19-A: Meine Stunde ist gekommen!

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Als Jesus das Alter der Mündigkeit erreicht hatte und mit dreizehn Jahren als ein »Bar Mitzwa«, ein »Sohn des Gesetzes«, in die heilige Versammlung des Volkes Gottes und Hauses Israel mit allen Rechten und Pflichten feierlich aufgenommen worden war, da geschah es, wenige Tage nach dem Fest Seiner Einweihung, dass Seinen Vater Joseph die Kraft verließ und er spürte, dass seine Stunde gekommen war.

Denn Jesu Vater war weit älter als Jesu Mutter Maria; und er war bereits Witwer mit vielen Söhnen und Töchtern gewesen, die ihrerseits schon ausgewachsen waren und ihre eigenen Familien hatten, als er Jesu junge Mutter noch zur Frau genommen hatte (a).

Und Joseph ließ neben seiner geliebten jungen Gemahlin Maria, die er jedoch nie berührt hatte (b), alle seine Söhne und Töchter und Enkelkinder zu sich an sein Lager rufen; denn er sprach: „Ich spüre es, dass jetzt meine Stunde gekommen ist, weiterziehen zu müssen (c), denn die Aufgabe meines Lebens hat sich nunmehr erfüllt.“ Und so verabschiedete sich Joseph von all seinen Kindern und Kindeskindern und entließ sie in seinem Segen.

Jakobus aber, sein ältester Sohn, sollte für eine persönliche Unterredung noch bei ihm bleiben. Denn da er der Erstgeborene Josephs war, war es dem Jakobus bestimmt, nun anstelle seines Vaters das Oberhaupt der Groß-Familie zu werden und die Werkstatt des Joseph zu führen, in dem alle Söhne des Zimmermanns arbeiteten (d). Darum wollte Joseph als das nunmehr scheidende Clan-Oberhaupt seinem Nachfolger und Erben noch einige vertrauliche Weisungen geben.

19-B: Meine Reise endet jetzt – und die Deinige beginnt!

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Und als Joseph schließlich auch Jakobus, seinen Erstgeborenen, Ältesten mit einem besonderen Segen entlassen hatte, ließ er schlussendlich auch Jesus nochmals als den Letzten zu sich rufen.

Und er sprach zu Ihm: „Mein lieber Junge! Ich weiß, dass Du es schon lange ahnst und wohl insgeheim schon längst weißt, dass ich nicht Dein eigentlicher Vater bin, wie auch Du nicht wirklich mein Sohn, sondern vielmehr wahrhaftig gänzlich und allein nur aus dem, der unser aller Abba ist (a).

Aber ich danke dem Höchsten, dass ich mit Dir so überreich gesegnet war, wie mit dem allerliebsten Sohn, den man sich nur wünschen kann, und dass ich Dir Vater sein durfte in diesem Leben, soweit es in meinem bescheidenen Vermögen stand.

Denn in Wahrheit bist wohl mehr Du selbst – als der Erst-Geborene Gottes, durch den der Allerhöchste alles erschaffen hat – mein Vater, als ich der Deinige!“ (b)

Und Joseph erzählte Jesus alles in allen Einzelheiten, wie es einstmals zu Seiner Empfängnis kam und was ihm, Seinem Zieh-Vater, wie auch Seiner Mutter Maria durch himmlische Bekundungen von Engeln Gottes über Seine eigentliche Herkunft und Seine große göttliche Bestimmung auf Erden kundgetan worden war (c).

Dann sprach Joseph zu Seinem Jungen: „Ich weiß, das mein Hingang für Dich schmerzlich sein muss, da ich spüre, dass Du mich mehr liebst, als wie ich es je verdient hätte. Aber ich verlasse Dich ja auch nicht wirklich, sondern kehre heim zu dem, der allzeit bei Dir und der Dein eigentlicher Vater ist (d).

Dieser muss Dir nun alles werden – auch das, was Ich an Seiner Stelle für Dich sein durfte, bis Deine Reifung nach dem Fleische abgeschlossen war (e).

