29-A: Ein königliches Schreiben an Jesus

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Einige Tage, nachdem Jesus in der Gegend um Nain gewirkt hatte, wo Er auch einen Jüngling von den Toten wieder auferweckt hatte (a), beschloss der Meister, über Samaria nach Judäa zu reisen, um schließlich zum Passah-Fest in der Heiligen Stadt Jerusalem zu sein. So kam die Stunde, dass der Rabbi Sein Heimatland Galiläa für immer verlassen sollte (b).

Bevor der Herr jedoch Samaria erreichte, schlugen sie in der Tief-Ebene Jesreel, südlich des Flusses Kison, ein Lager für die Übernachtung auf.

Und als die Jüngerinnen ihnen Speisen zubereitet hatten und sich alle um eine Feuerstelle zum Abendessen zusammengesetzt hatten, siehe, da kam ein Bote mit einem königlichen Schreiben zu Jesus. Dieser Schnell-Läufer verbeugte sich ehrerbietig vor dem Meister, wie vor einem Fürsten, und erklärte: „Hoher Herr! Ich bin Ananias, ein Sendbote des ruhmreichen Königs Abgar Uchama von Edessa, der über die Völker nördlich von Syrien, jenseits des Euphrat, unterhalb von Armenien herrscht.

Durch die vielen Händler, die von Ägypten über Palästina und Syrien durch das nicht unbedeutende Reich meines Regenten im Norden Mesopotamiens bis nach Persien und Indien reisen, ist die Kunde von Dir auch in das Hoheitsgebiet meines erhabenen Gebieters gedrungen (c).

Dieser hat mich zu Dir gesandt, um Dir seine Grüße zu entbieten und Dir einen Brief von ihm vorzutragen. Denn selbst auch schon im Zweistromland wird Dein Name bereits gerühmt und überall von Dir gesprochen. Darum wendet sich mein Herrscher mit einem Angebot an Dich.“

29-B: Komm doch zu mir! Bei uns wirst Du freudig aufgenommen!

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Also ließ sich der Meister das Sendschreiben jenes Toparchen aus Mesopotamien vorlesen. Und Ananias trug das Schriftstück vor. Dies lautete: „Abgar Uchama, der Fürst von Edessa, entbietet Jesus, dem ruhmreichen Heilsbringer, der in Jerusalem erschienen ist, seinen Gruß.

Die Kunde von Deinen großen Wundertaten ist bereits sogar schon zu uns gedrungen, und so habe auch ich mittlerweile von Deinen zahlreichen Heilungen glaubwürdige Berichte erhalten, dass Du Blinden das Augenlicht und Tauben das Gehör wieder schenkst, Lahme wieder zum Gehen bringst und Aussätzige rein machst, auch böse Geister und Dämonen auszutreiben vermagst und selbst schon Tode ins Leben zurück-geholt haben sollst.

Auch habe ich mit großem Erstaunen vernommen, dass Du all jene Erkrankten, die schon so unsäglich lange von ihren Gebrechen gequält worden waren, ohne irgendwelche pflanzlichen Heilmittel und Kräuter heilst, sondern allein durch Deine Berührung oder auch nur durch ein Wort (a).

Daran erkenne ich deutlich, dass Du weit mehr sein musst, als ein gewöhnlicher Heiler. Denn solches hat man noch nirgends in der Welt von einem Sterblichen gehört, weswegen ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass Du einer der Söhne Gottes sein musst (b), der aus den Himmeln zu uns hernieder-gestiegen ist, sofern Du nicht sogar aus dem höchstem Gott über alle Götter selbst ausgegangen bist (c).

Zugleich habe ich mit großem Erstaunen und Befremden vernommen, dass Du, von welchem bereits alle Welt mit größter Bewunderung spricht, in Deinem eigenen Heimatland Israel dagegen jedoch in zunehmendem Maße immer heftigeren Widerstand erfährst (d) und die Zahl derer ständig wächst, die Dir Böses wollen und Dir sogar nach dem Leben trachten sollen (e), da sie Deine göttliche Würde nicht anerkennen wollen (f), weil das, was Du darstellst und bist und aller Welt kündest, sich nicht mit dem Glauben Deiner Volksgenossen an ihren einen und alleinigen Gott, wie sie meinen, verträgt (g).

Darum lade ich Dich herzlich ein, doch in mein Reich zu kommen. Denn hier wärst Du sicher vor allen Deinen Widersachern und hier würdest Du insbesondere von allen mit Freuden aufgenommen! Denn auch bei uns gibt es viele Kranke und Gebrechliche, die sich nach Heilung sehnen (h). Darunter auch ich selbst, da ich schon seit vielen Jahren an einer schweren körperlichen Krankheit leide, der mit rein menschlicher Kraft nicht beizukommen ist (i).

