Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
V Die Abkehr
38: Die Bekehrung des Oberzöllners Zachäus
38-A: Das war es, wonach er sich sehnte! Bedingungslose Annahme!
38-B: Von allen geächtet war auch er knallhart gegen alle Missgünstigen geworden!
38-C: Doch seine Rechnung, sich so Respekt zu verschaffen, ging nicht auf!
38-D: Er hatte sich selbst total ins Abseits manövriert!
38-E: Wenn es für ihn noch einen Ausweg gab, dann nur bei diesem Jesus!
38-F: Ihr alle sucht Lebensglück! Hört, wo ihr es findet!
38-G: Wahre Erfüllung beschert nur die Erfahrung, rückhaltslos geliebt zu sein!
38-H: Bei Menschen findet sich solch selbstlose Liebe aber offensichtlich nicht!
38-I: Wo also findet sich wahre grenzenlose Liebe?!
38-J: Sie ist überall und trägt euch trotz eurer Lieblosigkeit doch alle!
38-K: Nur in dieser Liebe findet ihr das überschwängliche Glück!
38-L: Komm! Ich habe ebenso große Sehnsucht nach dir, wie du nach Mir!
38.M: Er meint tatsächlich mich?! Und bleibt dabei?!
38-N: Auch du bist ein geliebtes und gesuchtes Kind Abrahams!
(A)
Er wollte diesen Gottesmann unbedingt sehen! Denn was Zachäus von diesem Jesus bislang gehört hatte: es musste alles übertreffen, was jemals irgendein Prophet Israels gewirkt hatte!
Dabei interessierten den Zachäus nicht einmal so sehr die vielen spektakulären Wunder, die jenen heiligen Mann als einen mit göttlicher Vollmacht ausgestatteten Gesandten Gottes auszeichneten, sondern vielmehr das, was dieser über die göttliche Abba-Liebe verkündigen sollte: nämlich, dass diese Agape alle nach Ihr Verlangenden unterschiedslos in gleicher Weise annehmen und niemanden ausschließen oder verachten und verdammen würde, was immer eine Seele sich in ihrem Leben auch schon zu Schulden hatte kommen lassen.
Dieses Evangelium, das jener Jesus als Seine Jubel-Botschaft verkündigte, war nämlich etwas völlig Neues, wie es Zachäus von den Pharisäern und Schriftgelehrten noch nie gehört hatte. Und dies war auch genau das, was er brauchte und wonach er sich mittlerweile über alles sehnte.
Von den frommen Juden fühlte er sich nämlich, gleichwie von der heiligen Versammlung, ausgeschlossen. Darum hatte er seine Synagoge in Jericho auch schon lange nicht mehr besucht.
Nicht, dass es ihm verboten worden wäre: doch wurde er hier von allen wie ein Abtrünniger, ja, geradezu wie ein Aussätziger behandelt. Auf seinen Gruß erntete er dort nur böse, entrüstete, seine Anwesenheit vollauf missbilligende Blicke. Alle Gläubigen machten einen großen Bogen um ihn. Und wenn er irgendwo im Gotteshaus Platz nahm, rückten alle, die in nächster Nähe saßen, demonstrativ echauffiert von ihm weg; ja, sie zogen es dann sogar vor, notfalls lieber zu stehen, als in seinem nächsten Umfeld sitzen zu müssen.
So ging ihm jeder aus dem Weg – und das nicht nur in der heiligen Versammlung am Sabbat, sondern auch im Alltag, dass die Frommen lieber die Straßenseite wechselten, als ihm begegnen zu müssen, wenn er irgend-jemanden in einer Gasse entgegenging.
(B)
Von Liebe und Annahme oder auch nur irgendeinem Interesse an seinem Wohlergehen war hier also nicht im Mindesten etwas zu spüren, was dem Zachäus freilich auch nichts anderes vermitteln konnte, als dass er bei dem höchsten Gott Israels dann wohl auch ebenso abgeschrieben und geächtet sein musste, wie bei all den Gläubigen, dies sich als dessen Kinder betrachteten.
Zachäus war nämlich ein Zöllner. Und dabei auch nicht nur irgendein unbedeutender kleiner Steuer-Eintreiber für die Römer, sondern vielmehr ein Ober-Zöllner, was bedeutete, dass ihm viele Gebühren-Erheber unterstanden, denen gegenüber er Weisungsbefugnis hatte.
