8-A: Ist es recht, dass wir den Heiden Steuern zahlen müssen?

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Schließlich begab sich der Herr in Gefolgschaft Seiner Jünger von Bethanien aus nach Jerusalem in den Tempel. Denn es war das »Chanukka«-Fest der »Tempelweihe« (a). Und Er verkündigte dort dem Volk das Reich Gottes.

Als die Pharisäer das mitbekamen, hielten sie Rat, wie sie Ihm einen Fallstrick stellen könnten; und als ihnen ein genialer Einfall gekommen war, sandten sie ihre Jünger zu Ihm, samt einigen Herodianern (b), die sie für sich gewonnen hatten und die den Antipas weiterhin gegen Jesus aufstacheln sollten (c). Die beauftragten sie, Jesus durch eine Fangfrage in eine Falle zu locken. Sie selbst aber hielten sich im Hintergrund, um Ihn zu belauern. Denn sie hofften, in Jesu Antwort etwas Belastendes zu finden, um Ihn der Obrigkeit und der Gewalt des Statthalters überantworten zu können (d).

Also traten die von ihnen entsandten jungen Männer zum Meister und fragten Ihn in geheuchelter Anerkennung: „Ehrenwerter Rabbi! Wir haben erkannt, dass Du wahrhaftig bist und aufrichtig redest und geradlinig den rechten Weg Gottes lehrst, ohne danach zu fragen, wie Deine Botschaft aufgenommen wird, oder irgendetwas auf die Meinung von Menschen zu geben, wer immer sie seien, oder jemanden zu fürchten (e).

Darum fragen wir Dich: Ist´s recht und gottgefällig, dass wir, die Kinder Israels, dem römischen Kaiser Steuern entrichten müssen, oder nicht? (f) Sollen wir sie ihm also zahlen oder uns dem verweigern?“ (g)

Der Meister aber durchschaute die Arglist Seiner heuchlerischen Gegner natürlich sofort (h). Denn sie wollten Ihn damit in eine Zwickmühle treiben, da Seine Antwort Ihm in jeden Fall schaden musste, wie auch immer sie ausfiel: Wenn Jesus ihnen nämlich geantwortet hätte, sie wären als Untergebene Roms verpflichtet, Steuern zu entrichten, dann hätte Ihm das unweigerlich viele im Volk zu Feinden gemacht, da ganz Israel das Römische Imperium als eine gottlose Übermacht empfand, gegen die es sich widersetzen müsste, der Rabbi die Oberherrschaft Roms dann aber anerkannt hätte (i); wenn der Meister aber umgekehrt geantwortet hätte, die Juden wären als Kinder Gottes nicht verpflichtet, der heidnischen Besatzungsmacht Steuern zu zahlen, dann hätte Er damit die römischen Regenten gegen sich aufgebracht (j).

Deshalb sprach Er zu ihnen: „Ihr Heuchler! Was versucht ihr Mich?! (k) Dann zeigt Mir also einige der Münzen, mit denen ihr eure Steuern zahlt, damit Ich sie mir ansehen kann!“ Und sie brachten Ihm römische Geldstücke: ein Assarion und einen Denar.

Da begutachtete sie der Rabbi und fragte sie schließlich: „Sagt mir: Wessen Bild und Aufschrift ist denn das?“ Sie aber antworteten Ihm: „Na, die des römischen Kaisers!“

Daraufhin erklärte der Meister: „Das Bildnis eines Heiden?! – des Kaisers von Rom?! Dann gebt doch dem Kaiser, was offensichtlich ihm angehört, und Gott das, was Ihm zusteht (l), wie auch Mir, was Mir zukommt! (m)

Denn steht nicht im Gesetz geschrieben: »Schafft alle Götzenbilder aus eurer Mitte! (n) Und das Silber und Gold, das an ihnen ist, sollt ihr nicht begehren und an euch nehmen, damit ihr dadurch nicht verstrickt werdet zu eurem Verderben; denn ein Gräuel ist all das für den HERRN, euren Gott!« (o)

Was also habt ihr mit den Götzen der Welt zu schaffen (p), wenn ihr Kinder Gottes sein wollt?! Darum gebt den heidnischen Götzendienern ihre Götzen zurück und schafft so den Sauerteig aus eurer Mitte! (q) Ihr könnt nämlich nicht zugleich dem Gott Israels dienen und dem Mammon!“ (r)

Als Er ihnen dies geantwortet hatte, verwunderten sie sich sehr darüber, da Er eine Weisheit an den Tag gelegt hatte, der niemand gewachsen war oder noch irgendetwas erwidern konnte (s). Also gaben sie es auf und ließen von Ihm ab und gingen, inwendig überführt und geschlagen, davon (t).