Auch wenn ich nur ein sterblicher Mensch bin, so habe ich doch ein nicht gänzlich unbedeutendes Hoheitsgebiet. Dieses ganze Land würde Dir zusammen mit mir zufallen, wenn Du zu uns kämst (j), um Dich auch unter uns ebenso, wie in Palästina, zu erweisen. Auch verfüge ich über eine nicht geringe Heeres-Macht und unterhalte auch mit dem Römischen Imperium gute Beziehungen, die ich für Dich einsetzen könnte, dass man Dich vielleicht auch noch in Deinem eigenen Land als König von Gottes und Roms Gnaden anerkennen muss, sofern Du es vorziehen solltest, Dein eigenes Volk zu leiten und zu beherrschen.

Darum bitte ich Dich untertänigst! Bringe Dein Heil doch bitte auch zu uns! Du bist jederzeit herzlich willkommen! Es grüßt Dich Abgar Uchama, der Herrscher von Edessa.“

29-C: Selig bist du, dass du an Mich glaubst!

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Als Jesus den Brief des Abgar von dessen Kurier verlesen bekommen hatte, fragte Er den Ananias: „Kannst du deinem Gebieter Meine Antwort übermitteln?“, was dieser bejahte, worauf der Sendbote eine andere, noch unbeschriebene Schriftrolle und einen Griffel zur Hand nahm, um sich von Jesus dessen Entgegnung diktieren zu lassen.

Dies aber war das Antwortschreiben Jesu, vermittelt durch Ananias, den Eilboten des Fürsten Abgar: „Jesus, der Sohn Davids, dem Abgar, der zu Edessa herrscht:

Selig bist du, weil du an Mich glaubst, ohne Mich gesehen zu haben (a). Es ist nämlich schon vor langer Zeit über Mich von den Propheten Gottes geweissagt und in unseren Heiligen Schriften niedergeschrieben worden, dass die, welche Mich gesehen haben, nicht an Mich glauben werden, dafür aber viele, welche Mich nicht gesehen haben, an Mich glauben werden und dadurch leben sollen (b).

Darum sollt du auch noch das Heil finden, nach dem du so sehnsüchtig verlangst – und nicht allein du, sondern auch dein ganzes Volk: durch Boten, die Ich noch in diesem Jahr Meinerseits zu dir senden will. Die werden allen deinen Untertanen alles von Mir künden und Meinen Segen zu euch allen bringen (c); denn Ich selbst will durch diese Meine Jünger und Zeugen zu euch kommen, und Mein Heil mit Mir (d).

Jetzt aber ist es Mir allerdings noch nicht möglich, dich aufzusuchen. Denn zuerst muss Ich noch alles erfüllen, wofür Ich tatsächlich aus den höchsten Himmeln in diese Welt entsandt worden bin. Denn es ist Mir bestimmt, hier, in Meinem Land Mein Leben zu lassen, um es an euch alle austeilen zu können (e). In dieser Meiner Selbst-Hingabe sind auch alle Heilungswunder begründet, die Ich jetzt hier in Israel wirke, sowie schon bald, nach Meiner Erhöhung, durch Meine Zeugen dann überall auf der ganzen Welt (f).

Denn in Mir erfüllt sich die große Weissagung, die Mein Vater, welcher der Gott Israels, sowie der höchste Beherrscher des gesamten Erdkreises ist, durch Seine Propheten gegeben hat, die da lautet: »Durch Sein Sühneopfer wird das ganze All geheilt« (g).

Dies ist es, was Mir bestimmt ist, um hernach, wenn sich alles erfüllt hat, wieder zurück-zu-kehren zu dem, der Mich dafür in diese Welt gesandt hat (h). Und aus Ihm werde Ich dann schließlich mit allen sein, die das Evangelium von Meinem Heil, das Ich aller Welt gebracht habe, sodann bis an die Enden der Erde tragen (i). Darum sei bis dahin, bis auf Weiteres von Mir gegrüßt. Wenn Meine Boten dermaleinst zu dir kommen, wirst du Mich sehen!“

29-D: Jesu Unterschrift: ein Fisch

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Als Jesus dieses Antwortschreiben dem Sendboten aus Edessa diktiert hatte, ließ Er es sich reichen, um es nochmals zu lesen. Denn es war in Aramäisch verfasst, der allgemeinen Handelssprache im gesamten vorderen Orient, die man in Galiläa ebenso, wie in Mesopotamien sprach. Danach ließ der Meister sich den Griffel des Schreibers geben und unterzeichnete Seine Antwort mit zwei Bogen-Linien, welche einen Fisch darstellten (a).

