Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)

Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi

VI Die Aussöhnung

5: Vom Verlorensten, der am bereitetsten war

5-A: Die Heilsquelle am Fuße des Ortes von Marias Geburtsstädte
5-B: Nur die Glaubensstärksten wurden hier angeblich geheilt!
5-C: Gebunden in ihren frommen Traditionen erkannten sie ihren Heiland nicht!
5-D: Nur der, dessen Hoffnung vollends zerschlagen war, erblickte den Erlöser!
5-E: Ich will ja zu Dir, in Dein Heil, aber schaff es einfach nicht!
5-F: An dir selbst vollauf verzweifelt bist du nunmehr bereit!
5-G: Heil finden schon immer nur die, die ihre absolute Verlorenheit erkannt haben!
5-H: Nicht eure Glaubensstärke rettet euch, sondern allein Mein unerfindliches Erbarmen!
5-I: Nun bist du vorgedrungen vom bloßen Bild zum wahren Geist!
5-J: Und nun verlass den Ort falscher Überlieferungen, die dich gebunden haben!
5-K: Mein Heil ist nicht an Ort und Zeit gebunden, wie auch keiner mehr, der es erlangt!
5-L: Die anderen kann Ich nicht heilen, weil sie in ihren einengenden Überlieferungen gebunden sind!
5-M: Sie erkennen nicht, dass Mein Heil wirklich allen und nicht nur den Aller-Ersten und -Besten gilt!
5-N: Wagt Neues, wenn euer alter Glaube zerbricht!
5-O: Wenn eurer alter Glaube zerbricht, geht er euch auf, wie ein Senfkorn!
5-P: Gott ruft schon immer zum Aufbruch aus dem überkommenen Alten!
5-Q: Die Einschüchterungsversuche der Alt-Vorderen
5-R: Dieser brachte dir nur scheinbar Heil! Aber um den Preis deiner Seele!
5-S: Lass dir das Heil nicht ausreden, das du in Mir doch spürbar empfangen hast!
5-T: Lass dich nicht wieder binden in dem, was dich gelähmt hat!
5-U: Bleibt auf der Hut, dass ihr nicht in eure alten Denkmuster verfallt!
5-V: Manches Wunder wird umso größer, je länger es auf sich warten lässt!
5-W: Harrt auf euer Wunder! Es bleibt bestimmt nicht aus!

(A)

Auf dem Rückweg zu Ihrem geheimen Unterschlupf im Garten Gethsemane auf dem Ölberg begab sich Jesus mit Seinen Jüngern durch die Nordstadt und kam zu dem Teich Bethesda, der unterhalb des sogenannten nördlichen Schaf-Tores des Tempels lag. Dieser Teich war in ein rechteckiges Becken gefasst, zu dem von allen Seiten Stein-Treppen hinunter führten. Und um diese Stufen herum erstreckte sich ein gepflastertes Areal, das von fünf Säulen-Hallen umsäumt war.

Darüber erhob sich das imposante Haus der Großeltern Jesu, die allerdings schon lange vor Seiner Geburt verstorben waren. Denn Joachim, Jesu Großvater, war einstmals ein wohlhabender Fürst Israels aus dem Haus und Geschlecht des David gewesen. Und die Villa, in welcher jener mit seiner Frau Anna und ihrem Gesinde wohnte, lag am Nordhang des Tempelberges, so dass man von dort die ganze Nordstadt östlich der Burgfeste Antonia und der herodianischen Palast-Anlagen bis hin zum Schafmarkt im äußersten Norden der Stadt überblicken konnte.

Dort also war Jesu Mutter Maria geboren worden; und dort hatte sie ihre früheste Kindheit verbracht, ehe sie im zarten Alter von drei Jahren als eine Geweihte des HERRN in die Obhut ihres Onkels Zacharias, welcher damals der stellvertretende Hohepriester war, mit ihren Kindermädchen ins Heiligtum Gottes gebracht worden war.

(B)

Unterhalb des Ortes der Niederkunft von Jesu Mutter Maria lag also jener Teich Bethesda. Und Jesus begab sich hinein, auf den von Säulen-Hallen umgebenen Platz um das dort befindliche große Wasser-Becken, zu dem von allen Seiten Stufen hinunter führten. Dieser Ort aber glich einem Lazarett unter freiem Himmel. Denn dort lagen überall Kranke und Gebrechliche und Ausgezehrte und Verkrüppelte und Lahme und Taube.

Und sie alle blickten wie gebannt in ausharrender Erwartung auf das Becken des Teichs von Bethesda. Nach ihrer Überlieferung stieg dort nämlich der Engel des HERRN hernieder, wenn das Wasser in dem von Steintreppen umgebenen Teich zu sprudeln und sich zu bewegen begann.

Denn da man sich das ab und an auftretende Quellen des Wassers in dem großen Becken anders nicht erklären konnte, deutete man es als das Anzeichen der Niederkunft göttlicher Erbarmung. Und nach dem tradierten Glauben wurde unter allen, die es erspähen würden, immer nur der Erste, dem es gelänge, daraufhin vor allen anderen ins Wasser zu steigen, geheilt, mit welcher Krankheit dieser auch immer behaftet war.

Nach der rabbinischen Deutung jener unerklärlichen Erscheinung war es nämlich allein dieser Aller-Erste, der sich einer solchen Gnaden-Zuteilung am würdigsten erwies, da er – trotz seiner krankheits-bedingten Behinderung und Beeinträchtigung – doch immerhin unter all jenen Kranken noch den stärksten Eifer und die größte Glaubensstärke unter Beweis stellte, was es ihm ermöglichte, vor allen anderen die belebte Heilsquelle zu erreichen.

(C)

Darum nahmen all jene Kranken und Gebrechlichen und Verstümmelten keinerlei Notiz davon, als der Herr mit den Seinigen in ihre Mitte trat, und schenkten Seinem Besuch keinerlei Beachtung; und sie erkannten überhaupt nicht, welches Heil für sie alle nunmehr in Christus mitten unter sie getreten war. Denn sie waren gebunden in ihren von ihren Traditionen bestimmten Glauben, so dass sie sich allein von der Bewegung des Wassers in jenem Teich Heil und Genesung versprachen.

(D)

Unter all diesen Elenden befand sich aber einer, der noch weit elender, als alle anderen, zu sein schien. Dieser blickte nicht mehr gebannt auf das Wasser, sondern starrte völlig in sich gekehrt, verzweifelt und verloren, vor sich hin und schenkte dem Teich Bethesda keinerlei Beachtung mehr, da er alle Hoffnung verloren hatte, dort jemals noch aus eigener Kraft sein Heil finden zu können.

Diesen einen sah Jesus, wie auch dieser schließlich den Meister erblickte, und erkannte, dass Er ihn ansah. Denn dieses Einen Blick war nicht mehr an den überlieferten Heilsborn gebunden, wie die Augen aller anderen, deren Sinne vollumfänglich an jene vermeintlichen Lebenswasser gefesselt waren, was sie an diesem Ort der Überlieferung wie in einem Gefängnis eingekerkert hielt. Denn alle anderen blickten immerfort nur wie gebannt auf jenes Becken, weil sie sich allein von diesem Ort Heil versprachen; und sie hatten darum keinerlei Augen für den Heiland, weil dieser aus einer anderen Richtung in ihre Mitte trat.

