18-A: Gib Ihn doch in meine Schule!

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Als nun ein Rabbi aus Nazareth mit dem Namen Zakchäus von den Ältesten Israels hörte, dass ein überaus weiser und schriftkundiger Junge in seiner Gemeinde wäre (a), da suchte er Jesu Vater Joseph auf und bot ihm an, seinen zwölfjährigen Knaben bei sich in die Schule zu nehmen.

Und er sprach zu dem Zimmermann: „Mir ist zugetragen worden, dass du ein überaus gesegnetes Kind hast, mit außergewöhnlichem Verstand, das für Sein Alter schon unglaublich viel Weisheit und Unterscheidungsvermögen besitzt (b). Darum bitte ich dich: Gib Ihn doch in meine Schule! Ich will Ihm den tiefgründigen Sinn der heiligen Schriften erschließen (c).

Und da Er offensichtlich von unserem Synagogen-Vorsteher schon die hebräische Sprache zu lesen und zu schreiben gelernt hat, werde ich Ihn gern noch die griechische lehren (d). Denn Griechisch ist wahrhaftig die Weltsprache, derer sich selbst auch die Römer in aller Welt bedienen, da sie überall verstanden wird, wie es auch die Sprache aller wahrhaft Gebildeten ist, welche in den bedeutendsten hellenistischen Philosophien bewandert sind, die sich im ganzen Römischen Imperium größter Wertschätzung erfreuen.

Aramäisch, die syrische Handelssprache, die von hier bis nach Babylon und weit darüber hinaus gesprochen wird, beherrscht dein Junge schließlich auch bereits, wie alle Galiläer von klein auf.

Griechisch wird aber nicht nur im vorderen Orient, sondern in aller Welt gesprochen. Wenn du also nicht daran zweifelst, dass ein besonderer Segen auf deinem Sohn liegt, wie es dir schließlich sogar die Ältesten Israels bekundet haben (e), solltest du Ihn diese viel weitreichendere Ausbildung nicht verweigern, die Ihm später ungleich viel mehr Möglichkeiten eröffnet, als allein die Kenntnis des Schreiner-Handwerks.

Denn siehe: Auch die Juden in der Diaspora beherrschen die hellenistische Sprache. Und die Rabbiner haben bereits begonnen, unsere Heiligen Schriften für die Proselyten, die im ganzen Römischen Weltreich vom Heidentum zum Judentum übergetreten sind (f), ins Griechische zu übersetzen. Darum kann das Erlernen der hellenistischen Sprache niemals von Schaden, sondern wird deinem Jungen vielmehr von großem Nutzen sein.

Auch erschließt sich mitunter sogar beim Studieren unserer Heiligen Schriften eine gänzlich neue Sinn-Tiefe, wenn man sie nicht nur in ihrem hebräischen Urtext, sondern überdies vergleichend in ihrer griechischen Übersetzung liest. Denn auch diese wurde vom Geist Gottes inspiriert und bis in den Wortlaut hinein eingegeben (g).

Sicher ist dir bekannt, dass das Kernstück der Heiligen Schriften, nämlich die Thora, in Alexandria von siebzig ehrenwerten Pharisäern im Geist des Mose (h) in siebzig Tagen unabhängig voneinander wortwörtlich völlig gleich übersetzt worden ist, weswegen sie auch den Namen »Septuaginta« als die Übersetzung der »Siebzig« trägt. Dass diese siebzig Rabbiner aber den hebräischen Urtext alle gänzlich unabhängig voneinander völlig identisch ins Griechische übertragen hatten, war allerdings ein deutliches Anzeichen dafür, dass auch diese Übersetzung durch die Kraft Gottes hervorgebracht worden ist (i).

Darüber aber bin ich bemüht, den mir anvertrauten Schülern nicht nur das Lesen und Schreiben, sondern ihnen auch alle Überlieferungen unserer Väter einzuschärfen (j) und Sitte und Anstand beizubringen, dass man allen Erwachsenen und Älteren mit Respekt begegnen muss, wie überhaupt allen Geschöpfen Gottes in Barmherzigkeit und Liebe“ (k).

Als Joseph dies hörte, gefiel ihm das wohl. Denn er wusste, dass keineswegs jedes Kind gewürdigt wurde, von Rabbinern in die Schule genommen zu werden. Aber vor allem bot sich dem Joseph hier die Gelegenheit, Jesus eine pharisäische Ausbildung angedeihen zu lassen, ohne Ihn gänzlich aus der Hand geben zu müssen. Denn so konnte Jesus im Kreis der Familie bleiben und in dem Schreinerbetrieb Seines Vaters mithelfen und das Zimmermanns-Handwerk erlernen, und am Abend, nach ausreichendem Spiel mit anderen Kindern im Dorf, in der Synagoge unterweisen werden.

Auf diese Weise blieb dem Joseph sein Bub erhalten, der ihm so sehr ans Herz gewachsen war – mehr als seine eigenen leiblichen Söhne (l); und Joseph konnte im Blick behalten, ob diese Schule seinem Sohn auch wirklich gut tat.

Die Pharisäer waren nämlich für ihre schon ausgesprochen überzogene Strenge gegenüber ihren Schülern bekannt; und sie schreckten auch vor massiver körperlicher Züchtigung – unter Berufung auf die Schriften – nicht zurück (m).

Die meisten Eltern duldeten dies, da sie wussten, welche Möglichkeiten und Aufstiegs-Chancen eine rabbinische Ausbildung ihren Kindern in ihrem späteren Leben einmal eröffnen konnte und nahmen darüber die drakonischen Strafen, mit denen ihre Zöglinge mitunter erzogen wurden, in Kauf. „Schläge haben noch niemanden geschadet!“, war die allgemeine Ansicht: „Lieber einmal etwas zu viel, als zu wenig!“ Und wer wollte sich schon die erfahrene Gunst verspielen, wenn ein eigenes Kind solch einer besonderen Ausbildung gewürdigt wurde?!

Wie nämlich die Pharisäer das ganze Volk mit ihren unzähligen peniblen Gesetzes-Vorschriften drangsalierten (n), so lebten sie diese Möglichkeit, ihre Macht an den ihnen hoffnungslos ausgelieferten wehrlosen Kindern hemmungslos und ungehindert ausspielen zu können, dort erst recht mit höchster Wonne und Freude aus. Und es gab nicht wenige Kinder, deren Herzen unter dieser rigiden Unterdrückung gänzlich zerbrochen wurden, so dass in ihnen jedes Empfinden für sich selbst, wie auch für andere, und damit auch jedes Mitgefühl völlig erstarb und in diesen rabbinischen Schulen manche Kinder Gottes regelrecht zu Kindern der Hölle umgepolt wurden (o).

18-B: Wer ist der wahre Lehrer?