Erst später sollte sich allen erklären, was diese seltsame Unterschrift Jesu Christi bedeutet, da diese einander überschneidenden flachen Kreis-Bögen in den Zeiten der Verfolgung das geheime Erkennungszeichen der Christen wurden. Denn in griechischer Sprache, die zur damaligen Zeit gleichsam die Weltsprache im ganzen Römischen Imperium war, hieß »Fisch« nämlich »ICHTYS«. Und in den Initialen dieses Akronyms erkannten später die Christen ihr ganzes Christus-Bekenntnis zusammengefasst. »ICHTYS« war nämlich die Abkürzung für »Iesous CHristos Theou YioS«, was übersetzt bedeutet: »Jesus Christus, der Sohn Gottes«.

29-E: Meister, erkenne doch! Das ist ein Wink Gottes! So kommst Du doch noch zur Weltherrschaft!

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Nach diesem Diktat ihres Rabbis waren alle Seine Gefolgsleute erneut total geschockt und völlig sprachlos: War ihr Meister noch immer nicht von dieser wahnhaften fixen Idee abgekommen, Er müsse Sein Leben für das Heil aller Welt lassen?! – wo sich Ihm jetzt überdies eine einmalige Gelegenheit bot, dem allen zu entrinnen und doch noch eine glückliche Wendung herbei-zu-führen!

Ananias, der Kurier aus Edessa, der ebenso erschüttert und betroffen war, hatte sich nach einer erneuten huldvollen Verbeugung vor Jesus zum Gehen gewandt, als Judas aus Karioth und Simon Kephas einander viel-sagende Blicke zuwarfen.

Worte mussten nicht gewechselt werden. Petrus wendete sich dem Johannes zu und flüsterte ihm ins Ohr: (a) „Laufe dem Boten flott nach und halte ihn auf!“ Denn da der kleine Zebedäide der Jüngste von ihnen allen war, war er ihr schnellster Sprinter (b).

Und kaum war der junge Johanan dem Ananias nachgeeilt, da sprudelte es schon aus dem Judas Ischarioth nur so heraus: „Rabbi! Meister! Erkennst Du nicht, was uns – DIR – da angeboten wird! Das muss eine göttliche Fügung sein! Siehst Du es nicht, dass dies ein Wink Gottes ist?! Er will nicht, dass Du in Jerusalem Dein Leben lässt und stirbst! Das war niemals Sein Wille! Du sollst vielmehr noch zur Herrschaft kommen und Sein Reich aufrichten auf der ganzen Welt!“ (c)

Und Simon Petrus steuerte bei: „Sicher: Jetzt erst einmal gänzlich ins Heidenland zu weichen: der Gedanke gefällt mir auch nicht! Aber haben wir das nicht schon die ganze letzte Zeit Ende des vergangenen Jahres getan (d), als Herodes Dir noch nach dem Leben getrachtet hatte, wie auch alle Pharisäer (e), und sich immer mehr von Deinen Volksgenossen von Dir abgewendet hatten?! (f) In Jerusalem hat man Dich schon zweimal zu lynchen und zu steinigen versucht! (g)

In Samaria dagegen, wie auch in Syro-Phönizien und in Dekapolis wurde Dein Evangelium mit Begeisterung aufgenommen! Vielleicht wäre das doch gar keine schlechte Idee: Du ziehst Dich jetzt erst einmal aus Israel zurück, bis sich hier alles wieder beruhigt hat; und wer weiß: Wenn Dir tatsächlich ganz Mesopotamien zufallen würde und dieser König Abgar von Edessa seine Beziehungen zu Rom spielen lässt: Vielleicht wird Dir – mit entsprechender göttlicher Fügung – tatsächlich noch eine Tetrarchie im Heiligen Land angeboten, so römer-freundlich, wie Du bist!

