(A)

Von ihrem dritten Lebensjahr an wuchs also die kleine Maria im Tempel des Herrn auf; denn ihre Eltern hatten sie dem Herrn geweiht, weil Er sich über ihre schmachvolle Kinderlosigkeit erbarmt und ihnen jenes Töchterlein geschenkt hatte, welches sie Ihm darum wieder schenken wollten, wie einst die Hanna ihren Sohn, den Samuel, mit dem jene vorzeiten gesegnet wurde und der dadurch ein großer Prophet Gottes geworden war und den großen König David durch seine Salbung ans Licht gebracht hatte.

Und Maria wurde im Tempel wie ein kleines Täublein gehegt und empfing, was sie zu sich nahm, auf wundersame Weise durch die Hand eines Engels. Außer dieser Speise aber benötigte sie fast nichts, sich zu nähren, sondern aß so wenig wie ein kleiner Spatz, so dass von ihr die Rede umging: „Sie wird gespeist aus den Himmeln, direkt aus der Hand des HERRN!“

Sie empfing aber auch Stimmen und Träume von dem HERRN und nahm immer mehr zu an Gunst bei Gott und bei den Menschen. Denn der HERR legte unendlich viel Anmut auf die Kleine, wenn sie zu Seiner Ehre sang und tanzte, so dass das ganze Haus Israel von ihr angetan war.

Es geschah aber in ihrem zwölften Lebensjahr, als die kleine Maria die »Bat Mitzwa« erreicht hatte und eine mündige »Tochter unter dem Gesetz« geworden war, in welcher die jüdischen Mädchen in die Gemeinschaft des Bundes Israel mit ihrem HERRN aufgenommen und auf die Thora des HERRN verpflichtet wurden: als Maria dieses Alter erreicht hatte, da trug es sich zu, dass man das Kind am Ersten der Woche bewusstlos im Tempel fand.

Als das Mädchen aber wieder zu sich kam nach drei Tagen, da fragte man sie, was mit ihr geschehen sei. Ihr Angesicht aber strahlte wie das eines Engels. Und die Priester erschraken darüber über die Maßen vor ihr.

(B)

Maria aber berichtete und gab Zeugnis von dem, was ihr geschehen war: „Wie gewohnt erwartete ich aus der Hand eines Engels meine Speisung vom Himmel. Da erschien mir einer, dessen Gestalt war weit herrlicher als die aller Engel, die mich bislang gespeist hatten und mir dienten; auch trug Er nicht Brot noch Becher, wie ich es von den anderen Engeln gewohnt war, und Sein Antlitz war unbeschreiblich, viel herrlicher als das eines jeden Engels, den ich je zuvor zu Gesicht bekommen hatte:

Er glich einem Menschensohn, bekleidet mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand, an der Hüfte umgürtet mit einem goldenen Gürtel und an der Brust über Seinem Herzen versehen mit dem »Choschän«, jenem violett-purpurnen Schild, das der Hohepriester zu tragen pflegt, welches bei jenem aber in allen Farben des Gnadenbogens leuchtete von den zwölf darauf in Gold eingefassten Edelsteinen, welche für die zwölf Stämme Israels stehen, und mit dem »Urim« und »Tummim«, welche aus dieser Brust-Tasche hervorstrahlten, die Ihm Vollmacht verleihen, »Licht« und »Recht« herbei zu führen über allem, was ist; Sein Haupt aber und Seine Haare waren weiß wie strahlende Wolle, wie glitzernder Schnee, der leuchtete und blendete wie die Sonne; Seine Augen aber waren wie alles stechend durchstrahlende Feuerflammen und Seine Füße gleich glänzendem Erz, als glühten sie im Ofen, und Seine Stimme war wie das Rauschen vieler Wasser.

