen Liebe!
23-AC: Nur wer zur Hingabe an alle bereit ist, kann Mir folgen!
23-AD: Ihr könnt alles gewinnen oder aber alles verlieren!
23-AE: Wer immer Meine Liebe zu allen verleugnet, wird sie auch nicht erfahren, bis er darüber zur Besinnung kommt!
23-AF: Wer Mein Heil für alle verleugnet, wird nicht mit eingeholt werden, wenn Ich wiederkomme!
23-AG: Ihr habt die Wahl: Wollt ihr Erste oder Letzte sein? Leben oder Tod?
23-AH: Jesus verhieß den baldigen Anbruch Seines Reiches im Geist, nicht den von Seinem Messiasreich!
23-AI: Trotzdem brach damals schon die große eschatologische Zeitenwende an!
23-AJ: Gar vieles verstanden selbst Jesu Apostel noch nicht völlig!
23-AK: Christus verhieß all den Seinigen Unsterblichkeit!

(A)

Nachdem sie einige Tage in Kapernaum waren, brach Jesus, zusammen mit Seinen zwölf Aposteln und einigen Jüngerinnen, die in Seinem Gefolge waren, auf, um mit ihnen noch weiter hinauf nach Norden in die Gegend von Gaulanitis zu ziehen, in welchem der milde Philippus herrschte. Und als sie nicht mehr fern von Cäsarea Philippi unterhalb des Gebirgszuges des Hermon waren, schlugen sie ihr Lager auf, um dort zu nächtigen.

Am nächsten Morgen aber, als Jesus noch tief in der Nacht, lange vor Anbruch des Tages nach Seiner Gewohnheit hinaus gegangen war, um Seinen himmlischen Abba im Gebet zu suchen und sich von Ihm stärken zu lassen und Weisung für das Nächst-Anstehende zu empfangen, da geschah es, dass auch Maria von Magdala vor allen anderen erwachte. Denn sie war von einem schlimmen Alptraum aufgeschreckt worden.

Und da sie entsetzlichste Vorahnungen befielen und sie durch ihr Nacht-Gesicht völlig verschreckt und verstört worden war, suchte sie den Meister, um bei Ihm Antwort zu finden. Als sie sich aber dem Rabbi von hinten nahte, der sich auf den Knien, Hände und Gesicht zum Himmel erhoben, in Versenkung befand, da wurde Er ihrer gewahr und wandte sich zu ihr um.

Und Jesus sah sie liebevoll an und sprach zu ihr: „Maria! Meine liebe Maria! Was hat dich denn so erschüttert, dass es dich in so früher Stunde zu Mir getrieben hat?!“

Maria aber konnte die Tränen nicht halten und warf sich neben dem Meister zu Boden und schluchzte: „O, Rabbuni! Ich habe einen furchtbaren Traum gehabt! Bitte versichere mir, dass das nicht wahr ist!

In meinem Traum fand ich mich in Magdala wieder, wo sie mich steinigen wollten: meine Verkläger. Und wie es damals war, so stelltest Du Dich auch in diesem Nacht-Gesicht vor mich, um mich zu schützen und mich vor meiner Hinrichtung zu bewahren.

Aber unter meinen Richtern, da stand ein dunkler, furchteinflößender Schatten, dessen Anblick mir kalte Schauer über den Rücken laufen ließ, obwohl ich sein Angesicht nicht erblicken konnte. Denn ich spürte seinen Hass und Groll und Zorn, seine unbändige Wut und tiefste Verbitterung. Dieser Schatten war etwas durch und durch Böses! Und er brüllte: »Das Gesetz muss erfüllt werden! Die göttliche Gerechtigkeit kann niemals aufgehoben werden! Aller Sünde Sold ist der Tod! Und eine jede Übertretung muss mit dem Tod gesühnt werden! Darum muss das Gericht vollstreckt werden!« Und er erhob den großen Steinbrocken in seinen Händen und warf ihn nach mir.

Da aber hast Du Dich vor mich geworfen; und der Stein traf Dich, statt meiner, an deiner Schläfe, so dass Du vor mir zu Boden stürztest. Und alsdann warfen sie alle ihre Steine, obwohl Du schon die Besinnung verloren hattest; und allein dein Körper zuckte noch.

Es war einfach furchtbar! FÜRCHTERLICH! Und ich weiß nicht, was ich von diesem schauderhaften Traum halten soll! Bitte, lieber Meister! Versprich Mir, dass dies nur wirre Fantastereien waren, die in mir aufgestiegen sind! Das kann …, das DARF einfach nicht sein, dass Du … DU … statt meiner …! Niemals hätte ich zugelassen, dass Du für mich erdulden und auf Dich nehmen musst, was ich verdient hätte! Da hätte ich mich lieber selbst steinigen lassen wollen!“

(B)

Und Maria warf sich gänzlich auf die Erde und grub unter Tränen ihr Gesicht in ihre Hände. Denn sie war so von Wehmut und Scham erfüllt, dass sie ihrem Jesus nicht mehr in die Augen sehen konnte.

Der Heiland aber nahm ihre Wangen voll Zärtlichkeit in Seine Hände und richtete sie auf und sah ihr tief in die Augen und flüsterte ihr mild zu: „Aber das weiß Ich doch, Maria! Du hattest Dich nur verirrt, wie ein kleines Lämmlein, das in jungen Jahren den Anschluss an die Herde verloren hat! Und gerade darum konnte Ich es nicht zulassen, dass du für etwas zur Verantwortung gezogen wirst, was du im Grunde deines Wesens doch niemals wolltest!

Aber siehe: Genau. wie du es in deinem Nacht-Gesicht gesehen hast, ist da tatsächlich jenes dunkle, grauenhafte Wesen, das eiskalt und unbarmherzig Genugtuung und Gerechtigkeit und Vergeltung fordert, so dass keine Übertretung des Gesetzes einfach so, ohne jede Sühne, vergeben werden kann. Und um dieses Wesens willen, das die Einhaltung des Gesetzes fordert bis ins kleinste Jota hinein, ist es notwendig, dass ein stellvertretendes Sühneopfer dargebracht wird für alle Übertretungen und Sünden der ganzen Welt.

Darum muss Ich dies auf Mich nehmen, was du im Traum gesehen hast, weil Ich dich liebe und auch um deine Liebe weiß und es darum nicht für gerecht befinde, dass du um deiner Verfehlungen willen auf ewig um das Leben in Meiner Liebe kommen sollst!

Denn auch, wenn das Gesetz Bestrafung und Vergeltung fordert, so wäre es doch Unrecht nach Meiner höheren göttlichen Gerechtigkeit, in der sich Mein Gesetz erst wirklich und wahrhaftig vollends erfüllt – nämlich in unüberbietbarer Barmherzigkeit und Liebe, die wahrhaft auch alles vergibt!

(C)

Darum muss dies sein und geschehen, was du gesehen hast! Und wenn es dir ein Trost ist: nicht etwa allein um deinetwillen, sondern um aller Seelen willen, weil sich alle verrannt haben und abgeirrt sind! Und doch hätte Ich Mein Leben auch für dich ganz allein gegeben in Meiner unendlichen Liebe zu dir – wie aber auch für jede andere Seele.

Denn fürwahr: Selbst sogar all jene, die Mich abgrundtief hassen und Mich zu töten suchen, wissen überhaupt nicht, was sie da tun und mit wem sie es in Wahrheit zu tun haben, und wie sie damit vor allem sich selbst schaden, und was sie sich damit antun, weil sie weder Mich, noch Meinen Vater, noch sich selbst erkennen, noch irgendetwas verspüren von der Heiligen Ruach, die alles erst wieder ins Leben rufen muss.

So haben all jene Widersacher, die Mich zu Tode bringen wollen und auch werden, tatsächlich nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, was sie damit zunächst auch über sich selbst an furchtbarsten Gräueln bringen in der Verbohrtheit und Verstocktheit ihrer erkalteten Herzen; sondern sie meinen sogar, Gott selbst damit einen Dienst zu erweisen, so fatal sind sie ihrem eigenen Irrwahn verfallen! Aber auch für sie alle gebe Ich Mein Leben – ja, für wahrhaft alle, um noch alle mit Mir auszusöhnen, und zwar, ohne Mein eigenes Gesetz dadurch aufzuheben oder zu umgehen, sondern indem Ich es selbst alles ertrage und erdulde, was das Gesetz zu euer aller Entsühnung und Auslösung fordert, und indem Ich somit selbst alles erfülle.

Denn Ich bin die Liebe! Nichts als Liebe! Und diese Liebe bezwingt am Ende alles! – und überwindet noch die hartnäckigsten Widersacher!

Aber dies geht nur über diesen, Ihren Weg! Darum gräme Dich nicht länger über etwas, was doch unvermeintlich ist, und so schon ersehen war aus allen Ewigkeiten heraus – und zwar sogar schon als eine unabdingbare Voraussetzung für die Grundlegung des ganzen Alls selbst!

Alles kommt aus dieser Liebe! Und alles wird eingeholt und verwandelt werden durch diese Liebe! … und auch überführt werden durch diese Liebe, weil letztlich doch alles dieser Liebe angehört und allein in Ihr Glückseligkeit und wahre Erfüllung finden kann, und sich die Liebe am Ende in allem durchsetzt und erweist und bewahrheitet, dass nichts, als Licht und Liebe ist. Denn von der Liebe und durch die Liebe und zu der Liebe ist wahrhaft alles!

Und in der absoluten Infragestellung von all dem, in diesem jetzigen, gegenwärtigen Äon, erweist die Liebe sich selbst als das, als was Sie sich selbst von Ewigkeit zu Ewigkeit erkennt und begrüßt und erwählt.

(D)

Darum musst du dich nicht schuldig und verantwortlich fühlen für das, was jetzt geschehen muss, auch wenn darüber gesühnt wird, was jenes Dunkelwesen an Anklage wider dich, wie alle, vorbringt und erhebt, und was letztlich, wie sich´s erweisen wird, auch diesen Richter aller Welt selbst noch richten muss und wird. Denn dies ist der Erzwidersacher Gottes: nämlich der Satan.

Aber was hier geschieht und geschehen muss, musst du dir nicht anlasten! Denn hier erfüllt sich weit Größeres, Gewaltigeres, das weit über dich hinausgeht und im Grund nichts mit dir und deiner vermeintlichen »Schuld« an all dem zu tun hat: Hier erweist und beweist und bestätigt und bekräftigt und verwirklicht die grenzenlose göttliche Liebe sich aus sich selbst, wie Sie es von Ewigkeit her aus sich selbst beschlossen hat, dass Sie so und nicht anders sein will: unendlich und unüberbietbar! – unendlich erhaben über jede Infragestellung und über jeden, auch den allergrößten, totalen Widerspruch! – in der Bereitschaft, sich für alle restlos aufzuopfern und gänzlich hinzugeben!“

Und Jesus legte tröstend Seinen Arm um Maria und drückte sie an sich. Wie wohltuend war das doch für sie! Sie durfte sich in der tiefen Traurigkeit, die sie angesichts ihrer schauderhaften Vorahnungen befallen hatte und die sie sich selbst so schändlich schuldig fühlen ließ, an Seine Brust lehnen; und die vorbehaltlose Annahme und Liebe, die sie spürte, wie sie aus Seinem Herzen ausströmte und sie umspielte, ließ sie doch über allem zur Ruhe kommen, wie ein Kind, das im Arm seiner Mutter gestillt wurde: eine Ahnung, dass am Ende doch alles gut würde und deshalb auch gut und in allem doch in Ordnung sein musste, was auch immer noch an Schrecklichem kommen sollte.

Und nachdem sie so eine lange Zeit schweigend nebeneinander gesessen waren – Maria matt und betrübt an Jesu Brust gelehnt und in Seinem Arm, bis schließlich die Sonne aufgegangen war, erhob sich Jesus und sprach zu Seiner ersten Jüngerin und Gefährtin:

„Glaube Mir! Es wird alles gut – und IST darum gut: so, wie es kommen muss und auch wird! Dadurch quillt alles Leben aus der göttlichen Liebe, um alles mit wahrhaftigem, göttlichen Leben zu erfüllen und ins Leben zu bringen. Das ist der Anfang, wie auch die Vollendung der ganzen Schöpfung, wie auch des Schöpfers in Seinem selbstlosen Liebes- und Erlöser-Wesen selbst!“

(E)

Und sie begaben sich zu den anderen, die mittlerweile auch erwacht waren und sich zum gemeinsamen Frühstück einfanden. Die Frauen waren bereits damit beschäftigt, Bort-Fladen und Milch, sowie Trauben und Feigen und einen würzigen Gemüsebrei aufzutischen.

Aber auch sie waren sehr still und schweigsam an diesem Morgen und wirkten gedrückt und bekümmert.

Und der Meister, nachdem Er sich in den Kreis Seiner Anhänger gesetzt hatte, stellte – zu Magdalena gewandt – fest: „Maria, du scheinst nicht die Einzige zu sein, die heute nacht schlecht geträumt hat.“

Es entging kaum jemanden in der Runde, dass sowohl Maria, die Mutter des Herrn, als auch Susanna, die Freundin der Magdalena, regelrecht zusammenzuckten, als der Rabbi dies bemerkte.

Jesus aber wandte sich an Seine Mutter und fragte sie: „Mutter, was hat dich denn heute nacht im Schlaf so verstört?“

Maria war es peinlich, und sie wollte nicht darüber reden: „Ach, nichts! Es war nur ein wirrer Traum.“

Doch Jesus gab nicht nach: „Erzähl´ ihn uns bitte! Denn vielleicht war es ein Gesicht, das die Heilige Ruach in dir aufsteigen ließ, um dir, wie euch allen, etwas kundzutun und mitzuteilen.

Außerdem sehe Ich doch, wie dich das aufwühlt und beschäftigt, was aus den Tiefen zu dir drang. Und ist´s nicht so, das all dies, was du geschaut hast, drückende Fragen in dir aufgestört hat, die nach Antwort verlangen? Darum teil´ es uns bitte mit, dass Ich´s dir und euch allen erläutern kann.“

Also fing Jesu Mutter an, zu erzählen: „In meinem Traum stiegen zuerst Erinnerungen in mir hoch: Ich fand mich im Tempel wieder – mit Dir, Jesus, wie Du einstmals warst: als ein kleines, über alle Maßen entzückendes Baby auf meinem Arm.