Denn nachdem Zachäus recht vermögend war, konnte er von der römischen Besatzungsmacht einen großen Zoll-Bezirk erwerben, der ganz Jericho und Umgebung umfasste. Dafür hatte er jährlich eine festgelegte Pacht an das Römische Imperium zu entrichten, was ihn seinerseits berechtigte, eigenverantwortlich in seinem Steuer-Einzugs-Bereich die Höhe der Abgaben in einem gewissen Spielraum beliebig festlegen zu können und diese Gebühren über seine Bediensteten eintreiben zu lassen.
Aber ihm wurde schließlich ohnehin schon von je her sein ansehnliches Vermögen von vielen geneidet! Und im einfachen Volk gab es schon immer zahlreiche, weit schlechter gestellte Bürger, die gegen ihn wegen seines Reichtums missgünstig eingestellt waren und mit ihm ohnehin nichts zu tun haben wollten.
Darum hatte Zachäus auch seinerseits absolut keine Probleme damit, durch den Erwerb dieses Zoll-Amtes mit der allgemein verhassten heidnischen Obrigkeit des Landes in geschäftliche Beziehungen zu treten. Denn er war ja ohnehin schon überall unbeliebt! Und deshalb hatte er auch absolut keine Schwierigkeiten damit, all jene, die ihn wegen seines begüterten Standes verachteten, ebenso mit Verachtung zu strafen und ihnen ihren Neid und ihre Missgunst damit zu vergelten, dass er von diesen ebenso knallhart und unbarmherzig mitunter auch überzogen hohe Steuern einforderte, während er anderen, meist ähnlich Wohlhabenden, wie er selbst es war, die ihm freundschaftlich begegneten und gerne geselligen Umgang mit ihm pflegten, im Gegenzug weit größeres Wohlwollen und erheblich nachsichtigeres Entgegenkommen in Hinblick auf ihre zu zahlenden Abgaben zeigte.
(C)
Dabei betrachtete Zachäus dies durchaus nicht als Willkür! Denn er begegnete schließlich jedem genau so, wie jeder ihm selbst gegenübertrat – sei es nun missgünstig oder aber wohlwollend, entgegenkommend oder aber abweisend.
Und Zachäus hatte eigentlich gemeint, sich bei all jenen, die ihn wegen seiner gehoben Stellung abfällig begegneten und ablehnten, auf diesem Wege Achtung und Respekt verschaffen zu können und so in gewisser Weise `erzieherisch´ auf sein weniger vermögendes Umfeld einwirken zu können. Denn jedem, der ihm mit Achtung und Respekt begegnete, zeigte er sich schließlich auch seinerseits ebenso nachsichtig und milde. Allein nur all seinen Neidern und Hassern, die ihm seinen Wohlstand nicht gönnten, begegnete er ebenso missgünstig und unnachsichtig.
Jedoch ging die Rechnung des Zachäus keineswegs auf, sondern verschärfte vielmehr die Spannungen zwischen ihm und all jenen, die ihm seine hohe Stellung neideten. Denn diese – je ärmer und frommer sie waren – zeigten absolut keine Bereitschaft, sich bei ihm – wie sie es sahen – durch Speichel-Leckerei einzuschmeicheln und sich seine Gunst zu erkaufen. Und mit seinem Versuch, sich auf diese Weise endlich allgemein Anerkennung und Respekt zu verschaffen, brachte er sich noch vielmehr in den schlechten Ruf, ein habgieriger Wucherer zu sein, dem es einzig und allein darum ginge, seinen ungeheuren Reichtum, wie auch seinen weit-reichenden Einfluss noch mehr zu vergrößern, und durch die Macht, die er durch sein Vermögen und seine bei den gottlosen Heiden erworbene Stellung ausspielen konnte, sich nur alles Volk gefügig, hörig und willfährig machen zu wollen, wobei ihm überdies freilich auch bald vorgeworfen wurde, dass er dabei über allem auch noch bestechlich wäre.
So hatte sich Zachäus durch das lukrative Amt, dass er sich bei den heidnischen Machthabern erworben hatte, nur noch mehr ins Abseits gebracht, als sich dadurch mehr Gunst beim Volk zu erwerben, da seine Methode dort eher als Nötigung und Erpressung empfunden wurde. All sein Mühen, sich auf diesem Wege Anerkennung und Respekt zu verschaffen, hatte ihm also nur noch mehr allgemeine Ächtung eingebracht und die Fronten zusätzlich enorm verhärtet.