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Leider stellte sich heraus, dass auch dieser Rabbi aus Nazareth, der dem Joseph versichert hatte, er wolle nicht allein nur die griechische Sprache lehren, sondern vor allem auch zu Liebe und Barmherzigkeit erziehen, alles andere als liebevoll und barmherzig war (a).

Vielmehr war er ein wahrer tyrannischer Despot, der die ihm anvertrauten Kinder wegen absoluten Nichtigkeiten schwer drangsalierte, ohrfeigte oder mit dem Stecken schlug (b) – etwa, wenn sie nicht völlig sauber und anständig gekleidet zum Unterricht erschienen (c), was manchen Kindern aus einfachen Bauern-Familien schier unmöglich war, oder wenn sie etwas nicht sogleich aufnehmen und behalten konnten und es ihnen an nötiger Konzentration fehlte.

Am gefürchtetsten war seine bevorzugte Sanktion, bei der sie sich hinter ihrer Bank auf den Rücken legen mussten und ihre Unterschenkel auf ihren Sitzplatz legen mussten, wo der Rabbi ihnen dann mit seinem Stecken auf ihre nackten Fußsohlen schlug. So verbreitete dieser sogenannte »Lehrer« nichts als Furcht und Schrecken, weswegen viele der Kinder schon aufgrund ihrer Angst vor erneuter Bestrafung nicht in der Lage waren, irgendetwas aufnehmen zu können.

Jesus entging in der Regel diesen harten Züchtigungen – aber nicht allein darum, weil Er hellen Verstand und eine außergewöhnlich gute Auffassungsgabe besaß und stets absolut still und konzertiert alles scharf beobachtete, ohne sich auch im Mindesten von diesem pharisäischen Despoten einschüchtern zu lassen (d), wie all die anderen ihm hoffnungslos ausgelieferten Kinder, sondern vielmehr wegen dem Ernst Seines durchdringenden Blickes, der beständig auf dem Rabbi ruhte, ohne auch nur einen flüchtigen Moment von ihm abzulassen (e), und der besonders eindringlich wurde, wenn jener Lehrer begann, andere Schüler zu traktieren oder zu schlagen (f).

Dass dieser Knabe keinerlei Angst vor ihm zeigte, damit wusste der Rabbi nicht umzugehen, und, ja: das versetzte vielmehr diesen hochbetagten Pharisäer seinerseits selbst in Furcht und Zittern.

Denn jener Rabbi spürte deutlich, dass dieser außergewöhnliche Junge sich nicht von ihm brechen ließ und sich ihm nicht ergeben hatte, so dass sich vielmehr jener Lehrer ihm ausgeliefert fühlte, weil er ständig Seinem stechenden Blick ausgesetzt war, dem er nicht entfliehen konnte (g) und der in Ihm nicht nur große Verunsicherung, sondern sogar auch Schuldgefühle auslöste, da er sich im Angesicht dieser ständig auf ihn ruhenden Augen wegen seiner Engherzigkeit und Unbarmherzigkeit, wiewohl er sich diese nicht eingestehen wollte, doch selbst irgendwie überführt und entblößt, ja, regelrecht nackt ausgezogen vorkam, so dass er sich in irgendeiner Weise unwürdig und schmutzig fühlte (h). Und jener Meister wusste nicht, wie er diesem so tadellosem Schüler beikommen konnte.

Als dieser Rabbi schließlich alle Buchstaben des griechischen Alphabets eingeführt und seinen Schülern – im wahrsten Sinne des Wortes – eingebläut hatte, wollte er dazu übergehen, Gesetzes-Texte aus der jüdischen Thora in griechischer Sprache lesen und schreiben und Wort für Wort übersetzen zu lassen, sowie dann auswendig lernen zu lassen.

Im Vorfeld forderte er jeden Schüler auf, das griechische Alphabet auswendig aufzusagen und dabei alle griechischen Buchstaben auf seinem Täfelchen niederzuschreiben, wobei er jeden Fehler mitzählte; denn dafür gab es im Anschluss eine entsprechende Anzahl von Hieben auf die Fußsohlen mit dem Stock.

Als nun Jesus an der Reihe war, schwieg dieser und fixierte den Rabbi mit einem missbilligenden Blick, der dem Lehrer wieder eiskalte Schauer über den Rücken jagte (i).

„Was ist los?!“, versuchte der Lehrmeister seine eigene Verunsicherung durch seine spitze, fordernde Frage zu überspielen: „Du willst mir doch nicht erzählen, dass Du mir das griechische Alphabet nicht aufsagen kannst! Keiner hat die einzelnen Buchstaben so schnell aufgenommen und immer richtig wiedergeben können, wie Du!“

Da erklärte Jesus, ohne Seinen durchdringenden Blick von dem Rabbi zu lassen: „Was nützt die Kenntnis der einzelnen Buchstaben, wenn man ihren tieferen Sinn nicht erkennt und ihre spirituelle Bedeutung nicht erfasst und sie nicht alle in ihrem Wert zu würdigen weiß (j), noch ihren Geist erspürt? (k) Wie will man da erst ihr Zusammenspiel ergründen können?“

„Was meinst Du damit?“, versuchte der Rabbi den jungen Jesus in scharfem Ton einzuschüchtern. Denn er fühlte sich unmissverständlich von seinem besten Schüler in seiner Lehr-Befähigung in Frage gestellt (l).

Jesus erklärte: „Du hast uns bislang nur den Klanglaut der einzelnen Buchstaben gelehrt, jedoch nichts über deren Bedeutung vermittelt – noch von der Sinn-Tiefe, die in jedem einzelnen Buchstaben liegt.“

„Nun, wenn jetzt Du der Lehrer sein willst, dann kläre uns doch bitte auf!“ (m), forderte der Rabbi seinen Lehrling heraus; denn er hielt die Anfrage Jesu für völlig unsinnig und wollte seinen Schüler, der ihm unmissverständlich kritisierte, damit überführen und der Lächerlichkeit preisgeben, da seiner Meinung nach kein Buchstabe für sich allein irgendeine Bedeutung oder einen Wert haben konnte.

18-C: Die sichtbaren und die unsichtbaren Klänge Gottes

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„Nun“, begann Jesus, „zunächst fällt Mir auf, dass es in der griechischen Sprache für viele Laute ein Schriftzeichen gibt, die in unserer hebräischen Schrift nicht dargestellt werden. Aber gerade diese bei uns »unsichtbaren« Buchstaben sind es, die allen sichtbaren Buchstaben erst irgendeinen Klang verleihen und diese in Schwingung versetzen (a). Denn die sichtbaren Buchstaben sind nur in Verbindung mit den bei uns unsichtbaren Buchstaben aussprechbar.

