Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
VI Die Aussöhnung
46: Das verzweifelte Ende des Judas
46-A: Warum erduldete Er nur alles und zeigte nicht Seine Macht?!
46-B: Was hatte Judas da nur am Ende nun selbst in Gang gesetzt?!
46-C: Aber weder Jesus, noch Gott, wollte dem ein Ende machen! Nun war wirklich alles verloren!
46-D: Deinen schmählichen Verrat hast du schon ganz allein zu verantworten!
46-E: Das war offensichtlich Gottes Wille: statt zu erlösen, sie alle zu verdammen!
46-F: Er war nun, wie alle Welt, wohl ganz zurecht verflucht und verdammt auf ewig!
46-G: Ewige Verdammnis! War das nicht über sie alle schon von Ewigkeit her verhängt worden?!
46-H: Das war der Ausweg! Diesem erbärmlichen Leben ein Ende machen!
46-I: Hoffnungslos verendet! Und doch nicht ohne Hoffnung!
46-J: Akeldamach – der Blutsacker
(A)
Warum nur hatte Jesus alles über sich ergehen lassen?! Warum hatte Er eisern zu allem geschwiegen?! Warum stand Er dem Hohenpriester und den Mitgliedern des Sanhedrins auf ihre Anfragen nicht einmal Rede und Antwort?! Warum hatte Er sich nicht gegen all die Anschuldigungen, die gegen Ihn erhoben wurden, verteidigt, dass Er die Gelegenheit genutzt hätte, dem gesamten Hohen Rat endlich Seine Mission darzulegen und verständlich zu machen?! Und weshalb ließ Er all die hanebüchenden Verleumdungen, welche die vielen aufgeworfenen falschen Zeugen gegen Ihn vorbrachten, einfach unerwidert stehen?! Und warum nur, warum hatte Er vor ihnen allen nicht vor allem endlich Seine göttliche Kraft und Herrlichkeit enthüllt?! – wie noch im Garten Gethsemane, wo Seine Selbst-Bekundung »Ich Bin´s« alle Soldaten, die Ihn ergreifen wollten, wie eine von Ihm ausgehende blitzartige Kraft-Entfaltung allesamt nieder-gestreckt hatte?!
Judas war als der Einzige von allen Jüngern Jesu sowohl bei dem Verhör Seines Meisters im Sanhedrin, als auch während aller Verhandlungen vor Pilatus bei Jesus geblieben. Alle anderen waren schließlich in heller Panik und in Angst um ihr nacktes Leben geflohen! So jedoch nicht er!
Schließlich hatte er Jesus ja keineswegs an den Sanhedrin verraten – und den Ältesten Israels Seinen geheimen nächtlichen Aufenthaltsort im Garten Gethsemane auf dem Ölberg etwa deswegen mitgeteilt, damit sie Ihn endlich dingfest machen und auslöschen konnten! Sondern doch vielmehr darum, um seinen geliebten Meister endlich dazu zu bringen, sich in der absoluten Konfrontation mit den Höchsten Israels endlich in Seiner Herrlichkeit zu offenbaren!
Judas hatte seinen geliebten Rabbi keineswegs verraten wollen! Nein! Das, was dann aber ins Rollen kam, war vielmehr genau das krasse Gegenteil von dem, was Judas sich von der Auslieferung seines Meisters erhofft und versprochen hatte!
Und dass all das, was dann geschah, keineswegs seine Absicht war: hatte Judas das nicht auch seinem geliebten Rabbi, wie auch allen anderen Jüngern mit seinem Kuss bekundet?! Es war ein Akt der Liebe, auch wenn es sich allen anderen anders dargestellt haben mochte! Es war ein Akt des Glaubens und eine letzte Verzweiflungstat der Hoffnung, die Judas sich einfach nicht nehmen lassen wollte, dass sein Meister dazu bestimmt und berufen war, endlich die Macht zu ergreifen und Israel von all seinen Unterdrückern, den falschen Hirten Israels und den gottlosen Heiden, mit denen jene sich verbündet hatten, zu befreien!
Hatte Judas dazu nicht sogar vom höchsten HERRN selbst den Auftrag erhalten, den Sohn Gottes endlich auf diese Weise zur Besinnung zu bringen, was Seine eigentliche Sendung war?! Ja, hatte es ihm der Höchste nicht sogar aus dem Mund Seines erwählten Erlösers selbst bestätigt, als dieser zu ihm sprach: „So tu´ nun endlich, was du tun musst!“?!
Ja, er musste das doch tun! …: Jesus in die Hand Seiner Widersacher ausliefern, um Ihn endlich zur Einsicht zu führen, dass diese alle Gericht und keineswegs Schonung verdienten!