So nahm nur dieser Eine als Einziger Jesu Kommen war: jener Eine, der all seine Hoffnung auf das Heil, das er sich von diesem Ort versprochen hatte, bereits vollends verloren hatte und in seinem zerbrochenen Glauben völlig verzweifelt war. Und mit großer Verwunderung erkannte er, dass Jesus ausgerechnet auf ihn zuging – auf ihn, der doch allen Glauben verloren hatte!

Und es schien, als würde jener so verloren Verzweifelte mit einem Mal eine engelsgleiche Erscheinung sehen. Denn er riss plötzlich unverwandt die Augen auf, als würden ihn alle Herrlichkeiten der Himmel in unvergleichlicher Klarheit umstrahlen, als er Jesus auf sich zukommen sah; und es wirkte auf die Jünger Jesu, die in Begleitung des Meisters waren, so, als hätte jener in diesem Moment ein »Gesicht« – also: eine übersinnliche, visionäre Schau – gehabt.

Und der Herr hatte großes Mitleid mit jenem Mann. Denn Er erkannte, dass dieser hier schon so lange vergebens auf ein Wunder gewartet hatte, dass er darüber bereits gänzlich allen Glauben verloren hatte. Und Jesus trat zu ihm und beugte sich zu ihm nieder und fragte ihn: „Willst du gesund werden?“

(E)

„O ja, Du hoch über allem Erhabener!“, strahlte da jener Gelähmte überglücklich auf: „Fürwahr, ich sehne mich schon so unsäglich lange danach! Denn ich harre hier nun schon bald vierzig erbärmliche Jahre lang aus! Aber immer, wenn Du über den Wassern erschienen bist, kam mir ein anderer zuvor, weil´s mir gänzlich unmöglich ist, rechtzeitig zu Dir zu gelangen, da ich viel zu beeinträchtigt durch meine Lähmung bin! So hab ich schon jeden Glauben verloren, hier jemals Freisetzung zu erfahren aus dem Kerker meines bewegungsunfähigen Leibes! Denn wie sehr ich mich auch bemühe: Ich schaff´s einfach nicht!“

Als aber jener Gelähmte dies zu Jesus gesagt hatte: „Immer, wenn Du über den Wassern erschienen bist, kam mir ein anderer zuvor!“, da wurde den Gefolgsleuten des Meisters klar, dass er meinte, in ihrem Meister den Engel des HERRN zu sehen, dessen Niederkunft man sonst in der Bewegung des Wassers angezeigt glaubte. Und sie sprachen untereinander: „Er muss tatsächlich ein Gesicht haben! Denn er erblickt im Rabbi den Bundes-Engel des HERRN!“

Und jener Gelähmte bekundete weiter: „So war´s mir nie möglich, die Stunde Deiner gnadenvollen Heimsuchung nutzen zu können, wenn Du denn wieder einmal über die Wasser gekommen bist. Mein Glaube ist einfach viel zu schwach, um mir die Kraft zu verleihen, dann als Erster das Becken zu erreichen, um mich Deiner Zuwendung für würdig zu erweisen!

Darum habe ich schon alle Hoffnung verloren; und all mein Glaube ist mittlerweile von mir gewichen, auf diese Weise jemals noch Heil finden zu können und Genesung zu erlangen! All mein Glaube ist in mir zerbrochen, wie auch ich an meinem Glauben gänzlich zerbrochen bin! Und nun kommst Du zu mir?!“

(F)

„Ja!“, sprach Jesus: „Eben darum komme Ich jetzt genau zu dir! Denn weil du nunmehr dies alles erkannt hast, bist du endlich für würdig befunden worden, doch noch Heil und Genesung zu erlangen. Denn du bist nunmehr endlich bereit, Meine Herrlichkeit zu erkennen und zu schauen, dass Ich Mich all jenen zuwenden will, die endlich darüber ernüchtert worden sind, dass all ihre eigene Kraft und all ihr Vermögen beim besten Willen niemals hinreichen kann, jemals zu Mir zu gelangen.

Denn allein solche, die dies endlich erkannt haben, wie heillos krank und hoffnungslos gelähmt sie doch in Wahrheit sind, die sind bereit für Mich, ihren Arzt, weil sie sich nichts mehr von ihren eigenen Möglichkeiten versprechen, sondern alle Hoffnung allein nur noch auf Mich setzen, und erkennen, dass ihnen, wenn überhaupt, allein nur durch Mich Heil und Genesung zuteil werden kann – und nicht etwa nur denen, die sich im Vergleich zu allen anderen noch für die Gesündesten halten, dass sie aus eigener Kraft als Erste den Heilsquell erreichen könnten, obwohl ihr alle hier doch in gleicher Weise von heilloser Krankheit betroffen seid!

(G)

Denn in Wahrheit hat hier noch nie irgendjemand Heilung und Genesung erlangt, weil er im Vergleich zu allen anderen der Fitteste und noch am wenigsten Beeinträchtigte und der Gesündeste war – auch wenn es dem äußeren Anschein nach für einen unkundigen Betrachter so erscheinen mag, sondern es fanden hier schon immer nur solche ihr Heil, die schließlich ihre absolut aussichtslose und hoffnungslose Lage endlich vollauf erfasst haben, so dass sie ihre Hoffnung nicht mehr auf ihr eigenes Vermögen setzten, irgendwann doch noch einmal der Erste und Beste zu sein, der den Heilsborn erreicht, wie ihnen auch alles, was sie bislang geglaubt und worauf sie gehofft hatten, völlig fraglich und zweifelhaft geworden war.

(H)

Denn nicht etwa die Glaubens-Stärksten waren es, die hier Heil und Genesung fanden, sondern immer nur solche, die – nachdem selbst sogar all ihr Glaube und alle ihre Hoffnung von ihnen gewichen ist – in ihrer Verzweiflung aus ihrem Innersten nur noch nach Mir schreien konnten, um dann Meine persönliche Niederkunft zu ihnen zu erfahren, die sie sodann mit Kraft in Mein Taufwasser zog. Denn nur solche waren wirklich bereit für die befreiende Erkenntnis, dass es noch nie an eurem Vermögen lag, sondern immer nur einzig und allein Mein gänzlich vorbehaltloses, wie auch völlig bedingungsloses Erbarmen ist, das euch allen Heil und Erlösung schenken will – gänzlich umsonst, das euch in dem Moment zuteil wird, wo all eure Möglichkeiten sich erschöpft haben, weil hier dann Mein Wunder endlich möglich werden kann.

Denn wo eure Möglichkeiten enden, da fangen Meine Möglichkeiten an! – dann, wenn alles, was ihr bislang geglaubt und für die letzte Erkenntnis gehalten habt, gänzlich in euch zerbrochen und zerschlagen und zunichte gemacht worden ist.