Und dann erblickte ich auf den Stufen zum Nikanor-Tor, das vom Vorhof der Frauen Einblick in den Hof der Männer und Priester hin zum Brandopfer-Altar und zum Heiligtum bietet, schemenhaft zwei Gestalten, die ich zuerst für den altehrwürdigen Simon und die Prophetin Hulda hielt, die einstmals über Dir geweissagt hatten, als wir Dich seiner Zeit nach Deiner Beschneidung in den Tempel brachten, um Dich vor dem HERRN darzustellen.

Dann aber meinte ich, es wären meine Eltern, mein gütigster Vater Joachim und meine liebste Mutter Anna, die mich einstmals ins Haus des HERRN gebracht hatten.

Doch auch sie waren es nicht; denn beide erstrahlten unversehens wie die Sonne in ihrer Kraft und waren von unbeschreiblicher Majestät, Anmut und Schönheit.

Der Mann, den ich erblickte, schien uralt an Tagen; da erkannte ich, dass es der Höchste sein musste, den wir als unser aller himmlischen Vater verehren, der Allmächtige, der unser aller Abba ist; und die weibliche Gestalt zu Seiner Linken schien mir die Heilige Ruach zu sein, die Kraft des Höchsten, oder die Achamoth, Seine göttliche Weisheit.

Diese traten vom Heiligtum zu mir herunter und sprachen zu mir wie mit einer Stimme, die sich anhörte, wie der Chor eines ganzen Heerlagers oder das Donnergrollen unzähliger mächtiger Wasserfälle: »Sieh, dies Kindlein! Wir haben es dir einstmals anvertraut und ganz aus unseren Händen in die Deinigen gegeben. Und Du hast es in deine Obhut genommen und an deine Brust gelegt und es großgezogen in mütterlicher Liebe und ihm das göttliche Wesen vertraut gemacht. Und darum wird man dir auch benedeien auf dem ganzen Erdkreis, weil du jenem Kind zur Mutter geworden bist.

Nun aber hat sich die Zeit erfüllt; und nun ist es an dir, loszulassen und dieses Kind deinerseits wiederum ganz aus deinen Händen in die Unsrigen zurück zu geben, damit Es Seine Mission und Sendung erfüllen kann, für die es in diese Welt hineingeboren worden ist.«

Und dann streckten Sie mir die Hände entgegen, voll Verlangen, dass ich Ihnen Mein Kind wieder übergäbe.“

Maria rollte eine Träne über die Wange und sie schaute in die Runde der Jüngerschar. „So musste ich Ihn wieder hergeben: Meinen kleinen, über alles geliebten Sohn, meinen Jesus!“

Dann schluchzte sie: „Und als sie das kleine, so liebreizende Bündel von mir empfangen hatten, da wandten sie sich um, zum Hof der Priester vor dem Heiligtum – zum Brandopfer-Altar, wo die geschlachteten Opfertiere dargebracht werden. Da befiel mich eine furchtbare Ahnung und mir stach´s aufs Schmerzlichste durchs Herz. Und ich war so entsetzt und bestürzt von dem Schauder, der mich befiel, dass ich davon erwachte.“

Als Maria dies bekundet hatte, konnte sie die Tränen nicht mehr länger unterdrücken. Ein Schmerzens-Seufzer entwich ihr und sie warf sich ihrem Sohn, an dessen Seite sie saß, an die Brust; und es brach aus ihr heraus: „O Jesus, mein lieber Sohn! Ich will Dich nicht verlieren!“

Jesus umarmte Seine Mutter und wiegte sie tröstend; und Er beteuerte ihr mit unsäglich milder Stimme: „Du wirst Mich nicht verlieren! Nur so, wie du Mich bislang gekannt hast! Du wirst Mich wieder erhalten: aber als einen anderen! – wie auch Abraham seinen Sohn wieder erhalten hat, der alsdann jedoch Israel zeugen sollte und dadurch zum Stammvater und Ur-Ahn des ganzen Volkes Gottes wurde.“

(F)

Dann blickte der Rabbi zu Susanna und fragte sie: „Und du, Meine liebe Susanna? Was hast du im Schlaf gesehen?“

Magdalenas Freundin blickte bedrückt zu Boden. Denn die Aufforderung des Meisters, ihren Traum zu berichten, ließ sie nichts Gutes ahnen. So sprach sie: „Der HERR möge es schenken, dass es nur ein Trugbild war und wirre Angst-Phantasien!“

„Was hast du denn nun geträumt?“, wiederholte Jesus Seine Frage.

Susanna schluckte ergriffen und berichtete schließlich: „Ich sah eine Herde Schafe im Gebirge Judas. Die war von Furcht und Entsetzen ergriffen. Denn über ihr schweifte ein mächtiger Adler; und sein Anblick war schauderhaft: Sein Gefieder schimmerte wie Gold und Erz und Metall, schrecklich anzusehen; und sein Kreischen war furchtbar! Und wo immer sein Schatten über die Herde streifte, da stieben alle Schafe und Lämmer und Böcke in heller Panik auseinander.

Und einen Hirten, der sie hätte beschützen können, sah ich nicht; aber dafür ein kleines Lämmlein, weit anmutiger, wie alle anderen, und strahlend weiß wie Schnee. Ja, es leuchtete, wie die Sonne. Und die Lämmer in seinem Umfeld hatten keine Furcht. Denn dieses eine blendend weiße Lämmlein strahlte Ruhe und Frieden und Hoffnung aus, wie ein guter Hirte. Und wohin sein Licht fiel, darüber kreiste der Adler nicht; und die Schafe, die im Licht dieses Lämmleins waren, traf der Schatten des Adlers nicht.

Dann aber kamen, wütend blökend, die Böcke der Herde; und sie stießen das Muttertier des Lämmleins von seinem Jungen fort, und die anderen Lämmer und Schafe, die im Licht jenes Lämmleins gewesen waren, wurden von Furcht und Entsetzen ergriffen und flüchteten vor den wild um sich stoßenden Böcken.

Dann stürzten die Böcke auf jenes strahlende Lämmlein zu und trieben es von der Herde weg – wohl, weil es das zierlichste und geringste unter allen Herdentieren war und in Seiner allduldsamen Friedfertigkeit ohnmächtig allem ergeben schien.

Und das Lämmlein unterwarf sich ihnen und ließ es sich gefallen. Und es ließ sich außerhalb der Herde nieder und legte sein Haupt auf seine Vorderbeinchen und blickte hinauf in den Himmel, wo der schrecklich ehern schimmernde Adler kreiste.

Und der Raubvogel erspähte es und ließ ab von der Herde; und er fiel im Sturzflug auf das zarte Lämmlein nieder und packte es mit seinen spitzen Krallen, die sich in das zarte Fell des Jungtiers gruben; und er riss es.

Und dann erhob sich jener Adler kreischend mit dem gerissenen Lämmlein in die Lüfte und entschwand mit ihm in den Weiten des Himmels. Und tiefer Kummer befiel mich um dieses Lämmleins willen, das sich für die Herde geopfert hatte.“

Als Susanna diesen ihren Alptraum erzählt hatte, da waren alle sprachlos vor Entsetzen. Denn ihnen war klar, dass dies noch weit deutlicher Unheil verhieß, als das Nacht-Gesicht von der Mutter ihres Meisters, das bereits befürchten ließ, dass ihnen ihr Rabbi genommen werden würde.

Jesus aber blickte in die verdutzten Gesichter um sich und erklärte, zu Seiner Mutter und zu Susanna gewandt: „Diese Träume, die ihr hattet, sind nicht nur aus den Tiefen eurer Seelen aufgestiegen. Denn durch manche Nacht-Gesichte teilt sich auch die göttliche Ruach mit. Und so war es auch bei euren Visionen: Sie waren prophetisch.“

(G)

Und der Rabbi erklärte: „Denn aus gar manchem, was aus eurem tiefsten Herzen quillt, spricht auch Gott. Und ihr müsst es nur lernen, alles wieder mit dem Herzen zu sehen und zu vernehmen; und ihr müsst euch darin üben, wieder zu erkennen, was die wahre Herzens-Stimme in euch ist: das inwendige göttliche Licht, das alle Seelen zu erleuchten vermag.

Alle eure Seelen werden inwendig durch das Herz aller Herzen erleuchtet. Denn das unbescholtene, kindliche Herz: es ist euer inwendiges Auge. Und wenn das göttliche Licht in euer Herz fällt, und euer Herz es vernimmt und ihr´s wahrnehmt und seht, so wird eure ganze Seele inwendig erleuchtet werden, wie das Licht durch das Auge in euch dringt und den ganzen Leib erleuchtet.

Wenn euer Herzens-Auge klar ist, dann sieht es das Licht; und das Licht erleuchtet inwendig eure ganze Seele; wenn euer Herzens-Auge aber trüb ist, so kann das göttliche Licht nicht in euch eindringen und hinein-strahlen, so dass eure ganze Seele verfinstert bleibt.

Wenn nun das Licht, das doch in euch selbst innewohnt und in euer aller Herzen zu finden ist, darin nicht zum Leuchten kommt, weil ihr´s nicht erkennt und weil ihr nicht gelernt habt, in euer Herz zu blicken, dann wird eure ganze Seele verfinstert bleiben. Und wie groß muss die Finsternis dann in euch sein!.

Denn euer Herz ist euer inwendiges Auge: das Fenster, durch das ihr das himmlische Herz und Wesen erblickt und Sein Licht in euch hinein-stahlt. Und wenn ihr der Stimme eures Herzens nachgeht, dann wird euch der Morgenstern aufgehen in euren Herzen, das euch euer Herz darüber brennt. Und dann werdet ihr auch die Schriften verstehen und das wahre Leben darin finden: Denn sie sind es, die von Mir und Meiner Liebe zu euch allen zeugen, wenn ihr´s nur von Herzen her auf Meine unverlierbare Liebe zu allen hin recht auszulegen versteht.

Darum müsst ihr es lernen, wieder mit euren Herzen zu sehen. Das Wesentliche, Eigentliche, auf das es ankommt, ist mit den auswendigen Sinnen nicht wahrnehmbar. Man kann es nur mit dem Herzen sehen: mit den Augen der Liebe!

Ich bin gekommen, dieses Licht in euch wieder zu entzünden und eure verklebten Herzens-Augen wieder zu öffnen, auf dass ihr das göttliche Licht seht; dann wird euch alles licht sein und ihr werdet erleuchtet werden über alles, so dass ihr´s erkennt und dann auch versteht.

Und wenn ihr gelernt habt, alles wieder mit dem Herzen zu sehen und zu beurteilen, dann werdet ihr auch die Schriften verstehen und erst wirklich recht begreifen: nach der Gesinnung des göttlichen Herzens. Denn darum forscht ihr doch auch in den heiligen Schriften: Ihr sucht das wahrhaftige, ewige Leben darin; und sie sind es auch, die von Mir zeugen.

Darum forscht darin mit euren Herzen, und lasst sie euch recht auslegen durch eure Herzen nach der Gesinnung der euch allen unverlierbar geltenden göttlichen Liebe, die das Herz aller Herzen ist! Dann wird euch der Morgenstern aufgehen in euren Herzen und ihr werdet eure Schriften verstehen und Mich in Meiner Retterliebe zu euch allen darin finden und erkennen und sehen. Und dann wird euch alles klar und offenkundig sein.

Und dann werdet ihr auch erkennen, was die Heilige Ruach euch selbst durch eure Herzen kündet: in Einflüsterungen, die euer Inwendiges sanft umspielen und in Worten des Trostes und der Hoffnung und Erbauung, wie auch in inneren Bildern, Träumen und Visionen; und ihr werdet´s zu deuten verstehen.

Und wenn ihr Mich fragt: »Wo ist der Ort, wo Du bist und wo Du gefunden und erlebt werden kannst?«, so antworte Ich euch: »Der Ort, wo ihr Mich wahrnehmen könnt als den Lebendigen, der in Seiner Liebe zu euch spricht: Er ist in euren Herzen!«

Wer sich von aller Ewigkeit her als vorbehaltlos geliebt und erwählt erkennt mit allen, in dessen Inneren ist Licht; und dies Licht wird nicht nur seine eigene Seele vollauf erleuchten, sondern darüber auch die ganze Welt. Wo aber dieses Licht nicht ist, da ist nichts als Finsternis.

Was nun aber diese beiden Herzens-Zeugnisse betrifft, welche ihr beide – du, Mutter, und du, Susanna – heute nacht empfangen habt, so will Ich´s euch heute abend enthüllen, was sie euch von Mir künden, und was sie zu bedeuten haben. Dann werdet ihr Mich erst wahrhaft erkennen, wer Ich wirklich bin und was Meine eigentliche Sendung ist, wofür Ich in diese Welt hineingeboren worden bin.“

(H)

Den ganzen Tag beschäftigte die Jünger, was ihnen ihr Meister wohl am Abend eröffnen würde. Denn die nächtlichen Vorahnungen der Frauen ließen nichts Gutes erwarten. Sollte ihnen denn ihr Meister genommen werden, wie es Seiner Mutter im Nacht-Gesicht angekündigt worden war?! Sollte Er am Ende jenes Lämmlein sein, das von den Böcken der Herde hinaus gestoßen würde, um von diesem furchteinflößenden Adler, der über den Schafen Gottes kreiste, gerissen und hinfort getragen zu werden?!

Und sie fragten sich untereinander, was dies zu bedeuten hatte. Denn jener eherne Adler freilich erinnerte an die Macht-Insignien Roms, fand sich dieses Raubtier doch über all ihren Standarten!

Doch konnte das sein? Durfte so etwas überhaupt geschehen, dass ihr Rabbi ins Martyrium gehen müsste, wie alle Propheten vor Ihm, wenn Er doch der Messias war?!

Sollte der Erlöser Gottes nicht vielmehr kommen, all denen endlich ein für alle Mal den Garaus zu machen, die dem Reich Gottes Gewalt antaten?! Denn dafür sollte der Messias doch schließlich einstmals kommen: um Israel zu erlösen!

Wenn dies also nicht die Bestimmung ihres Meisters war: War Er dann doch nicht der Messias?! Wer aber war Er dann?! Und was war Sein Auftrag?!

So waren die Jünger Jesu aufs Höchste irritiert und wurden von quälenden Fragen bedrängt. Darum merkten sie es garnicht, dass Jesus sie an Cäsarea Philippi vorbei immer weiter hinaus in eine menschen-verlassene, entlegene Gegend am Fuße des Hermon-Gebirges führte.

