Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
V Die Abkehr
(A)
Jesus war also mit Seiner Gefolgschaft durch Samaria gezogen, um sich von dort schließlich zum Passah-Fest nach Jerusalem zu wenden. Bevor Er jedoch – schon zuvor – Galiläa für immer verlassen hatte, war Er in der Ebene Jesreel, fernab von irgendwelchen Siedlungen, auf zehn aussätzige Männer gestoßen, die dort in der Wildnis in Höhlen gehaust hatten.
Die waren Ihm entgegen gelaufen und hatten von ferne geschrien: „Jesus, gütiger Meister, erbarme dich unser!“ Einer von ihnen, Saomer, hatte nämlich den Rabbi wieder-erkannt. Denn dieser Eine hatte Jesus bereits einmal unter einer großen Volksmenge wirken erlebt, ehe er selbst vom Aussatz befallen worden war.
Als jene nun dem Rabbi entgegen-eilten und nach Ihm schrien, unternahm Jesus allerdings nichts, um sie sichtlich vom Aussatz zu befreien, sondern Er rief ihnen lediglich von ferne im Vorbeigehen zu: „Zieht hin und zeigt euch den Priestern und bringt das Opfer für eure Reinigung dar, wie es Mose geboten hat, allen zum Zeugnis, dass ihr von eurem Aussatz befreit worden seid!“; und Er ließ sie mit dieser Aufforderung stehen. Ihnen aber war es nicht gestattet, sich Ihm zu nähern nach dem Gesetz, wenn Er nicht auf ihre Bekundung hin, unrein zu sein, von sich aus zu ihnen trat.
Da sahen sie einander verwundert an. Denn ihnen war noch überhaupt nichts von irgendeiner Heilung anzusehen! Sie waren nach wie vor am ganzen Körper mit deformierenden schneeweißen Wucherungen, sowie mit Schorf und Krätze und allerlei wunden Geschwüren übersät.
So sprachen sie untereinander: „Was sollen wir jetzt tun?! Denn nichts deutet darauf hin, dass wir tatsächlich von unserem Aussatz gereinigt worden sind!“
Saomer jedoch – jener Eine, der es bereits schon einmal erlebt hatte, wie kraftvoll und wie tief zu Herzen gehend Jesus die göttliche Abba-Liebe verkündigte und wie Er sodann unzählige Kranke, die von unterschiedlichsten Gebrechen befallen waren, allesamt heilte, – jener Saomer also ermutigte die anderen, indem er zu ihnen sprach: „Aber Er hat uns doch unsere Heilung zugesprochen! Und glaubt mir: Dieser ist ein großer Prophet Gottes, wie es ihn in ganz Israel seit Elia nicht mehr gegeben hat! Ich habe es doch mit meinen eigenen Augen gesehen, wie viele Er schon geheilt hat – ohne großartige Gesten und beeindruckende Gebärden, allein nur schlicht und ergreifend durch Sein Wort!
Und war es nicht ebenso auch bei dem aramäischen Hauptmann Naäman aus dem fernen Syrien, dessen Glaube ebenso herausgefordert worden war, weil der große Prophet Elia sich nicht zu ihm hinaus-bemüht hatte, um vollmächtig seine Hand über ihm zu erheben und lautstark beschwörend den Namen des HERRN über ihn auszurufen, sondern ihn lediglich aufforderte, sich im Jordan zu waschen?
Darum bin ich mir ganz sicher: Wenn wir auf die große Kraft dieses Gottesmannes vertrauen und nicht an Seiner Vollmacht zweifeln, dass wir nun in gleicher Weise hinziehen, wie einst Naäman, allein nur auf Sein Wort hin, in fester Zuversicht, dass wir das, was Er uns zugesprochen hat, darum auch ganz gewiss erhalten haben, selbst wenn wir es noch nicht sehen, dann werden wir es mit Sicherheit auch erleben, dass wir ebenso, wie einst der syrische Hauptmann, von unserem Aussatz befreit werden! Aber uns wird offensichtlich ebenso dieses Wagnis abverlangt, Seinem Wort blind zu vertrauen!“
(B)
Also machten sich die zehn Aussätzigen damals auf den Weg zu den Priestern. Und siehe: während sie so dahinzogen, fiel nach und nach aller Schorf und alle Krätze von ihnen ab, die Wucherungen bildeten sich langsam zurück und ihre Geschwüre verschwanden allmählich, bis sie tatsächlich allesamt wieder vollständig rein geworden waren.