8-B: Wem hat man denn zuerst zu gehorchen? Dem Kaiser oder aber Gott?!

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Über Jesu Worte erbosten sich aber auch einige der Umstehenden. Und selbst Judas Bar Simon, der die Kasse der Gefolgschaft Jesu verwaltete (a) und neben Simon Petrus oft ihrer aller Wortführer war, raunte mürrisch: „Dann haben wir also nicht nur an Gott Steuern zu entrichten für Seinen Tempel, sondern überdies auch noch an den Kaiser für dessen Tempel und Standbilder, egal, was immer er von uns fordert und uns abverlangt und wie sehr er dies geschundene Volk Gottes auch ausnimmt und ausbluten lässt!“

Kephas Bar Jona aber entgegnete ihm: „Da bin ich mir nicht so ganz sicher, ob der Rabbi das wirklich so gemeint hat, dass man sich den Forderungen von Unterdrückern nicht auch widersetzen darf, wenn diese total überzogen sind und die Kinder Gottes derart niederdrücken, dass ihnen nichts mehr an Kraft und Vermögen für die Anbetung ihres eigentlichen, höchsten Herrn bleibt.

Hat dazu nicht auch Mose das Volk Gottes angehalten? (b) Und das muss ja nicht unbedingt mit Gewalt geschehen, wenn man sich schlicht und ergreifend verweigert und entzieht (c) – wie geschrieben steht: »„Ich will für euch streiten!“, spricht der HERR, „so dass ihr einfach stille-halten könnt!“« (d)

So meine ich, man könnte die Stellungnahme des Rabbis auch so deuten, dass der Obrigkeit so lange Gehorsam zu leisten ist (e), wie sie nicht mehr abverlangt, als ihr zusteht, und es den Gehorsam gegenüber Gott nicht im Wege steht. Denn dem Höchsten, hat der Meister schließlich bekundet, sollen wir ja schließlich auch gehorsam sein – und das doch wohl mehr, als den gottlosen Menschen!“ (f)

8-C: Kinder bleiben steuerfrei und geben ohne Zwang

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Simon Petrus musste dabei nämlich an eine Begebenheit denken, die ihm und seinen Fischerfreunden aus Kapernaum niemand aus dem Jüngerkreis abgenommen hatte, als er es einmal den anderen Gefolgsleuten des Rabbis erzählt hatte.

Als sie nämlich wieder-einmal in Kapernaum verweilten, da kamen einige von den levitischen Priestern zu ihm, welche die Tempelsteuer eintrieben. Denn Jesus und Seine Jünger aus der Hafenstadt waren ihnen bislang aufgrund ihrer vielen Reisen entgangen und hatten noch nicht ihren jährlichen Beitrag zum Heiligtum des Höchsten entrichtet. Darum wirschten diese Zadokiden den Kephas an: „Hat es euer Meister etwa nicht nötig, Seine Abgabe für das Haus Gottes zu entrichten?!“ Da antwortete ihnen Simon Petrus: „Ich denke schon, dass Er den Beitrag für das Heiligtum des HERRN einbringen wird, den Er zu zahlen hat!“ (a)

Als Kephas Bar Jona daraufhin ins Haus des Zebedäus trat und dort Jesus mit Seiner Mutter Maria antraf, mit welcher sich sein Meister gerade unterhielt, da stellte ihm der Rabbi sofort eine Frage, die dem Petrus verriet, dass Er über das Gespräch am Hafen beim Sieben-Quell vollauf bescheid wusste. Und Simon dachte sich noch: „Er ist wahrlich ein großer Gottes-Prophet, der scheinbar wirklich alles weiß!“ (b)

Der Meister fragte ihn nämlich: „Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die Regenten und Herrscher auf Erden Zoll oder Steuern: von ihren Kindern oder von den Fremden?“ Da antwortete ihm Kephas: „Na, doch wohl nur von ihren Untergebenen!“

Und Jesus schlussfolgerte daraus: „Dann sind die Kinder doch eigentlich somit frei (c) und niemand darf irgendetwas von ihnen fordern – und schon gar nicht in einer Weise, als hinge ihr Seelenheil daran! (d) Und alles, was die Kinder Gottes geben, geben sie nicht aus Zwang oder irgendeiner Verpflichtung, sondern aus ihrem Herzen heraus und gänzlich frei (e).