Denn Judas war der festen Überzeugung, dass dies Seinem Meister spätestens dann noch aufgehen würde, wenn sie Ihm erst verhöhnen und verspotten, bespeien und bespucken, foltern und lynchen würden! Und Judas hatte bis zuletzt verzweifelt darauf gehofft, dass der Herr vor der Hohen Geistlichkeit Israels noch Seine göttliche Macht offenbaren würde! – bei jedem Hieb, den sie Ihm zusetzten und bei jeder Schmähung, mit der sie Ihn verhöhnten.
Aber sein Meister ließ dies ja alles widerspruchslos über sich ergehen! Und wie hatte Judas zu Gott gefleht, Er möge doch endlich Seinen heiligen Zorn über Seinen Messias kommen lassen, dass Er Seine Tenne endlich gründlich säubern würde! – wie es im Tempel geschehen war, als sein Herr, von Wut gepackt, alle Viehhändler und Geldwechsler aus dem Heiligtum Gottes getrieben hatte!
Warum erfasste Ihn nicht auch jetzt solch ein heiliger Zorn, dass Er all die falschen Hüter Israels und die heidnischen Geldabschneider ebenso aus dem ganzen Heiligen Land trieb?! Warum zeigte Er diesen Widersachern Gottes nicht Seine überirdische Macht und zwang sie damit alle in die Knie?!
Beging Jesus damit nicht sogar selbst Verrat an ihnen allen?! – an Seinem Volk, das so große Hoffnungen auf Ihn gesetzt hatte, dass Er, wie einst Mose, alle Gläubigen Israels in die Freiheit führen würde! – an Barabbas, der Ihm mit seinem Aufstand den Weg zur Machtergreifung ebnen wollte! – wie auch an allen Jüngern, die Ihn immer wieder anflehten, Er möge sich doch endlich ermannen, Gericht über alle gottlosen Unterdrücker Israels zu üben und von dieser fixen Idee und wahnhaften Einbildung ablassen, es wäre Seine Bestimmung, sich vielmehr selbst für alle Seine Widersacher als ein Sühneopfer-Lamm Gottes hingeben zu müssen, um sie auf diese Weise für Gott zu erkaufen und noch zu gewinnen! Wollte Jesus denn wirklich nicht begreifen, dass diese alle in ihrer Verstocktheit und verbissenen Widersetzlichkeit, ja, in ihrem abgrundtiefen Hass gegen Ihn nimmermehr durch Liebe zu überwinden waren?!
Und mit jedem Schlag und Fausthieb, den sie seinem geliebten Rabbi versetzten, war es Judas, als würde er selbst mit seinem Meister getroffen! Und mit jedem Streich, den Jesus sich gefallen ließ, erstarb in Judas die Hoffnung immer mehr, dies könnte doch noch die große, ersehnte Wende herbeiführen, dass Sein Meister sich endlich zu einem gewaltigen Gegenschlag hinreißen ließ.
Er hätte seinen Rabbi doch niemals an die Rats-Ältesten ausgeliefert, wenn er gewusst hätte, dass alles solch einen entsetzlichen Lauf nehmen würde! Eben dies wollte Judas doch mit seiner ganzen Intervention gerade verhindern! – in der Hoffnung, Jesus würde in dieser letzten knallharten Konfrontation mit Seinen Widersachern, wenn es schließlich für Ihn selbst um Leben und Tod ging, endlich doch noch zur Besinnung kommen!
(B)
Doch so wenig Judas seinen Meister auch verstand, dass Er sich dies alles gefallen, sich bespucken und anspeien und schlagen ließ, so erfasste ihn nun doch auch Reue; und Schuldgefühle begannen ihn zu plagen, dass er seinen geliebten Rabbi in diese furchtbar entsetzliche Situation gebracht hatte. Denn zeigte sich in dem eisernen Entschluss Jesu, den von Ihm gewählten Weg der Selbst-Aufopferung bis zum bitteren Ende gehen zu wollen, nicht zugleich auch auf geradezu schauderhafte, entsetzliche Weise, wie göttlich und über allem erhaben doch der Weg war, den Sein Meister gegen allen Widerspruch und trotz allen Aufbegehrens des Judas nunmehr eingeschlagen hatte?!
Und dies weckte in Judas zugleich über alle Maßen unbändige Schuldgefühle, was er seinem Meister da angetan hatte, dass er sich im Widerstand gegen seinen Rabbi in unverzeihlicher Weise mit Blutschuld besudelt hatte; und es brachte ihn zu der Einsicht, dass er gänzlich unwürdig war, überhaupt je von Jesus in den Kreis Seiner nächsten Anhänger aufgenommen worden zu sein!