(I)

Und wie schon vielen vor dir, so sind nun auch dir über all dem die Augen aufgegangen, dass du die letzte Wahrheit und Meine tiefste Wirklichkeit erkannt und erblickt hast, die jenseits all eurer bisherigen Glaubens-Vorstellungen und -Einsichten liegt.

Und nun erblickst du die letzte Wahrheit in letzter Klarheit – in einer Tiefe, die weit über den trügerischen Schein dessen hinaus geht, was ihr in euren Überlieferungen gänzlich falsch und irrig fehl-gedeutet habt. Denn du bist vorgedrungen vom äußeren Schein zum wahren Sein, – und von diesem einen Gleichnis und Bild, das du bislang hier vorgefunden hast, durchgedrungen zum wahren Geist, der nicht nur auf ein Bild und Gleichnis, wie auch nicht auf einen Ort oder eine Zeit oder eine einzige Erscheinung, ja, nicht einmal nur auf einen einzigen Namen und auf eine einzige Gestalt beschränkt ist: nur auf die EINE Vorstellung von Ihm, die ihr euch – an eure beschränkte Überlieferung gebunden – von Ihm gemacht habt.

Darum ist nun für dich auch die Stunde gnadenvoller Heimsuchung endlich gekommen, dass Ich dich aus diesem Ort deiner Bindung und Lähmung heraus-führen kann.“

(J)

Und Jesus ergriff den Gelähmten bei der Hand und sprach zu ihm: „Darum stehe auf und verlasse diesen Ort!“

Und siehe, da richtete der Herr den Gelähmten auf und dieser stellte überglücklich fest, dass alle Lähmung von ihm gewichen war. Denn er jubilierte: „Ich kann wieder gehen! Ich kann tatsächlich wieder gehen!“

Daraufhin forderte der Heiland ihn auf: „Und nun geh weg von diesem Ort deiner Lähmung und nimm deine Liege und trage sie heim; und verkündige allen, die sich darüber entsetzen und dich fragen, was du da tust, was an Heil und Befreiung dir hier widerfahren ist!“

„Aber Erhabener!“, verwunderte sich da der Geheilte: „Es ist doch Sabbat! Ist es da nicht verboten, eine Last zu tragen, da an diesem Tag der Ruhe jedwede Arbeit strengstens verboten ist?!“

Der Meister aber entgegnete ihm: „Hast du denn nun das Heil gefunden auf die Art und Weise, wie es nach deinem bisherigen Glauben allein möglich sein soll?! – in Übereinstimmung mit dem, was dir nach eurer allgemeinen Überlieferung bislang gelehrt worden ist?!“

Da erklärte der Geheilte: „Nein.“

„Und hättest du es je erlangen können“, fragte der Rabbi weiter, „gemäß der Überlieferung, in der du gefangen warst, dass du alle anderen hättest überholen müssen, um als Aller-Erster ins Becken zu gelangen, wenn das Wasser sich bewegt?!“

„Wohl kaum!“, begann jener Geheilte allmählich zu verstehen: „Deshalb bin ich ja auch so sehr in meinem Glauben verzweifelt!“

Und der Lehrmeister aller schlussfolgerte: „Wenn nun aber all diese altehrwürdigen Überlieferungen dir das Heil, nach dem du dich so sehr gesehnt und regelrecht verzehrt hast, nicht erschlossen haben, wie auch dein Glaube, der sich vollends allein darauf gegründet hat, dich dies nicht finden ließ, sondern es dir vielmehr über viele schmerzliche Jahre versagt hat, da es dir unmöglich war, auf diesem Wege das Heil zu erlangen, du nunmehr aber diese Erlösung völlig unabhängig davon empfangen hast: Welche Bedeutung können all diese dann doch ganz offensichtlich gänzlich überholten Überlieferungen für dich noch haben?!

Ist dir nicht genau dies bis hin zu deiner völligen Verzweiflung an deinem bisherigen Glauben in zunehmendem Maße in letzter Zeit immer deutlicher und klarer aufgegangen, dass eben all diese überalteten Vorstellungen, wie die Erlösung zu erlangen sei, dir den Zugang zum Heil vielmehr verbauten und versagten, als dich ihm näher zu bringen, während dir nunmehr, nachdem dir dies endlich aufgegangen ist, das Heil auf eine gänzlich andere Weise, ohne irgendwelche Vorbedingungen zuteil geworden ist?!

Und hast du darin nun nicht erfahren, dass dies jedem Bedürftigen, der danach verlangt, völlig unabhängig von irgendwelchen überlieferten Heilswegen zugänglich und verfügbar ist, sobald Er Meine wirklich gänzlich bedingungslose, wie auch unverlierbare All-Barmherzigkeit endlich erkennt und erfasst und schaut?!“

(K)

Jener Geheilte, den Jesus nun aufgefordert hatte, am Ruhetag des HERRN seine Liege heim-zu-tragen, war aber nach wie vor noch irritiert und verunsichert, so dass er fragte: „Und was ist mit dem Sabbat?“

Der Herr aber erwiderte ihm geduldig: „Ist Ort und Zeit dir denn je zum Sabbat geworden?! Hast du darin Ruhe und Frieden in deinem Herzen, und Heil und Genesung für deine Seele gefunden?! Oder war Ich es, der nunmehr in dein Leben getreten ist?! – ohne all das, nachdem du deinen Blick, an deinem bisherigen Glauben zerbrochen, endlich davon abgewendet hast!

Denn Ich bin dir nicht von dem Ort her erschienen, wo du mich so lange vergeblich gesucht, aber nicht gefunden hast, wo´s nach der so hoch-gepriesenen Überlieferung derer, die´s euch künden, allein möglich wäre! Und Ich bin dir auch an einem Tag erschienen, an dem Ich´s nach Ansicht derer, die sich für die Hüter der rechten Überlieferung halten, garnicht dürfte, da dies ihrer Meinung und Lehre nach undenkbar wäre, weil es doch der Sabbat ist, an welchem Gott ruhen würde!

Doch wie Ich daran niemals gebunden war, – denn schon viele habe Ich hier geheilt, auch am Sabbat, – so ist auch keiner mehr daran gebunden, der Mein Heil gefunden und erfahren hat! Sondern sie alle haben diesen Ort der Überlieferung verlassen – hinlänglich, ob es ein Werktag oder aber ein Sabbat war. Denn sie waren fortan erleuchtet und sind dem Wahrhaftigen begegnet, so dass sie fortan so wenig an den Sabbat, wie auch an diesen Ort ihrer Knechtschaft, noch an irgendeine andere altehrwürdige Überlieferung mehr gebunden waren.

Und alle diese hielt hier auch kein Sabbat mehr. Sondern sie traten ihre Heimreise an, auch wenn diese weit über einen Sabbatweg hinausging. Denn Ich selbst bin ihnen zum Sabbat geworden und sie haben in Mir den wahren Sabbat gefunden und erkannt, und sie sind eingegangen in den wahrhaftigen, göttlichen Sabbat, der immer und überall ist, und sie wandelten darin fortan immerfort, wie die Priester im Heiligtum, ohne noch nach einen Ruhetag zu fragen. Denn wer im Heiligtum ist, kann nicht mehr stille halten, sondern wird von der unaufhörlich wirkenden Liebe anhaltend zu tätiger Liebe angereizt, ob es nun ein Werktag oder aber ein Sabbat ist.