Und Ihr müsst euch auch nicht verpflichtet sehen, mehr zu geben, als in eurem Vermögen steht, werdet aber, wenn ihr wahre Kinder Gottes seid, auch nicht weniger geben, als euch möglich ist. Und in dem Maße, wie ihr vom HERRN empfangt, und zwar in allem gänzlich umsonst, in dem Maße gebt auch Ihm davon freudig als Dankopfer zurück! (f)

Grundsätzlich steht es euch aber frei, wie-viel ihr von Herzen her geben wollt, weil ihr Kinder und keine Untergebenen seid (g). Wenn dies aber schon für alle Kinder Gottes gilt, so freilich erst recht für den erstgeborenen Sohn!“ (h)

Und Jesus stellte dem Simon eine weitere, erhellende Frage: „Denn als der Erz-Vater Abraham dem himmlischen Hohenpriester Melchisedek begegnete: Wer von beiden hatte da an wen den Zehnten zu entrichten?“

Da antwortete ihm Kephas: „Es war Abraham, der dem »Melchi Zedek«, dem »Fürst des Friedens« aus den Himmeln, den Zehnten zu geben hatte“ (i).

Und der Rabbi schloss daraus: „Wenn nun der höchste Friedefürst von Abraham den Zehnten empfing, welcher seinerseits die ganze Priesterschaft der Leviten bereits in seinen Lenden trug, wie sollte da der Sohn Gottes verpflichtet sein, an die Priesterschaft Israels Tempelsteuer zu entrichten?! (j)

Nachdem sich der Sohn Gottes aber zu einem Menschensohn erniedrigt hat, sei´s drum: (k) So wollen wir der irdischen Priesterschaft geben, wonach ihr allein verlangt, um ihnen nichts an die Hand zu geben, wonach ihnen noch vielmehr verlangt, nämlich das himmlische Priestertum zu vernichten.

Damit wir also bei den Leviten keinen Anstoß erregen: Geh hinunter zum Hafen und wirf die Netze aus! Dort wirst du empfangen – gänzlich umsonst, dass du das Unsrige entrichten kannst!“ (l)

Da warf Simon Petrus im flachen Schilfufer, südlich des Hafens, sein Wurfnetz aus, wo sich immer zahlreiche Fische tummelten (m). Und siehe da! Da holte er doch tatsächlich unter seinem Fang auch einen Fisch ein, in dessen Maul sich ein Groschen verkeilt hatte! – nämlich ein Doppel-Drachme, welcher dem Jahresbetrag der Kupfersteuer für den Tempel entsprach.

Und als er begeistert den Fisch zu Jesus und den beiden Zebedäiden, sowie seinem Bruder Andreas brachte, die am Hafen Netze flickten (n), um ihnen das Wunder zu zeigen, dass der Herr gewirkt hatte, da sprach der Rabbi zu ihnen: „Seht euch diesen armen Fisch an, der dieses Geldstück verschlucken wollte und sich darin verbissen hat, wie mager und ausgemergelt er doch ist!

Wahrlich, Ich sage euch: Für ihn war sein plötzlicher, unvermittelter Tod, der ihn nun ereilt hat, in Wahrheit ein reiner Segen! (o) Denn er wäre an dem Mammon, den er für nahrhaft hielt, jämmerlich zugrunde gegangen! Ebenso ergeht es allen, die meinen, der Mammon würde ihnen wahre Speise, Glückseligkeit und ein erfülltes Leben bieten!“ (p)

8-D: Große und kleine Opfer

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Nachdem Jesus mit den Pharisäern und Herodianern Seinen Disput über den römischen Zoll geführt hatte (a), begab Er sich in den Vorhof der Frauen und ließ sich gegenüber den dreizehn mannshohen Krügen für die Tempelsteuern nieder, wo sich auch der Gotteskasten für freiwillige Spenden befand (b).

Und da kamen viele überaus Vermögende und Fürsten Israels, die dort vor aller Augen mit großen Gesten beträchtliche Summen einlegten (c) – äußerst bedacht darauf, dass dies auch von allen mit Bewunderung aufgenommen wurde (d).