(D)
Und nachdem sich zudem auch noch alle sogenannten »Freunde« des Ober-Zöllners zunehmend dreister Vergünstigungen und Bevorzugungen erbaten, wurde ihm schließlich irgendwann schmerzlich bewusst, dass auch selbst alle Gunst und Freundschaftlichkeit, welche er sich bei solchen Günstlingen erwarb, ebenso nur vorgespielt und geheuchelt war: nichts als rein selbstsüchtiger, auf eigene Vorteile bedachter Lug und Trug. Alle, welche Zachäus als seine »Freunde« bezeichnete, waren in Wirklichkeit überhaupt nicht SEINE Freunde, sondern vielmehr nur Freunde seines Wohlwollens und Geldes.
So spürte Zachäus immer schmerzlicher, wie ihn sein wachsender Reichtum und Einfluss in Hinblick auf wahre, echte, von Freundschaft und Zuneigung bestimmte Beziehungen immer ärmer und armseliger werden ließ – ja, dass er wahre Liebe und Annahme eigentlich weder von denen, die seine Gunst gewinnen wollten, noch von denen, die ihn wegen seiner Günstlingswirtschaft verachteten, erfuhr.
Darum empfand sich Zachäus trotz seines beachtlichen Vermögens irgendwann als die ärmste und erbärmlichste, bemitleidenswerteste Seele auf Erden. Denn er musste erkennen, dass man sich das höchste Gut auf Erden – Zuneigung und Freundschaft, Annahme und Liebe – nicht erkaufen konnte.
Doch so geächtet und verhasst, wie er mittlerweile war, und so dramatisch, wie er sich im Heischen um Anerkennung selbst ins totale Abseits manövriert hatte, wusste er nicht, wie es hier für ihn je noch ein Auskommen geben sollte. Er war hoffnungslos verloren und zu einem unerfüllten Leben in tiefster innerster Einsamkeit verdammt: bei niemanden wirklich geachtet und geliebt; und er sah für sich – nach allem, was er sich selbst in seinem vermeintlichen Versuch, sich allgemeine Anerkennung zu verschaffen, verbaut hatte – keinerlei Hoffnung mehr, da je wieder irgendwie heraus zu kommen.
(E)
Darum setzte Zachäus so große Hoffnung auf diesen Jesus, weil dieser eine göttliche Liebe verkündigte, aber auch vor-lebte und selbst regelrecht verkörperte, die jeder Seele einen Weg zu eröffnen schien, in ein wahrhaft erfülltes Leben in Ihr zurückfinden zu können, wie sehr ein Herz auch immer auf Abwege, in totale Vereinsamung und inwendige Verarmung geraten war. Ja, Zachäus war sogar schon zu Ohren gekommen, dass dieser Mann Gottes doch tatsächlich selbst auch einen Zöllner in Seine Gefolgschaft aufgenommen hatte!
Da nun Zachäus wusste, dass er bei der Versammlung unter freien Himmel, zu welcher die Vor-Boten des Propheten alle Bürger von Jericho einluden, so wenig willkommen sein würde, wie auch sonst in der Synagoge, und er außerdem klein von Gestalt war und – ins Abseits gedrängt – wohl kaum viel von der Verkündigung dieses heiligen Mannes mitbekommen hätte, ersann er sich eine List, wie er sich schon im Voraus einen ausnehmend guten Platz in nächster Nähe sichern konnte, ohne seinerseits entdeckt zu werden und erneut zu seiner allgemeinen Beschämung – insbesondere vor diesem erhabenen Meister – missgünstigen Blicken ausgesetzt zu sein.
Und bei dieser Gelegenheit kam ihm sein geringer Wuchs, den er sonst – allerdings vergebens – durch großmannstuerisches Gehabe auszugleichen suchte, doch einmal zu gute. Denn aufgrund seiner bescheidenen Körpergröße, die nicht einmal an einen zehnjährigen Jüngling heranreichte, und wegen seines geringen Gewichtes, konnte er weit hinauf in die Krone eines mächtigen Maulbeerbaumes steigen und sich darin gut in dessen Blätterwerk verbergen.