Da erkannte ich, dass es kein gewöhnlicher Engel war, sondern der »Engel des HERRN« sein musste, der »HERR aller Heerscharen« selbst: der himmlische Hohepriester Melchisedek, der schon unserem Vater Abraham Brot und Wein gereicht hatte.“

(C)

Und Maria erkundigte sich nach dem Vorhang des Tempels, ob er zerrissen sei. Und die Priester verwunderten sich. Denn der Vorhang des Tempels war, wie er von je her gewesen war; und man hatte nichts an ihm bemerkt.

Maria aber berichtete: „Als jene unbeschreibliche Herrlichkeitsgestalt vor mir erschien, geschah eine große Erbebung. Und ich sah die Priester im Tempel und die Menschen darin umherstürzen in Aufregung; es waren aber andere Priester, die ich nicht kannte.

Und ich wurde hierhin und dorthin versetzt im ganzen Tempel, zum Schluss aber ins Heilige Gottes hinein; und ich sah den siebenarmigen Leuchter zur Linken und die zwölf Schaubrote zur Rechten, sowie den Räucheralter in der Mitte vor dem Allerheiligsten.

Doch siehe! Da zerriss der mächtige doppelte Vorhang des Tempels, der bislang das Allerheiligste verbarg und es von allem Irdischen abgetrennt hatte, und die Erde bebte gewaltig, dass selbst die Felsen im ganzen Umland der Heiligen Stadt davon aufgerissen und gespalten wurden.“

Da erkannten die Priester, dass sie von Zukünftigem redete, und dass die Erscheinung von einer Vision begleitet war von Dingen, die noch nicht geschehen waren, sondern erst noch geschehen sollten; und sie entsetzen sich abermals über die Maßen. Sie wussten aber nicht, dass Maria die Wunder sah, die beim Verscheiden des Herrn und bei Seiner Erhöhung und Auferstehung hin zu Gott geschehen sollten.

(D)

Über das andere aber wollte Maria nicht sprechen. Als die Priester sie aber bedrängten und beschworen, zu reden, hob sie abermals an, und kündete, was daraufhin an ihr geschehen war: „Als all das geschah, da stürzte ich zu Boden wie vom Blitz erschlagen und tot – doch nicht wegen des großen, ja, übergewaltigen Bebens, sondern weil ich das Angesicht dessen nicht ertrug, der Mich anblickte mit einem Blick, der um alles wusste und alles durchschaute und gerecht erkannte und doch noch immer liebte. Und mir war, als drang mir ein Schwert mitten durchs Herz.

Doch jener Über-Erz-Engel richtete mich wieder auf mit Seiner Hand, so dass das Leben wieder in mich zurück kehrte; und Er sprach von Dingen, die ich nicht verstand, indem Er sagte: »Was aus dem Fleisch geboren wird, ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren wird, ist Geist.

Was Ich jetzt tue, begreifst du jetzt nicht; du wirst es aber hernach verstehen. Aber es muss geschehen; denn so gebührt es Uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Und wahrlich, Ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen, noch das Reich Gottes in ihn.«“

Das waren die Worte, die der Herr zu ihr geredet hatte. Maria aber konnte es nicht verstehen, dass Er von der Taufe zur Vergebung der Sünden sprach, und von der Wiedergeburt im Geiste, welche an ihr als der ersten Tochter wie Mutter der Gemeinde, deren Vorschattung sie auch ist, geschehen sollte, weil sie dazu bestimmt war, als die Erste den Herrn zu empfangen – aber nicht nur nach dem Geist, sondern darüber hinaus auch nach dem Fleisch. Aber auch die Priester verstanden es nicht.

Und sie fuhr fort: „Und ich blickte zum Himmel. Da kam eine Wolke Taus aus Seiner Seite, wie ein aus Ihm quellendes Gewölk, angefüllt mit blutrot verfärbten Wasser, denn Seine Erscheinung war übergewaltig groß und ragte bis in die Himmel.