Darum gehe hin und verkündige es in Wort und Tat, dass du Erlösung und wahrhaftige Befreiung aus wahrhaft vollumfänglich allem gefunden hast, indem du das Zeugnis deiner Heilung allen zum Zeichen mit dir trägst, auch wenn dies angeblich an diesem Tag nicht gestattet wäre, weil heute Sabbat ist!“

Und so nahm jener durch die Erleuchtung des Herrn Geheilte seine Pritsche und machte sich damit auf den Weg in sein Heim, obwohl es ein Sabbat war.

(L)

Und auch Jesus verließ den Teich Bethesda und ließ jenes mit Kranken bis an den Rand angefüllte Lazarett hinter sich zurück. Da fragten Ihn seine Jünger: „Herr! Am Teich Bethesda liegen so viele Kranke und Gebrechliche! Warum hast Du nur diesen einen Einzigen von ihnen geheilt?!“

„Weil dieser der Einzige war, der Mich bemerkte und offen für Mein Wunderwirken und Mein ganz außergewöhnliches Eingreifen war!“, erklärte ihnen der Herr: „Denn seht: Die Augen aller anderen waren nur auf die Wasser des Teiches Bethesda gerichtet, und ihre Sinne ganz daran gebunden. Sie alle meinen nämlich, sie könnten nur geheilt werden, wenn das Wasser sich bewegen würde, weil allein nur dann der Engel des HERRN herab-steigen würde nach ihrer Überlieferung, der ihren ganzen Glauben bestimmt.

Denn sie kennen nur diesen altehrwürdigen Brauch, worauf ihre ganze Hoffnung ausgerichtet ist. Darum können sie sich nicht vorstellen, dass ihnen das Heil auch jenseits dieses ihnen allein Gewohnten und Vertrauten begegnen und zuteil werden könnte, und, dass sich die Himmel ihrer auch erbarmen würden, wenn sie nur inbrünstig voll Vertrauen ihre Aushilfe erflehen würden.

Ja, sie rechnen nicht einmal damit, dass noch ein Zweiter oder Dritter geheilt werden könnte, wenn er – dem Ersten folgend – ebenso ins Wasser steigen würde, nachdem es durch die Niederkunft des Engels des HERRN bewegt worden ist!

Sie sind – gemäß ihrer unbarmherzigen, alle Hoffnung auf Heilung raubenden Überlieferung – der festen Überzeugung, dass nur den Aller-Ersten als den einzig Auserwählten dieses Wunder der Heilung zuteil werden könnte, jedoch nicht mehr auch ebenso allen später noch Nachfolgenden, so dass alle anderen schon von vornherein jeden Versuch unterlassen, sobald auch nur einer von ihnen Heilung erfahren hat.

Und so ermutigt sie die Heilung, welche die Ersten empfangen haben, nicht, diese auch ebenso empfangen zu können, sondern raubt ihnen vielmehr alle Hoffnung, weil sie nicht mehr die Ersten sind und meinen, zwischen den Ersten und ihnen als den Späteren oder gar Letzten bestünde vor Gott irgendein Unterschied.

Dabei wären sie von je her alle geheilt worden, da der Engel des HERRN doch immer zu ihnen allen – ohne Ausnahme und Unterschied – hernieder-stieg! Denn Er war schon immer reich für alle! – nicht nur allein für die Ersten, die Seine Niederkunft in der Bewegung der Wasser sahen!

(M)

Aber sie sind total festgefahren in ihren Vorstellungen und Überzeugungen, wo und wann und wie ihnen der HERR mit Seinem Heil allein begegnen könnte, und, wem allein es zuteil werden kann – nämlich nur dem, der unter Aufbietung aller seiner Kräfte die anderen überholt und hinter sich lässt, so dass er als Erster das sprudelnde Lebenswasser erreicht, weswegen sich alle anderen jener Zuwendung für unwürdig halten, weil sie dies nicht vermochten – obwohl der Erste von ihnen doch nicht weniger beeinträchtigt war und darum keineswegs mehr Anspruch auf irgendwelche Gnadenerweise hatte!

Und weil sie der festen Überzeugung sind, das Heil wäre nur zu finden auf diesen ihnen gewohnten Weg, wie er nach ihrer Überlieferung vorgegeben ist, wie auch allein nur für den, der diesen unter ihnen allen am besten beschreitet, darum können sie überhaupt nicht wahrnehmen und erkennen, wenn ihnen das Heil mit einem Mal von wo ganz anders her und auf gänzlich neue, ungewöhnliche, ihnen unvertraute und unbekannte Weise entgegenkommt – selbst, wenn sie es dort alle gleichermaßen erlangen könnten, auch wenn ihre Beeinträchtigung und Unzulänglichkeit weit stärker, als die der Ersten von ihnen, ist, da sie doch letztlich alle in gleicher Weise gebrechlich und behindert und verkrüppelt sind.

Diese alle hier haben noch höchst begrenzte, menschliche Vorstellungen von dem, was allein sein kann und sein darf nach ihrer religiösen Überlieferung, und was nicht. Darum können sie nicht erkennen, was bei MIR alles sein kann und sein darf – wie auch, was bei Mir nicht mehr sein kann und sein darf: nämlich irgendeine Einschränkung Meiner Heilszuwendungen allein auf das, was ihrer Vorstellung nach allein angemessen sein kann und was nicht.

Und weil sie so festgefahren in ihren tradierten Glaubens-Ansichten und -Überzeugungen sind, können sie es nicht sehen; und da sie es nicht sehen können, können sie es auch nicht erlangen und erfahren. So bleibt es ihnen verborgen, dass Ich es Bin: jener Engel des HERRN, der die Wasser belebt, da Ich dieses Mal nicht von dort zu ihnen getreten bin, wo und wie sie´s gewohnt waren.

Und darum konnte Ich auch dieses Mal wieder nur einen von ihnen heilen, da sie nicht erkennen, dass Mein Angebot von je her allen, und nicht nur den Ersten und Besten und Geschicktesten und Gewandtesten und Flinksten gilt.“

Und Jesus seufzte im Geist: „O, HERR! Wie viele stehen doch um dem Quellborn des Heils! Aber keiner ist darin!“

(N)

Als ihnen der Herr dies dargelegt hatte, da fragten die Jünger weiter nach: „Wenn es nun aber an den falschen Vorstellungen jener Kranken liegt, dass sie nicht erkennen können, von wo her Du überall kommen kannst und wie Du überall wirken willst, und, dass es ihnen allen nicht versagt und verweigert würde, wenn sie´s nur annehmen und glauben wollten: Was hat diesen Einen, der´s nun doch erlangen durfte, von den anderen abgehoben?“

Und der Meister erläuterte es ihnen: „Seht: Auch er folgte bislang allein der ihm gewohnten Überlieferung und vertraute einzig auf alle ihm übermittelten Traditionen – ganze acht-und-dreißig Jahre lang: jedoch vergebens, bis sein Glaube an alles bislang Gehörte und für recht und wahr Gehaltene völlig zerbrach, zumal er´s trotz redlichstem Bemühen nie schaffte, zu den Aller-Ersten zu gehören, das Heil zu erlangen, denen es nach dem, was ihm gelehrt wurde, allein vorbehalten wäre. Und so ist er an seinem bisherigen Glauben gänzlich verzweifelt und zerbrochen und darin gescheitert.