(F)
Und tatsächlich! Zachäus hätte es nicht besser treffen können! Denn als Jesus auf die Anhöhe bei Jericho kam, wohin Seine Jünger alles Volk eingeladen hatten, setzte jener Prophet sich doch genau unter den Baum, in dessen Wipfel der Ober-Zöllner Zachäus sich verborgen hielt.
Und als sich alle Bürger von Jericho um den Meister versammelt hatten, begann Er, ihnen Sein Evangelium zu verkünden.
Er eröffnete Seine Rede mit den Worten: „Was eigentlich jede Menschenseele sucht, ist Erfüllung und Glück. Darum will Ich euch lehren, wo das zu finden ist und wo nicht.
Ein jeder, der durch die Erfahrung seines Lebens schon ein gewisses Maß an Weisheit erlangt hat, der wird der Erkenntnis des wegen seiner überragenden Einsicht gerühmten Königssohnes Salomo zustimmen, dass das höchste Glück auf Erden durch Gut und Geld, Besitz und Reichtum nicht zu erlangen ist.
Denn der Sohn Davids hatte dies alles im Überfluss und war zu Beginn seiner Herrschaft noch darauf bedacht, sich dies immerfort zu mehren, weil er sich davon Glück und Erfüllung versprach: So errichtete er sich zahlreiche prunkvolle Paläste und herrliche Park-Anlagen, und er legte sich einen riesigen Harem mit den schönsten Prinzessinnen aller umliegenden Länder zu, wodurch er zugleich auch mit allen Herrschaftshäusern um ganz Israel herum Familienbande knüpfte und Bündnisse einging, die nicht nur den allgemeinen Frieden sicherten, sondern überdies – durch die dadurch entstandenen Handelsbeziehungen – auch den Wohlstand in seinem gesamten Reich deutlich steigen ließen. Mit seinen Haupt- und Neben-Frauen zeugte er zahllose Kinder und legte damit – mehr noch, als alle seine Halb-Brüder – einen bedeutenden Grundstock für das glorreiche Königsgeschlecht seines Vaters David.
So fehlte es dem Salomo – rein auswendig betrachtet – an absolut nichts und er konnte sich alles nehmen, wonach sein Herz Verlangen hatte. Ja, er berichtet von sich, dass er sich allen nur erdenklichen Vergnügungen hingeben konnte, so dass er wahrlich schwelgte in allem, worin man im Allgemeinen ein überreich gesegnetes Leben sieht.
Doch was bekundete Salomo über all das? Glück und Erfüllung brachte ihm dies alles nicht! Nein! Er gesteht sogar, dass er – trotz all dieses Prunkes und Protzes, in welchem er leben durfte, und obwohl er sich absolut nichts versagen musste und alles gönnen konnte! – im tiefsten Inneren seines Herzens tot-unglücklich war! Ja, er war inwendig so leer und fühlte sich bei allem so erbärmlich, dass ihn sogar sein Leben selbst anwiderte und ihn so unerfüllt ließ, dass ihm nur noch nach sterben war!
(G)
Macht und Reichtum, Ansehen und Einfluss brachte ihm also überhaupt nichts von dem, wonach sein Herz sich im Letzten und Tiefsten verzehrte! Keinerlei wahre Erfüllung und nichts an wahrhaftigem Glück! Und ihm wurde schließlich bewusst, dass dies alles allein nur in wahrer Liebe zu finden war. Allein nur die Erfahrung, von Herzen angenommen und geliebt zu sein, beschert wahre Glückseligkeit und allertiefste Erfüllung! – und zwar in allen Lebenslagen, selbst auch, wenn es einem – auswendig gesehen – schlecht ergeht!
Und zugleich erkannte Salomo in seinem unbeschreiblichen Reichtum, dass dieses allerhöchste Gut – die Liebe – mit Gold und Geld nicht zu kaufen und zu erwerben war – selbst, wenn jemand all seine Besitztümer und all sein Vermögen dafür drangeben würde! Denn käufliche Liebe: das war keine echte, wirkliche Liebe, sondern nur ein schäbiges Geschäft!