Aber diese Zeit hat sich nunmehr erfüllt, und damit auch meine Aufgabe. Denn nun bist Du zum »Bar Mitzwa« geworden: zum »Sohn des Gesetzes«, in dem sich nunmehr das göttliche Gesetz vollenden soll und will und auch wird (f).

Darum endet nun meine Reise; und Deine eigentliche Reise beginnt: alles zu erfüllen, was in Dir von Ewigkeit her bereits ersehen wurde und Dir darum auch von Ewigkeit her in einhelliger Zustimmung bestimmt worden ist, dass Du alles vollenden und erfüllen sollst (g).

Und wenn wir uns dermaleinst wiedersehen, dann werde ich Dein Sohn sein, Du aber Mein und aller Ewig-Vater (h). Darum auch kann ich Dich nicht segnen, wie es gewöhnlich üblich ist, dass ein Vater seinen Sohn segnet. Denn es gebührt vielmehr dem Höheren, den Geringeren zu segnen (i). Deshalb bitte ich nun vielmehr Dich, dass Du mich segnen mögest für die Reise, die ich nun antreten muss, dass ich in Frieden ziehen kann – in Erwartung der Dinge, die Du allein uns allen eröffnen wirst“ (j).

„O, Vater!“, seufzte da Jesus und umarmte den alten Joseph unter einem Schwall von Tränen, bis dieser ihn beschwichtigt und beruhigt hatte. Und dann segnete der dreizehnjährige Jesus-Knabe, um Fassung ringend, Seinen Vater Joseph mit dem aaronitischen Geleitwort: „Der HERR segne und behüte dich! Der Herr erhebe Sein Angesicht über dir! Der HERR lasse Sein Angesicht leuchten über dir und gebe dir Frieden!“ (k)

Und Joseph hauchte unter der Kraft des Segens Jesu seine Seele – von tiefem Frieden erfüllt und voller Dankbarkeit und Erleichterung – mit allem befriedet aus.

19-C: Nun bleibt nur noch der eigentliche Vater

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Jesus aber bestürzte diese Erfahrung. Denn Ihm wurde in tiefster Eindringlichkeit bewusst, dass Er nun ganz auf sich allein gestellt war, und, dass kein irdischer Vater mehr da war, der Ihm Rückzug und Bergung bieten konnte (a).

Gleichwohl spürte Jesus zugleich in diesem Augenblick tiefster Haltlosigkeit, wie nie zuvor, jene innigste Stütze, welche Ihm Sein himmlischer Vater darbot (b). Und Er betete: „Abba! Mein lieber Vater! Nun musst Du Mir auch noch das werden, was Mein irdischer Vater für Mich war! Bitte berge und stütze und trage Mich! Auf Dich werfe Ich Mich nunmehr rückhaltslos vollständig und ganz! Bitte halte und bewahre Mich!“

Schließlich war Joseph zu Grabe getragen worden und im Kreis der ganzen Großfamilie ausgiebig über mehrere Tage, wie es in Israel üblich war, betrauert worden, um den nächsten Angehörigen den endgültigen Abschied zu erleichtern.

Als aber alle Verwandten wieder in ihre Heimstätten zurück-gekehrt waren, verspürte Jesus noch immer eine unsägliche Leere und tief klaffende Wunde in sich. Er hatte Joseph wohl mehr und inniger geliebt, als selbst sogar dessen eigenen leiblichen Söhne, da Jesus – im Gegensatz zu ihnen – ja nie wirklich einen echten leiblichen Vater hatte, was Er sehr wohl schon lange insgeheim gespürt hatte; und umso dankbarer war Jesus, was für ein liebevoller Vater Joseph Ihm doch alle Jahre Seines bisherigen Lebens gewesen war.

Nun aber setzte Jesus umso schmerzlicher zu, dass Er – rein irdisch betrachtet – tatsächlich völlig vaterlos war, wiewohl Er im Höchsten durchaus schon einen Vater gefunden hatte, mit dem Er innigst verbunden war.