Aber doch gab er darüber seine Hoffnung nicht vollends auf, sondern er öffnete sich daraufhin gänzlich Neuem, ob ihm dann vielleicht von woanders her, als wie es ihm bislang gelehrt worden war, Hilfe und Heil zuteil werden könnte. So konnte er Mich sehen und erkennen und Ich zu ihm in sein Leben treten mit Meinem Heil – wenngleich das, was er dann in Mir fand, nicht mehr das war, was ihm vertraut war und was er bislang kannte, sondern etwas weit Größeres und Gewaltigeres und weit Wunderbareres! Und so konnte Ich ihn von dieser Stätte der Gelähmten und Verkrüppelten und auf vielfältigste Weise Gebundenen wahrhaftig herausführen.

Darum lernt dies daraus: Verzweifelt nicht, wenn euer bisheriger Glaube, weil er euch keinerlei wirkliches Heil und keine wahrhaftige Genesung brachte, gänzlich zerbricht. Denn damit zerbrechen auch eure alten eingeschränkten Ansichten und Vorstellungen und Einsichten, die euch mitunter gefangen nehmen und binden und euch Heilung und Genesung versagen. Denn wenn ihr euch eure Hoffnung nicht rauben lasst, selbst wenn euer bisheriger Glaube zerbricht, dann werden vielmehr eure eingeschränkten Sinne für gänzlich Neues, weit Größeres und Großartigeres aufbrechen, dass euch die Augen aufgetan werden.

Und dann werdet ihr Mich nochmals ganz neu sehen und entdecken: nicht mehr nur aus gewohnter Richtung und in der euch überlieferten Gestalt, und auch nicht nur für die, die im Festhalten am altgewohnten Überkommenen die Vorzüglichsten sind, sondern von überall her, auch gerade von dort, wo ihr´s am wenigsten vermutet hättet und ebenso in Formen und Erscheinungen, hinter denen ihr Mich niemals erwartet hättet; und dann werdet ihr erkennen, dass Ich überall zu finden und am Wirken bin und überall gerne alle ohne Vorbehalt heile – nicht nur die Wendigsten und Geschicktesten und Flottesten und Eifrigsten in der euch tradierten Religion, sondern einen jeden, der – gescheitert an allem und in allem – und vor allem an sich selbst – nur noch nach Meiner Liebe und Annahme schreit und nach Meinem Heil verlangt.

(O)

Seht: Euer Glaube ist wie ein Senfkorn. Dies kann nur aufgehen, wenn ihr´s in Vertrauen auf Gott gänzlich aus euren Händen geben könnt, dass ihr´s der Erde übergebt, auch wenn ihr´s dort zunächst für immer zu verlieren meint, weil es dort in der Tiefe aufbricht und in der Form, wie ihr´s in Händen hattet, gleichsam aufgelöst wird.

Wenn´s euch so aber zu sterben scheint, dann geht es euch in Wahrheit auf: Es treibt Wurzeln und sprießt und aus ihm geht etwas gänzlich Neues, ungleich Wunderbareres, weit Größeres und Weiteres und viel Erhabeneres hervor, das beständig weiter zunimmt und wächst!

Ebenso ist es mit eurem Glauben, wenn ihr´s wagt, ihn mit all euren bisherigen engen Überzeugungen und Ansichten gänzlich aufzugeben und gleichwie ein Senfkorn zu begraben: dann wird euch aus ihm ein völlig neuer, weit großartigerer und gewaltigerer Glaube erstehen und erwachsen, der keinerlei Einschränkung und Begrenzung mehr kennt.

Erkennt dies: Lebendiger Glaube bedeutet Wachstum und auch gar manche Veränderung! Wo euer Glaube aber nicht mehr zunimmt und wächst und entsprechende Wandlungen durchläuft, da ist er bereits erstorben und in sich selbst tot.

(P)

Erkennt, dass mancher Glaube, der im Alten, Überkommenen und bereits längst Überholten verhaftet ist und bleibt, mitunter nicht nur an Krankheiten und Gebrechen bindet, sondern überdies, wo die Überlieferung sich schon von der ursprünglichen Wahrheit entfernt hat, sogar selbst krank macht!

Und dies ist auch überall dort der Fall, wo ihr euch im Alten, Vorläufigen fest-beißt, wo der Höchste euch schon lange ins Neue, Eigentliche führen will. Denn der HERR war von je her ein Gott, der aufruft, das Bisherige zu verlassen, wo es zur Knechtschaft geworden ist, um in neue, ungeahnte Weiten zu führen – nämlich ins Land Seiner Verheißung, das immer jenseitig alles Gegenwärtigen, Augenblicklichen liegt, um euch immer weiter zu führen, von einer Herrlichkeit zur anderen.

So war es auch schon bei Mose und darüber hinaus auch schon bei Abraham. Immer wieder ließ die Allmacht aufbrechen zu neuen, tieferen, noch weit befreienderen Offenbarungen hin mit Ihrem Ruf: »Verlasse das Alte! Brich auf ins Neue! Siehe! Ich mache alles neu! – auch dich mit einen eingeschränkten Ansichten und Einsichten! Unbeengte Weite sei deine Heimstätte, und in den endlosen Weiten der unendlichen Himmel sei dein Platz!«

Und so wird es auch bleiben bis zur vollumfänglichen Vollendung, die in den Äonen der Äonen liegt. Bis dahin wird eure Erkenntnis immer nur Stückwerk bleiben, bis ihr eingehen werdet ins Vollkommene, wo alles Stückwerk aufhören wird. Denn dort werdet ihr dann alles mit den Augen des Erkennenden vollends erkennen, wie ihr euch dann auch selbst mit den Augen des Erkennenden vollends erkannt erfahrt. Vorher aber seht ihr alles nur grob umrissen, wie in einem grob behauenen Kupferspiegel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; und dann werdet ihr euch in dem alles Erkennenden auch selbst erkennen.

Wer aber vor dieser Vollendung meint, schon vollendete Erkenntnis erlangt zu haben, der ist in Wahrheit ein Tor, der noch überhaupt nichts von den unendlichen Weiten der göttlichen Größe und Majestät erkannt hat. Wer darum wirklich weise werden will, erkenne seine Torheit, auf dass er wahrhaft weise werde!