So erkannte Salomo, dass das Streben nach Macht und Reichtum letztlich nur ein vergebliches Haschen nach Wind war, wo man nicht wirklich irgendetwas von Wert zu fassen bekam. Denn ein erfülltes Leben in Liebe erlangt man auf diesem Wege nicht! Manche bettelarme Menschen nämlich finden dieses Glück, während dies gar vielen steinreichen Menschen – trotz ihres gewaltigen Wohlstandes – gänzlich versagt bleibt!
Diese Lebensweisheit des Salomo findet sich auch in vielen Sprichwörtern, die er aus aller Welt in seiner Sprüche-Sammlung zusammengetragen hat, wie etwa in dem Wort: »Besser ein armseliges Linsengericht mit Liebe, als ein großer Festschmaus mit Hass.«
(H)
Nun ist aber eine weitere Frage: Wo findet man diesen gänzlich unbezahlbaren Schatz: eine derartige Liebe, die so erfüllt, dass alles, was man auf Erden erwerben kann, darüber völlig bedeutungslos wird und gänzlich verblasst?!
Ist solche Liebe bei den Menschen zu finden? – insbesondere bei denen, die nur auf irdisches Wohlleben und auf Vergnügungen aller Art aus sind? Wohl kaum! Denn diese begegnen schließlich nur denen mit Liebe, wo sie auf Gegen-Liebe stoßen! Sie laden nur die zu sich ein, wo sie ihrerseits mit einer Gegen-Einladung rechnen können, und erweisen nur denen Gunst, wo sie ihrerseits Gunst erfahren.
Sobald aber in ihren Kreisen jemand mittellos wird und verarmt oder krank und gebrechlich oder alt und schwach und bedürftig, und damit aufgrund seiner allgemeinen Angewiesenheit nur noch anstrengend wird, weil er nichts mehr zurück-geben kann, wird er für all diese nur auf Vergnügen Ausgerichteten, denen es noch gut geht, gänzlich uninteressant und deswegen alsbald fallen gelassen, wie eine heiße Kartoffel – wie es auch ein anderes Sprichwort bekundet: »Freunde in der Not gehen hundert auf ein Lot.«
Und schon gar mancher, der zuvor viele gesellige Freunde um sich scharte, stand plötzlich gänzlich allein und verlassen da, als er von großem Leid heimgesucht wurde – also gerade dann, als er mehr, denn je zuvor, wahre Zuwendung und echte Liebe gebraucht hätte! Dann ist mit einem Mal niemand mehr da!
Und lasst euch von Mir ernüchtern und sagen: So ist es leider keineswegs nur unter den gottlosen Menschen – unter denen, die ihr als Heiden und Samariter, als Zöllner und Huren und große Sünder verachtet, – sondern auch in ebenso schmerzlichem Ausmaß unter euch selbst!
Wie schnell erlischt doch in euch allen das Feuer echter Liebe, die das Wohl der anderen sucht, sobald nicht mehr viel Spürbares zurück kommt und die Aufrechterhaltung einer freundschaftlichen Beziehung für euch anstrengend wird, weil sie euch mehr abverlangt, als wie sie euch noch gibt!
Und wahrlich, Ich sage euch: Hierin unterscheidet ihr, die ihr euch für die »Kinder des Lichts« haltet, in Wahrheit nicht wirklich augenscheinlich und merklich von denen, die ihr so gern als »Kinder der Welt« verachtet, sofern euch Letztere nicht sogar im positiven Sinne gar manches voraus haben!
Dies belegt unter anderem beispielsweise die hohe Zahl eurer Scheidebriefe! Denn wie oft schlägt bei euch selbst, wie sich hier zeigt, die einstige »große Liebe« und Zuneigung in ihrem anfänglichen Überschwang in abgrundtiefe Verachtung und mitunter in erbitterten Hass um, sobald es einmal schwieriger wird, die Partner-Seele mit ihren Schwächen und Unzulänglichkeiten auszuhalten und zu ertragen. Und nicht minder selten kündigt ihr selbst langjährige Freundschaften auf, wenn ihr das Gefühl habt, da käme nicht mehr im selben Maße das zurück, was ihr selbst anhaltend einbringen und investieren müsstet.