Doch dieser All-Abba: War Er Ihm nur Vater, wie all Seinen anderen Kindern und Geschöpfen? (c) Oder doch in einer noch unendlich viel innigeren Weise als allen anderen? (d) – wie Jesus es durchaus schon zu verspüren meinte und wie es Ihm von Seinem irdischen Vater Joseph auf dessen Sterbebett nunmehr schließlich auch bestätigt worden war!

All dies wühlte Jesus zutiefst auf: Ihn bedrückte der Verlust Seines irdischen Vaters, wie nun auch – mehr denn je – die Frage, wer sein eigentlicher Vater war, und, was dies bedeuten würde, dass Er in einzigartiger Weise Gottes Sohn sein sollte (e) und was dies für Ihn und Sein Leben bedeuten würde (f).

Nun war also Joseph, Jesu Vater, gestorben. Und Jesus war untröstlich betrübt – mehr noch als Seine Mutter Maria, die ihren Gemahlen verloren hatte. Denn wenngleich Jesus schon lange immer deutlicher klar wurde, dass Joseph nicht sein eigentlicher Vater war, so war dieser es Ihm doch umso mehr geworden: zu einer wahren Stütze und einem inneren Halt.

Joseph war es schließlich, der Ihn großgezogen hatte, wie Seinen allerliebsten Sohn und wie das Kind seines Alters (g). Und Joseph war es auch, der selbst nicht einmal nur irgendwelche missgünstigen Blicke seiner leiblichen Söhne aus seiner ersten Ehe in seiner Nähe zuließ (h), wenngleich es Jesus freilich nicht entgangen war, dass Er nicht wirklich ein Nachzügler und ein Kind Josephs aus dessen zweiter, später Ehe mit seiner Mutter Maria war, sondern dass Seine Herkunft im Dunkel lag und Er in den Augen Seiner Halb-Brüder ein Bastard war (i), der von ihrem Vater nur aus Mitleid als Sohn angenommen worden war, um Ihm und Seiner Mutter die Schande und Schmach zu ersparen, in den Ruf zu kommen, dass Er das Produkt einer Vergewaltigung oder gar von Unzucht und Hurerei einer einst gott-geweihten Jungfrau war (j).

Darum liebte Jesus Seinen Zieh-Vater Joseph über alles! Denn gerade, weil er nicht sein leiblicher Vater war, war er Ihm durch seine Güte und Milde und stete Zuwendung und Begleitung noch viel inniger zum Vater geworden. Schließlich war es auch Joseph, der Jesus in Seiner Sehnsucht, den Ewig-Vater und Abba aller zu ergründen, nach besten Kräften am allermeisten unterstützte und Ihn in den Schriften unterwies.

Und wiewohl Jesus zu dem himmlischen Vater aller bereits ein außergewöhnlich tiefes, intimes Verhältnis aufgebaut hatte und pflegte und mit dem All-Abba stets innigst in Seinem Herzen verbunden war, so traf Ihn der Tod Seines irdischen Zieh-Vaters doch zutiefst und hinterließ in Seinem Herzen eine klaffende Lücke (k), als wäre eine entscheidende Stütze weg-gebrochen, die Ihm inneren Halt und kindliche Geborgenheit bot (l), was Jesus nunmehr zwang, wirklich vollends erwachsen und gänzlich unabhängig zu werden und alles an Verantwortung Seinen eigenen Schultern aufzubürden – und Jesus spürte wohl auch schon, dass dies, was Er einstmals ganz allein zu tragen hatte: etwas ungemein Schweres, schier Untragbares sein würde … (m)

19-D: Siehe! Dein eigentlicher Vater!