Als dies geschah, wurde Saomer von solcher Freude und Dankbarkeit erfüllt, dass es ihn unwiderstehlich zu dem zurück-zog, der ihm so viel Gnade und Barmherzigkeit erwiesen hatte, dass er Ihm sein ganzes Leben weihen wollte; denn nun erst hatte er es vollauf erfasst und an seinem eigenen Leibe erlebt, dass Jesus wahrhaftig der Sohn Gottes war und was für ein Heil und welch eine Erlösung bei Ihm zu finden war.
Darum wollte er fortan unter der Obhut der überschwänglichen Liebe Jesu Christi leben. So stürmte dieser Eine zum Meister zurück, suchte Ihn überall im gesamten Land und fand Ihn schließlich, als der Herr mit den Seinen bereits ganz Samaria durchzogen hatte.
Und schon von weitem pries er Gott mit lauter Stimme und fiel sodann vor Jesu Füßen auf sein Angesicht nieder und huldigte Ihm: „O Du Heiland aller Welt! Ich danke Dir, dass Du Dich auch über mich erbarmt hast – trotz meiner zahllosen Verfehlungen, um Deiner unaussprechlichen Liebe und Barmherzigkeit willen, so dass ich nicht mehr ausgestoßen von Gott und Menschen mein Dasein fristen muss!
Mein Leben soll darum von dieser Stunde an ganz Dir gehören! Denn wo findet sich solche Liebe, die selbst die verworfensten Ausgestoßenen noch annimmt und sich ihrer erbarmt, wie bei Dir?! Darum bist Du allein würdig, dass man sich Dir ganz mit Leib und Seele anvertraut und verschreibt. Denn in keinem anderen zeigt sich die göttliche Vater-Liebe so deutlich, wie in Dir! Deshalb gebührt allein Dir alle Ehre und Anbetung, wie auch dem, der Dich in diese Welt gesandt und Dich uns allen geschenkt hat!“
Jesus aber sprach zu dem Saomer: „Steh auf, Mein lieber Bruder! Dein Glaube hat dir wahrlich das Heil gebracht! – und zwar nicht nur am Leibe, sondern vor allem auch in deinem Herzen und in deiner Seele! Denn du hast wirklich erfasst, was dir an Gnade und Barmherzigkeit zuteil geworden ist, so dass deine Heilung dich zurück-gezogen hat zu Mir, dass du fortan aus Meiner Liebe leben willst, die Dir, wie allen, endlos und unverlierbar gilt und erst die vollendete Erlösung und wahrhaftige Erfüllung bringt!
Darin nämlich hast du wirklich erst das vollumfängliche Heil gefunden, und Ruhe für dein Herz und deine Seele, da du so die wahrhaftige göttliche Bergung entdeckt hast, die dir nichts und niemand mehr rauben kann, selbst wenn du in manchem noch fehlen und doch wieder einmal vom rechten Weg abkommen magst, und die dich auch zu umschirmen vermag, wenn du noch durch mancherlei weitere Prüfungen hindurch gehen musst! So kannst du nun hinziehen im Frieden des HERRN! Sein Liebes-Antlitz wird fortan immer leuchten über dir und dir den Weg weisen, bis du dermaleinst eingehen wirst in deines Vaters Haus!“
(C)
Zu Seinen Jüngern aber sprach der Herr: „War dieser Saomer nicht einer von zehn, die Ich von ihrem Aussatz befreit habe?! Ich frage euch: Wo sind die anderen neun?! Sind sie nicht ebenso erlöst worden?! Aber wie schnell haben diese Neun es doch wieder vergessen, welches Heil ihnen da widerfahren ist und wie aussichtslos ihre Lage zuvor war! Darum: Wahrlich, Ich sage euch: So haben sie das wahrhaftige Heil noch nicht wirklich gefunden!
Nur dieser EINE, der sich darauf besann, welche Gnade und Barmherzigkeit ihm da zuteil wurde, und dem darüber bewusst wurde, dass allein in solch unendlicher göttlicher Abba-Agape wahrhaftige Erlösung und Erfüllung erlangt werden kann! Und so hat dieser Eine unendlich viel mehr finden dürfen, als nur seine rein auswendige körperliche Heilung: nämlich Frieden für seine Seele in der Gewissheit, fortan unter dem Schirm der unermesslichen göttlichen Huld und unverlierbaren himmlischen Gnade leben zu dürfen auf ewig. Und jener hat erkannt, dass es kein größeres Glück auf Erden gibt! Darum ist diesem als einzigen wahrhaftige Rettung widerfahren!