Da seht ihr, wie kurzlebig euer aller so-genannte »Liebe« ist: Ihr sehnt euch alle nach einer ewigen, unverbrüchlichen, gänzlich unverlierbaren Liebe und nach nie versiegender Zuneigung und Annahme, wie auch immer es um euch bestellt sein mag und wie wenig ihr euch selbst in der Lage seht, diese auch ebenso erwidern und zurück-geben zu können; ihr seid aber allesamt nicht in der Lage, solch überschwängliche, gänzlich selbstlose Liebe ohne Ende anderen zu geben, wenn diese nicht in gleichem Maße und Umfang erwidert wird – geschweige-denn dort, wo ihr euch ausgenutzt oder abgelehnt oder verachtet oder gar angefeindet und geschmäht und unrecht behandelt oder verleugnet und verfolgt erfahrt! Ihr könnt nur diejenigen auf Dauer wirklich lieben, die euch ebenso lieben: So begrenzt und vergänglich ist eure Liebe! – ebenso, wie ihr selbst!
Und wenn ihr meint, endlich die wahre Liebe in einer anderen Erden-Seele gefunden zu haben, wird selbst auch diese euch auf kurz oder lang doch wieder entrissen und genommen, da ihr alle sterblich seid. Und wehe dem, der auf solch einer flüchtigen Liebe, die immer nur für begrenzte Zeit vergönnt wird, seine ganze Existenz gegründet hat!
(I)
So bleibt also die Frage offen: Wo könnt ihr solche Liebe finden, die euch wirklich niemals verloren gehen kann und euch immer bleibt? – selbst auch dann noch, wenn ihr euch ihrer nicht würdig erweisen könnt und sie in angemessener Weise erwidern könnt oder, wenn es für euch in euerem Leben einmal schwieriger wird!
Wo findet sich solch eine Liebe, die sich nicht in leeren Worten und Versprechungen erschöpft, sondern wirklich bleibend gilt und die ganz real und spürbar in einer solchen Herzenstiefe erfahren werden kann, dass sie euch wirklich vollendete Glückseligkeit und überströmende Erfüllung beschert und durch alle Stürme des Lebens hindurch-trägt?!
Gibt es solche Liebe überhaupt? Kann es solche Liebe denn tatsächlich wirklich geben?
(J)
Wahrlich, Ich sage euch: Es MUSS Sie sogar geben! Denn in Ihr lebt und webt und existiert ihr schließlich alle unaufhörlich, wie lieblos ihr selbst auch immer sein mögt! Denn seht: Wenn die höchste Allmacht, die in Ihrer Liebe von aller Welt nicht nur gänzlich verkannt, sondern immerfort auch noch verschmäht, verlästert und verhöhnt wird, und die darin beständig, ohne Unterbrechung, zutiefst verletzt und immerfort abgewiesen wird – denn Sie sucht euch anhaltend ohne Unterlass ALLE! – … : wenn diese göttliche Liebe nur einen einzigen Augenblick allein nur an sich selbst dächte und Ihren Lebensodem, der euch alle am Leben erhält und euer aller Herzen schlagen lässt, in sich zurück-zöge, um all eure Lieblosigkeit und Ablehnung, all eure Widersetzlichkeit und Auflehnung nicht mehr länger aushalten und ertragen zu müssen, so müsste das ganze All unversehens in sich zusammenfallen und vergehen!
Da seht ihr alle, dass es doch EINE EINZIGE solche unaussprechliche, grenzenlose Agape gibt, die sich durch wahrhaftig nichts erbittern oder in ihrer Liebesglut auslöschen lässt – selbst, wenn dieser göttlichen Agape von allen Seiten nichts als Hass und Verachtung entgegen-schlägt!
Denn lässt Sie nicht Tag für Tag Ihre Sonne immer wieder über euch allen aufgehen?! – und zwar nicht nur für die, welche Sie ebenso zu lieben meinen, sondern auch über all die Undankbaren und Bösen, all die Übeltäter und Frevler und schlimmsten Aufbegehrer und Widersacher, die Sie verkennen und verachten oder gar ablehnen, wider Sie streiten und Sie abgrundtief hassen!
Sie aber lässt sich von all dieser Widersetzlichkeit nicht zu Hass und Ablehnung verleiten, wie sehr man Sie auch ablehnt und hasst, sondern Sie verschenkt sich immerfort und unablässig, ohne Ende in absoluter Selbstlosigkeit unaufhörlich an unterschiedslos alle und stiftet und erhält so alles am Leben aus der beständigen Hingabe Ihres eigenen göttlichen Lebens – wie viel man Sie immer auch hasst! Ihre Langmut und Geduld, Gnade und Barmherzigkeit ist gänzlich unerschöpflich und kommt wahrlich niemals an ein Ende!