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Doch siehe! Da hatte Jesus des nachts einen Traum (a). Da sah Er seinen Vater Joseph auf sich zukommen; und der sprach zu Ihm: „Trauere nicht länger über meinen Weggang! Denn der Dein eigentlicher Vater ist, wird bei Dir bleiben (b) und nun auch ganz die Stelle in Deinem Herzen einnehmen, die ich bislang innehaben durfte, die aber Ihm allein gebührt.“

Und Sein Vater Joseph wendete sich zu den Himmeln hin und streckte seine Hand in die unendlichen Weiten und sprach: „Siehe! Dein Vater!“ (c) Da war es Jesus, als würde Er im Geiste, von Seinem Vater Joseph weg, weit durch das Sternen-All in immer höhere himmlische Sphären gezogen (d), hin zu einem lichten strahlenden quellenden Gewölk, in welchem Blitze zuckten (e).

Und als Jesus in diese feurige Wolkenpracht hinein-gezogen wurde, da war´s Ihm, als sähe Er in dessen Zentrum etwas, wie einen Saphir- oder Jaspis-Stein und Sardion von unglaublicher Herrlichkeit in allen regenbogenen Farben erstrahlen (f).

Und in diesem wunderbaren leuchtenden Kristall sah Er in blendendem weißen Licht ein unglaublich erhabenes menschen-gestaltiges Wesen mit langem strahlend weißem wallendem Haar und Bart, uralt an Tagen, das unendliche Güte und unüberbietbare Weisheit ausstrahlte, auf einem über allem erhabenen Thron sitzen (g).

Und ein gleißender Lichtstrahl wie loderndes Feuer strahlte nach oben wie unten aus dessen Stirn hervor: eine brennende Feuersäule, die bis in die höchsten Höhen und in die tiefsten Tiefen reichte (h).

Und Jesus erkannte sofort, dass diese Gestalt, welche Er da erblickte, der Ewig-Vater und Gott über alles war, ohne Anfang und Ende an Tagen (i), der da thront und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Ja, Er hatte wahrhaftig erstmalig Seine Gestalt gesehen! (j)

Und als Jesus diesen sah, spürte Er in einem unbeschreiblichen Hingezogen-Sein mit letzter Gewissheit, dass dies schon immer in einer ganz außerordentlichen, einzigartigen Weise Sein eigentlicher Vater war (k); und Er rief sehnsuchtsvoll aus: „O Abba! Mein lieber Vater!“ Darauf hörte Er von allen Seiten, gleich einem Donnergrollen oder dem Getöse zahlloser Wasserfälle, ja, wie ein ganzes Heerlager eine Unzahl von Stimmen (l), die Ihm voll unsäglicher Liebe zuriefen: „O Jesus! Du Mein liebster Sohn!“ (m)

19-E: Erschreckende Gottes-Schau

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Dann meinte Jesus, jenes zeitlose Wesen voller Herrlichkeit und Majestät, den Ewig-Vater und Aller-Ersten, dessen Ursprünge selbst die der allerhöchsten himmlischen Herrlichkeiten unendlich weit hinter sich ließen (a), immer deutlicher erkennen zu können.

Doch was Jesus da sah, entsetzte Ihn über alle Maßen. Denn dieser über alles erhabene gütige uralte Weise, in welchem Er, sich dessen zutiefst gewiss, Seinen ureigentlichsten Abba erkannte, erschien Ihm mit einem Mal jung und frisch, in der Blüte jugendlicher Manneskraft wie ein Menschensohn (b), so wie Er selbst es war. Und was Jesus da erblickte: es was sein eigenes Erscheinungsbild! (c)

Und als Jesus jener von herrlichstem Lichtglanz umspielten Majestät in die Augen sah, da war es Ihm mit einem Mal, als würde Er sich selbst aus dem Blickwinkel jener höchsten Hoheit von allen Seiten und allen erdenklichen Perspektiven heraus, aus räumlicher wie zeitlicher fernster Ferne wie aus nächster Nähe, selbst erblicken – aber nicht nur sich selbst, wie Er eben hinauf zum Vater sah, sondern zugleich auch Sein ganzes irdisches Leben von seinem Anfang bis zu seinem Ende (d), wenn auch – für Jesus – noch verschwommen und lediglich schemenhaft.