Schließlich wollte Judas selbst noch für seinen Meister Partei ergreifen und all die Verleumdungen und Lügen klar stellen, die über Jesus bei diesem reinen »Schau-Prozess« von all diesen, von den Sadduzäern und Pharisäern aufgeworfenen falschen Zeugen vorgebracht wurden, um das Allerschlimmste, was er nunmehr – von ihm selbst ausgelöst – heraufziehen sah, noch irgendwie abzuwenden!
Doch man ließ ihn einfach nicht zu Wort kommen! Vielmehr fiel ihm schließlich sogar der Hohepriester Kaiphas selbst in die Parade: „Was soll das, dass du jetzt mit einem Mal für deinen einstigen Meister wieder eintreten willst, nachdem du Ihm bereits abgeschworen und Ihn doch selbst an uns überantwortet hast?!
Dir ist doch schon längst aufgegangen, dass dieser gänzlich von Sinnen ist und nimmermehr der Messias Gottes sein kann! Und da Er mit Seinem Wahn ganz Israel in die Irre und damit ins Verderben führt, verdient Er auch keinerlei Fürsprache oder gar Mitleid! Vielmehr solltest du nach dem Gesetz des Mose, nachdem du Ihn uns überstellt hast, nun auch als erster den Stein zu Seiner Hinrichtung gegen Ihn erheben, ohne dich durch falsches Mitgefühl erweichen und davon abbringen zu lassen!“
Auch nach dem Verhör im Sanhedrin war Judas noch an der Seite Jesu geblieben. Des Nachts, ehe der Rüsttag zum großen Passah-Sabbat anbrach, hatte er das Verlies aufgesucht, in dem sein Meister kurzfristig bis zum Anbruch des nächsten Tages eingekerkert worden war, und hatte durch das Gitterfenster in den tief-liegenden Kerker nach Ihm gerufen. Doch sein Rabbi antwortete nicht, konnte oder wollte ihn am Ende nicht hören.
Und am nächsten Tag hatte Judas sich in der schaulustigen Menge versteckt, die dem Gerichtsprozess des Pilatus beiwohnte, und schließlich, als der Prokurator das Volk zur Entscheidung zwischen Jesus Barabbas und Jesus Christus aufrief, welchen von beiden er freilassen sollte, noch gehofft, dass sich das Volk für Jesus anstelle von Barabbas entscheiden würde und die Hinrichtung Seines Meisters doch noch abgewendet werden könnte, obwohl Judas doch ein heimlicher Verbündeter des Barabbas war!
Aber Judas sah in Barabbas lediglich einen Feldherrn des Messias, der allerdings, wie Joab, der Heeresführer des Königs David, noch vor seinem Gebieter selbst bereits erkannt hatte, dass die Widersacher Gottes ohne Gnade zu vernichten waren. Wie furchtbar die Hinrichtung des Barabbas, des Feldherrn des David-Sohnes, also auch immer gewesen wäre: der Sohn Davids selbst wäre wenigstens am Leben geblieben, auf dem allein letztlich doch alle Hoffnung lag!
Doch vergeblich! Das ganze jüdische Volk erwies sich mit einem Mal ebenso furchtbar verstockt, wie seine ganze geistliche Führerschaft! So musste Judas schließlich mit ansehen, wie sein geliebter Meister gegeißelt und von den rohen gottlosen römischen Soldaten noch verhöhnt wurde, indem sie Ihm einen Purpurmantel überwarfen und mit Zangen eine Dornenkrone aufs Haupt drückten, dass unvermittelt von allen Seiten dickes Blut über Sein Gesicht und Sein gelocktes Haupt rann.
Und obwohl es für Judas schier unerträglich wurde, was sie seinem geliebten Herrn alles antaten, und wie sie seinen Rabbi schließlich mit dem schweren Querbalken seines Kreuzes zu Seiner Hinrichtungsstätte, wie ein Lamm zur Schlachtbank, trieben, blieb er auch hier im Verborgenen beständig an der Seite seines Meisters – in der letzten verzweifelten Hoffnung, es würde doch noch endlich das ersehnte Wunder eintreten und sein Meister sich in Beanspruchung Seiner göttlichen Macht und Hoheit dem allen entledigen.
(C)
Und wie flehte Judas da doch anhaltend zu Gott, dem Höchsten, es möge doch wenigstens Er endlich eingreifen und diesem grausigen Spiel ein Ende bereiten, wenn schon Sein Erwählter dazu aufgrund Seiner Sanftmütigkeit einfach nicht in der Lage war und einfach nicht erkennen wollte, was das Gebot der Stunde für Ihn gewesen wäre, endlich in Seine eigentliche Bestimmung zu treten, als der Messias Gottes die Macht zu ergreifen und all diese grausigen grölenden Widersacher des Höchsten ein für alle Mal vom Erdboden Gottes auszutilgen!