Und diese göttliche Agape schenkt euch allen immer wieder Morgen auf Morgen – ja, sogar auch Lebens-Morgen auf Lebens-Morgen! – nach jedem neuen Leben, dass ihr in Lieblosigkeit vertan habt! – in Ihrer unversiegbaren, eisern ausharrenden Hoffnung, dass ihr alle irgendwann doch noch Ihre Zuneigung zu euch allen entdeckt und von Ihrer Liebe überführt und überwunden, entzündet und entfacht und erfüllt und beseelt und bewegt werdet.
(K)
Welche Seele auch immer diese Liebe endlich erfasst hat, die hat das wahre Heil, das so innig ersehnte Glück und die große unüberbietbare Erfüllung gefunden, die sie mit solcher Kraft und Freude erfüllt, dass sie ebenso, wie diese göttliche Agape, alles auzuhalten und zu ertragen fähig und gewillt wird, wie sie es von dieser göttlichen Liebe selbst immerfort erfährt.
Und so wird eine solche Seele ein Kind und Brief dieser Liebe für alle. Denn sie wird dann auch ihrerseits von dieser überstömenden göttlichen Agape gedrängt und angehalten, selbst auch dort noch zu lieben, wo ihr nichts als Hass und Verachtung entgegen-schlägt, bis die Liebe, die solch eine Seele selbst überwunden hat, auch noch alle ihre Feinde und Widersacher und Hasser überwunden haben wird und dermaleinst alles in allem erfüllt und beseelt und belebt und durchstrahlt“
(L)
Mit vielerlei solchen Worten legte der Rabbi allen Einwohnern von Jericho dar, dass es keine größere Erfüllung und keinen sichereren Halt als diese wirklich gänzlich unverlierbare göttliche Abba-Liebe gäbe.
Als der Meister aber mit Seiner Verkündigung zum Abschluss kam, traten einige der angesehensten Männer von Jericho durch die Menge zu Ihm nach vorn; denn diese Rabbiner und Ältesten wollten Jesus zu sich einladen, um sich mit Ihm noch eingehender über Seine neuen Lehren auszutauschen.
Doch ehe diese ehrwürdigsten Bürger Jerichos bei Jesus ankamen, blickte dieser bereits hinauf in die Krone des Maulbeerbaumes und rief in das Blätter-Gestrüpp: „Aber wen haben wir denn da?! Einen heimlichen Zuhörer, der sich vor allen anderen aufgemacht hat, um sich den besten Platz zu sichern, damit ihm auch ja nichts entgeht! Wenn doch nur alle in Israel von solch einem inbrünstigen Verlangen bestimmt wären!“
Alle sahen in die Krone des Baumes, konnten aber beim besten Willen niemanden darin finden.
Der Rabbi aber rief in den Wipfel: „Zachäus, steig´ eilends herunter! Denn Ich muss heute unbedingt in deinem Haus einkehren! Denn Ich habe schon seit langem mindestens ebenso große Sehnsucht nach dir, wie du nach Mir!“
(M)
Welchen Namen hatte der Prophet Gottes da eben genannt?! Die Bürger Jerichos trauten ihren Ohren nicht! Rief Jesus da tatsächlich nach Zachäus?! – jenem widerwärtigen Blutsauger, der den Hals nicht voll bekommen konnte und selbst die Ärmsten der Armen unter ihnen mitleidlos ausnahm, wo er doch schon von Anfang an sowieso der reichste Einwohner von ganz Jericho war, ehe er sich in seiner Raffgier auch noch dazu hinreißen ließ, mit den gottlosen Heiden, die sich ihres heiligen Landes bemächtigt hatten, unlautere Geschäfte zu machen!
Auch die Rabbiner, die eben nach vorn getreten waren, um den Mann Gottes zu sich einzuladen, waren sprachlos vor Entsetzen.
Hatte der Mann Gottes nicht gesehen, welche Ehre sie Ihm erweisen wollten?! Wie konnte Er sie in einer solchen Weise beschämen, dass Er die Gesellschaft eines solchen Sünders ihrer Einladung vorzog?! Und sie wendeten sich entsetzt wieder von Ihm ab.