Aber seht auch dies: Die anderen neun waren vermeintlich fromme Israeliten, die sich für gerecht hielten, so dass sie´s nur für recht und billig ansahen, dass sie von dem Aussatz, der sie befallen hatte, wieder gereinigt wurden. Und sie schrieben dieses Wunder keineswegs der unüberbietbaren unendlichen göttlichen Gnade und Barmherzigkeit zu, die ihnen gänzlich unverdient zuteil wurde, sondern vielmehr ihrer eigenen Glaubens-Stärke, die sie – wie sie selbstgefällig meinen – ihre Prüfung hätte überwinden lassen. Und dabei hatte nur jener EINE wahre Zuversicht bewiesen. Er nämlich war´s, der den anderen Mut zugesprochen hatte, sie sollten, ohne zu zweifeln, auf Meine Zusage vertrauen!
Dieser EINE aber war keineswegs ein frommer Jude, sondern vielmehr ein Samariter! – also einer von denen, die von den Kindern Israels als Abtrünnige verworfen werden, weil sie den Höchsten nach Ansicht der Juden nicht in rechter Weise verehren und ihren Glauben anders verstehen und leben, so dass sie unter euch einen noch schlechteren Ruf haben, als die gottlosen Heiden!
Jener Samariter aber hat von dem, worum es einzig geht und wie das Heil allein zu finden ist, mehr verstanden, als all die anderen Aussätzigen, obwohl diese doch rechtgläubige Juden waren! Denn er hat als einziger erfasst, wie hoffnungslos aussichtslos seine Lage doch in Wirklichkeit war, die ihn bleibend von jedem Leben ausgeschlossen hätte, wie auch, worin er allein Heil und Erlösung finden konnte: nämlich ausschließlich in der unaussprechlichen göttlichen Liebe und Barmherzigkeit, die er in Mir erfahren hatte. Und als er dies erkannt hatte, gründete er darauf sein ganzes Leben.“
(D)
Und Jesus sprach zu ihnen: „Wer sieht und hört wirklich? Welcher Seele sind die Ohren und Augen wahrlich aufgetan worden, so dass ihr alle Mysterien enthüllt werden können von Meiner unaussprechlichen Liebe, die sie in die vollendete Glückseligkeit von allem führen und sie in allem überwinden lassen will und kann?
Wahrlich, Ich sage euch: Es hilft keiner Seele, wenn sie sich damit begnügt und ihr es schon genug ist, wenn Ich ihr die auswendigen Ohren oder Augen geöffnet habe, wenn dies bei ihr nicht dazu führt, dass auch ihre inwendigen Ohren und Augen geöffnet werden in ihrem Herzen, so dass sie auch nach Meiner Liebe fragt und verlangt, die ihr so viel Gunst erwiesen hat!“
Und als der Meister dies zu ihnen gesagt hatte, da erinnerten sich Seine Jünger an zwei Begebenheiten, wo ihr Rabbi einmal einen Tauben das Gehör und ein anderes Mal einen Blinden die Augen geöffnet hatte, diesen beiden Geheilten aber zugleich vor Augen führte, dass sie damit noch keineswegs die wahre, vollumfängliche Heilung erlangt hatten, nach der sie sich darum – ermutigt durch die auswendige Heilung, die ihnen gänzlich umsonst zuteil geworden war, – nunmehr ausstrecken sollten.
Als Jesus nämlich einmal mit Seinen Gefolgsleuten in ein Dorf gekommen war, war Er einem Mann begegnet, der taub war von Geburt an. Und da dieser absolut nichts hören konnte, glaubte er auch nicht an das Rauschen des Windes oder an ein bedrohliches Donnergrollen aus dem Himmel oder an das Blöken der Schafe und Muhen der Rinder oder an das Gezwitscher der Vögel, die voll Freude über ihr Dasein jubilierten, noch daran, dass andere dies alles hören könnten.