Doch all die inbrünstigen Gebete, die Judas nach oben schickte, blieben unerhört – als hätten sich die Himmel von ihm und ganz Israel endgültig angewidert abgewandt und sich für alle auf ewig verschlossen!
Als Jesus schließlich auf den Querbalken gelegt wurde, den Er selbst zu Seiner Hinrichtungsstätte hatte tragen müssen, und Ihm die handbreiten, fingerdicken schweren Nägel durch die Handgelenke getrieben wurden und Er schließlich an diesem Querbalken an Seinem Marterfpahl hochgezogen wurde, konnte Judas es nicht mehr länger aushalten und ertragen. Denn da war seine Hoffnung, Jesus oder dessen Vater in den Himmeln würde dem allem endlich doch noch ein Ende bereiten und sein Meister würde doch noch Seine Herrschaft ergreifen und Sein Reich aufrichten, schließlich vollends zerstört und erloschen!
Das war es also! Am Ende nichts! Nur Frevel, Tod und Verderben! Der Sieg des Bösen über alles Gute, der Triumph der Ungerechtigkeit über die Gerechtigkeit, die sich angewidert abwendete und dieser hoffnungslos verlorenen, ungerechten Welt keine Gerechtigkeit mehr bringen wollte! Alles verloren und aus!
Die Welt hatte bekommen, was sie verdient hatte: den Tod dessen, der sie hätte erlösen können! Gott ließ Ihn mit Seinem Heil sterben für die Welt, wie diese es gesucht und gewollt hatte! Und er, Judas, war wider Willen auch noch zum Überbringer dieses göttlichen Schiedsspruchs geworden, der unweigerlich Zorn und Gericht über Israel und alle Welt bringen musste, anstelle von Heil und Erlösung.
Denn war mit dem Grauenhaften, was hier nun geschah, nicht das gerichtsträchtige Schicksal aller Welt endgültig besiegelt?! Die Menschheit hatte ihren eigenen Erlöser gekreuzigt! Was konnte sie damit noch anderes erwarten, als völlige Vernichtung und Verdammnis auf ewig?! Und er, Judas, war auf dem Schachbrett Gottes als ein kleiner unbedeutender Bauer auch noch wider Willen zum Auslöser geworden, dass der strahlende König im Heer Gottes, den glänzenden Streitern für das Licht, mit der letzten Hoffnung, die allein auf Ihm lag, geschlagen werden sollte und fiel. Und mit Ihm alle Hoffnung auf Erlösung und auf ein Reich Gottes!
(D)
Judas fühlte sich darin aber auch vor allem von den falschen, verschlagenen Führern Israels belogen und betrogen. Und so stürmte er in den Tempel, in den Versammlungsraum des Sanhedrins, der zur Rechten des Vorhofs der Männer vor dem Heiligtum Gottes lag, wo der Hohe Rat eben tagte. Und er schrie sie alle an, die Hohenpriester und Schriftgelehrten und Ältesten Israels: „Das war so nicht abgemacht! Ihr habt mir zugesichert, dass Er einen fairen Prozess bekommt, in dem Er euch über Seine Mission Rede und Antwort stehen kann!“
„Haben wir Ihm dazu etwa nicht Gelegenheit gegeben?!“, entgegneten ihm da die Höchsten Israels: „Aber Er konnte ganz offensichtlich auf Tausend nicht eins antworten, so nachhaltig wurde Er durch alle gegen Ihn vorgebrachten Anschuldigungen überführt!
Und was hast du denn gedacht?! Dass wir diesen, der gegen Mose und den Tempel, ja, gegen Gott selbst, gelästert und uns als Satansdiener beschimpft hat, obwohl Er doch selbst im Dienst des Teufels stand, etwa schonen würden?! Mit keinem Wort haben wir dir in irgendeiner Weise etwas dergleichen zugesichert, sondern allein, dass Er gerechtes Gericht in unserem Urteilsspruch empfangen würde, wie es schließlich auch geschehen ist!“
„Ihr habt mich getäuscht und aufs Übelste hintergangen“, schrie da Judas völlig aufgelöst, „und mich dadurch dazu verleitet, euer Handlanger zu werden, unschuldiges Blut zu vergießen!“
Die höchsten Geistlichen Israels aber belustigten sich über ihn und verhöhnten den Judas: „Dann sollen wohl jetzt wir an deinem Verrat schuldig sein?! Nicht wir haben dich aufgesucht, sondern du selbst – aus gänzlich freien Stücken – uns! So hast du auch ganz allein die Verantwortung zu tragen für das, was deinem Meister nun widerfahren ist!