Und jene Wolke benetzte mich von Kopf bis zu den Fußsohlen. Und ich wurde ganz rein, von meinen Haaren bis zu den Füßen, gewaschen von dem Tau des Nebels, der über mich hinweg wogte und dessen Feuchtigkeit meinen ganzen Körper gänzlich durchtränkte. Es war, als würde ich mit Haut und Haaren in einen Fluss getaucht, der mich vollständig durchwallte, in dessen Wassern ich in meiner Unreinheit ganz versank und aus denen ich in Reinheit neu erstieg. Als solches aber mit mir geschah, da fühlte ich mich eins mit wirklich allem.

Und als das nasse Nebel-Gewölk hinter mir entschwand und sich um mich auflöste, da öffneten sich die Himmel vor mir in erstrahlendem gleißendem Licht und ich hörte eine Stimme aus den Himmeln her wie Donnergrollen, einen Chor von Stimmen, welcher kündete: »Empfangen hast du nun das Wasserbad im Wort, deine Wiedergeburt in dem, der in dir geboren werden soll! Gereinigt bist du für den Reinen und geheiligt für den Heiligen, der in der Schwachheit deines versuchlichen Sündenfleisches doch unversuchlich bleiben und Heiligkeit und Reinheit bewahren soll! Denn was in dir heranwachsen soll, wird wahrhaftig heilig, ja, der Heilige selbst sein! Und in Schwachheit kommt Meine Kraft zur Vollendung!«

(E)

Nach diesem aber richtete jene Herrlichkeitsgestalt mich auf und trocknete mich durch Ihre Berührung, mit Ihrem eigenen Gewand. Und jene Hoheit sprach zu mir: »Gesegnet seist du, Holdselige, du auserwähltes Gefäß, das nun bereitet ist für den HERRN!«

Danach aber griff Er in die rechte Seite Seines wallenden Gewands und zog einen gewaltig großen Brot-Laib hervor und legte ihn auf den Altar des Tempels, und sprach: »Das ist Mein Leib, den Ich annehmen werde; und wenn Ich ihn angenommen und geheiligt habe, will Ich ihn geben für die Vielen, die Zahllosen, Unzähligen. Ich habe die Macht, ihn anzunehmen, und die Macht, ihn auch wieder zu geben, wem immer Ich will.

Und wenn Ich dies Brot essen werde in der Vereinigung mit dir, werde Ich selbst dies lebendige Brot sein, das aus den Himmeln hernieder kommt, das nichts ist als Brot und Nahrung für alle darbenden Seelen; und siehe: Ich bin doch Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Darum, wahrlich, Ich sage dir: Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er leben in Ewigkeit! Das Brot aber, das Ich geben werde, ist Mein Fleisch, das Ich geben werde zum Leben für die ganze Welt.

So will Ich diesen Laib mit dir teilen und brechen und Mich mit dir in der Gemeinschaft dieses Mahls vermählen – nicht aber allein mit dir, sondern mit allen, die Mich aufnehmen und Mir zur Braut und Mutter werden wie du, ja, mit der ganzen Schöpfung, die mit Mir und sich selbst in Geburtswehen liegt.

Und wie sich ein Sohn an seiner Mutter und ein Bräutigam an seiner Braut freut, so werde Ich Mich an dir erfreuen! Siehe, Dein Vater und Schöpfer wird dir zum Sohn und Gemahlen! Was Ich aber dir sage, das sage ich allen.« Und als Er dies feierlich beschworen hatte, aß Er davon und gab dann auch mir.

Dann aber griff Er in die linke Seite Seines wallenden Gewands, und ich sah einen mit Wein gefüllten Becher. Und auch diesen stellte Er auf den Altar und sprach: »Dies ist der Kelch des Neuen Testamentes in Meinem Blut, das für die Vielen vergossen wird zur Vergebung der Sünden.