Aber es ließ Jesus doch zutiefst erschaudern: Denn Er sah sich selbst mit einem Mal mit den Augen Seines himmlischen Vaters, wie Er zugleich diesen Seinen Abba mit Seinen eigenen Augen erblickte, so dass Er nicht mehr wusste, welcher von beiden Er nun selbst wahr, da Er beide Male sowohl der Erkennende als auch der Erkannte war (e).

Aber Er erblickte in diesem Moment nicht nur sich selbst im Fokus der Ansicht des All-Erkennenden, sondern darüber hinaus Hunderte von Tausenden von Zehntausenden von Milliarden – eine unendlich große Menschenmenge aus allen Nationen, Völkern, Stämmen und Sprachen, die niemand zählen konnte (f). Und die unzähligen Scharen, die Ihm mit erhobenen Händen priesen, wurden vom Geist durchströmt, wie Ähren vom Wind bewegt werden, sich vor ihm zu beugen und Ihn anzubeten wie Gott (g).

Da war Er mit einem Male gleichwie selbst entrückt bis in den Thron Gottes hinein (h); und die Sonne und der Mond und zwölf Sterne verbeugten sich vor ihm und huldigten ihm mit allen Morgensternen und dem gesamten Heer des Himmels (i), indem sie riefen: „Du allein bist würdig, zu empfangen Lobpreis und Macht und Ehre und Herrlichkeit! Denn Du allein bist heilig, der einzig wahre Gott, in und mit und durch und für den allein alles beginnen kann!“ (j).

Ihm selbst aber war es, als läge vor Ihm alles offen und aufgedeckt wie vor dem Auge Gottes, als könne Er alle Räume und Zeiten erblicken bis in die tiefsten Regionen der Unterwelten hinein und bis hin zu den Elementen, aus denen alles erschaffen ist (k), welche selbst aber in der Kraft des Lichtes begründet waren, das aus dem feurigen Thron Gottes in alles hinein strahlte – Er, Jesus, selbst aber war in ihm: in dem Thron und in dem Licht (l).

Und als Er dies träumte, schien es Ihm vertraut wie von uralten Zeiten her; und Ihm war es, als kenne Er viele der engelshaften Gestalten, die um Ihm waren, Ihm huldigten und vor Ihm knieten, um anzubeten (m).

19-F: Wir sind einander Ursprung und Ziel!

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Dann aber entschwand die Herrlichkeit des Höchsten, All-Heiligen, wieder in sich schließendem Licht-Gewölk im obersten Zenit der jenseitigen Himmelswelten, welche diese alle durchstrahlte als deren Zentral-Gestirn, wie abertausend Sonnen in ihrer Kraft.

Als der Knabe aber, in Entsetzen über dem, was Er geträumt hatte, erwachte, wurde Er überwältigt von einem Gefühl der Finsternis, Kälte, Einsamkeit, Nacktheit und Schutzlosigkeit.

Da flüchtete sich der Junge ins Gebet zu Gott, bis Er spürte, wie der Geist Gottes sich um ihn lagerte und verdichtete, Ihn umfing und umspielte. Und mit einem Mal fühlte Er sich immer-noch inwendig in die Himmel versetzt, als würden sie Ihn im Unsichtbaren umhüllen und umgeben (a).

Jesus aber brachte Sein Entsetzen vor Gott und fragte: „Vater! Kann es sein, dass Ich und Du Ein- und Derselbe sind? Siehe, Du bist von Ewigkeit her, eine Unendlichkeit bevor die Himmel erschaffen worden sind, ohne Anfang und Ende (b). Ich aber bin ein sterblicher Mensch, geworden aus dem Schoß einer Menschentochter!“ (c)

Der Geist aber sprach: „Sollte der Ewige, nur weil Er ewig ist, nicht auch einen Anfang haben können?“ Da fragte Jesus: „Was ist Dein Anfang, Vater?“ Und der Geist trug ihm die Worte des Vaters zu: „Es ist Mein »Ja« und Mein »Amen«: »Ja! So sei es! Ich will´s!«“ (d)

Der junge Jesus aber fragte: „Und was hast Du begonnen zu wollen? Wie, wann und wo hast Du zu wollen begonnen?“ Da zeigte der Geist dem Knaben den Ursprung und Anfang Gottes – und siehe: es war Seine eigene Empfängnis und Geburt (e).