Dann kam eine arme alte Witwe, die gerade einmal zwei Kupfermünzchen zum Einlegen hatte, nämlich zwei Lepta, also umgerechnet gerade einmal ein Quadrans, für das man nicht einmal einen Sperling kaufen konnte (e).

Und als der Rabbi das sah, sprach Er zu Seinen Jüngern: „Wahrlich, Ich sage euch: Diese arme alte gebrechliche Frau hat mehr in den Gotteskasten eingeworfen, als all die Begüterten und Vermögenden miteinander, die zuvor großmännisch ihre vielen Silbermünzen ausgeschüttet haben! Letztere haben nämlich im Vergleich zu ihrem Überfluss verschwindend wenig gespendet; diese aber hat trotz ihrer erbarmungswürdigen Armut alles eingelegt, was sie zum Leben hatte! (f) Aber es wird ihr nicht unvergolten bleiben!“

Judas Bar Simon aber, der die Kasse der Jünger führte (g), runzelte die Stirn: „Meister, das verstehe ich nicht. Was hätte sie denn für ihren Groschen schon erhalten können?! Nicht einmal einen kleinen Spatzen! Und ist es für jemanden, bei dem es ohnehin schon zu nichts mehr hinlangt, nicht viel einfacher, das wenige, gänzlich Wertlose, was er noch hat, auch noch wegzuwerfen? Denn was hat so jemand noch zu verlieren?!“

Da antwortete ihm Jesus: „In gewisser Weise hast du nicht ganz unrecht: Denn tatsächlich wird es dem Menschen umso schwerer, etwas zu geben, je mehr er besitzt und hat (h), weil er dann nicht selten von Habsucht und Raffgier erfasst wird (i).

So kann es tatsächlich für einen Geizhals, der sich noch nie auch nur von einem Scherflein trennen konnte, ein ebenso großes Opfer sein, wenn er sich doch irgendwann einmal dazu durchringen kann, einen Anfang zu machen, und wenn es auch nur ein schier gänzlich unbedeutendes Lepta ist! – obwohl solch eine kleine Kupfermünze im Vergleich zu seinem Überfluss, in dem er schwelgt, doch gänzlich unbedeutend ist! Denn ein solcher hängt sklavisch an jeden einzelnen Groschen!

Aber wenn sich ein derart Habgieriger, der bislang immer nur darauf aus war, seinen Reichtum noch mehr zu vergrößern, doch einmal dazu durchringen kann, etwas zu geben – und sei es auch noch so unbedeutend, – so kann dieses Opfer für ihn selbst weit größer sein, als für einen Mittellosen, der sich aus Geld überhaupt nichts macht.

Und tatsächlich kann dies für solch einen Verblendeten, der bislang von Raffgier bestimmt und beherrscht war, eine Tür zum Reich Gottes aufstoßen, wenn er darüber erfährt, was für eine unvergleichliche Glückseligkeit dies freisetzen kann, wenn man Bedürftigen von seinem Überfluss abgibt (j).

Bedenke aber auch, Mein lieber Judas, dass es umgekehrt bettelarme Menschen gibt, die zerfressen werden von Neid und Missgunst gegenüber allen Bessergestellten und nach nichts so sehr Verlangen haben, wie nach Reichtum und Wohlstand! Diese sind ebenso von Raffgier und Habsucht bestimmt, wie gar manche Reiche, und sind ebenso dem Götzen des Mammon verfallen (k), wie die Gottlosen, auch wenn man es ihnen nach ihrem Stand und Vermögen nicht ansehen kann.

Darum hütet euch vor der Geldliebe, ob ihr nun steinreich seid oder aber bettelarm, dass sie nicht von eurem Herzen Besitz ergreift, was euch – so oder so – unweigerlich ins Verderben führt! (l) Denn nicht unbedingt entfernt einen Menschen vom Reich Gottes, was er besitzt, und es bringt einen Menschen auch nicht zwingend dem Reich Gottes näher, je weniger er besitzt; sondern vielmehr ist dies entscheidend, wovon er selbst inwendig, in seinem Herzen besessen wird und ist (m). Das ist es, was über wahren Reichtum oder wahre Armut entscheidet und was ausschlaggebend ist: (n) worin dein Herz gegründet ist und was immerfort alle deine Gedanken und Träume bestimmt!“ (o)