Denen, die an Mich glauben werden, wird dieser Kelch zum Segen und zum Heil. Mir aber wird dieser Kelch zum Fluch und zum Unheil, ein Kelch der Bitternis, wie ihn niemand zu trinken vermag, denn allein Ich. Aber weil es anders nicht möglich ist, und dieser Kelch an Mir nicht vorüber kann, ohne dass Ich ihn trinke, so will Ich´s fürwahr tun: Ich will ihn austrinken, bis Ich ihn geleert habe auf seinen Grund – zum Heil für die Vielen, die Zahllosen, Unzähligen.

So will Ich Mich in diesem Kelch mit dir vermählen – nicht aber allein mit dir, sondern mit allen, die Mich aufnehmen und Mir zur Braut und Mutter werden wie du, ja, mit der ganzen Schöpfung, die mit Mir und sich selbst in Geburtswehen liegt.

Und wie sich ein Sohn an seiner Mutter und ein Bräutigam an seiner Braut freut, so werde Ich Mich an dir erfreuen! Siehe, Dein Vater und Schöpfer wird dir zum Sohn und Gemahlen! Was Ich aber dir sage, das sage ich allen.« Und als Er dies feierlich beschworen hatte, trank Er davon und gab dann auch mir.

(F)

So gab Er mir von Seinem Brot und Seinem Wein, von Seinem Leib und Seinem Blut, wie Er sagte, um mich so zu Seinem Leib und Seinem Blut zu machen und sich in Brot und Wein, in Leib und Blut mit mir zu vereinigen – in der Gemeinschaft des Kelches, den Er mit mir trank, und in der Gemeinschaft des Laibes, den er mit Mir brach und teilte. Mir aber erschien es wie ein Hochzeitsmahl, ein feierlicher Akt der Vermählung in der gemeinsamen Teilhabe an einem Brot und einem Wein, das Sein Fleisch und Blut war, um mich mit Ihm zu einem Fleisch und Blut zu vereinigen.

Aber siehe, als Er diesen feierlichen Akt mit mir vollzogen hatte, da fehlte nichts am Brot, und der Becher war voll wie zuvor, als könne sich Brot und Wein niemals erschöpfen und als würde es ausreichen für wahrhaft alle! Und es schien mir, als wollte sich jener Höchste wahrhaft in gleicher Weise mit all Seiner Schöpfung vermählen, mit ausnahmslos allen! – um sie so alle mit sich zu tränken und zu nähren.

Dann aber tat sich der Himmel auf in gleißendem Licht, und ich hörte viele Stimmen aus den Himmeln, die frohlockten und sangen: „Frieden in allen Himmeln, wie auch auf Erden, und Versöhnung für ausnahmslos alle, Befriedung wahrhaft aller Herzen nach Gottes Wohlgefallen!

Frohlockt und jubelt auf, ihr alle! Denn wisst, dass ihr sicher und gewiss unverlierbar alle geladen seid zu dem großen und herrlichen Mahl, zu der Hochzeit des Lammes mit wahrhaft euch allen! Nie versiegen wird dies Mahl; denn es ist wahrhaftig bereitet für alle!«

(G)

Als ich aber davon genommen hatte, von jenem Brot und jenem Wein, das Er Seinen Leib und Sein Blut genannt hatte, siehe, da erkannte ich Wundmale an der Gestalt der herrlichen Erscheinung, die mir gegeben hatte, an den Händen und an den Füßen, und auch in der Seite.