Denn Ich habe euch noch so viel mitzuteilen und zu enthüllen, was ihr jetzt noch überhaupt nicht erahnen könnt, noch überhaupt fassen könntet; und in Mir, wie auch in Meinen Worten, liegen noch so unendlich viele Schätze – gleichwie in verhüllenden Metaphern noch versiegelt – verborgen. Aber Meine Heilige Ruach wird euch dies alles noch erschließen und euch ergründen lassen, dass euch das Herz davon brennen wird, wenn in euch der Morgenstern aufgeht, und ihm folgend das ganze Heer des Himmels, bis alles über euch licht und hell wird in Meinem heraufziehenden Morgen!“

(Q)

So hatte Jesus also nur einen Einzigen unter den vielen Kranken am Teich Bethesda heilen können. Und dieser nahm, der Weisung des Meisters folgend, seine Lagerstätte und trug sie mit sich fort, obwohl es der Ruhetag des HERRN war, an welchem nach rabbinischer Lehre jede Form von Arbeit untersagt war.

Darum dauerte es nicht lange, dass jener Geheilte von den Pharisäern zur Rede gestellt wurde, als sie sahen, dass er seine Pritsche trug, indem sie ihn anwirschten: „Was tust du da?! Weißt du denn nicht, dass heute Sabbat ist?! Da darfst du auch keine Liege tragen!“

Er aber antwortete: „Aber ich bin doch heute geheilt worden! Und der, welcher mich gesund gemacht hat, hat mich aufgefordert: »Nimm deine Liege und trage sie heim!« Und als ich Ihn fragte: »Aber heute ist doch Sabbat!«, da sprach Er zu mir: »Gib nicht mehr länger irgendetwas auf den auswendigen Sabbat!«“

Da empörten sich die Rabbiner über die Maßen und fragten ihn: „Wer hat dich denn gesund gemacht und dir so etwas am Tag des HERRN geboten, dass er zu dir gesagt hat: »Steht auf und nimm deine Lagerstätte und trag sie fort! Und gib nichts darauf, dass heute Sabbat ist!«?

Der Geheilte aber erklärte: „Wer könnte dies anderes gewesen sein als der Engel des HERRN, auf dessen Erbarmung ich fast ganze vierzig Jahre am Teich Bethesda gewartet habe?! – auch, wenn ER zu mir getreten ist in Gestalt eines Menschensohnes. Doch ist Er so nicht auch von den Propheten gesehen und beschrieben worden?! Und war der Erzengel Gabriel nicht ebenso dem Tobias in einer irdischen Gestalt erschienen, so dass jener ihn zuerst für einen gewöhnlichen Menschen hielt?!“

Da fragten sie ihn: „Hat sich denn das Wasser bewegt, so dass es wirklich der Engel des HERRN war, der dir erschienen ist? – weil jener, wie du von unserer Überlieferung weißt, immer nur denjenigen heilt, der den größten Glaubens-Eifer bewiesen hat, dass er als erster in den Teich getreten ist.“

„Nein“, antwortete ihnen der Geheilte: „Ich war ja gelähmt und mittlerweile fast völlig bewegungsunfähig! Aber Er hatte Mitleid mit mir. Darum ist nun Er zu mir gekommen, um sich über mich zu erbarmen.“

Die Rabbiner aber schalten ihn: „Wieso sollte der Engel des HERRN sich ausgerechnet über dich erbarmen und dir Gnade erweisen, wo du dich überhaupt nicht in irgendeiner Weise verdient gemacht hast, dass du als Erster in das Becken gestiegen wärst?! – wo du offensichtlich nicht einmal weißt, dass am Sabbat jede Form von Arbeit strengstens verboten ist, dass du heute deine Liege heimträgst!“

„Aber wenn der Engel des HERRN mir es doch geboten hat!“, verteidigte sich der Geheilte.

„Du Narr!“, fuhren die Schriftgelehrten ihn an: „Dies kann doch niemals der Engel des HERRN gewesen sein! Denn Er ist dir nicht in der Weise begegnet, wie es nach unserer Überlieferung allein möglich ist! Und wie hätte der Engel des HERRN dir so etwas Ungehöriges gebieten können, von den Geboten des HERRN abzulassen, in denen allein das Heil verbürgt und zu finden ist?!“

Der Geheilte verwunderte sich jedoch über ihr Urteil und erklärte mit Nachdruck: „Aber Er hat mich doch sichtlich, wie auch spürbar geheilt! Und bei Ihm habe ich endlich das Heil gefunden, das ich andernfalls, nach der überkommenen Überlieferung niemals aus eigener Kraft je noch hätte erlangen können!“

Sie aber fuhren ihn an: „Willst du nicht erkennen, dass dies niemals der Engel des HERRN gewesen sein kann, wenn Er dir nicht dort begegnet ist, WO WIR es lehren, wie auch nicht in der Weise und unter den Bedingungen, WIE WIR es lehren, zumal er dich aufgefordert hat, aus allem auszubrechen und alles hinter dir zu lassen, WAS WIR lehren! Dies kann nimmermehr der Engel des HERRN gewesen sein! Dies war dann doch ganz offensichtlich wohl vielmehr der Satan, der dich getäuscht hat, indem er sich verstellt hat zum Engel des HERRN!“

Und sie befahlen dem Geheilten, seine Pritsche an Ort und Stelle liegen zu lassen, und führten ihn mit sich in den Tempel, wo der Meister nach Seiner Gewohnheit lehrte. Und sie zeigten dem Geheilten Jesus von ferne und fragten ihn: „Ist es etwa dieser hier, den du für den Engel des HERRN gehalten hast, der dir in der Gestalt eines Menschensohnes erschienen sein soll?!“ Da erkannte er, dass es Jesus war und bestätigte es ihnen.

Sie aber erbosten sich bis hin zu Mordgelüsten: „Haben wir es doch gewusst, dass es wieder dieser Magier war, der mit den Mächten der Finsternis im Bunde steht! Wer anders hätte erneut jemanden dazu verleiten sollen, den Tag des HERRN zu missachten und den Sabbat zu brechen?!“

(R)

Und sie beschworen den Geheilten: „Lass dich von uns warnen! Dieser ist ein Diener des Satans und steht mit dem Teufel im Bunde! Erkennst du denn nicht, dass dies ein gänzlich gewöhnlicher Mensch aus Fleisch und Blut ist?! – und keineswegs ein Engel Gottes!

Dieser ist ein gänzlich bedeutungsloser Zimmermannssohn aus gottlosem Heidenland, nämlich aus dem fernen Galiläa, der aber schon seit geraumer Zeit alles Volk verführt, so dass es Ihn schon für den Messias hält! Er suggeriert vielen Arglosen wie dir, dass Er sie geheilt hätte, so dass schon so viele, wie du hier siehst, seinem unheilvollem Bann in einer Weise erlegen sind, dass sie sich von uns bereits nichts mehr sagen lassen, obwohl wir doch die von Gott berufenen Hüter Israels sind und wir alle – sowohl Pharisäer, als auch Sadduzäer – einhellig zu der Überzeugung gelangt sind, dass jener der Beelzebub ist!