Diese bei uns unsichtbaren Buchstaben sind beispielsweise »a«, »e«, »i«, »o« und »u«, die sichtbaren aber solche wie »m«, »n«, »k«, »l«, »r«. Gäbe es nur die sichtbaren Buchstaben, so wäre eine Verständigung kaum möglich (b), denn sie verleihen der Sprache für sich allein keinerlei Schwingung und Klang.

Die unsichtbaren Buchstaben dagegen machen es erst möglich, dass man auch die sichtbaren aussprechen oder etwa singen kann. Diese sind es im Eigentlichen, die, obwohl sie der unsichtbaren Welt angehören, erst der sichtbaren Welt Klang und Melodie und Harmonie verleihen, denn sie tragen in sich den Geist und das Leben und die eigentliche göttliche Schwingung; und jeder sichtbare Buchstabe kann nur in Verbindung mit einem unsichtbaren Buchstaben erst recht ausgesprochen werden (c). Da wird dann aus dem »m« ein »em« und aus dem »n« ein »en«, aus dem »l« ein »el« und aus dem »k« ein »ka«, wie aus dem »r« ein »er«.

Ebenso ist es mit jedem irdischen Wesen: Was von ihm sichtbar ist, ist für sich selbst seelenlos und tot (d). Erst in Verbindung mit dem Unsichtbaren, Geistigen aus Gottes ewigem Geist wird es beseelt und belebt (e), wie auch umgekehrt alles Unsichtbare erst in Verbindung mit dem Sichtbaren für uns wahrnehmbar und fühlbar und erfahrbar und greifbar und fassbar und verständlich wird (f).

So ist alles durchdrungen von dem göttlichen Geist (g); und erst die bewusste Verbindung alles sichtbaren Geschöpflichen mit dem unsichtbaren Göttlichen führt alles ins wahrhaftige Leben (h).

Ohne die Verbindung mit der Heiligen Ruach der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit aber bleibt alles seelenlos und tot, auch wenn es in der rein sichtbaren, materiellen Welt in Erscheinung tritt und dort lebendig wirkt (i).

Der göttliche Geist, der alles durchdringt und in rechte Schwingung versetzt: Er allein ist es, der alles erst wahrhaftig belebt: Der Geist Gottes und all Seine Geister, die aus Ihm ausgehen, um die irdischen Seelen zu begleiten und zu geleiten und in ihnen als innere Leitsterne in den Herzen Wohnung zu nehmen und sie auf ihrer Pilgerschaft ins göttliche Vaterhaus zu führen (j).

So gibt es die sichtbaren Buchstaben, die irdischen Seelen, und die unsichtbaren Buchstaben, die himmlischen Seelen, die sie zur göttlichen All- und Über-Seele von allem geleiten wollen (k). Und erst die Verbindung der beiden und ihr harmonisches Zusammenspiel versetzt auch alles Irdische in die rechte himmlische Schwingung und verleiht allem Leben.

18-D: Gott – das »Alpha« und das »Omega«, sowie die alles verbindende Kraft der göttlichen Liebe

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Hier aber sind nach dem griechischen Alphabet das »Alpha« und das »Omega« als der erste und der letzte Buchstabe die bedeutendsten Laute: wiederum solche, die in unserer Schrift nicht dargestellt werden und unsichtbar sind. Das »Alpha« steht am Anfang und das »Omega« am Ende aller Buchstaben im griechischen Alphabet (a).

Diese beiden Laute, das »A« und das »O«, verbinden alle Buchstaben. die bei uns sichtbaren, wie die bei uns unsichtbaren, und fassen so alles in sich zusammen: (b) An diesen beiden ist alles aufgehängt, sowohl das, was sichtbar, als auch das, was unsichtbar ist (c), wie die einzelnen Glieder einer Kette – von deren Anfang bis zu deren Ende – zusammengehalten werden von ihrem ersten und ihrem letzten Glied (d).

Und die Schnur, die all diese Perlen von Buchstaben zusammenhält: (e) sie ist – wie das erste und das letzte Glied der Kette, das »A« und das »O« – auch wiederum für sich selbst unsichtbar, inwendig hinter jedem einzelnen Buchstaben und Glied der Kette verborgen (f); und doch hält diese Schnur, die vom »Alpha« hin zum »Omega« verläuft, alles zusammen in Reih und Glied.

Das »Alpha« ist nämlich der Ur-Anfang und Ursprung von allem; und es zieht sich durch bis hin zum »Omega«, dem Ende und dem Ziel, der Vollendung von allem, wie auch umgekehrt das »Omega« bis hin zum »Alpha« zurück-reicht und alles vom Ende her erst mit Sinn erfüllt.

Denn nur vom Ende her und aus der Vollendung von allem wird alles, was nunmehr darauf bislang noch hinstrebt, erst verständlich (g). An diesem »Alpha« und »Omega« hängt also wirklich alles; und jedes einzelne Glied wird ebenso vom »A«, wie auch schon vom »O«, sowie in der Anfang und Vollendung verbindenden Kraft gehalten und getragen.

Darum bleibt ohne das Wissen um die Vollendung und das Ziel von allem auch alles konfus und unverständlich und erscheint völlig sinnlos. Ebenso kann aber auch niemand um das Ende von allem wissen, der nicht um den Anfang von allem weiß.

Wer aber den Ursprung von allem erkannt hat, braucht nach dem Ausgang von allem nicht mehr zu fragen: (h) Denn wer um das »Alpha« von allem weiß, der weiß auch um das »Omega« von allem; denn wie bei einer Kette der Anfang mit den Ende verbunden ist, so bildet auch der Anfang sowie die Vollendung von allem in sich eine unauflösliche Einheit, die alles trägt und begründet und verbindet und durchzieht (i) Das »Alpha« ist zugleich auch das »Omega« und das Erste ist so, wie das Letzte – wie umgekehrt die Vollendung ebenso, wie der Ur-Anfang, und das Ziel zugleich der Ursprung und Auslöser von allem ist

Dies aber ist die göttliche Allmacht, in der alles gründet, wie in Sie auch alles mündet, und die alles durchzieht und trägt und zusammenfasst und in allem gleichermaßen wirkt und gegenwärtig ist (j). Das »Alpha« und das »Omega«, obwohl für sich selbst unsichtbar und nicht darstellbar, durchzieht doch alles und trägt alles (k) und verbindet alles, erfüllt alles mit Geist und Leben und Sinn und ist in jedem sichtbaren Glied gleichermaßen präsent und wahrnehmbar und erkennbar (l) und als eine alles mit sich vom Ursprung zum Ziel führende Kraft allgegenwärtig (m).

Denn alles kommt von dem Einen und geht zu dem Einen, das Anfang und Ende von allem ist: die göttliche Christus-Liebe (n).