Der Herr nämlich wollte mit ihnen allein sein, wenn Er ihnen das eigentliche Ziel Seiner Sendung eröffnete, da Er wusste, dass es sie aufs Höchste schockieren und auch aufbringen würde. Und Er wollte dies mit Seinen Gefolgsleuten nicht öffentlich austragen, sondern allein mit ihnen klären.

Der Berg aber, an dessen Fuß der Meister sie führte: es war jener Gipfel im Gebirge des Hermon, auf den der Satan Ihn einstmals geworfen hatte, als Er in der syrisch-arabischen Wüste war, um sich über Seine Mission klar zu werden, wo Ihm der Erz-Widersacher alle Reiche der ganzen Welt gezeigt hatte und ihn versucht hatte mit den Worten: „Ich bin der Herr und Gott des ganzen Erdkreises; und mir ist alles unterworfen. Denn ich allein weiß, wie all diese mächtigen Imperien mit eiserner Faust bezwungen und beherrscht werden können, und will es dich lehren.

Du nämlich bist dazu bestimmt, all diese Macht und Herrlichkeit zu übernehmen aus meiner Hand. Denn wem immer ich will, dem gebe ich sie. Darum bete mich an als den alleinigen Gott und Herrn über alles, so soll dies alles Dein sein!“

Jesus aber hatte es durchschaut, dass es nicht Gott, Sein Vater, sondern vielmehr der Blender und Versucher war, der sich zum Engel des Lichts verstellt hatte, und hatte ihm widerstanden mit den Worten: „Weiche von Mir, Satan! Denn Ich erkenne wohl, wer du bist! Doch geschrieben steht: »Allein Gott, deinen HERRN, sollst du anbeten und Ihm allein dienen – nach Seinem Wesen und Gesetz: in Liebe! Und nicht mit Blutvergießen, Unterdrückung und Gewalt!«

Dorthin also führte Jesus Seine Jünger: an den Ort, wo Er sich über Seine eigentliche Berufung klar geworden war, bevor Er in Seine Sendung getreten war.

(I)

Doch siehe: Da war eine Großfamilie aus Bethsaida, welches nördlich des galiläischen Meeres liegt, wo der Jordan in den See Genezareth mündet. Dort lebten die hochbetagten Eltern vieler Söhne und Töchter, die ihrerseits bereits alle selbst verheiratet waren und Kinder hatten. Darunter aber war ein Sohn, der durch ein Unglück erblindet war und nun von seiner Frau und seinen Kindern umsorgt werden musste, statt diese selbst ernähren zu können. Und dies wurde für ihren ganzen Klan zu einer schweren Last.

Als nun jene Sippe mitbekommen hatte, dass Jesus in der Gegend war und mit Seiner Anhängerschaft hinauf nach Cäsarea Philippi zog, da machten sie sich alle auf, Ihn zu suchen, in der Hoffnung, Er könnte den erblindeten jungen Familienvater heilen.

Und als sie Ihn fanden, bat ihn dessen Vater: „Meister! Wir alle sind Dir von Bethsaida nach-gezogen, da Du unsere letzte Hoffnung bist.

Kannst Du Dich dieses unseres Sohnes annehmen? Denn siehe, ihm ist der Auswurf eines Vogels in die Augen gefallen, und er ist davon erblindet. Und er hat schon fast allen Glauben verloren und verzweifelt bisweilen vollends an Gott wegen des schweren Loses, das ihn getroffen hat.

Darum haben wir ihn alle zu dir geführt: Ich und meine Gattin, alle seine Geschwister mit ihren Familien und seine Frau und seine Kinder; und wir flehen Dich an: Heile ihn doch bitte, dass er wieder das Licht Gottes schauen kann!“

Da sprach der Rabbi zu dem Sippen-Ältesten. „Überlasst ihn Mir! Ich will Mich seiner annehmen. Ihr aber, kehrt zurück nach Bethsaida! Wenn er gesundet ist, will Ich ihn wieder zu euch schicken.“

Da dankten sie Ihm in überschwänglicher Freude und kehrten nach Galiläa zurück.

Jesus aber fasste den Blinden bei der Hand und führte ihn, zusammen mit Seinen Jüngern, hinaus in die entlegene Gegend, wo keinerlei Siedlungen mehr waren. Dort legte der Rabbi dann schließlich Seine Finger auf die Augen des Erblindeten. Und siehe: Sie waren gänzlich erblichen und matt und starr und schneeweiß, so dass in ihnen weder die Iris, noch die Pupille zu erkennen war.

Und Jesus sprach zu ihm: „Gott im Himmel: Er ist dir ein liebender Abba, voll Barmherzigkeit und Güte! Öffne deine Augen, auf dass du wieder siehst!“

Und als der Meister Seine Finger von den Augen nahm und dieser sie wieder öffnete, fragte ihn der Herr: „Siehst du wieder etwas?“

Der Blinde aber antwortete: „Es ist noch immer finster, aber nicht mehr ganz so entsetzlich schlimm. Mir ist, als sähe ich schon schemenhaft etwas hellere Flecken. Es dämmert mir schon.“

Da kniete Jesus nieder und spuckte auf die Erde; und Er verrieb Seinen Speichel mit dem Staub der Erde. Dann tauchte Er Seine Finger in das Gemisch aus dem Wasser Seines Mundes und dem Lehm und erhob sich und schmierte den Brei mit den Fingern auf die Augen des Blinden. Und Er sprach zu ihm: „Gott, der Geist, der alles belebt und heilen will: Er ist nichts als Liebe und Güte! Und Er liebt dich, wie alle! Öffne deine Augen, auf dass du wieder siehst!“

Und erneut nahm Jesus Seine Finger von den Augen des Erblindeten und fragte ihn, ob er nun etwas sehen könne. Da antwortete ihm der Blinde: „Es wird schon besser. Ich kann bereits wieder Umrisse erkennen. Aber es ist noch alles verschwommen, wie in einem dichten Nebel. Und deine Gefolgsleute erkenne ich nur als Schatten – wie Bäume, die umhergehen.“

Da beugte Jesus abermals das Knie und spuckte auf den Boden. Doch als Johannes, der dem Meister am nächsten stand, dies sah, erschrak er zutiefst: War das nicht Blut?! War ihr Herr denn krank, dass Er Blut spuckte?!

Jesus aber verrührte, ohne irgendein Anzeichen von Verwunderung, dass Blut in Seiner Spucke war, wiederum den rötlichen Speichel mit dem Staub der Erde, tauchte Seine Finger hinein, erhob sich und strich den blutig-wässrigen Teig erneut auf die Augen des Blinden.

Und Er sprach zu ihm: „Ich bin Liebe! Nichts als Retter- und Erlöser-Liebe! Und in unendlicher Agape liebe Ich dich, wie alle, und will dich heilen und wieder sehend machen. Darum öffne die Augen deines Herzens und deiner Seele, und sieh!“

Aber der Meister spürte wohl, dass es selbst auch damit noch nicht getan war. Denn Er beließ Seine blutigen Finger auf den Augen des Erblindeten und schien, sich ganz auf ihn zu konzentrieren.

Und dann stieß der Meister mit einem Mal einen tiefen Seufzer aus, als hätte Er das Leiden des Erblindeten erspürt und als würde Ihn selbst nun in gleicher Weise dessen Blindheit schmerzen und als würde Er ganz eins werden mit diesem Leidenden in seinem Elend und in seiner Not – als würde Er alles, was jener Blinde in seiner Unfähigkeit, zu sehen, erlitt, selbst mit ihm erleiden.

Was Johannes aber sodann sah, – er wusste es nicht: sah nur er das, oder auch alle anderen? – das ließ ihm schier den Atem stocken und das Herz rasen: Denn ihm war es für einen ganz flüchtigen Moment, als würde sich das Gesicht Jesu von dem aufgenommenen Schmerz verzerren – und regelrecht verwandeln!

Es schien, wie wenn ein Schatten über das Antlitz des Meisters wanderte; und in dem Ihn durchstreifenden Dunkel wirkte Sein Angesicht völlig entstellt, blutverschmiert und zerschlagen, die Augen gänzlich zugeschwollen!

Der Anblick war so entsetzlich, dass Johannes meinte, ihm müsse das Blut in den Adern gefrieren, so fröstelte ihm davon! Er wollte seinen Blick von diesem Grauen abwenden. Doch er konnte es nicht. Es war, als wäre der Zeitfluss selbst zum Erliegen gekommen, um ihm diesen schauderhaften Blick in die Tiefe zuzumuten.

So sah Johannes, wie sich all dies noch weitere zwei Mal wiederholte: als würde von dem Blinden über die Finger und Arme Jesu, die auf dessen starren Augen lagen, ein dunkler Schatten abgezogen, der den ganzen Leib des Herrn durchwallte. Und in der Finsternis, die, von den Fingern Jesu über Seine Arme nochmals und schließlich noch ein drittes Mal durch Seine ganze Gestalt hindurch-floss: in diesem Ihn durch-streifenden Dunkel-Schwall erschien der Meister vollends entstellt, wie mit dem Schmerz und der Krankheit und dem Leid der ganzen geschundenen Welt beladen – total, von Kopf bis Fuß, wie unter allerschlimmster Marter bis auf die Knochen zerfetzt und aufgerissen!

Ja, Johannes meinte sogar, er würde sogar das Herz Jesu erblicken, das glühte, wie eine Kohle im Feuer, und schien, als wäre es von einer Lanze, die in Sein tiefstes Innerstes drang, durchbohrt, so dass Wasser und Blut aus ihm strömte – über Jesu Arme und Finger hinein in den Blinden.

Dann verhallte der Schmerzens-Seufzer Jesu, der sich für Johannes – in diesem Moment, als er in diesen schauderhaften Einblick regelrecht hineingezogen worden war – angehört hatte, als würde jener gequälte Schrei wie von einer Unzahl Leidender von allen Seiten zu ihm dringen. Und Jesus löste Seine Finger von den Augen des Mannes und rief: „Ephata!“ Dies war aramäisch, die Sprache, die sie in Galiläa meistens gebrauchten, und bedeutete: „Tu dich auf!“

Aber was da soeben geschehen war, hatte offensichtlich allein Johannes gesehen. Denn sonst wäre auch den anderen die Bestürzung anzusehen gewesen, die ihn selbst übermannt hatte.

Johannes war zutiefst erschüttert und entsetzt. Was war da geschehen?! Was hatte er da gesehen?! Und geschah das am Ende immer, wo Jesus mit der Blindheit und dem Leiden der Welt in Berührung kam, um sie zu heilen? Nur, dass sie dies nie erkannt hatten?!

Jesus aber fragte den Blinden: „Und nun? Wie ist es jetzt? Kannst du nun wieder alles sehen!“

Aus den Augen des Mannes war schließlich alle Trübung gewichen. Sie waren nicht mehr aschfahl und bleich, sondern wieder glänzend und farbig. Und der Geheilte fiel überglücklich zu Jesu Füßen und frohlockte: „Oh, ich danke Dir, Meister! Jetzt kann ich wieder alles klar und deutlich im Licht Gottes sehen! Auch Dich in Deiner Majestät und Herrlichkeit! Wer ist Dir gleich?! Du bist der Sohn des Höchsten und der Höchste selbst!“

Und Jesus lächelte und sprach: „Fürwahr, nun erkennst du wahrhaftig alles klar und kannst wieder sehen – und darum endlich wieder aufleben!

So geh nun hin und kehre zurück nach Bethsaida zu den Deinigen in dein Haus! – auf direktem Weg, ohne dich irgendwo aufhalten zu lassen, damit dich niemand über das verunsichern kann, was du nun auch im Herzen geschaut hast! Zieh wieder hin nach Galiläa! Dort wirst du Mich einstmals wiedersehen.“

(J)

Als der Geheilte aber gegangen war, fragte Thomas den Meister: „Rabbi, warum konnte jener Mann nicht gleich geheilt werden, wie es sonst immer ist?“

Jesus aber erklärte ihnen: „Was meint ihr, ist leichter: einer Seele ihr auswendiges Augenlicht wiederzugeben, oder ihr inwendiges Augenlicht? Und was wird schwerer sein und der Gottheit mehr abverlangen: dass einer Seele die Augen des Leibes aufgetan werden, oder die ihres Herzens, auf dass sie die göttliche Abba-Liebe schaut und in Ihrem Licht wieder alles klar erkennt und sieht und darin wieder aufleben kann, selbst wenn sie auswendig blind sein mag?

Und was wird es die himmlische Agape kosten, dass der Welt über Ihr wahres Wesen und Wirken endlich die Augen aufgehen?! Und was wird der Preis für Sie sein, euch alle von Ihrer Liebe zu überzeugen und in ihrer überwältigenden Agape zu überwinden und zu gewinnen?!“

Und Er führte sie in den äußersten Norden von Gaulanitis hinauf, bis zum Hermon-Gebirge. Und dort sprach Er zu ihnen: „Lasst uns hier verweilen und innehalten, ehe wir wieder nach Israel zurück kehren. Denn zuvor ist es nötig, euch nun alles zu offenbaren und zu enthüllen, was Mich betrifft, um euch vorzubereiten auf das, was nun alsbald anheben und kommen wird.“

(K)

Also schlugen sie dort im äußersten Norden von Gaulanitis, noch weit über Cäsarea Philippi in einer entlegenen, menschenleeren Gegend ihr Nacht-Lager auf. Und die Frauen bereiteten ihnen das Abendessen, während der Meister sich zurück zog, um zu beten.