Und ich hörte eine Stimme vom Himmel, die sprach: »Dies ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe. Darum ist Er auch wieder in die Himmel aufgenommen und erhoben worden über alles, wie Er all dies aufgegeben hat, um durch dich zu euch allen zu kommen. Denn auch dein Sohn wird Er sein.«

Und jene Stimme aus den Himmeln kündete: »Du bist dazu bestimmt, der Welt dies Heil zu bringen. Denn noch drei Jahre und Ich werde es senden: Mein Wort, das alles in Seiner Macht trägt, die Ausstrahlung Meiner Herrlichkeit und Enthüllung Meines tiefsten Wesens, diesen Meinen Logos, das wahrhaftige Licht, in welchem wahrhaft alles begründet ist, und du wirst dies Heilige austragen und einen Sohn gebären, und durch Ihn wird die ganze Welt gerettet werden – mit der Rettung, die auch dir nun widerfuhr Kraft der Dinge, die Er vollbringen wird.«

(H)

Und als die Stimme aus den Himmeln dies gesagt hatte, da erstrahlte die Gestalt vor mir in übergewaltiger, blendender Herrlichkeit; und ich hörte Ihre liebevolle Stimme: »Friede sei mit dir, du Begnadete, Mein Frieden wird in dir sein und auf dir ruhen immerdar.«

Und da Er so gesprochen hatte, da begann Er unsäglich zu strahlen und alles wurde erfüllt von Seinem Licht, dass ich nichts mehr zu sehen vermochte, als allein von überall her dieses herrliche Licht; und mir schien es, dass dies die wahre, letzte, immer gültige Wahrheit von Ihm in allem ist.

Mit einem Mal aber entschwand diese überirdische »Doxa« und »Schechina«, diese wunderbare »Herrlichkeit« des Höchsten, der wahrhaft alles erfüllt, unversehens in einem gleißendem Lichtpunkt in Seinem Herzen, und der Tempel war wieder wie zuvor und ich war wieder allein an jenem Ort im Tempel, wo mir diese übergewaltige Erscheinung in nächtlicher Morgenstunde zuteil geworden war; ich aber war kraftlos und ermattet von den unbeschreiblichen Herrlichkeiten, die zu sehen mir da vergönnt worden waren, dass ich nur noch schlafen konnte, glückselig, wie ein Neugeborenes, gestillt und befriedet an der Brust seiner Mutter.“

(I)

So bezeugte es Maria, das Mädchen, und verschwieg nichts von der wundersamen Erscheinung, welche ihr widerfahren war. Als diese Rede aber die Priester hörten, erschraken sie über die Maßen, und sprachen untereinander: „Was soll das werden?!“

Zacharias aber, welcher zu dieser Zeit Oberpriester und die rechte Hand des Hohepriesters war, gebot ihnen, zu schweigen von all den Dingen, von denen sie gehört hatten, weil es ihnen selbst gänzlich unverständlich war.

Und er redete auch mit dem Mädchen persönlich, all diese Dinge für sich in ihrem Herzen zu verwahren und ihre Lippen darüber zu versiegeln. Denn er wollte sie bewahren, dass im Volk keine falsche Verehrung entstand, welche den Heiligen zur Eifersucht hätte reizen können; denn das Kind hatte schon ohne dies Wunder bei einigen im gemeinen Volk allzu hohes Ansehen erlangt.

(J)

So wurde Maria vorbereitet für die Empfängnis des Herrn, geheiligt für den Empfang des Heiligen, bereitet, ein Schrein des Höchsten zu werden, zur Bundeslade des Neuen Testaments. Sie selbst verstand aber nicht, was an ihr geschehen war, und wofür sie bereitet worden war; denn es war zu wunderbar und zu hoch, als dass es irgendjemand hätte verstehen können vor der Zeit.

So also empfing Maria im Alter von zwölf Jahren, als sie bereit für das Bündnis mit dem HERRN geworden war, ihre Taufe und ihr Abendmahl in der Kraft des Auferstandenen, der aus ihr hervor gehen sollte, durch jenen Engel des HERRN und himmlischen Hohepriester Melchisedek, den Friedefürst des HERRN, der sie so reinigte und heiligte für die Empfängnis dessen, der in ihr geboren und Gestalt gewinnen sollte, wie sie in Ihm.