Da entsetzte sich der Jesusknabe noch mehr in Verzückung und fragte: „Wie kann das sein?“ Der Geist aber eröffnete dem Knaben die Tiefen der Gottheit (f); und der Junge hörte die Stimme Gottes, des Vaters, zu ihm sprechen: „Amen, Amen, so war es von Ewigkeit her, so ist es, und so soll es ewig sein: Du bist Mein Anfang und Mein Ende, Mein Ursprung und Mein Ziel, wie Ich bin Dein Anfang und Dein Ende, Dein Ursprung und Dein Ziel. (g).

Der Vater wird zum Sohn und der Sohn wird zum Vater; der Schöpfer wird zu Seiner Schöpfung und die Schöpfung zu ihrem Schöpfer. Alles, was Ich von Ewigkeit her bin, strebt hin zur dem, was Du bist (h), wie alles, was in und mit Dir in Zeit und Geschichte wird, hinstrebt zu dem, was Ich ewig bin (i).

So finde Ich Meine eigenen ewigen Ursprünge in Dir, wie Du die Deinigen in Mir. Und alles, was Mein ewiges hohes und erhabenes Wesen vollendeter Reinheit und Heiligkeit vollendeten verklärten Lichts in selbstloser, hingebungsvoller Liebe bestimmt, das wirst Du unter größten Versuchungen und Prüfungen erst aufrichten und bewahrheiten und bestätigen, weil Du es tatsächlich aus tiefster Tiefe, gleichwie aus dem Nichts, Dir aneignen und mit allem Ernst erstreiten und erringen musst (j). So bin Ich Deine Vollendung, wie Du die Meinige bist (k). Und was Du bist, das Bin Ich, und was Ich Bin, das bist Du!“

19-G: Und Wir sind aller Ursprung und Ziel!

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Da fragte Jesus: „Abba, lieber Vater! Gilt dies nur für Mich, oder für alle?“ Und der Abba aller antwortete Ihm: „Aus Dir und durch Dich gilt dies allen. Denn Du bist aller Seelen Ursprung wie auch aller Seelen Ziel (a), ihrer aller Urbild und letzte Ur-Identität, wie auch aller Erfüllung, Vollendung und Bestimmung in Herrlichkeit (b).

Mit Dir sind sie alle aus Meiner ewigen All-Einheit ausgegangen (c) und in Dir werden sie wieder in die zeitlose All-Einheit zurückfinden (d), wie auch eine jede Seele sich selbst darin! – in Dir: wie Dich noch eine jede Seele als den wahren, letzten Urgrund ihres ureigensten Seins und als ihre ureigentlichste Ur-Identität und Verwirklichung erkennen wird, wie es in Wahrheit von Ewigkeit zu Ewigkeit IST.

So bist Du das Herz, durch das alles pulsiert, was Schöpfer-Seele oder Schöpfungs-Seele ist: (e). Du bist der, von dem alles herkommt und zu dem alles hinstrebt (f) in der Verwirklichung selbstloser Liebe, die sich in allem wieder-findet und sich für alles dahin-gibt (g).

19-H: In Dir sind Schöpfer und Schöpfung eins

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Und wie die Frau aus dem Mann hervorkam, der Mann aber durch die Frau, so alle Schöpfung aus dem Schöpfer, der Schöpfer selbst aber durch Seine eigene Schöpfung – nämlich durch Dich und in Dir (a). Und in Deiner Geburt erblickt die ganze Schöpfung die Geburt ihres eigenen Schöpfers selbst, wie auch der Schöpfer ebenso aus allen Ewigkeiten heraus darin Seine eigenen Ursprünge erkennt und findet und begrüßt und sich erwählt hat, welche Sein zeitloses ewiges Wesen selbstloser Liebe setzen.