Was also geht uns denn dein Verrat an?! Da musst du schon selbst dafür gerade stehen! Denn du hast ganz allein von dir selbst aus beschlossen, Ihm abzuschwören und Ihn an uns auszuliefern! Wenn du dies nun am Ende, nach allem, was nun geschehen ist, wo Er nun doch eindeutig Seiner infamen Gotteslästerung überführt worden ist, aber doch wieder bereuen solltest und dies jetzt sogar als eine unverzeihliche Sünde ansiehst, weil du wieder rückfällig geworden bist, so magst du an deiner Freveltat sterben! Denn dann hast du nämlich auch nichts anderes verdient, wenn du jenen Irrleher nun doch wieder für den Messias Gottes hältst, dem du selbst doch aus eigenen Stücken abgeschworen und verraten hast! – wofür du dich von uns sogar hast auszahlen lassen!“
Da krümmte Judas, der sich von seiner untragbaren Schuld auf diese Weise nicht entledigen konnte, sich vor Seelenpein, so quälte ihn sein schlechtes Gewissen; und er warf die dreißig Silberlinge, die er für die Preisgabe seines Meisters erhalten hatte, den Ältesten Israels wieder vor die Füße. Denn er hatte seinen Meister schließlich keineswegs um dieses Lohnes willen an sie ausgeliefert! Und er wollte sich dies auch nicht von ihnen anhängen lassen, seinen Herrn um dieses schäbigen Blutgeldes willen aus Habgier verraten zu haben!
(E)
Dennoch peinigte ihn nun sein Gewissen so übermäßig, dass letztlich doch er allein seinen Meister an den Galgen gebracht hatte und für das grauenhafte Ende, das sein geliebter Rabbi genommen hatte, letztlich trotz allem doch ganz allein verantwortlich war, dass er es aufs Schmerzlichste bis in die tiefste Tiefe seines Herzens verspürte, dass er damit auch für sich selbst jedes Recht auf Leben verwirkt hatte.
Ja! Hatte er damit nicht sogar seine Seele unwiderruflich dem Satan verschrieben und war zu dessen Handlanger geworden, den Messias Gottes doch noch ans Messer zu liefern und auszutilgen, um Gottes große Heilspläne mit Ihm endgültig zu vereiteln?!
Aber warum hatte der Höchste dies alles nur zugelassen, dass er, Judas, solch einer teuflischen, diabolischen Täuschung erlag?! Er sah sich doch bis zuletzt von Gott selbst dazu berufen, Seinen Messias Seiner eigentlichen Bestimmung zuzuführen, endlich die Macht zu ergreifen und alle Widersacher Gottes zu vertilgen mit dem bloßen Hauch Seines Mundes, um alle Frommen Israels endlich aus ihrem Griff zu erlösen!
Aber nun war alles dahin! Jede Hoffnung auf Erlösung! Der Messias Gottes war gestorben! Und er, Judas, der seinen Meister mehr liebte, als sie alle, war auch noch schuld daran geworden!
Offensichtlich WOLLTE der Höchste Sein Volk nicht erlösen, sondern vielmehr, dass alle Kinder Israel über dem, was sie Seinem Gesalbten antaten, zugrunde gingen!
Sie wollten Seinen Sohn nicht! Also sollten sie auch keine Erlösung erfahren! Darum ließ der Höchste den, der ihnen die Befreiung bringen sollte, nun wohl schließlich auch durch ihre Hand sterben! Und so war dem ganzen Volk der Juden mit Seinem Tod auch jede Hoffnung auf Erlösung endgültig genommen worden! Und sie hatten es wohl auch nicht anders verdient! – wie sie alle noch bei Seinem jämmerlichen Verenden gehöhnt hatten: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“
Und auch er, Judas, hatte es offensichtlich nicht anders verdient: Denn er hatte Jesus, auch wenn dies niemals seine Absicht war, – im Gegenteil! – schließlich ans Messer geliefert! So war er, ohne es zu wollen, unter Fluch und Zorn und Verdammnis gekommen, bei der unsäglichen Schuld, die er durch seine über allem doch unverzeihliche Tat, auf sich geladen hatte, dass er diesen Jesus, welcher der Gerechteste unter allen Menschen war, in der Hoffnung, Er könne und solle Israel erlösen, ans Messer geliefert hatte!
So war über sie alle, vor allen über ihn, ewiger Fluch gekommen! Alle Hoffnung auf Heil und Erlösung war mit dem Tod dieses Einzigen, der würdig gewesen wäre, dies aller Welt zu bringen, auf ewig und für immer vertan und verloren! Und er selbst, Judas, war an Seinem Tod ebenso schuldig geworden, wie die, die von Anfang an nichts anderes als Seine Austilgung gesucht hatten! Denn als er seinen Meister an sie ausgeliefert hatte, hatte er das doch nur zu genau gewusst! Welcher Teufel hatte ihn da nur geritten, dass er dem Wahn verfallen war, dadurch seinen Meister in Seine eigentliche Sendung hinein-zwingen zu können?!