18-E: Erst im Universalen findet jedes Glied sein Leben

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Wer darum nicht um das »Alpha« und das »Omega« weiß, und was dies wahrhaft ist, erfasst und versteht garnichts. Das »Alpha« und das »Omega« von allem aber ist die göttliche Barmherzigkeit und Liebe. Aus Ihr geht alles hervor, zu Ihr strebt alles hin, durch Sie wird alles erst wahrhaftig mit Geist und Leben und Sinn erfüllt und Sie allein zieht alles ins wahrhaftige Leben (a). Ohne Sie bleibt alles für sich selbst leblos und geistlos und seelenlos und sinnlos und in sich selbst tot (b).

Die göttliche Barmherzigkeit und Liebe aber: Sie trägt und erduldet alles, Sie rechnet das Böse nicht zu, Sie lässt sich nicht erzürnen oder erbittern, Sie ist völlig uneigennützig und selbstlos (c), Sie nimmt sich aller an, Sie opfert sich auf für alle und gibt sich für alle hin (d), Sie sucht restlos alle, bis Sie ausnahmslos alle gefunden und wieder-gewonnen und heim-geholt hat (e) und jeden Buchstaben als ein unverzichtbares Glied wieder an Ort und Stelle in die allumfassende Kette eingefügt hat, die durch das Band der Vollkommenheit zusammengefügt wird: die göttliche Liebe (f).

Sie fügt alles wieder ein, was jetzt noch seinen wahren Ursprung und sein wahres Ziel, seine ureigentlichste Begründung und Bestimmung verkennt und darum an allem, wie auch an sich selbst vorbei-lebt und damit für sich selbst noch abgetrennt und abgeschnitten ist vom universalen Leben der allumfassenden Liebe (g) – und darum geist-, und seelen- und herz-los und leb-los und tot, sich selbst, wie allem entfremdet, entartet, verdorben, verkommen und darüber noch sich selbst und alles verkennend, nur selbstbezogen, selbstgerecht, selbstherrlich, aufgeblasen, undankbar und böse (h).

Jeder Buchstabe für sich allein ist nämlich wahrhaftig absolut nichts und für sich selbst gänzlich sinnlos, ob er nun der sichtbaren oder aber der unsichtbaren Gattung angehört. Erst im Zusammenschluss und Zusammenspiel mit allen anderen Buchstaben gewinnt auch jeder einzelne Laut und Klang erst seinen Sinn, in seiner Einbindung in die göttliche Harmonie und Schwingung, die das ganze All in himmlischen Chorälen durchspielt.

18-F: Nichts kann aus der universalen Liebesverbindung herausfallen

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Gleichwohl ist kein Buchstabe für sich selbst darum wertlos; sondern als ein Glied der ganzen Kette ist er unverzichtbar und unentbehrlich. Denn wo nur ein einziges Glied fehlt, da bleibt die ganze Kette zerrissen; und eine Kette ist immer nur so stark, wie ihr schwächstes Glied. Und solange nur ein Glied noch Mangel leidet oder gar noch fehlt, da hat der Verbund von allem daran noch zu leiden, weil er noch unvollständig ist (a), wie auch eine jede Botschaft fragmentarisch und schwer verständlich bleibt, wenn ihrer Sprache auch nur ein Klang und Laut und Buchstabe fehlt (b).

Darum auch kann letztlich nichts jemals aus dieser universalen All-Verbindung heraus-fallen (c), die im Anfang und im Ende von allem zusammengefasst ist; und alles muss und wird darum schließlich an seine ganz ihm entsprechende Stelle im universalen All noch eingefügt und eingebunden werden (d).

18-G: Allein die Erkenntnis solcher Liebe führt zu ebensolcher Liebe

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Ja, nichts kann aus der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit heraus-fallen! Und erst, wer dies erkannt und wirklich verstanden hat, wird von ebensolcher Liebe und Barmherzigkeit gegen ausnahmslos alles beseelt und erfüllt und von dem unbeirrbaren Verlangen bestimmt, alles wiederzugewinnen und in die große, universale Verbindung wieder einzufügen in hingebungsvoller Liebe (a) – zum Heil und Segen und Wohl und zur letzten Glückseligkeit und größten Freude aller (b).

Darum darf keine Seele als wertlos angesehen oder verachtet oder abschätzig behandelt oder gar lieblos niedergemacht oder unbarmherzig ausgeschlossen und verdammt werden, wie schlimm es gegenwärtig auch immer noch um sie bestellt sein mag und wie nachhaltig sie auch immer noch der Korrektur und rechten Ausrichtung bedarf (c). Und dies gelingt auch allein in Langmut und Geduld voller Nachsicht und Barmherzigkeit und Liebe (d).

Die aber schlägt und züchtigt nicht, wie Sie auch niemanden unter Druck setzt oder nötigt (e), sondern Sie lässt vielmehr jede Seele ihre eigenen Erfahrungen machen, so dass jedes Herz durch die inneren Konsequenzen und auswendigen Folgen seiner eigenen Taten Züchtigung erfährt, bis es schließlich darüber ernüchtert wird und zur Besinnung kommt (f).

Auch bringt die göttliche Agape selbst niemanden unter Fluch, sondern bringt vielmehr ans Licht, unter welchem Fluch sich eine jede herz- und lieb-lose Seele durch ihre eigene Bosheit und Niedertracht selbst gebracht hat (g), um sie so über ihre Abwege zu ernüchtern und über ihre schlimme Abirrung zur Besinnung zu bringen (h).

Ja, sie überführt alle und deckt wahrhaft alles auf und dringt wie ein Sezier-Messer bis in die tiefsten Tiefen durch, dem sich niemand erwehren kann, um das Üble vom Rechten abzuschneiden – und abzutrennen alles, was eitles Fleisch ist, vom göttlichen Geist: in eines jeden Seele Herz und in eines jeden Wesens Sinn“ (i).

18-H: Vernichtende Erkenntnis

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Als Jesus dies alles dargelegt hatte, da war jener Rabbi durch Jesu Worte zutiefst beschämt worden, da er wohl spürte, dass es ihm am Wesentlichsten, Entschiedensten fehlte: nämlich an Barmherzigkeit und Liebe (a). Und da er darauf nichts zu erwidern wusste (b) und Jesu durchdringenden, alles offen-legenden Blick nicht länger ertragen konnte (c), beendete er die Abendschule.

Und es setzte dem betagten Pharisäer wie inwendiger Wurmfraß zu (d), dass er sich selbst, in seinem Herzen inwendig überführt (e), eingestehen musste: „Ich dachte, in diesem Jesus einen neuen Schüler zu bekommen. Nun aber hat es sich erwiesen, dass Er vielmehr mein Lehrer sein müsste, ich aber dagegen bei Ihm in die Schule gehen müsste, obwohl Er noch ein Junge von eben zwölf Jahren ist, ich jedoch schon ein hochbetagter alter Mann! (f)

Welche Schmach und Schande käme da über mich, wenn Er weiterhin meine Unwissenheit über das eigentliche Wesen aller Dinge aufdeckt?! (g) Denn dieser Knabe setzt mir hart zu und ich bin Seinem schneidenden Verstand und Scharfsinn auch nicht im Mindesten gewachsen, dass ich Ihm auf tausend nicht eins antworten oder Seine Ausführungen auch nur im Ansatz widerlegen könnte (h).