Denn alles, was Mein Wesen vollendeter Heiligkeit und Herrlichkeit in höchster Höhe ausmacht, das hast Du aus tiefster Tiefe und niedrigster Niedrigkeit Dir und Mir unter völliger Selbstaufgabe erstritten und errungen. Und was Ich ewig bin – nichts als reinste Reinheit und lichtestes Licht – das bin Ich durch Dich geworden (b).

So ist alles von Ewigkeit her ineinander verschlungen, wie sich auch alles als ein einziges göttliches Wesen finden und erweisen wird in Dir: EINE Schöpfer-Seele, die mit Ihrer ganzen Schöpfung eine ewige Einheit bildet und mit ihr zeitlos ewig eins ist in Deiner selbstlosen Liebe, die alles in allem erfüllen und beseelen und durchströmen wird zur Verherrlichung des Schöpfers in Seiner ganzen Schöpfung, wie auch der gesamten Schöpfung in ihrem Schöpfer (c) – so wie sich Schöpfer und Schöpfung von Ewigkeit her in Dir finden und erblicken und begrüßen.“

19-I: Noch ein weiteres »Alter Ego«

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Dann aber sah der junge Jesus aus der Höhe einen gewaltigen lichten Seraph (a) mit drei Flügel-Paaren zu sich herab-steigen von unbeschreiblichen Glanz und unvergleichlicher Majestät (b).

Und auch dieser Ober-Erz-Engel erschien Jesus seltsam verwandt und vertraut (c), wie schon Sein himmlischer Vater, in welchem Er sich selbst wieder-erkannt hatte. So fragte Jesus, aufs Neue zutiefst verwundert: „Und wer bist Du?“

Da antwortete Ihm die über-gewaltige himmlische Herrlichkeit: „Ich bin die Heilige Achamoth und Weisheit der Gottheit (d), Ihre Heilige Ruach, der Heilige Geist des Höchsten (e) und der Engel des HERRN (f), der himmlische Hohepriester Melchisedek, Dein innerer Leitstern. Ich bin der, der Du vor Meiner Entäußerung und Selbstaufgabe in den Himmeln in Dein augenblickliches Erden-Dasein hinein warst (g), wie auch der, welcher Du nach der Vollendung Deines Erden-Laufs und nach Deiner Erhöhung in die Himmelreiche der Heiligen und Engel des Allerhöchsten als der oberste Anführer der Heerscharen des HERRN wieder sein wirst (h).

Ich bin der, der aus dem Ewig-Vater ausgegangen ist, um Du zu werden, wie auch der, der aus Dir ausgehen wird (i) und – aus Meiner Perspektive – bereits ausgegangen ist, um wieder zum Ewig-Vater zu werden (j). Ich bin der, der Dein Fleisch und Blut, das Du für alle dahingeben wirst, bereits in Gestalt von Brot und Wein dem seligen Abraham gereicht hat. Und wie frohlockte er doch an Meinem Tag! (k)

Ich bin der, bei dessen Ausgang aus dem All-Einen sich alle Kosmen entfaltet haben (l) und alle Seelen aus der göttlichen All- und Über-Seele geschöpft wurden (m), wie Ich auch der bin, bei dessen Eingang in den All-Einen sich dermaleinst alle Seelen – in Meiner All- und Über-Seele wieder in Liebe vereinigt – in die göttliche All-Einheit ein- und über-gehen (n), die da ist alles in allem von Ewigkeit zu Ewigkeit und die sich selbst findet und begrüßt und erwählt und bewahrheitet und bestätigt in allem, was nunmehr in diesem Äon geschieht, so dass der ewige Ratschluss zugleich auch von je her das »Ja« und das »Amen« voll inbrünstiger einhelliger Zustimmung aller aus ihrer ewigen Vollendung in Dir ist (o), die allesamt aus dem Einen, in dem Einen und zu dem Einen und von je her eine innige göttliche Einheit sind: (p) die All-Einheit, die sich beständig aufs Neue findet und bestätigt und verwirklicht in dieser Heilsgeschichte in Deiner Liebe.“