Wenn er seinen geliebten Rabbi nicht an dessen Widersacher ausgeliefert hätte, sondern in blindem Vertrauen auf den Höchsten, dass dieser noch alles zu Seiner Zeit recht fügen würde, an sich gehalten hätte, wäre vielleicht alles noch gänzlich anders gekommen! Aber so war nun die große Chance auf Erlösung für ganz Israel für immer vertan! Das Heil war auf ewig verspielt! Und ihn, Judas, traf mehr Schuld daran, als sie alle, da er doch schließlich wusste, dass Jesus der Heiland Gottes war, er aber, statt deshalb blind zu vertrauen, all das Furchtbare, was nun geschehen war, durch seine eigenwillige Intervention ins Rollen gebracht hatte! So kam er wohl doch ganz zurecht unter den ewigen göttlichen Fluch!
(F)
Und Judas spürte es schon regelrecht körperlich, wie es an ihm riss und zerrte und in ihm entsetzlich zu lodern und zu brennen begann, in furchtbarer Ahnung von dem, was darauf wohl noch alles folgen musste. Er war verflucht! Verdammt! Auf ewig verloren! Und ganz zu recht! – wie alle! – wie diese ganze Welt, die ihren eigenen Erlöser gekreuzigt hatte! Die Menschen – Juden, wie Heiden – hatten es darum wohl alle nicht besser verdient!
Dann aber, als der Himmel sich plötzlich tiefschwarz verdunkelte, Donner grollten und Blitze zischten, ja, sogar die Erde zu beben begann, als wäre das Jüngste Gericht angebrochen, da packte Judas das blanke Entsetzen. Überall, von allen Seiten, in den Menschen, die ihn wegen der Raserei, der er verfiel, unverwandt anstarrten oder aber sich auch über ihn belustigten und ihn verhöhnten, meinte er mit einem Mal diabolische Bestien zu erblicken, die sich an seinem Elend kichernd und gackernd weiteten. Auch fühlte er sich von tiefschwarzen Schatten unbeschreiblichen Grauens verfolgt, die nur darauf warteten, wie Aasgeier oder blutgierige Hyänen über ihn herzufallen.
Es gab für ihn kein Auskommen mehr, wohin es ihn auch trieb, als würde er von allen Seiten von einem verzehrenden Feuer immer enger eingekreist, dem er nicht mehr entrinnen konnte! Er hatte sich alles verscherzt, alles verspielt, alles verloren, und Israel, die ganze Welt und nicht zuletzt sich selbst um das Reich Gottes gebracht!
(G)
Und doch erschien ihm dies alles, trotz allem, wie ein furchtbar ungerechtes und unsäglich unbarmherziges göttliches Gericht! Denn ganz offensichtlich war doch von allen Uranfängen an Fluch über ihn, wie über ganz Israel und alle Welt verhängt worden! Und es gab einfach keinerlei Entrinnen, obwohl er doch nichts unversucht gelassen hatte! Gott wollte einfach nicht! – weder Israel, noch die Welt, noch ihn, den Judas, erlösen! Alle Hoffnung war dahin! Da war nun wirklich kein Rettungsanker mehr, und damit für Judas ein weiteres Fort-Leben völlig unmöglich geworden!
Ja, Salomo hatte ganz recht, der all diejenigen selig pries, die niemals überhaupt erst in Existenz gerufen worden waren! Wäre es ihm, wie allen, angesichts dieses furchtbaren Endes nicht besser gewesen, wenn sie alle erst garnicht geboren worden wären, da über sie doch schon längst von Ewigkeit her nichts als Zorn und Gericht verhängt worden war?!
So konnte Judas nur noch hoffen, dass mit der Beendigung seines erbärmlichen Lebens, wenn er selbst an sich Hand anlegen würde, diese grausige Hölle, die schon in seiner bloßen Existenz lag und ihn nun zu einer unerträglichen Qual geworden war und aus der es keinerlei Entrinnen gab, vielleicht ein Ende nehmen würde. Dass da dann gänzlich nichts mehr wäre: keine völlig zerschlagene Hoffnung mehr, keine peinigenden Schuldgefühle, kein Gewahr-Sein des ewigen Verdammt- und Verloren-Seins, aus dem es nach dem Urteil Gottes nach Seinem ewigen Ratschluss wohl keinerlei Entrinnen gegen sollte!
(H)
Und mit einem Mal wurde für Judas alles klar und leicht. Nichts war mehr da, was an ihm riss und zerrte und ihn inwendig zerfleischte, als er schließlich den festen Entschluss gefasst hatte, dem allen mit seinem Leben ein Ende zu machen. Als hätte ihn die ersehnte Befreiung mit dem fest gefassten Beschluss, sich das Leben zu nehmen, bereits eingeholt.