Zachäus war nicht minder beschämt, da nun alle mitbekommen hatten, dass auch er sich offensichtlich durchaus bewusst war, wie übel es um ihn stand und wie erlösungs-bedürftig er war.
Und nicht minder stach´s ihm durchs Herz, als dem Meister, der sich bei ihm eingeladen hatte, das ungläubige entrüstete Raunen der ganzen Bürgerschaft Jerichos offenbarte, wie schlecht sein allgemeiner Ruf doch war!
Zachäus fürchtete schon, Jesus würde von Seinem Vorsatz, ausgerechnet bei ihm einkehren zu wollen, wieder Abstand nehmen, als die Reaktion aller Einwohner der Stadt nur allzu deutlich verriet, was von ihm zu halten war.
Doch der Gesandte des HERRN blieb dabei und ermunterte Zachäus erneut: „Was ist denn nun mit dir, Meister aller Steuer-Eintreiber! Hast du nicht gehört?! Ich will bei dir einkehren!“
Zachäus trieb es die Tränen in die Augen! Er wusste garnicht, wie ihm geschah! Dieser Prophet Gottes schien offensichtlich ganz genau über ihn im Bilde zu sein, und wollte dennoch, trotz allem, ausgerechnet zu ihm!
So stieg der Zoll-Amts-Inhaber überglücklich vom Baum herunter, während sich alles Volk angewidert abwendete und von dannen zog.
Zachäus aber verbeugte sich mehrfach unterwürfig vor Jesus mit den Worten: „O ja, Meister! Liebend gern bewirte Ich dich! Komm nur! Komm! Ich sende sofort meine Diener aus! Ich will Dir und all Deinen Anhängern ein großes Fest bereiten!“
Und sodann eilte der Ober-Zöllner schließlich voraus – sich immer wieder ungläubig umblickend, ob der Rabbi mit Seiner Gefolgschaft ihm tatsächlich folgen würde, um mit sich beständig steigernder Verzückung zu seinem Anwesen zu eilen.
(N)
So nahm Zachäus Jesus und alle Seine Jünger mit Freuden auf und ließ ihnen ein großes Festmahl bereiten.
Und schließlich bekannte der Ober-Zöllner: „Meister! Ich danke Dir, dass Du mir die Augen für die unvergleichliche Abba-Liebe des HERRN geöffnet hast – nicht nur durch das, was Du verkündigt hast, sondern insbesondere auch dadurch, dass Du Dir nicht zu schade warst, bei mir einzukehren!
Denn mir ist jetzt durchaus bewusst geworden, wie schwer ich mich gegen gar viele versündigt habe!
Aber ich verspreche dir, Herr: Von wem auch immer ich zu viel Steuern eingezogen habe … – Ich weiß jetzt: Nichts hat mich jemals dazu berechtigt! Es war Unrecht! Darum will ich es gegenüber allen eingestehen, die ich betrogen habe, wie immer diese über mich denken und zu mir stehen! – … und ich werde es ihnen allen vierfach zurück-erstatten!
Und überdies werde ich die Hälfte von meinem Vermögen unverzüglich den Armen zukommen lassen. Mit dem Rest aber will ich zukünftig lauter wirtschaften und allen Gewinn, den ich mache, den Witwen und Waisen zukommen lassen!“
Da legte Jesus Seine Rechte auf die Schulter das Zachäus und sprach zu ihm: „Wahrlich: Deinem Haus ist heute wirklich Heil widerfahren, wie es Dir auch von je her zugedacht war!
Denn auch, wenn du es zeitweise vergessen hast oder schon daran gezweifelt hast: du warst doch schon immer auch ein Sohn Abrahams und ein überschwänglich geliebtes Kind Gottes!
Aber dafür ist ja schließlich des Menschen Sohn auch in die Welt gekommen, um alles zu suchen, was immer sich verirrt hat und auf Abwege gekommen ist, um wirklich alle erbarmungs-würdigen, verlorenen Seelen wieder ins Heil zu führen. Denn dies ist schließlich das sehnsüchtige Verlangen der göttlichen Abba-Liebe, wirklich alle noch selig zu machen: Glück und Erfüllung! Das sollen alle in Ihr noch finden!“
Dann aber blickte der Meister mit einem Mal wie in weite Ferne. Denn Er wusste, was Ihn die Annahme auch der Verachtetsten unter allen Verdammten bald kosten würde ….