Und als sie miteinander gegessen hatten und die Nacht hereinbrach und sie beim Feuer saßen, stocherte Jesus mit einem Ast in der Glut und fragte sie, ohne aufzublicken: „Was sagen die Leute von des Menschen Sohn? Wer meinen sie, dass Ich sei?“

Da sagte Philippus aus Bethsaida: „Manche meinen, Du seist die Wiedergeburt von einem der großen Propheten, dass in Dir vielleicht Jesaja oder Jeremia wiedererweckt und aufs Neue zu einem sterblichen Leben auferstanden ist.“

Und Andreas, der ein Jugendfreund des Philippus war; – denn auch er und sein Bruder Simon waren einstmals in Bethsaida aufgewachsen, ehe ihr Vater mit ihnen nach Kapernaum umgezogen war: Andreas ergänzte: „Manche meinen sogar, du seist der größte aller Propheten: nämlich der Elia, der wiederkommen und alles Volk zubereiten soll, ehe das Reich Gottes anbricht und kommt“

Und Jakobus Bar Zebedäus, der Freund von Andreas und Simon, fügte hinzu: „ – … so, wie es viele schon von Jochanan, dem Täufer, geglaubt hatten, ehe er enthauptet worden war.“

Und Thomas berichtete: „Manche meinen sogar, der Geist des Täufers wäre auf Dich übergegangen, da er doch einstmals auch Dich getauft und zu seinem Jünger gemacht und Großes über Dich verheißen hat. So glauben sie, sein Geist wäre nun in dich eingegangen, wie einstmals der Geist des Elia auf seinen Jünger Elisa überging, als er in die Himmel aufgenommen wurde, so dass alsdann Elisa im Geist und in der Kraft des Elia fortwirkte. Denn schließlich bist Du am Anfang genau wie Johanan aufgetreten, indem Du, wie er, gekündet hast, das Reich Gottes würde nun kommen, und alle zur Umkehr aufriefst und sie auch getauft hast. Und überdies bist Du mit Vollmacht erst völlig ans Licht der Öffentlichkeit getreten, als Johannes verstorben war.“

Und Judas Bar Jakob, der Sohn des Jakobus, den alle »Lebbäus« oder auch »Thaddäus« nannten, spöttelte: „Herodes sagt man überdies nach, dass er Dich sogar fürchten soll, da er meint, Du seist selbst Johannes, der Täufer, der von den Toten auferstanden sei, um sich an ihn zu rächen!“ Und sie alle lachten höhnisch über diese abstrusen, widersinnigen Angst-Phantasien dieses heidnischen Idumäers und fremdländischen Beherrschers Israels.

(L)

Jesus aber blieb bei allem erschreckend ernst und fragte sie: „Und Johannes, der Täufer, der um seines Zeugnisses willen enthauptet wurde: Was kündete er von Mir?!“

Da wurden sie jäh wieder zu den bedrückenden Vor-Ahnungen der Frauen in ihrem Kreis zurück-geholt, die sie den ganzen Tag beschäftigt hatten und die sie selbst völlig irritiert und verunsichert hatten fragen lassen, wer ihr Meister denn dann nun wirklich war, wenn Ihn am Ende wahrhaftig das Martyrium erwarten sollte, wie alle Propheten vor Ihm: ob Er dann denn tatsächlich noch der Messias Israels sein konnte, auf den sie alle ihre Hoffnung gesetzt hatten, dass Er alle Widersacher Gottes vernichten und endlich ein für alle Mal ihr Volk aus der Knechtschaft befreien würde.

Hatten sie nicht allein deswegen alles hinter sich gelassen und sind sie Ihm nicht allein darum nachgefolgt?! Aber nachdem ihr Rabbi die Träume ihrer Frauen nicht als Angst-Phantasien abgetan und sie beschwichtigt und beruhigt hatte, stand zu befürchten, dass ihr Meister es tatsächlich als Seine Bestimmung ansah, wie alle Propheten vor Ihm für Sein Zeugnis von Gott Sein Leben lassen zu müssen!

Und nachdem sie ihr Meister nunmehr weiter tot-ernst befragte, für wen Er von allen gehalten wurde, wurde ihnen klar, dass diese, Seine Nachfragen den Auftakt bildeten zu dem, was Er ihnen über sich und Seine wahrhaftige Sendung an diesen Abend enthüllen wollte, was in Anbetracht der verstörenden Albträume der Jüngerinnen in Seinem Gefolge nichts Gutes verhieß.

Da ergriff Judas Bar Simon aus Karioth das Wort und brachte ihrer aller Verunsicherung zur Sprache, indem er sogleich auf die Zweifel hinwies, die selbst sogar den Täufer Johannes im Kerker befallen hatten, obwohl Jesus doch diesen Gottes-Propheten als Seinen Wegbereiter betrachtet hatte, weil der Ihn anfänglich wohl auch für den Gesalbten Gottes gehalten hatte.

Und Judas sprach unverhohlen diesen kritischen Wendepunkt im Leben des vermeintlichen Künders von der Messianität ihres Meisters an, indem er erklärte: „Johannes der Täufer ließ bei Dir anfragen, ob Du denn nun der bist, der da kommen soll und den er angekündigt hatte, der Seine Tenne gründlich säubern würde und endlich die Spreu vom Weizen trennt und Seinem geschundenen Volk die Freiheit bringt, indem Er an allen Widersachern Israels Gottes Strafgericht vollzieht. Er wollte wissen, ob Du nun der bist, dem er den Weg bereiten wollte.“

Und Jesus bestätigte es und gestand es zu: „Ja: Selbst er, Mein Künder und Wegbereiter, nahm schließlich noch Anstoß an Mir und begann an Mir zu zweifeln, weil Ich von Anfang an klarstellte, dass Ich nicht gekommen bin, um HIN-zurichten sondern, um HER-zurichten – nicht, um Leben zu nehmen, sondern, um wahres Leben zu geben aus Meinem Leben.“

Dann aber hakte der Meister nach: „Was aber kündete Jochanan noch von Mir? – aus dem Geist, da er der letzte und größte Prophet war, der Mich ausweisen sollte! Was prophezeite er von Mir und Meiner eigentlichen Sendung? – aus der göttlichen Ruach heraus! – wenngleich er selbst es offensichtlich noch nicht verstanden hatte!“

Da bezeugte Johannes, der jüngste unter ihnen, der sogar noch bartlos war, der Cousin Jesu, den der Meister besonders lieb zu haben schien, da Er ihm gestattete, beim Essen an Seiner Brust zu liegen: „Als wir Dich in der Gefolgschaft des Tauf-Propheten in Bethanien jenseits des Jordans, in Batanäa antrafen, da sprach er zu uns, zu mir und Andreas: »Seht nur! Das ist Gottes Opferlamm, das da trägt und hinweg-nimmt die Sünden des ganzen Alls!«“ Allen stach es bei diesen Worten durch´s Herz: Da war es wieder: eine Prophezeiung, die nichts Gutes verhieß!

(M)

Jesus aber blickte sie alle, einen jeden von ihnen persönlich, mit durchdringendem Blick an. Und in der Weise, wie Er sie ansah, lag zugleich auch ein sehnsüchtig nach ihnen fragendes, sie suchendes Verlangen. Und ihnen allen war schon in diesem Moment klar, dass Er ihnen sogleich Seinen wahren, eigentlichen Auftrag enthüllen würde, ohne irgendetwas zu beschönigen oder irgendetwas vor ihnen zu verheimlichen. Und ja, sie wussten jetzt schon, dass es all ihre Hoffnungen, die sie in Ihn gesetzt hatten, jäh zerschlagen würde.

So suchte der Meister einen jeden von ihnen mit sehnsüchtigem Blick und fragte schließlich: „Und IHR? – die ihr euch alle Mir einstmals angeschlossen habt in der Hoffnung, Ich sei euer Messias, der gekommen ist, Israel von all seinem Leid und seiner drückenden Knechtschaft zu erlösen: Was denkt IHR inzwischen über Mich? Und was meint ihr von Mir, wer Ich sei? JETZT! Und was glaubt IHR, was Meine eigentliche Sendung ist?“

Und wie sehr sie auch Sein sehnsüchtigen Verlangen nach ihnen allen verspürten und Ihn nur allzu gern hätten finden lassen wollen, was Er in ihnen suchte: Was sollten sie da sagen?! Der durchdringende Blick ihres Meisters legte es doch schon offen, dass Er längst darum wusste, wie verunsichert sie alle inzwischen waren, seit an diesem Morgen die Frauen unter ihnen ihre bösen Vorahnungen mitgeteilt hatten und der Herr ihnen nicht widersprochen hatte:

Wenn Er nicht gekommen war, Gottes Gericht zu vollstrecken und die Gottlosen zu strafen und alle Frommen Israels endlich ins Recht zu setzen: Konnte Er da noch der Messias sein?!

Wenn sich selbst Sein einstiger Künder nicht mehr sicher war! Wenn Jesus nicht Gottes Gerechtigkeit aufrichten wollte, sondern vielmehr Seine Berufung darin sah, stattdessen Sein eigenes Leben als Sühneopfer zu geben – selbst sogar für die allerschlimmsten Widersacher und Gottesfeinde, die von je her die Kinder Gottes nur eiskalt und unbarmherzig misshandelten und überall nur dem Reich Gottes wehrten!

Und nun noch die Bekundung des Johannes, Er wäre das Opferlamm Gottes, das geschlachtet werden müsse zur Sühne für die Sünden der ganzen Welt! War es das, was sie vom Messias erwarteten?! Zerschlug das nicht vielmehr all ihre Hoffnungen, die sie auf Ihn, diesen Jesus aus Nazareth, gesetzt hatten?!

Was hatte all das zu bedeuten? War Er doch ein anderer? Oder konnte es sein, dass Er inzwischen selbst irgendeiner fixen Idee verfallen und vom rechten Weg Gottes abgekommen war? Sollten sie sich in Ihm getäuscht haben? Hatte sich am Ende der Höchste selbst in Ihm getäuscht?! Waren das nicht absolut wirre, irre Gedanken! – Er könne das Böse aus der Welt tilgen, indem Er die Bösen gewähren ließ und sich sogar für sie opfern wollte?!

Hatten am Ende die Vielen recht, die meinten, Er sei übergeschnappt und einem diabolischen, alles verdrehenden und verkehrenden Dämon verfallen?! – wie es selbst Jesu Brüder von Ihm glaubten: allen voran Jakobus, der Älteste von Jesu Zieh-Vater Joseph, der wegen seiner tiefen Frömmigkeit und gesetzestreuen Gottergebenheit von aller Welt hoch geschätzt wurde!

(N)

Jesus blickte noch immer um sich und suchte unter Seinen Jüngern nach wenigstens einem, der Seinem Blick nicht auswich: „Was also meint IHR? Wer glaubt IHR denn, dass Ich sei?“

Da fasste sich Simon Petrus ein Herz. Denn wie wenig sie Ihn auch noch verstehen mochten: Hatte Er sich nicht als der wahre Gesandte Gottes erwiesen in einer Unzahl von Zeichen und Wundern?! Zeigte dies nicht eindeutig, dass Gott mit Ihm war?!

Aber auch die Art und Weise, wie Er Gottes Liebe verkündete: Hatte man solches schon jemals gehört?! Musste einem darüber nicht das Herz aufgehen und brennen?! Sprach Er nicht in einer unvergleichlichen Autorität und unwiderstehlichen Vollmacht?! Konnte Er da ein anderer sein, als der Messias?! – auch wenn sie den Weg, den nunmehr zu gehen Er sich offensichtlich berufen sah, absolut nicht verstanden!

Also sprach Kephas, als alle anderen sich noch verdutzt und verunsichert anblickten: „Was immer Deine Sendung auch sein mag – denn auch wir wissen und verstehen es nicht; – und wir würden lügen und heucheln, wenn wir´s leugnen würden! – Eines aber wissen wir und haben wir erkannt: Keiner hat je so gesprochen und von Gott geredet, wie Du, dass uns darüber das Herz brannte! Allein in Deinen Worten ist Geist und wahres Leben!

Ja, darum glaube ich, dass Du bei allem doch wahrhaftig der Christus bist: der Sohn des lebendigen Gottes! – wie es mir mein Herz bei allem doch untrüglich zeugt.“

(O)

Da erhob sich Jesus und ging auf Symeon zu, der seinerseits aufstand. Und Er legte anerkennend und dankbar Seine Hand auf die Schulter des Petrus und erklärte: „Glückselig bist du, Simon, Sohn des Jonas! Denn Fleisch und Blut haben dir das nicht geoffenbart, sondern Mein Vater aus den Himmeln! Denn niemand kann dies erkennen, er sei ihm denn von Meinem Vater geschenkt worden, dass er von Seinem alles erleuchtenden Geist überwältigt und überzeugt worden ist.

So habe Ich recht getan, dass Ich dir einstmals den Namen »Kephas« gegeben habe: »Petrus«! »Fels«! Denn nunmehr bist du in dem, was du jetzt erkannt hast, wahrhaftig auf dem Felsen gegründet, an den nicht einmal die tosenden Fluten der Hölle heranreichen, auf welchem Ich Meine ganze Gemeinde errichten will; und auf diesem Felsen gegründet wirst auch du selbst zu einem Felsen und Bollwerk wider die Mächte der Finsternis werden.“

Und zu allen anderen sprach Er: „Und auch ihr: Glückselig seid ihr, wenn ihr euch nicht beirren lasst und euch nicht wieder abkehrt von eurer ersten, ursprünglichen Erkenntnis, dass Ich der Gesandte Gottes bin, der in diese Welt gekommen ist, um wahrhaft alles mit Gott zu versöhnen und so zu erlösen.“

(P)

Und wieder zu Kephas, wie dann erneut zu allen gewandt, kündete ihnen Jesus: „So will Ich dir, Petrus, wie euch allen den Schlüssel zur vollendeten Glückseligkeit und zum wahrhaftigen Leben im Himmelreich Meines Vaters geben: Das unübertreffliche, ewige Evangelium, die großartige Jubel-Kunde von Meiner unverlierbaren göttlichen Liebe, die auch noch die hartnäckigsten Leugner und starrsinnigsten Widersetzlichen und übelsten Widersacher überwinden und zurechtbringen wird!

Und welchen sich durch eure Verkündigung die göttliche Liebe, die alles überbietet und allen unverlierbar gilt, erschließt, für die wird sich wahrhaftig die Pforte zum Leben in der Glückseligkeit in Meinem Himmelreich aufschließen, dass sie eintreten und hineingehen können!

Welche sich aber dieser letzen Wahrheit, die ihr aller Welt künden werdet, verweigern, denen wird auch der Zugang zu dieser unaussprechlichen Glückseligkeit, die diese vollumfänglich befreiende Botschaft bringt, verschlossen und verwehrt bleiben, dass solchen – bei allem – zunächst doch nicht zu helfen sein wird, so dass ihr sie dem Verheerer überlassen müsst, bis er sein teuflisches Zerstörungswerk an ihnen vollendet hat – wenn auch auf Hoffnung hin: denn Ich in Meiner unbezwingbaren Liebe gegen alle bin weit mächtiger als jener, wie auch Mein Vater – in dem Ich bin, wie Er in Mir – weit größer und stärker und gewaltiger ist als alles! – Und selbst auch der Satan in seinem schauderhaften Ungestüm und in aller seiner Macht ist doch nur ein Werkzeug der Züchtigung in des Aller-Höchsten Hand!