Ich habe ja schon Schwierigkeiten, Ihm selbst überhaupt nur folgen zu können (i), so dass ich mich von Ihm auf vernichtende Weise in meiner absoluten Unwissenheit und Unkenntnis überführt erfahre, dass ich weder um Anfang und Ende weiß, noch darum, was alles in Wirklichkeit trägt und belebt und zusammen-hält (j).

Welcher Mutterschoß dieses Kind wahrhaftig im letzten ausgetragen hat und welche Muttermilch dieser Sprössling gesogen hat, weiß ich nicht (k). Kann dieser einer sterblichen Mutter entstammen?! – wo Er um den Ursprung und das Ziel, wie auch um den Sinn von allem weiß und zu reden vermag, wie kein anderer (l), dass Er das Feuer meines Eifers (m) gegen mich selbst entbrennen lässt, dass es mich selbst inwendig aufzehrt und sich selbst verschlingt und gar noch zum Verlöschen bringt! (n)

Wer also ist dieser? Ich weiß nicht, von woher Er kommt! (o) Und welches Wesens Schoß ist es, in dem Er immerfort ruht? (p) Mir scheint dies Kind nicht von dieser Welt zu sein! Denn wer ist Ihm gewachsen oder könnte Ihm widerstehen?! (q)

Am Ende ist Er ein Engel und Geistwesen in menschlicher Gestalt (r), ja, vor allen himmlischen Herrlichkeiten und überirdischen Gottes-Söhnen aus dem göttlichen Urgrund von allem selbst als der erste Ausfluss von allem hervorgegangen (s), gleichwie eine alles erzeugende Urzeugung aus sich selbst heraus, und der Ur-Erzeuger von allem selbst, ja, der Ewige selber! (t)

Am Ende liegen Seine Ursprünge jenseits aller Schöpfung und Welt (u) und Er selbst ist gegründet in dem ewigen Ursprung und Ziel von allem, und der Ursprung und das Ziel von allem selber! (v) Denn wie anders lässt sich das erklären, dass ich Seinen Anblick nicht mehr ertragen kann (w), noch die Worte, die Er spricht, die sich wie Schwertstiche bis in den Urgrund meines Herzens bohren?! (x) Ich kann Ihn nicht ertragen!“

18-I: Dein Sohn kann nicht länger mein Schüler sein!

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Darum ging jener hochbetagte Rabbi am folgenden Tag nach einer unsäglich langen schlaflosen Nacht, in welcher er sich auf seinem Lager hin und her wälzte, ohne Ruhe und Erholung finden zu können (a), zu Joseph und teilte ihm mit: „Dein Sohn kann nicht länger mein Schüler sein (b).

Denn Er spielt sich in einer Art und Weise geradezu als Lehrer auf, dass Er meine ganze Autorität untergräbt (c). Und Er ist darin derart geistgewandt und geschickt, das ich Ihn nicht zu belehren vermag (d).

Damit bringt Er aber alles durcheinander, ja, sogar schon mich selbst, so dass es mir unmöglich wird, in seinem Beisein noch irgendeinen vernünftigen Unterricht zu halten. Denn was Er von sich gibt, stellt alles in Frage, worauf unser ganzer Glaube begründet ist, worin wir unsere Gerechtigkeit vor Gott aufzurichten suchen! (e)

Ich will meine Schüler die griechische Sprache lehren, um sie auszubilden, bekehrten Proselyten unsere altehrwürdigen jüdischen Überlieferungen und all unsere Gesetzes-Bestimmungen zu vermitteln als einstige strenge, disziplinierte Rabbiner in der gottlosen Heidenwelt (f).

Dein Junge aber entlockt jener minderwertigen Sprache der Griechen weit mehr: nämlich, wie mir scheint, den heidnischen hellenistischen Geist, der auch viele gnostische Philosophen und Lehrer der gottlosen Heiden beherrscht (g). Und Er vermag dies in einer Weise darzustellen, dass der Eindruck entsteht, die Seele, welche die Sprache und Gedanken- und Vorstellungs-Welt der höchsten heidnischen Gelehrten beherrscht, wäre dieselbe, die im Eigentlichen auch unseren Glauben bestimmen würde und sollte (h).

Aber bei aller Nachsicht und Liebe: Da komme ich nicht mehr mit! Ich weiß nur von den Satzungen und Bestimmungen, denen wir nachzukommen haben (i), um uns die Gunst unseres Gottes, welcher der Allmächtige ist, zu erwerben und zu erhalten, damit wir bei Ihm nicht, wie die übrige gottlose Welt – verflucht ist sie! (j) – in Ungnade fallen und unter Seinen unbändigen Zorn und Grimm und unter Seinen Fluch und Sein Gericht kommen und am Ende auf ewig verstoßen und verdammt werden (k).

Darum auch müssen wir höchsten Gelehrten äußerste Strenge walten lassen, um jede Seele, die errettet werden will, in rechter Weise zu disziplinieren (l). Das ist der Weg! Das war er schon immer! Aber was dieser lehrt …

Es tut mir leid. Er bringt alles durcheinander! Denn von der geradezu gänzlich unverlierbaren göttlichen Gnade und Barmherzigkeit, von welcher dein Sohn spricht (m), ebenso wie die griechischen Philosophen, weiß ich nichts und ich kann Seinen überaus verführerischen, bestechenden Ansichten auch nichts entgegenhalten (n).

Gleichwohl spüre ich mit Entsetzen, wie Er damit alles zu unterwandern und zu zersetzen und umzustoßen versteht, was unsere ganze jüdische Religion ausmacht (o) und von den irrigen Überzeugungen der gottlosen Heiden abhebt – auf ewig verdammt seien sie! Sie alle! (p)

Darum kann ich deinen Jungen nicht länger im Kreis meiner Schüler dulden. Denn was Er von sich gibt: Ich kann und will es nicht länger ertragen. Solche Gedanken machen ja schon mir alles fraglich und stürzen alles um!