Und so hat dieser nun auch dich getäuscht, indem Er dir vorgemacht hat, Er hätte dich geheilt! – jedoch in Wirklichkeit um dem Preis deiner Seele, weil du diese damit nämlich dem Satan verschreibst, dem Er dient, wenn nun auch du seinen Worten Glauben schenkst und Seinen Weisungen folgst!

Denn ist es nicht so?! Er hat dich doch schließlich aufgefordert, den einzigen und alleinigen Weg zum Heil zu verlassen, wie er ausschließlich nach unseren altehrwürdigen Überlieferungen zu finden ist, wie er uns von unseren verehrten Glaubensvätern von Mose an übermittelt worden ist und über deren rechte Einhaltung wir als deren Söhne und Jünger in ihrer Nachfolge wachen – als die von ihnen, sowie von Gott eingesetzten Wächter über den rechten, einzig heilbringenden Glauben!“

Der Geheilte konnte es jedoch noch immer nicht fassen, dass jemand, der nicht von Gott kommen sollte, ihm so eine Wohltat hätte erweisen können. Und so fragte er nochmals nach: „Aber wenn Er mich doch geheilt hat, an all euren Überlieferungen und Satzungen und Bestimmungen vorbei, ohne jede Vorbedingung oder Forderung, dass ich mich noch an irgendwelche von euren Vorschriften halten müsste?!“

„Erkennst du es denn nicht?!“, drangen die Rabbiner in ihn ein: „Genau darin zeigt sich doch, dass dies ein diabolischer Verführer ist, der dich mit einer vermeintlichen, nur scheinbaren Heilung irregeführt hat, die über dich weit größeres Unheil bringen wird, wenn du seiner arglistigen Täuschung erliegst! Wie könnte denn jemand das Heil erlangen, der sich nicht durch anhaltendes redliches Mühen mit Furcht und Zittern bis zu seinem Lebensende darum verdient gemacht hat?!“

Und sie versuchten, ihn einzuschüchtern und zu verängstigen, indem sie ihn bedrohten: „Du wirst schon noch sehen, was du dir damit einhandelst, wenn du nun diesem nachfolgst, und was du auf diese Weise in Wirklichkeit über dich bringst! Keineswegs Heil und Segen, auch wenn es dir zunächst durch dessen diabolische Verblendung so erscheinen mag, sondern vielmehr noch unsäglich viel größeres Unheil und am Ende ewige Verdammnis unter Gottes Fluch, weil du dich von Seinem einzig rechten Weg zum Heil abgewendet hast!

Ja! Über dich wird solch unbeschreibliches Elend kommen, dass du dich noch in dein altes Gebrechen am Teich Bethesda zurückwünschen wirst, wo du zwar noch keine vermeintliche Heilung empfangen hattest, aber doch dem einzig wahren Heil weit näher warst, das nur auf dem Weg über unsere altehrwürdige Überlieferung zu finden ist, die auf Mose gründet, welcher der einzige uns von Gott gesandte Vermittler aller göttlichen Segnungen ist.

Darum geben wir dir dringend den Rat: Lass dich nicht auf diesen Abweg, von Mose weg, zur ewigen Verdammnis verleiten durch das vermeintliche Heil, dass du durch diesen falschen Propheten empfangen zu haben glaubst, sondern geh hin zu den Priestern und bringe ein Sühneopfer dar, damit dir deine Verfehlung und Verirrung hin zum Abfall und zur Abtrünnigkeit verziehen werden kann; und dann kehre zu uns zurück und lass dich von uns wieder auf den rechten Weg ins Heil leiten, indem wir dich lehren, was du zu tun hast, damit du nicht aus der Synagoge ausgeschlossen werden musst, sondern wieder in die heilige Versammlung aufgenommen werden kannst.“

(S)

Dem Herrn entging es allerdings nicht, bis jener Geheilte über das Heil, das er empfangen hatte, von den Pharisäern stark verunsichert worden war, und, dass die Rabbiner nahe daran waren, ihm die damit verbundene Freisetzung wieder zu rauben – nämlich die Befreiung von ihrer alle Welt knechtenden Überlieferung, die jede wahre Heils-Erfahrung im rückhaltlosen Vertrauen auf die wahrlich gänzlich bedingungslose und vorbehaltlose, wie auch völlig unverlierbare göttliche Liebe und Barmherzigkeit vereiteln musste.

Und Er wusste auch, dass, wenn dies erst mit dem von Ihm Geheilten geschehen wäre, ihn sodann seine alte Lähmung wieder ereilt und befallen hätte, und sie ihm dann erklärt hätten: „Siehe! Haben wir es dir nicht gleich gesagt, dass alles von diesem nur diabolische Täuschung war?!“

Darum machte Jesus sich auf, dieses eben gerettete Schaf, das erneut verloren zu gehen drohte, zu suchen. Und Er fand jenen über sein bereits erlangtes Heil so tief Verunsicherten, mit Zweifel und Argwohn Vergifteten, im Tempel und sprach zu ihm: „Du hast erfahren, dass Mein Heil dir gilt und dich berechtigt, dein Lager zu verlassen und das, woran du bislang gebunden warst, fort zu schaffen, und dass dich hier auch kein Sabbat mehr binden kann und darf.

So hast du das wahre Heil gefunden und bist in den wahrhaftigen Sabbat eingegangen. Denn du hast Ruhe und Seelenfrieden in Mir und Meiner wahrhaft unverlierbaren Retterliebe gefunden, befreit von aller unbegründeter Furcht und gereinigt von jedem falschen schlechten Gewissen! Darum lass dir dein Heil nicht rauben, indem du dir verbieten lässt, dass du auch am Sabbat das Zeugnis deiner Heilung und Befreiung mit dir nehmen darfst!

Denn weder in der Bewegung des Wassers hast du dein Heil gefunden, zu dem du nie als Erster gelangen konntest, noch im Sabbat, sondern in Mir, der Ich vielmehr zu dir gekommen bin und dich aufgesucht habe, als du dich völlig bewegungsunfähig und hoffnungslos verloren erkannt hast und dich schon für den Aller-Letzten hieltest!

(T)

Darum lass dich nicht verleiten, dass du dich wieder in Überlieferungen und Bräuche gefangen nehmen lässt, die dir keinerlei Halt und Heil brachten! Denn wenn du das Heil, das du nun endlich – allerdings gänzlich jenseits davon, wie auch völlig umsonst – geschmeckt hast, dir ausreden und wieder rauben lässt und dich dadurch wieder versklaven lässt an das, was dir niemals Heil bringen wollte: Wo willst du dann noch Heil finden können?!

Bleibe gelöst von allem, wovon dich die Begegnung mit Mir erlöst hat, als du erkannt hast, wer und wie Ich wirklich Bin! Allein darin lebe fortan! Denn allein darin hast du es doch gefunden: dein Heil!

Denn wenn du nun, nachdem du das großartige, befreiende, unbegrenzte, weite Neue geschmeckt hast, dich wieder ins beengte, begrenzte, überholte Alte hinein binden lässt, wirst du deine erlangte Bewegungsfreiheit und Kraft, nunmehr selbst dein eigenes einstiges Gefängnis, an das du gebunden warst, tragen zu können, wieder verlieren und in deine ursprüngliche Beschränkung und Behinderung erneut zurückfallen!