Das ist doch sicher auch schon ebenso ins Römische Imperium hinein-gedrungen, dass Du bereits selbst sogar den Adoptiv-Sohn eines nicht unbedeutenden römischen Offiziers geheilt hast (h), und, dass Du das Volk dazu anhältst, den Römern mit Liebe zu begegnen (i) und widerspruchslos an sie ihre Steuern zu entrichten! (j)

Immerhin bist Du ein Davide (k) und nicht, wie die Söhne des Herodes, ein heidnischer Idumäer, so dass Dir die Anerkennung ganz Israels weit gewisser als die von diesen Heiden ist! Und wenn Du den Segen Roms, sowie von Edessa militärische Unterstützung erhältst, müsste es doch ein Leichtes sein, auch Deine rabbinischen Widersacher, die keinerlei weltliche Macht innehaben, unter Deine Herrschaft zwingen zu können!“

Und Judas Bar Simon ergänzte: „So bietet sich Dir hier doch wirklich eine ganz einzigartige, außergewöhnliche Gelegenheit: Du kannst Dir in Edessa und im ganzen Umland um Israel herum eine echte Macht zurichten! Und wenn Dir tatsächlich das ganze Heidenland um Israel herum zufällt und Rom Dich aufgrund der Fürsprache Edessas auch noch akzeptiert, so wirst Du gar bald in Jerusalem zum König gekrönt werden!

Und wenn Du Deine Herrschaft erst einmal über ganz Israel aufgerichtet hast, wird nicht allein alles Volk erkennen, dass Du der verheißene Messias bist, sondern auch seine derzeit noch so verstockte geistliche Obrigkeit einlenken und Dich anerkennen – ja: akzeptieren MÜSSEN! Und wenn Dir erst der ganze vordere Orient zugefallen sein wird, wird es schließlich auch nicht mehr lange dauern, bis darüber selbst auch noch die ganze Vorherrschaft Roms ins Wanken gerät!“ (l)

29-F: Ihr Teufel! Wisst ihr denn noch immer nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?!

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Judas und Kephas ereiferten sich derart, dass sie überhaupt nicht merkten, wie es bei ihren Ausführungen in ihrem Meister derart hoch-zu-kochen begann, dass jede Farbe aus Seinem Gesicht wich, während Seine Augen – schon regelrecht bedrohlich wirkend – blutrot unterlaufen wurden. Mit einem Mal platze der Rabbi dann wutentbrannt und brüllte derart, wie sie es noch nie bei Ihm erlebt hatten: „Ihr Teufel! (a) Wisst ihr denn noch immer nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?! (b)

Was ihr da im Sinn habt, geht niemals ohne Blutvergießen ab! Doch des Menschen Sohn ist nicht gekommen, um auch nur irgendeines einzigen anderen Menschen Blut für sich fließen zu lassen – und sei es Sein größter Todfeind und erbittertsten Widersacher! (c) Sondern des Menschen Sohn ist vielmehr gekommen, Sein eigenes Blut fließen zu lassen für alle Menschen – auch Seine boshaftesten Todfeinde und allerschlimmsten Widersacher! (d) Allein durch dieses Opfer der Liebe wird am Ende noch aller Hass überwunden! (e) »Schabbat« und »Schalom«, Friede, Ruhe und Heil wird es anders nimmermehr geben! (f)

Geht das wirklich nicht in eure Köpfe hinein?! Hört es endlich und lasst diese Worte in eure Herzen dringen! (g) Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen ausgeliefert werden; und sie werden Ihn töten; aber am dritten Tage wird Er auferstehen (h). Das ist der Wille Gottes! Seine Bestimmung!

Akzeptiert es endlich und folgt Mir, oder schwört Mir ab und geht auch ihr! (i) Doch was Mir bestimmt ist, ist und bleibt Mir bestimmt! Und was geschehen muss zur Erlösung dieser Welt, das muss geschehen! Denn was geschrieben steht, das steht geschrieben!“ (j)

Johannes befand sich mit Ananias, dem Kurier aus Edessa, bereits auf dem Rückweg zu der Runde am Lagerfeuer, als dieses Gewitter losbrach und der Zorn des HERRN über Jesus kam (k). Da war dem Johanan bereits alles klar und er gab dem Ananias ein Zeichen, dass er wohl doch besser mit der bereits erhaltenen Botschaft gehen solle.

So wendete sich der Läufer wieder um nach Mesopotamien.

An diesem Abend wurde kein einziges Wort mehr gewechselt – auch dann nicht, als Jesus sich für die ganze Nacht zum Gebet zurück-gezogen hatte (l). Allen war klar, dass der Meister sich von Seinem Vorsatz, in Jerusalem ins Martyrium zu gehen, offensichtlich nicht abbringen lassen wollte. Und sie alle waren zutiefst entsetzt und verstanden es einfach nicht. Es war ihnen schlichtweg unbegreiflich!

Dennoch wagte es bis auf Weiteres keiner mehr, den Rabbi diesbezüglich zur Rede zu stellen (m). Und sie waren alle zutiefst niedergeschlagen (n).