Soll ich denn mein ganzes Leben vertan und am Eigentlichen vorbei-gelebt haben?! Und was bleibt mir von dem, worauf ich mein Leben lang gesetzt und mit größtem Eifer und Fleiß mein Heil zu verdienen gesucht habe?! (q)

Wo könnte ich mich da noch bergen und gründen, wenn nicht mehr auf den Überlieferungen unserer altehrwürdigen Väter? Was bliebe mir da noch?! Ich würde ja ins Bodenlose fallen, ohne noch irgendwo Halt zu finden! (r)

Darum kann Ich Seine Worte und Seinen Blick nicht mehr ertragen (s). Er beginnt ja sogar schon mich selbst ganz durcheinander zu bringen und zu verunsichern! Wie sollte ich da noch meinen Schülern den rechten Weg weisen können, der von Urzeiten her unser Weg war, wenn jener schon mich selbst so zu verwirren versteht! Darum kann Er nicht in meiner Schule bleiben!“ (t)

18-J: Ein neuer, rechter Lehrer

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Doch siehe: Noch am selben Tag, als jener Rabbi den jungen Jesus aus seiner Schule entlassen hatte, wurde er von schweren Magenkrämpfen heimgesucht, die nicht mehr von ihm lassen wollten (a), so dass es ihm unmöglich wurde, seine Schüler weiter zu unterrichten (b).

An seine Stelle aber trat ein noch recht junger Rabbi der Gemeinde (c), dessen Geist und Sinn von den pharisäischen Lehren noch nicht gänzlich vereinnahmt und zersetzt und vergiftet war (d), da er sich ein aufgeschlossenes Herz bewahrt hatte (e), das sich noch nicht dazu hatte verleiten lassen, vorschnell alles Fremde gleich abzuurteilen und zu verdammen (f).

Jener junge Schriftgelehrte gehörte nämlich nicht dem übergestrengen Lager des Schammai an, sondern der weit milderen und liberaleren Schule des Hillel; und er war von dessen Enkel Gamaliel selbst einstmals ausgebildet worden (g).

Der suchte bald ebenso den Joseph auf und teilte ihm mit, dass er den Unterricht seines Vorgängers wieder aufnehmen würde und es auch erneut mit seinem Sohn Jesus versuchen wolle (h). Dieser junge Rabbi hatte nämlich noch geistlichen Durchblick und vermutete, dass jener alte Lehrmeister selbst einen Fluch über sich gebracht hatte, weil er Jesus aus seiner Schule verwiesen hatte, und an sich selbst Ausschluss erfuhr, indem er ausschloss (i).

Als nun jener neue Lehrer seinen Unterricht begann, atmeten alle Schüler auf. Denn dieser verzichtete gänzlich auf drakonische Strafmaßnahmen und war von Liebe und Einfühlungsvermögen bestimmt, wie auch aufgrund seines jungen Alters noch weit näher an der Gefühlswelt seiner Zöglinge. Auch zwang er seinen Schülern seine eigenen Ansichten und Einsichten nicht auf (j), sondern versuchte diese seinen Lehrlingen zu vermitteln, indem er alle im Geiste Hillels ermunterte, ihre eigenen Meinungen vorzutragen, um diese dann offen gemeinsam zu diskutieren und zu erörtern (k).

So forderte jener junge Rabbi bald auch Jesus auf, Seine Einsichten über die Bedeutung der griechischen Buchstaben nochmals vorzutragen, indem er zu Ihm sprach: „Ich habe von eurem bisherigen Lehrer gehört, dass Du, Jesus, der Meinung bist, dass das »Alpha« und das »Omega«, das am Anfang und am Ende des griechischen Alphabets steht, wenn ich es recht verstanden habe, ein Sinnbild für den Höchsten ist, den wir als den Allmächtigen, Allgegenwärtigen, All-Innewohnenden und letztlich alles Durchwaltenden und Tragenden und Bestimmenden verehren, der in allem der Erste und der Letzte und eigentlich Wirksame ist (l).

So bitte ich Dich, uns noch mehr von dem »Alpha« und dem »Omega« vorzutragen, was dies Deiner Meinung nach im Eigentlichen ausmacht und was Sein Wesen bestimmt.“

Da antwortete Jesus: „Das will Ich gerne tun. Denn wer das »A« und »O« von allem erfasst hat, dem erschließt sich darüber wahrhaft alles sinnig und stimmig. Und der kann sich darum dann auch vertrauensvoll in alles fügen, was er im Einzelnen und im Detail noch nicht versteht (m).

Das »Alpha« ist wie das »Omega« und das »Omega« wie das »Alpha«. Denn beides ist der, der zugleich der Ursprung wie auch die Vollendung und der Anfang und das Ende, der Ausgangs- und der Flucht-Punkt von allem und der Erste wie der Letzte, Eigentliche in allem ist – von allen Buchstaben, die vom dem »Alpha und Omega« umschlossen sind (n).

18-K: Das »Alpha« – die göttliche Dreieinigkeit

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Das »Alpha« besteht aus drei Linien, die im Kern ein gleichschenkliges Dreieck bilden, dessen Seitenlängen von gänzlich gleicher Art und von genau dem selben Maß sind, in sich alle drei völlig gleich: drei, die doch in allem vollkommen identisch und eins sind (a). Dies ist das »Alpha«, in dem alles begründet ist.

Ebenso ist es mit der Gottheit, die in sich selbst eins und unteilbar und der Ursprung von allem ist (b). Sie bestimmt einzig und allein das Wesen der Liebe; und in Ihr ist nichts als Licht, ohne jede Finsternis (c). Und obwohl die Allmacht in dieser Ihrer Natur allein von diesem Wesen vollendeter göttlicher Agape bestimmt ist, ohne dass es in Ihr irgendeine Abweichung von dieser unendlichen, grenzenlosen Liebe gibt (d), so bildet Sie doch zugleich eine Dreiheit, die uns auf zweifache Weise begegnet und von oben, von Ihrem Haupt her, wie es der Buchstabe »A« zeigt, in unsere unterste Welt hinein-reicht.

Es ist wie bei der Sonne: (e) Das Licht, das Sie ausstrahlt, lässt Sie uns erblicken und sehen (f); die Wärme, die Sie ausstrahlt, lässt sie uns erfühlen und erspüren (g). Beides, das Licht, wie auch die Wärme, sind die Ausstrahlungen Ihrer Energie, die alles beleben.

Das Licht und die Wärme sind also die beiden schrägen Linien des »A«, die aus dem Zenit aller Himmel in unsere Welt reichen. Sie sind aber ebenso Teil der Sonne, wie Ihr Zentrum, der Ursprung des Lichts und der Wärme selbst. Die Sonne, Ihr Licht und Ihre Wärme, bilden eine unauflösliche Drei-Einigkeit, wie die drei gleichen Seiten des Dreiecks, das im Zentrum des »A« liegt.

Und das Licht und die Wärme der Sonne, die in unsere Welt hinein-reichen und uns die Sonne sichtbar und spürbar machen, vermitteln uns die göttliche Wahrheit wie zwei von einander unabhängige Zeugen, die trotz der unterschiedlichen Form ihrer Bekundung doch ein einhelliges, in sich stimmiges Zeugnis ablegen, was uns erkennen lässt, dass deren Zeugnis wahr ist, wie denn geschrieben steht: »Das übereinstimmende Zeugnis von zwei unabhängigen Zeugen wird euch die Wahrheit künden« (h).