Und es stand ihm auch sofort deutlich vor Augen, wo und wie er Bilanz ziehen wollte: an dem Feigenbaum, den Jesus aufgegeben und auf ewig verflucht hatte! Hatte Er damit nicht – wie Judas jetzt erst sonnenklar wurde – bereits Gottes unabwendbares Urteil über Israel, die ganze Welt, sowie auch über ihn, den Judas, verhängt?! Verflucht! War es nicht Sein Schiedsspruch, dass alles verflucht sein und bleiben sollte, und, dass es keine Erlösung geben sollte?!
Da stieg in Judas nochmals ein allerletztes Aufbäumen, erbittertster Hass gegen Jesus, auf: Nein! Nicht er, Judas, hatte Jesus verraten! Sondern vielmehr hatte Jesus ihn und ganz Israel verraten! Und alles, was geschehen war, war nichts als die unweigerliche, unabwendbare Folge Seiner Verwünschung, Seines Fluches!
Darum erschien es Judas, in eisig verbitterter Erkenntnis, nur allzu recht und billig, dass er sich an eben diesem Feigenbaum erhängte, dem Jesus durch Seinen furchtbaren Fluch alles Leben und damit alle Hoffnung auf Erlösung eiskalt und unbarmherzig durch Seine Verwünschung entzogen hatte!
Ja, an dem wollte er sich erhängen: an diesem Baum, seinem »Bruder« und »Leidensgenossen«, der ebenso, wie er selbst, völlig unberechtigt verflucht und verdammt worden war!
So warf Judas den Strick über einen Ast des abgestorbenen Baumes und sicherte ihn, zog sich die Schlinge um den Hals und sprang den Abgrund hinunter, über welchen sich das verfluchte Baumgerippe erhob.
Doch auch dieses Fluchholz wollte ihn nicht tragen, so dass der Ast des gänzlich abgestorbenen Feigenbaumes brach, der noch zuckende entseelte Leichnam des Judas zwischen den Weinstöcken den Abhang hinunter stürzte und auf einem vorstehenden Felsen aufschlug, was den Körper des Entleibten aufriss, so dass sämtliche Gedärme aus ihm heraus-quollen.
(I)
Das also war das furchtbare, grausige Ende des Judas Ischarioth, der den Sinn der wahren Sendung Jesu Christi in diesem, seinen vertanen Leben so wenig erkennen konnte, wie er dies jemals aufnehmen wollte.
So blieb ihm nur dieses elende Verenden in völliger Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in einem qualvollen Verzehrt-Werden von den ewigen Feuern der Hölle. Denn da er einfach nicht verstehen wollte und darum auch nicht hören konnte, blieb ihm der Sinn von Jesu Leiden und Sterben auch gerade in den letzten Stunden seines Lebens verborgen, wo dies gerade auch ihm bereits Heil und Erlösung hätte bringen können!
Nachdem nämlich all die eigenen Hoffnungen des Judas gänzlich zerschlagen worden waren, wie der Höchste nach seiner Meinung das Heil hätte herbeiführen müssen, und er es darum unter dem Kreuz Jesu nicht mehr länger ausgehalten hatte, konnte er auch die letzten Worte des Sohnes Gottes nicht mehr hören, welche aller Welt über allem doch noch das Heil und die Erlösung bringen sollten – nämlich Jesu Gebet, das Er um den Preis Seines Lebens vor den Höchsten dargebracht hatte: „Abba! Lieber Vater! Vergib ihnen doch bitte allen! Denn sie wissen ja garnicht, was sie da tun!“, wie er auch Christi Sieges- und Triumph-Schrei vor Seinem Verscheiden nicht mehr hören konnte – in des Herrn tiefen Gewissheit, um Seines selbstlosen Opfers für alle so unverständige und verlorene Welt erhört worden zu sein: „Nun ist alles vollbracht!“
Doch wenngleich Judas, der dies alles, wie so viele seiner Zeitgenossen, noch nicht erfassen konnte und darum ohne jedes Wissen um die Hoffnung – selbst auch noch für ihn selbst – als ein hoffnungsloser Verdammter elendig verendete und starb, so wurde er doch nach Gottes Ratschluss und Willen noch vor dem Einbruch der Nacht von seinem Fluchholz genommen, da der Ast, an welchem er sich selbst erhängt und gerichtet hatte, gebrochen war – zum Hoffnungszeichen für alle, die unter ihrem selbst-verschuldeten Fluch verenden:
Der Fluch, unter den sich solche alle gebracht haben, soll nicht ewig andauern und währen, sondern irgendwann für jede noch so verlorene Seele noch ein Ende haben! – um dessentwillen, der selbstlos für alle, die ihn noch nicht erkannt und verstanden haben, allen Fluch auf sich genommen hat, dass irgendwann – um dieses unaussprechlichen Selbst-Opfers dieses einen göttlichen Erlösers willen – keinerlei Fluch mehr sei!