Und Jesus hauchte diesem Tauben in seine Ohren, und sie waren geöffnet, so dass er all dies plötzlich hören konnte. Da vernahm er mit unendlicher Freude mit einem Mal voller Genuss all die Laute, die von allen Seiten an seine Ohren drangen, welche er früher geleugnet hatte. Und er sagte: „Nun brauche ich wahrlich niemanden mehr, der mich durch Zeichen und Gebärden oder Gleichnisse und Bilder auf irgendetwas aufmerksam macht, was ich jetzt nicht selbst vernehmen könnte! Denn nun höre ich schließlich alles selbst!“
Doch da hatte Jesus zu ihm gesagt: „Meinst du wirklich, nun würdest du schon alles hören können?! Kannst du etwa die Seufzer der Gefangenen hören, die überall auf der Erde in ihren Kerkern stöhnen, oder die Sprache der Vögel oder der Tiere verstehen, was sie einander mitteilen oder auch euch bekunden wollen, wenn sie unter eurer Rute stöhnen und Qualen erleiden, oder kannst du schon die Stimmen der Engel und Geister vernehmen, die euch zum rechten anleiten wollen? Erkenne, wie viel du noch immer nicht hören kannst, und sei demütig in deinem Mangel an Wissen, und strecke dich darum aus nach dem, der begonnen hat, dir die Ohren zu öffnen! Er wird dich noch weit Größeres und Gewaltigeres hören lassen, dass du dich wundern wirst!“
Ebenso war da einmal ein Mann, welcher von Geburt an blind war. Und auch der konnte sich nicht vorstellen, dass es so etwas gäbe, wie die Sonne oder den Mond und die Sterne, welche die Erde bei Tag und bei Nacht – Orientierung gebend – bescheinen, oder dass es solch eine Vielfalt und Pracht herrlichster Farben geben würde. Und alle, die ihm dies vermitteln wollten, scheiterten mit ihren Versuchen, ihn zu überzeugen, dass es dies tatsächlich gab und alle andere Menschen das sehen konnten. Denn er wollte es ihnen nicht glauben und stritt dies alles ab. Schließlich hatten sie jenen einst zu Jesus gebracht; und Er salbte seine Augen und machte ihn sehend.
Da freute auch dieser sich voller Erstaunen und von Ehrfurcht ergriffen über alles, was er nun sehen konnte; und er bekundete und bekannte, dass er zuvor wahrlich blind gewesen war. „Jetzt aber“, jubilierte er, „sehe ich alles, ich weiß alles und kann alles erkennen, gleichwie ein Gott; und ich bin endlich unabhängig, dass ich keinerlei Hilfe mehr bedarf und auf niemanden mehr angewiesen bin, der mich führt!“
Aber auch diesen hatte der Herr seinerzeit gerügt mit den Worten: „Du meinst, nun würdest du schon alles sehen und durchschauen und verstehen?! Kannst du etwa durch Wände sehen oder durch die Hütte des Leibes hindurch erkennen, was in den Herzen deiner Mitmenschen aufsteigt, oder, wovon auch die Vögel in den Himmeln und die wilden Tiere träumen? Kannst du erspähen, was jenseits deines nächsten Umkreises in entlegenen Gebieten oder in anderen Sphären in den Himmeln oder in der Unterwelt geschieht? Oder kannst du erblicken, was vor dir war, oder, was auf dich und auf alle zukommt? Du kannst dir doch nicht einmal deine Geburt in dein Gedächtnis zurückrufen, noch deine Empfängnis oder auf irgendwelche Ereignisse aus deinen früheren Leben zurückblicken!.
Darum werde nicht hochmütig über dem, worüber Ich dir nun schon die Augen geöffnet habe, dass du es sehen kannst; sondern erkenne vielmehr, wie viel dir noch immer nicht ersichtlich und völlig unbekannt geblieben ist, und strecke dich nach dem aus, der dich dahin führen will, dass du alles erkennst, gleichwie du selbst mit allen erkannt worden bist.
Erst dann wirst du wahrhaftig immer klarer sehen, wenn du dich dem – blind, wie du noch immer bist – wahrlich gänzlich anvertraust, der alles sieht! Wahrlich, Ich sage dir: Erst dann wirst du die wahren Herrlichkeiten erblicken und darüber selbst umgestaltet und verwandelt werden von einer Herrlichkeit zur anderen!“
Und als sich die Jünger Jesu darauf besannen, da wurde ihnen klar, dass die alleinige auswendige Heilung keiner Seele irgendetwas nützt, wenn diese Befreiung sie nicht dazu veranlasst, auch die inwendige, vollumfängliche Heilung in der Liebe zu suchen, die ein jedes Geschöpf durch Ihre Gunst in einer Unzahl von Wohltaten und Bewahrungen und wundersamen Wendungen immer und immer wieder zu gewinnen sucht.