Aber dies wird dir dann weit elender sein, als je zuvor, nachdem du die wahrhaftige Freiheit doch schon einmal geschmeckt und gekostet, aber doch wieder verloren hast! Ja, wieviel elender muss dir all das dann werden und sein! Wohl kaum mehr zu ertragen!

Darum beschwöre nunmehr auch Ich dich: Versündige dich nicht an Mir, wie auch an dir, durch erneuten Zweifel und Argwohn gegenüber dem dir in Meiner unverlierbaren Liebe und Zuneigung unverbrüchlich geschenkten Heil! Lass dir das durch nichts und niemanden mehr rauben, nachdem du doch nun schon geschmeckt hast, wie köstlich Meine gänzlich selbstlose unerbitterliche Agape ist, die wahrhaft alles überwindet und noch in allem überwinden lässt!

Ich nämlich bin gekommen, euch von jedweder Fessel und Beengung für immer und bleibend zu befreien – von allem, was euch knechtet und einschränkt – insbesondere von jeder Kette falscher Frömmigkeit und überholter eingeschränkter Überlieferung!“

(U)

Und weiter sprach Er zu Seinen Jüngern: „Seht ihr´s nicht an diesem Gelähmten? So ist der Mensch: Fast vierzig Jahre harrte er auf sein großes Wunder! Und dann kam es, noch übermächtiger, als je erhofft und erwartet – nicht nur durch einen Engel, sondern durch den HERRN und Menschensohn selbst. Und doch ist sein Herz und Leben noch immer nicht gefestigt, noch immer gefährdet, noch immer in Gefahr!

Und ihr seht an diesem einst Gelähmten, der doch geheilt worden ist, wie schwer es gar vielen fällt, aus den alten, lähmenden Denkgewohnheiten auszubrechen und sie wirklich vollends abzustreifen! Darum wird auch in euren Reihen immer wieder das alte pharisäische Denken aufkeimen und nie gänzlich auszulöschen sein! Darum bleibt auf der Hut, dass es am Ende nicht auch auf euch wieder übergreift und am Ende auch euch selbst aufs Neue wieder bindet und lähmt!“

(V)

Siehe aber, am Eingang des Tempels, da saß ein Kranker, der von seiner Mutter Leibe an lahm war. Jesus aber ging an ihm vorüber, ohne sich ihm zuzuwenden.

Da rief jener: „Jesus, du Sohn Davids! Willst Du Dich nicht auch meiner erbarmen? Wie viel Gutes könnte ich tun, wenn ich nur gehen könnte, statt anderen zur Last zu fallen!“

Der Herr aber wandte sich ihm zu und sprach: „Siehe, Meine Stunde für dich ist noch nicht gekommen. Harre ihrer aber weiter, denn nur, weil deine Stunde jetzt noch nicht gekommen ist, heißt das nicht, dass Ich dich verlassen oder versäumen würde.“ Mit diesen Worten ließ Er ihn stehen, wie sehr jener Ihm auch nach-rief.

Da fragten Ihn die Jünger: „Herr, höre doch, wie dieser Dir klagt! Warum heilst Du ihn nicht unversehens zu dieser Stunde! Und was wäre dies für ein Zeichen, vor all den Leuten!“

Der Herr aber fuhr sie barsch an: „Was wisst ihr über Zeit und Stunde?! Euch ist es nicht gegeben, über Zeit und Stunde zu urteilen oder irgendetwas zu wissen! Auch fehlt euch hierfür jede Einsicht! Nicht jedem ist es gut, äußere Heilung zugleich zu erfahren am Leibe, wenn er darum fleht; mancher erfährt größere Heilung gerade im und über seinem Leid.

Denn Ich bin wahrlich gewillt, euch weit über dem zu geben, was euch in den Sinn kommt, und als das, was ihr erfleht! Darum dankt Gott für alles, was Er euch gibt, wie auch für alles, was Er euch versagt! Denn dies bringt euch die Fülle und den Überfluss, weit über all euer Verstehen und Hoffen hinaus!“

Und der Meister erklärte Seinen Jüngern: „Denkt an den Gelähmten, den ich am Teich Bethesda geheilt habe: Seht, wie lange dieser warten musste, um Heilung zu erfahren: fast ganze vierzig endlose Jahre lang! Nun aber begegnete ihm nicht nur ein Engel des HERRN, sondern in Mir der HERR selbst, und er erfuhr mehr als nur Heilung am Leibe! Darum ist es euch gut, wenn ihr auf euer Wunder warten müsst; denn es bereitet euch für den Empfang von noch mehr als dem ersehnten Wunder!

Denn glaubt mir: Gott wirkt immer und in allem in gleicher Weise unablässig ausschließlich auf euer aller Heil hin, ob Er euch das von euch erflehte Wunder gewährt oder aber versagt, ja sogar, ob Er euch nun segnet oder schlägt, aufrichtet oder zerbricht! Denn es muss euch alles gleichermaßen zum Besten dienen! Was aber euch gilt, das gilt allen!“

Danach aber wandte sich der Herr nochmals an Petrus, weil er auch von Mitleid erregt nach jenem Gelähmten gefragt hatte, und sagte ihm: „Siehe, dieser ist dir zur Nachlese bereitet. Denn wie du dich hier noch einmal zu Mir bekennen wirst, so will Ich Mich hier dann auch zu dir bekennen.“

(W)

Wie jenen Lahmgeborenen, so heilte Jesus auch viele andere – in der Zeit Seines Wirkens im Fleische – noch nicht. Diese waren Seinem Wirken im Geiste vorbehalten, das darauf durch die Hände Seiner Apostel und ausgesandten Heroldes folgen sollte, zum Zeichen, dass Er nicht vom Tod überwunden worden ist, sondern diesen vielmehr selbst überwunden und alle Macht für immer an sich genommen hat.

Und da Jesus Christus wahrhaftig lebt und immer der Selbe ist: so, wie gestern, so auch heute und auch morgen, dürfen wir als die Aller-Letzten ebenso auf die großen Wunder hoffen, wie sie den Aller-Ersten vergönnt waren! Denn für den Herrn gibt es zwischen ihnen und uns keinen Unterschied!

Darum gilt auch uns, wie den Aller-Ersten, Sein Heiland-Ruf: „Rufe Mich an in deiner Not, dann will Ich dir antworten! Und Ich will dir Großes und Unfassbares zeigen, so großartig und wunderbar, dass du es weder auch nur erahnen könntest, noch irgendetwas davon weißt!

Und wenn es anfangs auch ausbleiben sollte und auf sich warten lassen sollte, so verzweifle nicht und harre erwartungsvoll aus! Denn was Ich zugesagt habe, das will Ich auch tun. Und auch, wenn es sich hinauszögert: Es wird noch kommen und ganz gewiss niemals gänzlich ausbleiben!“