So seid ihr – Mir nach und gleich – gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler: Allen, die erst noch fallen müssen, zu einem beißenden üblen Verwesungsgestank des Todes hin zum Tod, auf dass sie ihres eigenen Todes überführt werden, darüber aber letztlich doch allen am Ende zu einem liebreizenden Duft des göttlichen Lebens, das überall Leben stiften will und wird inmitten allen Todes und aus allem Tod, weil Es allem, was noch nicht wahrhaft IST, zuruft, dass es sei, und alle Toten erweckt zu wahrhaftigem Leben.

Noch aber ist es nicht an der Zeit, dies aller Welt zu künden, weil der Grundstein für dies Mein Evangelium noch nicht gelegt und solch unüberbietbare göttliche Liebe noch nicht durch das Zeugnis Meines Lebens besiegelt worden ist. Darum ermahne Ich euch eindringlich: Sagt dies noch niemanden, dass Ich wahrhaftig der Christus Gottes bin, gesandt zur Erlösung der ganzen Welt!“

(Q)

Und dann enthüllte Er ihnen Seine wahre Sendung, indem Er sprach: „Nun aber, da ihr wisst, dass es tatsächlich stimmt, dass Ich es Bin, will Ich euch enthüllen, was Meine eigentliche Bestimmung ist, wofür Ich aus den höchsten Himmeln in diese Welt entsandt worden bin:

Nicht, dass Ich es euch verschwiegen und verheimlicht hätte! Nein, Ich habe es euch gar oft schon, eigentlich deutlich und unmissverständlich angekündigt und auf vielfältigste Weise gesagt oder angedeutet. Nur, dass ihr´s nicht wahrhaben und glauben und auch nicht hören wolltet!

Und so war es schon immer: Nicht so, dass Ich nicht geredet hätte, sondern so, dass ihr nicht zugehört habt und nicht recht hinzuhören verstanden habt!

Darum sage Ich´s euch nunmehr nochmals frei und offen, und unumwunden in allerletzter Klarheit und Deutlichkeit: Wenn wir nunmehr hinauf nach Jerusalem ziehen, muss sich alles erfüllen: Des Menschen Sohn wird von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten verworfen werden und alsdann viel erleiden müssen und schließlich getötet werden; und so wird Er Sein Leben dahin-geben als das göttliche Opferlamm Gottes zur Sühne für aller Welt Sünden zur Vergebung aller Übertretungen und zur Erlösung für alle! Und am dritten Tage wird Er auferstehen, um das Reich aufzurichten, dessen Grundstein Er mit Seinem Sühneopfer für alle gelegt hat.

(R)

Dies ist es, was Johannes der Täufer vom Menschensohn gekündet hat – wie schon viele Propheten vor ihm. Denn von Ewigkeit her ist es ersehen und erkannt, dass die göttliche Liebe diesen Weg der Selbstaufopferung gehen muss, um alles Leben zu stiften aus der selbstlosen Hingabe und Austeilung Ihres eigenen göttlichen Lebens – wie es beispielsweise schon in unmissverständlicher Klarheit bekundet ist im Buch des Propheten Jesaja – in der Weissagung vom Gottesknecht, wo schon alles geschrieben steht.“

Und Jesus zitierte ihnen den prophetischen Hymnus über den leidenden Gottesknecht, der sich tatsächlich anhört, wie ein Nachruf auf Sein eigenes Leben und Sterben, als wäre jener Lobgesang erst nach Seiner Auferstehung und Himmelfahrt von Seinen Jüngern verfasst worden. Dort nämlich heißt es:

»Wer wird dies Unaussprechliche glauben, was uns verkündet wurde, und wem ist der Arm des HERRN schon enthüllt worden, was Er zu tun gedachte zur Aufrichtung Seines Heils? Er selbst sprosste auf, wie ein kleiner, unscheinbarer Trieb aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen Ihn, aber da war keine Erscheinung, die uns gefallen hätte! Ja, Er war von aller Welt verachtet und verlassen, für unwert gehalten, so sehr wurde Er entstellt: voller Schmerzen und Krankheit! Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor Ihm verbarg; darum haben wir Ihn für nichts geachtet.

Doch fürwahr: Er trug unser aller Krankheit! Und Er lud auf sich alle unsre Schmerzen! Wir aber glaubten, Er sei von Gott abgelehnt und verdammt, geplagt und geschlagen und gemartert worden! Doch Er ist um unsrer Missetat willen zerfetzt und um unsres Abfalls und um unser aller Abtrünnigkeit willen zerschlagen worden! Alle Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir alle geheilt!

Denn wir? Wir gingen ausnahmslos alle in die Irre, wie uneinsichtige, unverständige kurzsichtige dumme Schafe, ein jeder sah nur selbstsüchtig auf seinen eigenen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf Ihn!

Und als Er so aufs Grauenvollste gemartert wurde, da litt Er doch willig! Und Er tat Seinen Mund nicht auf! – wie ein Opferlamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat Er Seinen Mund nicht auf.

Er als der Einzige hätte kein Gericht fürchten müssen! Denn keinerlei Tadel fand sich an Ihm; und so war Er eigentlich aus Angst und Gericht hinweg-genommen, dass Ihn nichts hätte treffen dürfen! Wer aber kann Sein Geschick ermessen?! Denn Er wurde aus dem Lande der Lebendigen hinweg-gerissen, da Er sich willig für alle Missetaten Seines Volks martern und bestrafen und abschlachten ließ. So starb Er unter Gottlosen, wie ein Übeltäter, obwohl Er doch niemals irgendeiner Seele auch nur ein einziges Unrecht getan hat und keinerlei Verlogenheit in Seinem Munde gewesen war! Doch gerade Er sollte sich zerschlagen lassen zum Heil für alle nach dem Willen des HERRN, um auf sich zu nehmen aller Welt Elend und so ein Ende zu machen aller Verirrung und Krankheit.

Darum sollte Er auch, nachdem Er Sein Leben zum Schuldopfer gegeben hatte für wahrhaft alle, des Grabes eines Reichen gewürdigt werden. Und doch bedurfte Er dieser Gruft nicht lang. Denn weil Seine Seele sich abgemüht und für alle dahingegeben hat, sollte Er alsbald wieder das Licht des Lebens schauen und in die Fülle eingehen.

So wird Er endlos leben; und des HERRN Heilsplan für alle Welt wird sich durch Seine Hand erfüllen. Denn Ihm soll´s gelingen! Und durch Seine Erkenntnis wird Er, dieser ergebenste Knecht Gottes, der einzig wahrhaft Gerechte, den Vielen Ungerechten Gerechtigkeit schaffen; denn Er trägt nicht allein alle ihre Sünden, sondern wird sie alle überdies auch noch zurechtbringen!

Und so soll Er restlos alle zur Beute haben, weil Er sich alle rechtens erstritten und erkauft und erworben hat. Und selbst auch die Stärksten und gewaltigsten Widersacher soll Er noch zum Raube haben, dafür, dass Er Seine Seele ausgeschüttet und Sein Leben für wahrhaft alle in den Tod gegeben hat und selbst den Übeltätern gleichgestellt worden war und so die Strafe für aller Welt Übeltaten getragen hat, und, als Er von Seinen Widersachern niedergemacht und hingerichtet wurde, selbst auch für diese noch gefleht und für sie Gnade erbeten hat.«

(S)

Und nachdem Jesus ihnen die Worte dieser Weissagung über den Gottesknecht frei und ohne jedes Stocken zitiert hatte, als wären sie vorzeiten durch Ihn selbst und unter Einblicken, welche Er selbst einstmals gewährt hatte, so verfasst und niedergeschrieben worden, da bekundete Er:

„Denn was da geschrieben steht in dem prophetischen Buch des Jesaja über den Gottesknecht: das war nicht etwa nur ein Nachruf auf jenen großen Propheten selbst, durch Seine Jünger und Propheten-Schüler, die seine Weissagungen fort-geschrieben haben, nachdem er selbst unter dem gottlosen Tyrannen Manasse mit dem hohlen Baum, in welchem er sich verborgen hatte, zersägt worden war:

Es war nicht nur eine Beteuerung seiner spirituellen Kinder, dass er, Jesaja, und sein Geist und seine wirkkräftige Botschaft in ihnen fort-leben und fort-wirken würde, da sie in geistlicher Hinsicht seine Nachkommen waren; und es war nicht nur eine Versicherung, dass das Wort, das durch seinen Munde ausging in die Welt und das er mit der Hingabe seines eigenen Lebens besiegelt hatte, nicht fruchtlos bleiben wird, sondern noch seine Früchte austragen würde gegen allen Widerstand, wie auch der Regen aus den Himmeln irgendwann doch alles befruchtet und aufsprießen lässt, so dass durch seine Bekundungen von der göttlichen Liebe doch – trotz seines Martyriums, oder vielleicht auch gerade deswegen! – noch viele Erlösung und wahres Leben finden sollten, so dass – auch wenn er selbst um seines Zeugnisses von der göttlichen Liebe abgeschlachtet worden ist, wie ein Opferlamm für Gott – sein Zeugnis selbst doch nicht auszumerzen ist, sondern weiter läuft und wirkt, weil es die lebendige, lebensstiftende Wahrheit des Lebendigen selbst ist, so dass das Opfer dieses großen Gottespropheten nicht umsonst gewesen sein wird.

(T)

Und dieses prophetische Wort vom Gottesknecht ist auch nicht nur eine Weissagung über das ganze wahre, gott-ergebene Volk Israel, dass es um all dessentwillen, was es für seinen Gott erleiden müsse, einstmals, nach seiner völligen Zerschlagung, wieder auferweckt würde, wie aus dem Totenreich, und noch erhöht werden würde zum Haupt über die ganze Welt, in der es jetzt geachtet ist wie ein Schlachtschaf. Denn wie auch die Propheten, so sind alle Kinder Gottes in dieser Welt gleichsam Seine Opferlämmer, durch die Er sich wahrhaft alles erwirbt und erkauft!

(U)

Dies ist nicht nur eine Weissagung über alle Knechte Gottes, dass all ihr Mühen und Leiden nicht vergeblich sein wird, sondern, dass alle, die mit Tränen säen, noch unter Jubel ernten sollen: sondern dieses Wort ist über allem doch zuerst und zuletzt und vor allem anderen eine Prophezeiung über den ergebensten und erlesensten heiligen Gottesknecht: den Christus, den eingeborenen Sohn Gottes selbst, der aus der höchsten Höhe und Erhabenheit in diese Welt entsandt worden ist, um Sein Leben zu geben zum Sühneopfer zum Freikauf und zur Auslösung für wahrhaft alle!

Und dies war es, was der Geist des Christus Seine Propheten-Söhne hat schauen lassen – jener, der aus all diesen Ereignissen erstehen wird, um erhöht zu werden über alles und sich auszuweiten über Raum und Zeit. Und Er ließ es sie sehen, wie Geschehnisse aus längst vergangenen Zeiten. Denn in Wahrheit sind in diesen Ereignissen bereits die Ur-Anfänge der ganzen Schöpfung selbst begründet – und alles, was existiert, lebt aus der göttlichen Lebenshingabe, die sich in jenen Begebenheiten enthüllt und vollendet hat.

Und ihr werdet es noch sehen, wie sich alles wahrhaftig bis ins allerkleinste Jota hinein im Menschensohn erfüllen wird, welcher der erste und letzte und höchste und erhabenste und einzig wahre eingeborene Knecht Gottes ist, eins mit dem, aus dem Er ausgegangen ist, in wahrhaft allem!

Und ihr werdet es noch erkennen, wie sich all dies in Ihm erfüllen wird, was da geschrieben steht: und zwar nicht nur, wie bei Jesaja oder dem Volk Gottes, allegorisch, in gleichnishaftem Sinne, sondern wortwörtlich, unüberbietbar, bis ins letzte Strichlein und Tüpfelchen hinein! – so wie der Geist, was längst ersehen und begrüßt und beschlossen ist von Ewigkeiten her, auch die Propheten hat schauen lassen. Denn noch niemals ließ Gott unbekundet, was Er für alle tun will.“

(V)

Als aber der Herr ihnen aus den Schriften dargelegt hatte, dass Er leiden und sterben müsse und dass dies Seine eigentliche Bestimmung wäre, Sein Leben zu lassen für alle Welt, da erstarrten sie alle, als wären sie vom Donner gerührt worden.

Und mit einem Mal brach es aus Maria, der Mutter des Meisters, heraus, dass sie, wie von tiefem Schmerz gerührt, aufschrie, ihr Gesicht in ihre Hände grub und unter einem Schwall von Tränen davon-stürmte.

Mit den Worten: „Entschuldigt Mich!“ erhob sich Jesus und ging ihr in die Finsternis nach; denn die Nacht war über ihnen hereingebrochen.

Auch die Frauen begannen zu weinen, besonders Susanna. Und die anderen Jüngerinnen nahmen sich ihrer an und zogen sich mit ihr zusammen ebenfalls zurück.

Als nun die Männer unter sich allein waren, starrten sie einander sprachlos an. Sie alle waren über die Eröffnungen des Herrn, wenngleich sie dergleichen schon befürchtet hatten, zutiefst entsetzt und wussten nicht, was sie nun machen sollten.

Schließlich wandte sich Judas Ischarioth an Kephas mit eindringlichen Worten: „Simon! Wir müssen Ihm das ausreden!“

Alle waren erleichtert, dass Judas diese Initiative ergriff. Was der Rabbi ihnen da als Seine angebliche eigentliche Bestimmung enthüllt hatte: Das konnte einfach nicht unwidersprochen hingenommen werden! Und Judas erklärte: „Der Meister hat sich da in etwas verrannt! Das kann UNMÖGLICH der Wille Gottes sein!

Selbst Seine eigene Mutter kann es nicht fassen!