29-G: Wie sich Christi Versprechen an Abgar erfüllte

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Nach Christi Auferstehung und Himmelfahrt sollte sich dann schließlich noch im selben Jahr alles erfüllen, was Jesus dem Abgar aus Edessa in Aussicht gestellt hatte. Als nämlich der Apostel Judas Thomas Didymus (a) nach Persien aufbrach, um das Evangelium bis nach Indien zu tragen, da nahm er auch einige der siebzig Herolde Jesu Christi mit (b). Darunter befand sich auch ein Thaddäus, welcher aber nicht der besonders erwählte Apostel war, der zur Unterscheidung von diesem Herold meist auch »Lebbäus« genannt wurde (c).

Diesen Herold Thaddäus sandte der Apostel Thomas auf seiner Durchreise durch Mesopotamien nebst einigen anderen Sendboten zu dem König Abgar. Und als dieser vor den Regenten trat, um das Versprechen Jesu Christi einzulösen, siehe, da geschah´s, dass der Uchama im Angesicht des Thaddäus für einen Augenblick das Antlitz Christi erblickte (d), das zuerst verschwollen und blutverschmiert und mit einem Dornenkranz gekrönt war, sich dann aber in Sein strahlendes göttliches Herrlichkeits-Antlitz wandelte, das sich schließlich in gleißendem Lichtglanz auflöste.

Da erkannte der Herrscher von Edessa, dass durch diesen Jünger tatsächlich der erhöhte Herr selbst zu ihm gekommen war, ebenso, wie Er es ihm verheißen hatte. Und der Herold Christi legte dem Abgar die Hände auf, und sogleich wurde jener gesund.

29-H: Große Erweckung in Edessa

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Dann aber ließ der Toparch Uchama das ganze Volk versammeln, damit Thaddäus, der Bote des Herrn, ihnen das Evangelium Christi verkündigen konnte: von der Niederkunft Christi aus den Himmeln und Seinem Erscheinen auf der Erde (a), von den vielen Zeichen und Wundern, welche Er in der Kraft Gottes gewirkt hatte (b), von Seiner gänzlich neuen Leere über die unaussprechliche Abba-Liebe Gottes (c), die niemanden jemals für immer aufgeben kann (d), und den vielen göttlichen Geheimnissen, welche Christus der Welt enthüllte (e), von Seiner Entäußerung aus der höchsten Gottheit heraus und Seiner demütigen Erniedrigung bis hin zu Seinem schändlichen Tod am Fluchholz (f), um allen Fluch von der sündenverfallenen Welt zu nehmen (g), von Seinen weiteren Abstieg in das Totenreich, um aus diesen in Begleitung einer großen Schar befreiter Seelen wieder aufzufahren in die Himmel (h), von Seiner Niederreißung des unüberwindlichen Zaunes der Abgrenzung, die zum einen die gottlosen Heiden von den auserwählten Gottesvolk der Israeliten trennte (i), wie aber auch die Juden selbst von der bis dahin unnahbaren Heiligkeit des Höchsten (j), so dass es hinfort kein Verdammtsein in bleibender Gottesferne mehr gibt, und von Christi Erhöhung über alles (k) und von Seiner einstigen Wiederkunft, um alles unter die Herrschaft der göttlichen Liebe zu bringen (l).

Und ganz Edessa, sowie der gesamte Herrschaftsbereich des Abgar im Norden Mesopotamiens wurde gläubig an den Herrn. Und Thaddäus und seine Begleiter wirkten noch manches Wunder; denn der Herr war mit ihnen und bekräftigte ihr Zeugnis durch mancherlei bestätigende Machterweise, so dass sie viele Menschen von ihren Krankheiten und Gebrechen heilen konnten (m).

Und nachdem diese Herolde Christi dem ganzen Reich des Abgar so viel Heil und Segen brachten, wollte jener diese reich dafür entlohnen (n). Dies aber lehnten Thaddäus und seine Begleiter ab mit den Worten: „Wie sollten wir, nachdem wir unser eigenes Vermögen aufgegeben haben, um unseren Herrn und Heiland zu folgen und Sein Evangelium in alle Welt hinaus zu tragen, nun fremdes Gut annehmen, das uns nur bei unserer Weiter-Reise hinderlich wäre und zu einem Ballast würde?!“ Darum nahmen sie nur so viel an, so-weit es ihnen für ihre weitere Verbreitung des Evangeliums dienlich war (o).

Was aber den Schrifwechsel des Abgar mit Jesus Christus betrifft, sowie die Erweckung Edessas danach, so war dies über Jahrhunderte in den Archiven dieser Stadt niedergelegt worden. Dort befand sich auch das Antwortschreiben des Herrn; und wer immer diese einzige von Christus signierte Schriftrolle berührte, wurde unverzüglich von all seinen Leiden geheilt (p).