Das Licht ist die göttliche »Weisheit« und heilige »Achamoth«, die als inwendiges Licht aller Seelen Herzen über das wahre Wesen der göttlichen Gesinnung erleuchtet (i). Sie wirkt überall auf der Welt (j). Nirgends aber wird Sie so deutlich hervortreten und über den göttlichen Urgrund allen Seins Erleuchtung schenken, als wie in dem Verheißenen, dem Christus Gottes (k), in welchem die göttliche Weisheit wie in keinem anderen Propheten sichtbare und betastbare Gestalt annehmen wird (l).

In Ihm wird alle Welt Gott selbst nach Seinem eigentlichen Wesen und nach Seiner ureigentlichsten Natur im Herzen erkennen (m). In Ihm wird alle Welt den Höchsten und Ewig-Vater aller selbst erblicken, wie jedermann in dem Licht, das die Sonne ausstrahlt, nichts als die Sonne selbst erblickt (n).

Denn der Christus ist die ewige Ausstrahlung Gottes (o), das Licht der göttlichen Sonne für alle Welt (p). Denn wie das Licht und die Sonne, aus dem es ausgeht, eins sind, so auch Gott und Sein Christus, der aus Ihm hervorgeht und eingeht in die Welt (q).

Die lebensspendende Kraft und Energie der Sonne aber, die alles erwärmt und die göttliche Sonne im Herzen spüren lässt, das ist die »Heilige Ruach«, Sein »Heiliger Geist« (r). Diese Kraft Gottes belebt und entzündet alles und lässt alle Geschöpfe und Kinder Gottes, die von Ihr zum Glühen und Brennen gebracht werden, aufleben in der Liebe des Höchsten, aus der und für die sie dann fortan leben und weben und sind (s).

Beide, sowohl der Geist, als auch der Christus Gottes, vermitteln das selbe: die Heilige Ruach spürbar (t), der Christus Gottes darüber sichtbar und greifbar und betastbar: (u) nämlich die göttliche Liebe, deren Ausströmung Sie sind. Beide, der Geist und der Christus, führen und ziehen regelrecht, auch unabhängig voneinander, zum Abba und Ewig-Vater von allem (v).

Am durchschlagendsten, heilswirksamsten aber wirken Sie im Verbund, wo der Geist Gottes in Seinem Gesalbten und der Christus in Seinem Geist wieder-gefunden wird (w) und die alles umfassende Einheit erkannt wird von Vater, Geist und Sohn, wie von Sonne, Wärme und Licht (x).

Dort wird der Abba in Seinem alles durchwaltenden Wirken auch jenseits des Sohnes vernommen und erspürt im Geist (y), wie aber auch das allgegenwärtige Wirken des Geistes noch ungleich deutlicher sichtbar und greifbar in Erscheinung tritt und vernommen wird im Wirken des Sohnes (z).

Wer also vollauf erleuchtet ist, finden den Sohn und Christus Gottes auch jenseits Seiner sichtbaren, greifbaren, fassbaren Gestalt im Geist der göttlichen Barmherzigkeit und Liebe wirksam (aa), wie aber auch jeder, der diesen Geist wirklich schon erspürt und geschmeckt hat und von Ihm ergriffen worden ist, denselben wieder-entdecken und finden wird in dem Sohn und dem Christus Gottes (ab).

18-L: Das Omega»« – die allumfassende Gottheit

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Sobald aber etwas von diesem oder jenem, dem Geist oder dem Sohn, vernommen wird, so wird darin auch der Abba aller selbst gefunden (a), der zugleich Vater, wie Sohn, wie auch Geist in gleicher Weise ist (b), wie die drei in sich völlig gleichen Seiten des Dreiecks, welches das Herzstück des »Alpha« bilden, in dem alles begründet und beschlossen ist, wie darin auch alles seine letzte Erfüllung findet (c).

Denn das »Alpha« ist zugleich auch das allumfassende »Omega«, gleich einem alles umschließenden, in sich fassendem Kreis (d), der alles umarmenden wie umschirmenden, wie auch haltenden und erhaltenden göttlichen Abba-Liebe, aus der wahrhaftig nichts und niemand je herausfallen kann (e).

Jener in sich geschlossene Kreis des »O« ist nämlich in sich völlig vollendet und vollkommen, ohne jede Ecke und Kante, an der man sich stoßen oder verletzen könnte, wobei auch nicht mehr ausfindig zu machen ist, wo Sein Anfang und Sein Ende, Sein Ausgang und Sein Eingang, Sein Ursprung und Seine Vollendung ist, ob es nun der Vater aller ist oder Sein Geist oder aber Sein Sohn.

Denn diese Drei sind eins in völliger Einheit und damit Ein- und Derselbe, der Eine, der alles in allem und das Einzige ist. So bilden diese Drei, Vater, wie Sohn, wie Geist, in sich eine unauflösliche Einheit (f) und sind alle in gleicher Weise nichts als unaussprechliche Barmherzigkeit, wie gänzlich unverlierbare göttliche Liebe, die alles hervorbringt, alles erfasst, alles beseelt und alles umschließt.

Wo also liegt der Ursprung? Und wo findet sich das Ziel? Im Vater? Im Sohn? Im Geist? Wahrlich: in Ihnen allen, da Sie in Wahrheit eins und alle in gleicher Weise der Eine sind (g).

18-M: »ABBA« – der alles wirkende Sohn im Vater

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Wer aber das »Alpha« von allem erkennt, dass es der »Abba« aller ist (a), der erkennt auch das »Betha«, dass es der »Bar«, der »Sohn« des All-Abbas ist (b), der als erster sichtbarer Buchstabe aus dem allerersten unsichtbaren Buchstaben hervorgeht und alles, gleich einer Kettenreaktion, in Gang setzt, so dass ihm alle Buchstaben, die es gibt, folgen.

Das »A« steht für den »Abba«, dem Ur-Vater von allem, das »B« aber für den »Bar«, Seinen ersten und ursprünglichsten, Ihm in allem gleichen Sohn, der aus Ihm als allererstes hervorgegangen ist (c), gleich einer urgöttlichen Selbst-Zeugung aus sich selbst heraus (d).

Das »B« nämlich ist ebenso Teil des Namens »ABBA«, wie das »A«, ja, mehr noch: es bildet das Herzstück im Zentrum des Namens »ABBA« (e). Und in dem Namen »ABBA« findet sich auch das ganze Wesen und Wirken des göttlichen All-Vaters zum Heil aller Welt: (f) Denn das »A« wird zum »B« und das »B« wird wieder zum »A«; ebenso wird der Vater zum Sohn und der Sohn zum Vater.