Gut, die Frauen mögen seltsame Träume gehabt haben! Aber wahrscheinlich hatten sie nur intuitiv gespürt, was in der Luft lag und mit welchen furchtbaren Gedanken sich der Meister trägt. Er ist ja schon lange ausgesprochen schweigsam und wirkt mitunter gar bedrückt, seit wir aus der Heiligen Stadt gewichen sind, wo sie Ihn alle zu lynchen suchten; und nur diese niedergedrückte Stimmung des Meisters war es wohl: sie weckte in den allzu zart beseideten Weibern solch schauderhafte Traumbilder des Entsetzens und der blanken Furcht! Die Weibsbilder sind ja viel feinfühliger und sensibler! Und das kam in ihren Angstphantasien zum Tragen. Aber das sind doch alles nur Hirngespinste, Ausgeburten der nackten Angst!“

Judas blickte um sich und erntete überall kopfnickende Bekräftigung und Zustimmung; und er fuhr fort: „Wir glauben ja auch alle, dass Er der Messias ist! Das weißt du! Aber doch nicht so! Das kann UNMÖGLICH der Wille Gottes sein!

Der Täufer hat doch klar und deutlich, unmissverständlich bekundet, was Seine Mission ist, und erklärt, dass die Axt schon an die Wurzel gelegt worden ist! Es wird Zeit, dass unser Rabbi endlich erkennt, dass es Sein letzter und eigentlicher Auftrag ist, diese Axt nun zu ergreifen und zu schwingen, um alles nieder zu machen, was sich gegen das Reich Gottes für Israel erhebt!

Worte der Nachsicht und Güte und Barmherzigkeit sind genug geredet worden! Die es bis jetzt nicht erreichen konnte, die wird´s auch nimmer erreichen! Darum ist es nun an der Zeit, eine andere Sprache zu sprechen!

Das ist Seine eigentliche Mission, Sein Auftrag! So kündeten es alle Propheten! Und Er hat doch auch tatsächlich die Vollmacht dazu verliehen bekommen! Und wahrscheinlich sind auch wir nicht von ungefähr dazu auserwählt und berufen worden, an Seiner Seite zu stehen, um Ihn vor Abwegen – Irrwegen! – zu bewahren und auf rechtem Kurs zu halten oder aber gar zu bringen!

Nur weil sich inzwischen viele von Ihm abgewendet haben, heißt das doch nicht, dass Seine Sache bereits verloren ist und Ihm nur noch das Martyrium bliebe! Aber Er deutet sich´s so, dass dies dann wohl Sein Weg sein müsse, dass Er sich dann vielleicht für alle opfern müsse und sterben müsste, wie alle Propheten vor Ihm! – als ob das irgendetwas ändern könnte und würde!

Und ja: Die Propheten haben für ihr mahnendes Zeugnis, das freilich keiner hören wollte, vielleicht noch sterben müssen, wie Johannes der Täufer! Aber doch nicht der Messias! Er bringt doch gerade das Gericht, das die Propheten angedroht hatten! Und Er wird ihre Drohungen bestätigen, sie alle ins Recht setzen und rächen! Und wenn die Höchsten Israels, wie das halsstarrige Volk es weder von den Propheten noch von Ihm, dem Sohn selbst, annehmen und nicht endlich umkehren wollen, dann verhält sich´s wohl vielmehr so, dass Er dann Seine Axt eben nicht nur allein gegen die gottlosen Heiden erheben und schwingen muss, sondern auch über all den vielen Abtrünnigen und Widersetzlichen im Hause Israel!

Hat das nicht auch schon der Täufer angekündigt und alles Volk eindringlich vermahnt, es solle ja nicht meinen, darum schon auf der sicheren Seite zu sein, nur weil es die Nachkommenschaft Abrahams ist?! Und steht es so nicht auch schon bei dem Propheten Maleachi: »Wer aber wird bestehen können an Seinem Tag, wenn Er sich anschickt, Gericht zu üben über alle Welt?! Auch selbst Israel wird Er nicht schonen! Denn auch die Kinder Abrahams wird er läutern durch Feuer und Schwefel, wie man Edelmetalle reinigt und säubert: Silber und Gold!« Und nur die Gerechtesten werden´s überstehen!

Aber unser Meister ist einfach viel zu weichherzig! Und mag es auch sein, dass Er gerade darum ersehen und erwählt worden ist, Gericht zu üben, weil Er in allem doch über alle Maßen gerecht sein und bleiben wird – so aber doch, weil Er trotz allem letztendlich doch nur dies Eine ausführen muss: die Spreu vom Weizen zu trennen!

Aber Er muss endlich auch einmal Härte zeigen und alle Welt Gott wieder fürchten lehren! – auf dass sie erkennt, mit wem sie es zu tun hat! Ist Furcht und Schauder vor dem HERRN, dem »Schrecken Israels«, nicht aller Erkenntnis Anfang?! Wie sonst sollte alle Welt dem Höchsten unterworfen werden?!

Darum lass Ihn uns ins Gebet nehmen! Vielleicht wird Er wenigsten auf dich hören, nachdem Er nunmehr erkannt hat, dass Gott auch mit dir ist und sich dir kundtut und der Rabbi jetzt sogar bekundet hat, dass du dem Höchsten ein Fels bist – wie es wohl auch ist, weil du dich nicht von aufwallenden Wogen naiver Weichherzigkeit und irrigen Anwandlungen gutgläubigen Mitgefühls zu falscher Nachsicht und Güte hinreißen lässt, sondern trotz allem unbeirrbar fest stehst! – selbst, wenn du auch Ihm einmal Einhalt gebieten und energisch widersprechen und widerstehen musst!

Wurde den Streitern Gottes nicht von je her geboten, Sein Gericht zu vollstrecken mit der Schärfe des Schwertes, ohne Gnade und Barmherzigkeit zu zeigen, und ja nichts zu schonen?! Nicht einmal Greise, Frauen und Säuglinge! Und steht es so nicht geschrieben: »Verflucht sei, wer das Werk des HERRN lässig treibt, und verdammt, wer sein Schwert vom Blut zurückhält! Und wenn es deine nächsten Anverwandten sind! Wenn sie abtrünnig werden: Schone sie nicht und zeige nur ja keine falsche, weichherzige Gnade! Alles, was übel ist, gehört ausgetilgt aus eurer Mitte!«

Und Petrus konnte es nicht leugnen: Judas sprach damit nicht nur allen anderen aus der Seele, sondern auch aus seinem eigenen Herzen! Auch wenn Symeon keinerlei Zweifel hatte, dass Jesus der Messias Gottes war: in diesem einen Punkt, der am Ende über alles, den Erfolg Seiner ganzen Mission, entschied, lag der Rabbi einfach abgrundtief falsch!

Da musste Er sich schlichtweg gründlich verhört haben! Schließlich war ihr Lehrer doch auch nur ein Mensch! Warum sollte sich nicht auch Jesus einmal grundlegend täuschen?! Davor waren doch selbst auch die größten Heiligen nicht gefeilt! Welcher Gottesmann war nicht irgendwann einmal eingeknickt und auf irrige Abwege gekommen?! – wie beispielsweise sogar der größte Prophet Elia, der einstmals aufgeben und nur noch sterben wollte! Warum sollte das bei Jesus anders sein?! – auch wenn Er glaubte, immer genau zu wissen, was der eigentliche und letzte Wille des Höchsten war!

(W)

Als nun Jesus nach einer Weile mit Seiner Mutter zurück kehrte, sie bei den anderen Frauen beließ und sich wieder zu den Jüngern ans Lagerfeuer begab, erhoben sich Judas und Simon; und Simon Petrus bat den Rabbi: „Herr! Auf ein Wort! Lass uns beiseite gehen! Wir müssen mit Dir reden.“ Der Meister nickte ernst, als wüsste Er, was nun kommen würde, und wendete sich um, um sich mit Judas und Simon einige Schritte ins Abseits zu begeben.

Sie waren noch nicht weit entfernt, da sprudelte es schon aus Judas Ischarioth heraus: „Meister, wir haben alle miteinander über das gesprochen, was Du gesagt hast, und sind alle der Meinung, dass das UNMÖGLICH der Wille des HERRN sein kann!

Du bist doch der Messias, der uns gesandt worden ist, Israel zu erlösen und von all seinen Unterdrückern zu befreien und endlich das Reich Gottes auf Erden aufzurichten! – aber doch nicht, um Dich den Widersachern Gottes und Seines Volkes selbst auszuliefern, um Dich auch noch als ein Sühneopfer gerade für DIESE hinzugeben!

Wie willst Du so die Herrschaft Gottes aufrichten?! Meinst Du etwa, so der Gewalt wehren zu können, indem Du nicht allein die Gewalttätigen gewähren lässt, sondern Dich von ihnen sogar selbst niedermachen lassen willst?! Hast Du nicht selbst gesagt: »Ein tyrannischer Herrscher wird nur überwunden, wenn ein noch Stärkerer und Gewaltigerer kommt, der ihn bezwingt und bindet!«?

Alles, was Du lehrst, dass man nur Liebe üben soll gegen jedermann, mag ja vielleicht einstmals umsetzbar und zu verwirklichen sein in Deinem Reich, wenn Du erst einmal zur Herrschaft gekommen bist und es niemand mehr wagen wird, sich gegen Dich zu erheben oder anderen Gewalt anzutun!

Aber was für die Aufrichtung dieser Deiner Herrschaft dennoch unabdingbar von Nöten ist, ist doch zunächst einmal, dass Du Dich als der Gewaltigste erweist, dem sich keiner ungestraft in den Weg stellt oder wider Ihn aufbegehren darf, indem Du alle Widersacher ebenso gnadenlos niedermachst, wie sie alle Welt niedermachen, und sie bezwingst und brichst und bindest und unterdrückst! Die, welche nichts, als brutale Gewalt kennen und keine andere Sprache verstehen, sind eben nicht anders zu bezwingen und zu belehren, als durch noch brutalere Gewalt! Das musst Du doch einsehen!

Wurde nicht auch König Salomo, der Sohn Davids, von seinem Vater zu unerbittlicher Härte gegen alle seine Widersacher angehalten?!

Aber wenn Du Dich denen ergibst und mit Dir machen lässt, was immer sie Dir antun wollen, wie gut Du es auch meinen magst: Das werden sie Dir nur als Schwäche auslegen und Du wirst von ihnen dafür nichts anderes ernten, als Hohn und Spott!

Meinst Du, nur ein einziger dieser gottlosen Frevler würde darüber in seinem verstockten, harten, unbarmherzigen, eiskalten Herzen angerührt, dass er darüber inwendig überwunden würde?! Sie werden vielmehr schallend lachen und sich in die Fäuste spucken und höhnen: »Wenn DAS der Sohn des Allmächtigen sein soll, der Richter aller Welt, dann können wir´s fortan völlig ungehemmt und ohne jede Furcht vor Vergeltung noch schlimmer treiben, als wie bisher!«

Du musst all diese Widersacher endlich spüren lassen, wer das eigentliche Sagen hat, und dass Du bei aller Langmut und Geduld, Nachsicht und Güte, die Du den Reuigen gewähren willst, trotz allem wohl weißt, wo der Hammer und der Fäustel hängt! Der Widerspenstige braucht eben die Peitsche! Und welche ein Vater liebt, die schlägt und die züchtigt Er, und bricht sie, wenn nötig, mit Gewalt!“

(X)

Jesus aber erwiderte ihnen: „Ihr wisst nicht, und habt nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, was ihr da ersehnt, und was dies auch für euch selbst bedeuten würde, wenn Ich erst einmal anfangen würde, Gericht über euch alle zu üben! Sonst würdet ihr nicht so leichtfertig derart hart und unbarmherzig reden!

Und glaubt Mir: Für all die, die es im Guten nicht annehmen wollen, wird es auch noch genau so kommen – im Bösen und in einem beispiellosen Grauen, wie es die Welt noch nicht gesehen hat! – von solcher Entsetzlichkeit, wie ihr euch auch die allerschlimmsten Höllen nicht ausmalen könnt – und zwar schon hier auf Erden!

Und eben darum bin Ich gewillt, dies euch allen zu ersparen – wen immer Ich irgend erreichen kann! Und Ich will vorher wahrhaftig nichts unversucht lassen, und wenn Ich dafür zunächst selbst durch alle Höllen gehen muss – und ebenso Mein Vater, wie auch Sein und Mein Geist, der in Mir ist und Mir dies zeugt!

Denn bei allen Gerichten, die unweigerlich – trotz allem! – noch kommen müssen und auch gar bald schon anheben werden, wollen Wir in der ganzen göttlichen Fülle Unserer Liebe doch zuerst, wie auch zuletzt nichts anderes als Gnade zum Heil für wahrhaft alle!

Und darum gilt es, zuerst die Gnade zu offenbaren, wie auch zuletzt – für die, die jetzt noch nicht dafür empfänglich sind und dies nur über und durch die allerschlimmsten höllischen Gerichte werden!“

(Y)

Da widersprach dem Herrn aber auch Petrus ganz energisch: „Das kann doch NIEMALS, UNMÖGLICH der Wille des Höchsten sein! Hat Er nicht längst schon lange genug zugeschaut und über alle Maßen Nachsicht, Geduld und Langmut erwiesen?! Wird es nicht endlich Zeit für Ihn, einmal knallhart dreinzuschlagen?! – so, wie einstmals in Ägypten, und den Gewalttätigen mit noch größerer Gewalt zu wehren – schon um der unzähligen Elenden und Geschundenen, so maßlos Unterdrückten willen, die immerfort zum Himmel schreien! Hörst Du denn nicht all ihre jämmerlichen Weherufe und Klageschreie unter größter Pein und unsäglichen Schmerzen?! Willst Du all dem Unheil, das sie erleiden müssen, denn nicht endlich wehren?! Siehst Du denn nicht, dass wir alle von dieser Last erdrückt werden und umkommen?!