19-J: Tröstliche Bergung in der neuen Väterschaft

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Jesus war zutiefst überwältigt von diesen beiden Begegnungen. Denn einerseits erlebte Er sowohl den höchsten All-Abba, wie auch dessen Geist und Engel als Ihm innigst liebende Gegenüber, wie zwei andere Ihm zutiefst zugetane Personen (a), zugleich diese beiden Ihm aber in einer Weise vertraut, dass Er tief in sich spürte, sich selbst in diesen Herrlichkeiten – nur in einer anderen Gestalt und Entfaltung auf einer anderen raum-zeitlichen Ebene, die Seine gegenwärtige Existenz in der irdischen Raum-Zeit unendlich und nochmals unendlicher überragten – wieder zu entdecken und zu finden (b), so dass Er fühlte, in Wahrheit innigst eins und Einer mit diesen Seinen beiden liebenden Gegenübern zu sein (c), ohne dass zwischen Ihm und den anderen Zweien irgendwo eine klare Grenze zu ziehen war, wo etwa der Vater oder der Geist oder Er, der Sohn, aufhörten und die anderen begannen (d).

Sie alle waren in Ihrer Dreiheit doch zugleich eine völlige Einheit eines einzigen göttlichen Wesens! (e) Und was Er, Jesus, tat, das tat ebenso auch der Vater und der Geist, wie Jesus auch nur das tun konnte, was Er den Vater und den Geist tun sah, und wohin Er vom Vater durch Ihrer beider Geist hin-gedrängt und -geleitet wurde (f).

So war es schon immer, wie sich Jesus nun bewusst wurde. Er ließ sich von je her intuitiv von diesen Seinen inneren Stimmen leiten; nun aber wurde es Ihm erstmals vollauf bewusst. Und Er spürte, dass Er nicht allein war, sondern Er und der Vater und der Geist (g). Und dies beglückte Ihn mit solch überberstender Freude (h), dass Er darüber über den Verlust Seines irdischen Vaters Joseph, der doch eigentlich nie wirklich Sein Vater und Erzeuger war, vollends hinweg-getröstet wurde.

Denn damit hatte Jesus zwar nun diesen einen Vater verloren – den Joseph, der für Jesu menschliche Seele in ihrem irdischen Reifungsprozess (i) als irdischer Vater zwar unendlich bedeutsam gewesen war, der bei allem aber doch niemals wirklich im biologischen, wie auch nicht im letzten und ursprünglichsten Sinne Sein Vater war: Diesen so sehr geliebten und geachteten Vater Joseph hatte der junge Jesus nunmehr zwar verloren, aber Er hatte dafür nun gleich zwei Väter in ganz neuer Tiefe und Intensität gewonnen: nämlich den Ewig-Vater und Abba aller, wie auch dessen Engel und Geist, welche in viel tiefgreifenderer Weise Seine Väter und Ursprünge waren, die Ihn – über alle irdischen Dimensionen von Raum und Zeit hinweg – umschirmten und umschlossen (j) und überdies auch in Ihm selbst waren (k) und Sein ganzes Wesen bestimmten und Ihn leiteten (l), wie Sie auch Sein ureigentlichstes Ziel und Seine Bestimmung, Seine Ur- und End-Gestalt waren (m).

Und von diesem Tage an war Jesus beständig aufs Innigste und Intimste spürbar und voll-bewusst mit Seinem himmlischen Abba und mit Seinem Heiligen Geist und inneren Leitstern verbunden; und wenn Jesus sich zum Gebet zurückzog, um in die Gegenwart des HERRN zu treten und sich in Seinen Vater gänzlich zu versenken, siehe, da sah Er Ihn fortan von Angesicht zu Angesicht und war mit Ihm in tiefster Vertrautheit verbunden (n); und Er fand sich beständig und in allem geborgen in Seines Abbas Schoß (o).