Im Vater finden alle Heil und Erlösung, weil Er zum Sohn geworden ist (g); und im Sohn finden alle Heil und Erlösung, weil Er kein anderer, als der Vater aller ist (h). Und mit dem Sohn geht alle Schöpfung aus dem Schöpfer hervor (i); und in und mit dem Sohn geht alle Schöpfung wieder in den Schöpfer ein und in Ihm auf (j), so dass am Ende, in der Vollendung wieder alles eins wird, wie es darum auch zeitlos und von allen Ewigkeiten her war: (k) Gott alles in allem, und sonst nichts und niemand mehr (l). Allein nur die göttliche Liebe! (m)

Das ganze All in dem Sohn und dieser wiederum im Vater und der Vater selbst (n); und der Vater selbst im Sohn, und der Sohn in aller Wesen Herzen (o). Und so ist und wird letztlich alles eins (p).

Dies ist das große göttliche Mysterium: Das »A«, für sich unsichtbar, wird sichtbar im »B«, der »Abba« im »Bar«, der »Vater« im »Sohn« (q). Und in diesem allen wirkt der göttliche, alles Leben stiftende Geist (r). Das »A« wird zum »B« und das »B« führt alle Buchstaben mit sich wieder hin zum »A«, das damit das »Omega« von allem und mit Ihm identisch ist. Denn im ersten und letzen Glied wird die ganze Kette zu einem verbunden (s).

Und wem sich dieses Geheimnis enthüllt hat, der ist von jeder Angst und Furcht und Beklemmung für immer befreit (t), denn er weiß um den Ursprung, wie um das Ziel von allem (u), und dem erschließt sich auch in allem der Sinn von allem, auch schon in dem, was für sich allein gegenwärtig, nicht auf das Ganze gesehen, noch unverständlich ist und sinnlos erscheint (v).

Denn wer diese Drei erfasst hat, das »Alpha-Omega« und das »Betha« und das alles durchziehende geistliche Band der göttlichen Liebe (w), der kann sich vertrauensvoll, ja, glückselig in alles fügen und hineingeben, da er erkennt: Es ist alles hervorgebracht und getragen und durchdrungen von der göttlichen Liebe, wie auch unentrinnbar ausgerichtet auf die göttliche Liebe“ (x).

Und als Jesus dies alles ausführte, da waren alle, sowohl Sein junger Lehrer, als auch alle Schüler, von der schlichten Schönheit und der vollkommenen Makellosigkeit Seiner Lehre angetan und in ihrem Herzen zutiefst berührt (y); denn sie nahm ihnen alle Furcht und weckte in ihnen grenzenlose Hoffnung auf alles für alle und darin Zutrauen in allem: (z) dass sie sich auch in allem noch Unverständlichen, Unbegreiflichen doch vertrauensselig in alles fügen konnten, da einstmals noch alles für wahrhaft alle gut werden wird.

18-N: Nur einer kann Lehrer sein

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Und als der junge Rabbi daraufhin den Zieh-Vater Jesu aufsuchte, bekannte er dem Joseph: „Fürwahr! Gesegnet bin ich, einen solchen Schüler im Kreis meiner Zöglinge haben zu dürfen! Denn ich habe deinen Knaben zwar als Schüler übernommen, doch es hat sich erwiesen, dass Er wohl mehr Lehrer für uns alle ist (a). Denn Er ist gleichsam die göttliche Weisheit selbst, voller Anmut und Schönheit, die auch ich nur bestaunen kann (b).

Was gäbe ich dafür, wenn dies doch auch Sein ehemaliger Lehrer nur erkennen würde, den sein Unverständnis, das er nicht aufgeben will, nicht allein um seinen Verstand, sondern auch um seine Gesundheit gebracht und krank gemacht hat“ (c).

Als Jesus dies hörte, lachte Er beglückt und bekundete: „Du hast recht verstanden und es doch noch nicht wirklich vollauf begriffen, da du es noch nicht auch auf das »Hier« und »Jetzt« recht zu übertragen verstehst:

Auch, was deinen Vorgänger betroffen hat, ist keineswegs ohne Ziel und Sinn! (d) Denn nunmehr soll alles noch zur Frucht kommen, was bislang unfruchtbar war (e); und alle sollen noch sehen, die gegenwärtig noch blind und unverständig sind (f).

Dazu bin Ich nämlich von oben in diese Welt gekommen (g), um zu richten alles, was unrecht ist, um es dadurch zurecht zu rücken und zu bringen nach dem Willen Gottes, Meines Vaters, aus dessen Herzen Ich ausgegangen bin (h).

Darum vertraue nur! Dein Herzensgebet um deinen unverständigen Vorgänger ist schon längst erhört worden, ehe es als ein sehnsüchtiges Verlangen aus dem Urgrund deines Herzens und deiner Seele aufgestiegen ist! (i)

Denn in diesem Urgrund deiner Seele und deines Herzens äußert sich das anfangs- und endlose Ur-Verlangen und Bestreben des göttlichen Urgrundes von allem selbst (j), nämlich von der göttlichen All- und Über-Seele, die der letzte und tiefste Urgrund aller Seelen ist (k). Darum soll deine Fürbitte auch noch erhört werden.“

Und siehe: Tatsächlich wurde jener engherzige Rabbi noch am selben Tage wieder gesund (l). Er sah sich aber nicht mehr in der Lage, selbst weiterhin Schüler zu unterrichten, da für ihn alles, was er bislang für recht und billig gehalten hatte, fraglich geworden war (m).

So trat er in Berufung auf sein fortgeschrittenes Alter von seiner Lehrtätigkeit zurück und überließ den Unterricht – zur Erleichterung aller Schüler – jenem neuen überaus nachsichtigen und einfühlsamen jungen Lehrer, den alle Schüler bereits in ihr Herz geschlossen hatten.

Und weil dessen Unterricht von Liebe und Barmherzigkeit beseelt war, nahm sich Jesus auch wieder zurück und überließ dem jungen Rabbi das Unterrichten, zumal Er darum wusste, dass Seine Mitschüler noch nicht mehr zu fassen vermochten, als was ihr neuer Lehrer bereits begriffen hatte und allen zu vermitteln suchte (n).

Denn bei all den zu Herzen gehenden Worten Jesu hatten sie alle doch noch nicht zu fassen vermocht, wer Er selbst war; und Er erkannte auch, dass sie alle noch nicht bereit waren, die letzte Wahrheit von allem zu erfassen (o).

So lernte Jesus denn die hellenistische Sprache, was sich später sei Seiner Verkündigung in den heidnischen Gebieten von Dekapolis, wo man hauptsächlich griechisch sprach, sowie in Seiner persönlichen Unterredung mit dem Statthalter Pontius Pilatus (p) noch auszahlen sollte (q).