All diese Geschundenen: Sie brauchen einen starken, mächtigen Erlöser, so, wie es einst Mose war! Und nicht ein Opferlamm, das sich unter ihnen allen, die beständig zur Schlachtbank geschleift werden, auch noch willig vorneweg einreiht und sich, allen voran, diesen unbarmherzigen Schlächtern ergibt und sich überdies sogar als Sühneopfer für eben diese selbst darbringen will und am Ende für das, was diese Ihm, wie allen anderen Unschuldigen, antun, vielleicht auch noch »Danke!« sagt: »Nur zu! Macht weiter so! Ich erteile euch für alles General-Absolution! Denn Ich hab euch alle doch trotz allem so unendlich herzlich lieb!«

Wenn Du damit irgendetwas erreichen willst oder verändern zu können glaubst, dass Du meinst, auch nur ein einziges verhärtetes, eiskaltes Herz dadurch erweichen zu können: Lass dir das gesagt sein: Das ist wahrhaftig naivster Kinderglaube! Das sind gutgläubige dumm-liebe Fantastereien, die an der knallharten Realität, wie sie nun einmal auf Erden herrscht, völlig vorbei gehen!“

Jesus aber wendete sich ab von ihnen und erklärte: „Ich habe Mich schon einmal geopfert, schon unzählige Male – in einem jeden Gotteswesen, das in dieser Welt leidet und stirbt, und will Mich auch weiterhin opfern: wieder und immer wieder, bis ihr darüber zur Besinnung kommt! – und sei es in den Gerichten, in denen Ich nicht minder mitleiden werde mit einer jeden leidenden Kreatur, wie sehr sie auch verdient haben mag, was sie ereilt! Denn das bin ich, jetzt und ewig: euer aller Sühne- und Opferlamm!“

(Z)

Die Auseinandersetzung wurde immer heftiger und lauter, so dass es bald auch ans Ohr der anderen Jünger am Lagerfeuer drang, wie Kephas den Rabbi verzweifelt aufschreiend regelrecht anfuhr: „Du bist doch gänzlich von Sinnen! Möge der Höchste Dich doch wieder zur Vernunft bringen! Aber dass Du Dich opfern sollst für alle Welt?! … – Das verhüte Gott! Das widerfahre Dir nur ja nicht! Und auch nicht uns, der Du doch unser aller letzte Hoffnung geworden bist!“

Und dann sahen sie, wie Jesus sich energisch zu Simon Petrus herumwarf und ihn laut brüllend regelrecht bedrohte, wie einen Dämon: „Weg mir dir und hinter Mich, du Satan! Du bist Mir ein Ärgernis! Was du willst, ist nicht von oben, sondern von unten, keineswegs göttlich, sondern nur allzu menschlich! Böse, arg, vom Übel – wie alles an euch! – an euch allen!“

(AA)

Und als der Rabbi den Kephas derart angeschrien hatte, wandte Er sich völlig erbost und wutentbrannt von Seinen beiden Ersten ab, als wären sie Seine erbittertsten Widersacher geworden, und kehrte entschlossenen, schnellen Schrittes zu den anderen zurück, als wäre damit alles gesagt und nichts mehr zu diskutieren.

Judas Ischarioth aber wollte noch nicht kleinbei geben; also sprintete er dem Meister hinterher und rief Ihm nach: „Meinst Du, irgendeiner von uns will diesen Weg mit Dir gehen?! Keiner wird diesen Weg mit Dir gehen! NIEMAND! So wirst Du am Ende alle und alles verlieren! Bald wird Dir niemand mehr folgen!“

Jesus aber, als Er wieder im Kreis Seiner Anhänger stand, rief auch die Frauen wieder herzu und antwortete dem Judas – und es klang wie eine ultimative Erklärung an sie alle: „Ich bin nicht gekommen, Leben zu nehmen im Namen des HERRN, sondern vielmehr, um Leben zu geben im Namen des HERRN – gemäß Seinem Christus-Wesen und Seiner Erlöser-Natur!

Und bevor Ich das Blut anderer vergieße, will Ich lieber Mein eigenes Leben dahingeben und Mein eigenes Blut fließen lassen und Meine eigene Seele ausschütten für alle! – auch die Aller-Übelsten, Undankbarsten und Bösesten! Denn was können sie anderes sein ohne Mich?!

Und wer Mir nachkommen will, muss ebenso gesinnt sein, und – Mir nach – bereit, sein Leben zu lassen für alle anderen, besonders für alle noch Verirrten und Verlorenen! Der muss sein selbst-süchtiges Eigenleben aufgeben und all seine egozentrischen Wünsche, Träume und Hoffnungen ersäufen und begraben lassen in der Taufe, mit der Ich taufe!

(AB)

Denn »Ich, meiner, mir, mich! Ich und sonst keiner mehr!«: das ist nicht eure Bestimmung, und keinerlei Glückseligkeit liegt darin; und zu euch selbst und zu wahrer Erfüllung werdet ihr so niemals finden! Sondern wie mit aller Welt und auch mit Gott, so werdet ihr so auch mit euch selbst überworfen und in Zwiespalt sein! – mit wahrhaft allem! Und ihr werdet so keine Ruhe finden und keinerlei Frieden für eure Seelen!

Wenn das Samenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es einsam und allein. Wenn es sich aber hingibt, hineingibt in sein Grab in der Erde, und stirbt, so bringt´s viel Frucht, und aus dem einen werden viele! – Unzählige!

Und ihr seid nicht erschaffen worden, um einsam und allein bleiben zu müssen und in beständigem, rastlosen Ringen um Selbst-Behauptung im Streit mit allen anderen liegen zu müssen, sondern für die überschwängliche Glückseligkeit in Gemeinschaft, in der einstigen universalen Verbindung in Gott, in der göttlichen Liebe.

Darum müsst ihr euren selbst-süchtigen Eigensinn aufgeben und ihm abschwören – ja, euer ganzes flüchtiges, zeitliches, irdisches, fleischliches, rein selbst-bezogenes Ego, das nichts anderes kennt, als allein nur sich selbst, sogar als etwas völlig Fremdes betrachten und erkennen, das nicht zu eurem wahren Selbst gehört und mit eurem eigentlichen, ewigen Sein und Wesen, das ihr zeitlos in Mir habt und das mit Mir verborgen ist in Gott, absolut nichts zu tun hat!

Dort nämlich ist der Anker eurer Seele: Er reicht hinein in die unendliche Ruhe und in den majestätischen Frieden, der im himmlischen Allerheiligsten wohnt: im Herzen Gottes, das da schlägt für wahrhaft alle!

Alles Auswendige, Sichtbare, Wahrnehmbare, Leiblich-Seelische mit all seinen unseligen Anhaftungen und Anwandlungen aber ist außerhalb davon, davon losgelöst und abgeschnitten und getrennt; und darum immer wieder, bis zum völligen, einstmals endgültigen Verderben, dem Untergang geweiht, weswegen es für alle, die ihm anhaften und verfallen sind, nichts als Kummer und Harm, Leid und Schmerz, Tod und elendes Verenden erzeugt – und euch niemals finden lässt, was ihr wahrhaft sucht und wonach ihr euch innigst im Eigentlichen verzehrt und wonach ihr alle letztlich lechzt und verlangt!

Denn du kannst und wirst dich selbst nirgends anders finden als im »Du«, und Glückseligkeit allein in der innigsten Gemeinschaft aller, wenn ausnahmslos alle ein Herz und eine Seele sein werden, in der selbstlosen göttlichen Liebe, die einzig und allein einstmals bleiben wird – und sein wird alles in allem und in jedem einzelnen, wenn alle ein Fleisch und Blut und Gotteswesen sein werden in der all-erfüllenden Christus-Liebe!

Denn wie das göttliche Selbst sich in Selbstlosigkeit findet, im Sich-Vergeben und -Verschenken an wahrhaft alle, so auch ihr. Allein in der Selbstlosigkeit findet ihr zu Gott; allein in der Selbstlosigkeit findet ihr zu allen anderen; allein in der Selbstlosigkeit findet ihr zu euch selbst! Und wer sich darum in Liebe an alle anderen verliert, der wird sich selbst finden – wie auch Mich selbst in sich und in Mir alles!

(AC)

Wer Mir also nachkommen will, der verleugne sein selbst-süchtiges, rein selbst-bezogenes Ego, sein vermeintliches »Ich«, wie Ich es tue, der verleugne sich selbst und nehme täglich in Aufopferung für alle sein Kreuz auf sich und folge Mir nach. Denn wo Ich bin, da werden auch Meine Jünger sein: Alle, die von Meiner Liebe zu allen erfüllt sind und Mir in Ihr dienen wollen! Und wer dazu nicht bereit ist und es Mir nicht gleichtun will, mag sich abwenden und gehen: denn er ist Meiner dann auch noch nicht würdig!

Aber wahrlich, Ich sage euch: Wer sein Eigenleben in seinem Eigensinn über alles liebt und um jeden Preis festhalten, sich erhalten und irgendwie hinüber-retten will, der wird´s ganz gewiss aufs Allerschmerzlichste verlieren!

Wer aber solch ein rein selbstbezogenes, selbstsüchtiges Leben zu verachten und zu hassen beginnt und sein Leben so an Mich verliert, an Meine Liebe zu allen, und es bereitwillig hingibt für Mich und um Meinetwillen und um Meines Evangeliums willen, dass da Liebe ist für alle, wer sein Leben so hingibt in Liebe zu allen, der wird´s wahrhaftig finden: wirkliches Leben voll Erfüllung und Glückseligkeit, wunderbarer, als es sich irgendein Herz erdenken kann! – dass ihr aufjubeln werdet: »Jetzt erst lebe Ich! Jetzt hab ich´s begriffen und ergriffen! Nein! Vielmehr bin ich davon ergriffen worden! Ich lebe! Nein, nicht mehr Ich: der Christus mit Seiner überbordenden Liebe, die mir das Herz zerreißt: Er lebt in mir! Und ich will und kann nicht mehr anders, als Ihn verkündigen in Wort und Tat und Ihm dienen!«

(AE)

Was aber Mich und dies Mein Evangelium von Meiner unverlierbaren Retterliebe gegen wahrhaft alle betrifft: Wer dies nicht wahrhaben will und verleugnet, der wird mit dieser seiner Verleugnung und in ihr leben und unter ihr sterben und verenden müssen, weil er verleugnet und einfach nicht wahrhaben will, was doch selbst auch ihm noch auf ewig bleibend gilt!

Doch was nützt das denen, die´s einfach nicht wahrhaben wollen und in ihrer eigenen Wahrheit leben wollen und so unter der Lüge verbleiben?! Muss sie das nicht zugrunde richten, weil sie der Wahrheit keinen Glauben schenken, auf dass sich ihre Lüge als Lüge und Trugbild offenbart und erweist?! Und wie anders wären diese zur Besinnung zu führen?! Müssen sie nicht durch die Stätten der Reinigung, dass sie die Höllen durchwandern müssen, die sie Meinem Heil für alle vorgezogen haben, um darüber endlich ernüchtert zu werden, wessen sie, wie alle, in Wahrheit bedürfen?!

Aber selbst, wer so sein selbstsüchtiges Leben verlieren muss in seinem Trotz und Widerstand: Er soll – um Meinetwillen und Meines Sühneopfers willen! – darüber doch noch das wahre Leben finden! Denn auch, wenn gar viele untreu sind und Mich und Meine unverlierbare Liebe zu allen verleugnen, so bleibe Ich Mir selbst doch treu: Ich kann Mich und Meine unverlierbare Retter-Liebe zu allen als der Christus für wahrhaft alle nicht verleugnen!

Und Ich ermahne euch mit äußerstem, letztem Ernst in Wissen um alles, was noch kommt: Wer dies verleugnet, dass Ich die Erlösung bin und bleibe für wahrhaft alle, und zur Gewalt greift in Meinem Namen, sei es durch Feuer oder Schwert, oder auch nur mit Worten der Nötigung und Bedrängung der Herzen und Gewissen: der hat Mir abgeschworen und verleugnet Mich; und den werde Ich ebenso abschwören und verleugnen vor den heiligen Engeln, wie dem himmlischen Vater, und bekennen: »Fürwahr, diesen Diener Satans, der nur Höllenfeuer entzündet und Kinder der Hölle zeugt: Ich kenne ihn nicht!«

Und nur, wer Mich wahrhaft bekennt vor allen Menschen, wie Engeln, im Angesicht des Vaters, dass Ich die unverlierbare Liebe bin gegen alle und die Allversöhnung für alle, ohne Ausnahme, da Ich Mich hinschlachten ließ für wahrhaft alle, so dass Ich einen Anspruch habe, der absolut ist, auf restlos alle, wo immer sie noch stehen und was immer sie noch tun mögen: Wer Mich so bekennt als den Aller-Welt-Heiland und Christus vor allen Menschen, wie Engeln, im Angesicht des Vaters, zu dem werde Ich Mich auch bekennen vor allen Engeln, wie Menschen, im Angesicht des Vaters, dass Ich ihm Meine Weisheit gebe, der kein Widersacher widerstehen kann und sein Zeugnis bekräftigen werde mit eindrücklichen Zeichen und unbezweifelbaren Wundern.

Wer aber solches von Mir lehren wird, Ich könnte auch nur eine einzige Seele auf ewig abschreiben und verdammen und Meine Gnade könnte für irgendeines Meiner Kleinen zum erliegen kommen und für immer versiegen, steht nicht unter Meinem Segen, sondern unter dem Fluch, mit dem er selbst Mir flucht, auch wenn er sich im Segen wähnen mag und in der Welt, die nichts von Mir weiß und versteht, erfolgreich sein mag und mit seiner Irrlehre viele Seelen und Gewissen fängt und unter seine Knechtschaft bringt.

Und ein solcher wird selbst genau die Qual und Pein erleiden müssen, mit der er den anderen gedroht hat, bis er darüber zur Besinnung kommt und bereut: den soll auch selbst die Angst vor dem ewigen Höllenfeuer peinigen, das alle Widersacher verzehren soll, ganz nach seiner verkehrten und verdrehten Verkündigung und nach seinem eigenen Glauben und Willen!

Das nämlich ist die allerschlimmste Blasphemie und Gotteslästerung, der schauderhafteste und folgenschwerste Missbrauch Meines heiligen Namens, mit Angst und Druck zu arbeiten und mit solcher Hinterlist die verschüchterten Seelen einzufangen mit der Lüge, Ich könnte oder wollte auf ewig verdammen!

Wer solches lehrt, der verleugnet alles, was Ich bin und für alle Welt getan habe, der schneidet ab von Mir, wie er selbst abgeschnitten ist von Mir! Der ist nicht für Mich, sondern wider Mich! Der führt nicht zu Mir, sondern treibt weg von Mir; der sammelt nicht für Mich, sondern zerstreut! So gebt Acht, dass ihr Meine wahrhaft unverlierbare Liebe kündet, die alle Furcht austreibt, und keineswegs Furcht lehrt und nichts als Angst schürt!