So richtete Judas sich selbst – aufgrund seiner Untüchtigkeit zum Glauben, dass der Herr über alles selbst ihm – wie so unzählig viele Andere von seiner Gesinnung – doch sogar noch in ihrer Unfähigkeit, das große Wunder des göttlichen Wesens und Wirkens zu erfassen, voll unaussprechlich tiefer Einfühlsamkeit sogar doch noch verstand und darum gerade auch für ihn, wie für alle, selbst gerade auch die Aller-Verlorensten der Verlorenen, Sein Leben zu lassen bereit war, auf dass wirklich restlos alle dermaleinst noch Erlösung finden sollten in Seiner unaussprechlichen Liebe!
Und doch war dieses schreckliche Ende des Judas unabwendbar, dass er durch seine eigene Hand das göttliche Gericht zu seiner späteren Läuterung erfahren musste, um über seine eigene Befindlichkeit schmerzlich ernüchtert zu werden, dass er ohne die unaussprechliche, unendliche Langmut und Güte seines Herrn hoffnungslos verloren war.
(J)
Als nun Judas die dreißig Silberlinge in den Tempel geworfen hatte, überlegten die Höchsten Israels, was sie damit machen sollten. Denn sie sagten sich, noch immer von ihrer eigenen Unbescholtenheit und Gerechtigkeit überzeugt: „Wir können es nicht dem Tempelschatz zuführen. Denn es ist Blutgeld!“
Als sie nun hörten, dass Judas sich auf dem Acker eines Töpfers erhängt hatte und der Besitzer den Abhang, an welchem sich Weinstöcke unter dem gebrochenen Galgen des Judas rankten, unbedingt los werden wollte, da er ihn wegen dem, was darauf geschehen war, für verflucht ansah, wie geschrieben steht: „Seine Lagerstätte werde öde, dass niemand mehr darin wohnen soll“, da sagten sie sich: „Nehmen wir doch das Geld dieses Verfluchten und kaufen damit den Acker, den er selbst sich als Hinrichtungsstätte erwählt hat. So soll sein Bluts-Lohn auf ihm selber bleiben.“
So erwarben sie mit den dreißig Silberlingen den Acker, über welchem Judas sich an dem abgestorbenen Feigenbaum erhängt hatte. Und sie sagten sich: „Dieser Acker ist verflucht. Sollen dort doch auch alle anderen Verfluchten verscharrt werden: Gottlose und Heiden, für die sich kein anderer Ort zur Bestattung findet, da niemand nach ihnen fragt, der für ihre letzte Ruhestatt aufkommen will.“
Deshalb kam jenes kleine Flurstück im Volksmund zu dem Namen »Akeldamach«, was da heißt: »Blutsacker«, weil er von Judas um das Blut Jesu Christi, des Erlösers aller Welt, erworben worden war.
Und auf ihm wurden alle begraben, die als Gottlose und Verfluchte galten, denen sonst niemand eine Ruhestätte gewähren wollte. Sie sollten ihre letzte Ruhe auf dem Acker finden, der mit dem Blut Jesu Christi erworben worden war. Dort sollten sie, verdammt von der Welt, jedoch keineswegs von Gott, ihren letzten Frieden finden.
Aber es kam auch Tag und Stunde, wo aus der Brust eines jeden dort Bestatteten ein neuer Weinstock hervor-sprossen sollte, und, wo auch der abgestorbene und bereits aufgegebene Feigenbaum, der schließlich mit der Axt geschlagen worden war, aus seinem erstorbenen Stamm wieder sprossen sollte.
So erfüllte sich die Weissagung des HERRN, die an Sacharja erging: „»Sie wogen Meinen Lohn ab: dreißig Silberschekel.« Da sprach der HERR: »Wirf ihn dem Töpfer hin: den ach so herrlichen Preis, den Ich ihnen wert bin!«
Denn sie werden das Geld für den Töpfer-Acker geben, wie der HERR es mich als prophetische Zeichen-Handlung ausführen ließ.“
Und ebenso erging auch eine Prophezeiung an Jeremia: „Kauf Mir Meinen Acker! Denn das Lösegeld ist erworben! Und dies habt zum Hoffnungszeichen! Denn es werden auch in diesem Land wieder Häuser, Felder und Weinberge erworben werden!“
So kam Gericht, wie es kommen musste – aber auch Gnade, wie sie um des Opfers dessen, der alles auf sich nahm, kommen sollte.