Sie aber – freilich – erkannte es nicht, dass es der himmlische Christus selbst war, der sich so mit ihr vermählt und vereinigt hatte, um sie umzugestalten in Sein Bild sowie selbst Gestalt zu gewinnen in ihr, ja, sogar in und aus ihrem Leibe; sie erkannte nicht, dass es der auferstandene Christus war, den sie gebären sollte, der ihr erschien – sei es, dass sie versetzt worden war in Raum und Zeit zu Seiner Auferstehung hin, oder aber, dass jener, nachdem Er wieder erhöht wurde über Raum und Zeit nach Seiner Auferstehung, sie aufgesucht hatte in Seinem Geist, in welchem Er selbst bis zu den ersten Propheten von Noah an sich ausbreitete und ging, um ihnen alles zu künden, was Er in Seinem Erden-Dasein zum Heil aller Welt erleiden sollte und erlitten hatte, dass sie es schon künden konnten, ehe es denn geschehen war.

Und so gewährte der Auferstandene auch schon der Maria Anteil an Seinem geistlich verklärtem Fleisch und Blut in der Gestalt von Brot und Wein – wie später auch den Jüngern bei ihrem letzten gemeinsamen Abendmahl, wo Er doch selbst noch als Irdischer leibhaftig unter ihnen war – in der Gleichheit desselben begrenzten, versuchlichen Sündenfleisches, an dem auch Er Anteil hatte – und ihnen gleichwohl bereits – aus der Kraft Seiner Auferstehung heraus – Sein geistlich verklärtes überirdisches Fleisch und Blut austeilte – in, mit und unter dem Brot, das Er mit ihnen brach und auch selbst aß, und dem Wein, den Er mit ihnen teilte und auch selbst trank, um ihren wie auch Seinen eigenen irdischen Sündenleib durch die Teilhabe an Seinem überirdischen Herrlichkeitsleib zu reinigen und zu heiligen und so zu bereiten auf deren Wandlung bei ihrer aller Auferstehung hin, worin Er selbst der Aller-Erste sein sollte, nachdem auch Er – durch Seine eigene Teilhabe an Seinem Abendmahl – Seinen eigenen Leib so geheiligt und bereitet hatte in der Kraft dessen, was erst noch geschehen und Er erst noch erwirken sollte.

Denn in gleicher Weise hatte der Auferstandene Sein geistliches Fleisch und Blut selbst sogar schon dem Abraham in Gestalt des himmlischen Melchisedek gereicht, jenem, welcher der Vater aller Gläubigen ist.

All dies wirkte der Herr aus dem Zukünftigen heraus selbst bis in alle Vorzeiten hinein. Denn in Ihm wurde wahrhaft alles, auch das Vergangene mit dem Zukünftigen, wie alles Zeitliche mit dem Ewigen versöhnt und verbunden zu dem Einen, welches Er von Ewigkeit zu Ewigkeit ist. Denn Er, der die Versöhnung von allem ist, Er ist auch die Versöhnung aller Zeiten. Denn durch Seine Leidensgeschichte wird alle Geschichte zur Heilsgeschichte.

Maria aber deutete jene Ereignisse als ein Hochzeitsmahl, welches der Engel des HERRN mit ihr vollzog, und dem sie sich auch willig als Braut des HERRN ergab. Denn allein dies erkannte sie, dass es der Engel des HERRN war, der sie zu seiner ersten Braut erkoren hatte, um sich mit ihr durch die Gemeinschaft des Kelches, den Er mit ihr trank, und durch die Gemeinschaft des Brotes, das Er mit ihr teilte, mit ihr zu vermählen und zu vereinigen, auf dass sie Ihn selbst, den Erlöser aller Welt – was sie freilich damals noch nicht erkannte und weder fassen noch begreifen konnte – einstmals austrüge und Ihm zur Mutter würde, wie Er ihr zum Sohn, wiewohl Er doch ihr Vater war und sie Ihm eine heilige Tochter, für die Er sich selbst heiligen und hingeben wollte – für sie wie für alle.