(AF)

Denn es wird geschehen, dass der Menschensohn kommt in der Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen Engeln, und dann wird Er einem jeden vergelten nach seinem Tun: um denen Gnade und Barmherzigkeit zu erweisen, die Seine Gnade und Barmherzigkeit verkündet haben in Wort und Tat, Gericht und Zorn aber allen, die nichts als Gericht und Zorn verkündet haben in Seinem Namen, sei es nur mit Worten, oder auch in ihrem Tun.

Wer sich aber Meiner und Meiner Worte unaussprechlicher Huld und Gnade schämt und Meine unverlierbare Liebe gegen wahrhaft alle verachtet unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn Er kommen wird in Seiner Herrlichkeit und in der Majestät Seines Vaters mit den heiligen Engeln. Und wer Mich und Mein wahrhaftiges Evangelium verschmäht und verleugnen wird, den werde Ich ebenso verleugnen und verschmähen vor Meinem himmlischen Vater.

Denn es werden nicht alle, die zu Mir sagen: »Herr! Unser Meister!«, in das Himmelreich eingehen, wenn Ich wiederkomme, um die Meinigen aus der in Chaos und Verderben versinkenden Welt zu Mir zu holen, sondern allein diejenigen, die den wahrhaftigen Willen Meines himmlischen Vaters ausrichten und auch tun

Da werden dann nämlich gar viele, die zurück gelassen werden, Mir in den Himmeln zurufen: »Herr, Herr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt?! Haben wir nicht in Deinem Namen sogar böse Geister ausgetrieben?! Und haben wir nicht überdies in Deinem Namen viele gewaltige Wunder getan und Unglaubliches auf die Beine gestellt?! Haben wir nicht unzählige Massen zu Dir bekehrt und sie das Fürchten, die rechte „Furcht des HERRN“ gelehrt?!«

Ich aber werde sie dann jäh ernüchtern mit dem vernichtendem Bekenntnis: »Ich habe euch nie gekannt und hatte auch nie irgendetwas mit euch zu tun! Ich weiß nicht, wer ihr seid! Weicht von mir, ihr Übeltäter!« Denn sie haben in Meinem Namen Lüge geweissagt; und die Seelen, die sie durch ihren Trug erhascht haben, deren Herzen und Seelen haben sie gebranntmarkt und unter unselige Knechtschaft voll Zittern und Zagen gebracht und so nur Kinder der Hölle gezeugt! Denn sie haben auf diabolische, teuflische Weise Mein Evangelium, Meine befreiende Froh-Botschaft, in eine drückende Droh-Botschaft verkehrt! Sie haben nur den Anschein von Gottseligkeit an den Tag gelegt, Meine Kraft aber verleugnet, die allein alles für alle ändern kann: nämlich Meine unverlierbare Liebe gegen wahrhaft ausnahmslos alle!

(AG)

Darum werden jene vermeintlichen Jünger ganz gewiss nicht unter den Ersten sein, die ins ewige Leben eingehen, sondern vielmehr unter den Letzten – und alle, die sie verurteilt und verdammt haben, werden noch vor ihnen eingehen in Mein Himmelreich! Denn die sich für die Ersten halten, die werden die Letzten sein; welche sich aber zu den Letzten rechnen und machen, die werden die Ersten sein!

Aber es wird auch die anderen geben, die Mich recht erkennen und bekennen werden. Die werden als die Aller-Ersten ins ewige Leben eingehen. Die sind aus Angst und Gericht hinweg genommen, weil sie dies auch keiner anderen Seele mehr wünschen; und sie sind damit schon vom Tod ins Leben durchgedrungen. Denn sie sind allein nur noch beseelt von der göttlichen Barmherzigkeit und Liebe, die sie zu ebensolcher Barmherzigkeit und Retterliebe gegen alle anhält, welche triumphiert über ein jedes Gericht!

Und wahrlich, Ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden niemals mehr sterben und den Tod nimmermehr schmecken müssen; die werden am Leben bleiben, bis sie den Menschensohn kommen sehen mit Seinem Reich in Kraft!“

(AH)

Als Jesus dies den Seinigen verheißen hatte, da deuteten sich´s die Jünger dann aber schließlich bald doch wieder so, dass das Reich Gottes doch in nächster Zukunft anbrechen müsste und dass die meisten von ihnen es noch erleben würden, wenn das Angesicht der Welt gewandelt würde durch katastrophale Umwälzungen im göttlichen Gericht.

Und sie erwogen miteinander: „Vielleicht wird der Meister ja im Kampf mit den Widersachern des Reiches zuerst umkommen, dann aber unversehens kraftvoll wieder-erstehen und sie alle austilgen mit dem Hauch Seines Mundes!“

Und diese Hoffnung und Erwartung, dass der Herr noch zu Lebzeiten der meisten Seiner Jünger wiederkehren würde, hielt sich noch lange unter ihnen, selbst auch noch nach Seiner Himmelfahrt, obwohl Er zu ihnen doch gesprochen hatte von dem Reich, das Er nunmehr zuerst aufrichten wollte im Geist Seiner selbstlosen Liebe, das durch ihre Verkündigung von Seiner Retter-Liebe ausgebreitet werden sollte bis an die Enden der Erde, ehe Er einstmals wiederkäme in Seiner unbezwingbaren Macht und alles überwindenden Herrlichkeit: dass nun zuerst ein geistliches Reich kommen würde, dessen gewaltigen Anbruch schließlich auch tatsächlich fast noch alle Begleiter Jesu miterlebt hatten, wie der Herr es ihnen versprochen hatte: bei Seiner Wiederkunft aus den Himmeln in vielfältigsten sichtbaren Kraftentfaltungen Seiner unsichtbaren Heiligen Ruach, in welcher Er selbst als Geist zu ihnen zurück kehrte, um sich mitten unter ihnen, wie auch unter uns, als der Lebendige zu erweisen in unterschiedlichsten Zeichen und Wundern und uns allen so beizustehen in allem, wo wir noch hindurch müssen zu unserer Ausreifung, und, um so bei uns zu bleiben bis zur Vollendung, wie es auch ist und vielfältigst erfahren wird bis zum heutigen Tag.

Die Jünger Jesu aber hofften darauf, und glaubten, ihnen sei in Aussicht gestellt worden, sie würden auch Seine einstige sichtbare Wiederkunft in Kraft und Herrlichkeit miterleben, wenn Er von einem Ende des Himmels bis zum anderen aufstrahlen würde, wie ein alles blendend erleuchtender Blitz, um dann auf Erden endgültig auch allen Widerstand doch noch zu brechen, der sich gegen Seine Herrschaft erhebt, und dann weltweit Sein messianisches Friedensreich aufzurichten, wie es dem Volk Israel von Ihm verheißen worden war.

(AI)

Denn sie erkannten nicht, dass dies noch in fernster Zukunft lag, da der Herr allen Seelen noch möglichst viel Zeit zur Umkehr einräumen will in einer Unzahl von Wiedergeburten, um ihnen den qualvollen Gang durch die Stätten der Reinigung zu ersparen, den alle erwartet, welche die augenblicklich uns allen noch gewährte Heilszeit nicht nutzen.

Denn da Er sich als die letzte Menschen-Seele aus dem Staub erhoben hat, auf welcher darum auch die allerletzte Hoffnung auf Erlösung für das ganze Menschengeschlecht lag, so dass bei Seiner Geburt tatsächlich »Guf«, »die Halle der ungeborenen Seelen«, wie es die jüdischen Rabbiner lehren, gänzlich geleert war, können alle Menschen-Seelen, die nach Ihm geboren worden sind, nur Reinkarnationen früherer Existenzen sein, denen in der Kraft Seiner Auferstehung weitere irdische, sterbliche Wiedergeburten im Fleisch gewährt wurden, um noch die überirdische, himmlische, unsterbliche Wiedergeburt im Geist zu erlangen. So ist mit Christus tatsächlich schon die große eschatologische Zeitenwende eingetreten, und wir alle fürwahr bereits Kinder der Auferstehung!

(AJ)

Sie aber erkannten dies alles nicht, weil sie noch träge im Hören und Begreifen waren und nicht alles, was der Heiland ihnen wohl bekundet hatte, bereits aufnehmen konnten und verstanden. So meinten sie, Er habe ihnen zugesichert, wenigstens einige von ihnen würden Seine Wiederkunft in Herrlichkeit noch miterleben.

Und nicht wenige wurden darum in ihrem Glauben an Jesus Christus zutiefst verunsichert und irritiert und erschüttert, als Seine letzten Zeitzeugen verschieden, Er aber nicht wiederkam, so dass ihnen die ganze Verkündigung vom Heiland aller Welt zweifelhaft wurde, weil Seine ersten Künder Seine Worte nicht immer in allem recht zu deuten und auszulegen wussten, und gar manche Bekundungen Christi zunächst miss-interpretierten, wovon auch ihre schriftlichen Zeugnisse und Überlieferungen betroffen sind, die zum Teil auch missverständlich formuliert worden sind.

Denn nicht wenige ihrer Berichte wurden unter Flucht und Verfolgung verfasst; auch hatten sie noch nicht die Mittel und Möglichkeiten wie heute, alles breit darlegen und bis ins kleinste Detail haargenau wiedergeben zu können von der Fülle, die sich ihnen enthüllt und mitgeteilt hatte, um alle möglichen Missverständnisse schon im Vorfeld auszuräumen, so dass gar manches später falsch verstanden wurde und auch vieles in Vergessenheit geriet und in der Versenkung verschwand, bis der Geist Christi es durch die Berufung neuer Apostel, Propheten und Lehrer über die Jahrhunderte wieder ans Licht brachte – von dem vollkommenen Evangelium des Lebens in Seiner unverlierbaren Liebe gegen wahrhaft alle.

(AK)

So verstanden sie auch das Wort nicht, das Er zu ihnen gesagt hatte, als Er sprach: „Es stehen einige hier, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie des Menschen Sohn wiederkommen sehen in Seiner Kraft und Herrlichkeit“, dass Er davon redete, dass alle, die in Ihm das wahrhaftige Leben gefunden haben, niemals mehr sterben müssten, sondern auch dann noch weiterleben würden, wenn sie ihre sterbliche Hülle einstmals abstreifen und verscheiden würden, da sie dann nicht mehr in die Finsternis völliger Umnachtung im Totenreich hinabsinken müssten, sondern eingehen würden in Sein himmlisches Reich und Paradies, so dass sie vom Glauben ins Schauen übergehen würden. So ist für alle, denen Christus zum Leben geworden ist, Sterben nichts als Gewinn: ein Übergang ins wahrhaftige Leben!

Denn als Christus Sein Leben als Sühneopfer gegeben hatte für alle und Seine Seele hinab sank ins Totenreich, da wurde sie vom Geist Gottes geistlich wiederbelebt; und der so wieder-erstandene geistliche Christus wurde erhoben zu Gott und weitete sich aus über alle Räume und Zeiten und wurde völlig entgrenzt hin zu Gott. Dadurch wurde das Scheol und Hades von innen aufgesprengt, so dass es auch viele Seelen freigeben musste, die um ihrer Übertretungen willen darin gebunden waren.

Manche führte Christus mit sich sogleich ins Paradies; andere aber wurden freigesetzt zu einer irdischen Wiedergeburt, um eine neue Chance zu erhalten, das wahre Leben zu finden, da ihre Sünden getilgt worden waren; und manche erstanden als die Allerersten sogar schon in ihren astral verklärten Auferstehungsleibern und erschienen ihren Anverwandten bei Seiner Auferstehung, nachdem von der Erschütterung in der Unterwelt sogar die Erde gewaltig gebebt hatte, dass Felsen zersprangen und Häuser einstürzten.

Und seit diesem Tag muss keine Seele mehr ins Totenreich hinab sinken, die das wahre Leben in Jesus Christus gefunden hat, sondern wird von den Engeln des Herrn hinauf getragen ins Paradies, wo sie in Christus lebt, bis auch sie angetan wird mit einem geistlich verklärten Auferstehungsleib voll Kraft und Herrlichkeit, wie der auferstandene Christus ihn nunmehr hat.

Und wenn sie bis dahin auch ihrer einstigen sterblichen Hülle entledigt und gleichsam nackt und entkleidet ist bis zu ihrer Überkleidung mit ihrem einstigen neuen Astralleib, der strahlen wird, wie die Sonne in ihrer Kraft, so ist sie doch nicht gänzlich leiblos, dass sie ohne Sinne der Wahrnehmung und ohne Bewusstsein und Bewegungsmöglichkeit wäre, wie es im Totenreich war.

Denn eine jede Seele, die in Christus ist, hat auch Anteil an Seinem geistlichen Auferstehungsleib, der sich ins Unendliche entgrenzt hat, welchen sie mit jedem Liebesmahl im Gedenken an das Heilswerk des Herrn in sich aufgenommen hat. Denn dadurch werden all jene, die Seinen Leib in sich aufnehmen, selbst zu Gliedern Seines Leibes, der sie nach ihrem Abscheiden einstmals umhüllt, bis sie selbst mit ihren Herrlichkeitsleibern in Kraft angetan werden bei ihrer eigenen Auferstehung in Herrlichkeit.

Darum muss wahrhaftig keine Christen-Seele mehr sterben und noch den Tod schmecken; sondern sie ist bereits vom Tod ins Leben übergegangen und bleibt in Christus für immer und ewig im Leben, und wird immerfort mehr und mehr verwandelt werden in den Himmeln von einer Herrlichkeit zur anderen, was sie von einer himmlischen Sphäre in die nächsthöhere trägt, je mehr sie von der unaussprechlichen Herrlichkeit des Herrn erkennt und umgestaltet wird in Sein Bild.

Denn wir alle können nicht im Mindesten erahnen, was wir einstmals in der Vollendung sein werden; denn wir sollen Ihm gleich werden in wahrhaft allem!

Und so werden wir immer tiefer ins himmlische Leben eindringen, bis wir das Reich Gottes auch auf Erden anbrechen sehen in Seiner Kraft, am Tage unserer leibhaftigen Auferstehung hier auf Erden, um mit unseren Geschwistern, die dann noch auf Erden weilen werden, hinauf in die Himmel entrückt zu werden und dann auch leibhaftig einzugehen in Sein Himmelreich, um nach Seiner Wiederkunft mit uns in diese Welt mit Ihm zu herrschen über den ganzen Erdkreis für ein Millennium, bis schließlich das ganze All bei der großen Äonen-Wende umgestaltet werden wird in Herrlichkeit.