(A)

Als die heilige Familie fern der Heimat in Ägypten wohnte, da begab sich´s, dass die Zeit des Passahfestes kam. Hier pflegte man, nach dem Gebot des HERRN, ein Passah-Lamm zu schlachten – zur Erinnerung an die einstige Erlösung Israels aus der Knechtschaft, als der HERR Sein Volk mit starker Hand und ausgestrecktem Arm aus dem Sklavenhaus Ägyptens befreit hatte:

In der Nacht vor ihrem Auszug in die Freiheit hatte der Allmächtige nämlich den Engel des Todes durch ganz Ägyptenland geführt. Und Abaddon, der Verderber, schlug im ganzen Land alle Erstgeburt, vom Ersten des Viehs bis hin zum ältesten Sohn des Pharao.

Und allein, wo das Blut des Passah-Lammes an die Türpfosten und an den Tür-First gestrichen war, war es dem Satan verweigert, ein Leben einzufordern, da in einem solchen Haus ein stellvertretendes Sühneopfer zur Vergebung aller Sünden der betreffenden Familie dargebracht worden war – durch das Ritual, das der HERR zur Entsühnung und Bewahrung vor dem Zorn Seiner alles zerschmetternden Heiligkeit gestiftet hatte.

Und so, wie in dieser Nacht, sollten es die Juden fortan in jedem Jahr halten – am Passahfest, zum Gedenken an die Erlösung, welche der HERR durch die Preisgabe all jener Sühne-Lämmer den Seinen zur Entsühnung gestiftet hatte – als eine ewige Ordnung.

Da Joseph und Maria mit ihrem Knaben aber nicht zum Passahfest ins Heilige Land nach Jerusalem zum Tempel Gottes hinauf ziehen konnten, um dort vor dem Angesicht des HERRN zu erscheinen, da Herodes noch immer lebte, der ihrem Sohn nach dem Leben trachtete, wollten sie das Passah in Ägypten feiern, wie es viele Juden in ihrer Siedlung in Gosen zu tun pflegten, denen eine Pilger-Reise nach Israel nicht möglich war.

Und sie wollten dafür das Lamm schlachten lassen, das sie von Bethlehem mit heraufgeführt hatten und das inzwischen ausgewachsen war. Denn ihr Junge hatte unter den jüdischen Kindern in ihrer Niederlassung im Nil-Delta mittlerweile viele Freunde gefunden, so dass Er sich nicht mehr so ausnehmend mit dem Schaf abgab, wie Er es in Seinen ersten Lebensjahren getan hatte, wo die Schnucke Sein einziger Spielkamerad war.

Doch als sie dem Knaben eröffneten, dass sie das Nutz-Tier, das sie nun schon so lange genährt, gehegt und gepflegt hatten, seiner eigentlichen Bestimmung zuführen wollten, da trieb es ihrem kleinen Buben die Tränen in die Augen und Er flehte sie an: „Bitte, liebe Eltern! Opfert Meine geliebte Schnucke nicht! Und auch keine anderen Tiere mehr! Bitte! Nie mehr! Es tut Mir so weh! Ich will zum Passah kein Fleisch von armen Tieren essen!“

Sie jedoch entgegneten ihm: „Aber wir müssen das tun! Denn es ist uns vom HERRN geboten, Ihm Sühneopfer darzubringen zur Vergebung unseres Sünden!“ Der kleine Jesus aber bettelte erneut: „Aber bitte nicht dies Mein Lämmlein! Da opfert lieber noch Mich!“

Da entsetzten sich die Eltern; denn sie erinnerten sich an das, was ihnen von dem arabischen Patriarchen Melchi-Or von dem Kinde gesagt worden war, dass das göttliche Kind das Opferlamm Gottes und das Sühne-Lamm aller Sühne-Lämmer wäre.

(B)

Aber sie gaben dem Drängen ihres Jungen nach. Denn sie sagten sich: „Ist jener Knabe uns nicht geschickt worden, uns den letzten ureigentlichsten Willen des Höchsten zu enthüllen? Vielleicht ist dies ja der Wille des HERRN!“

Denn genau genommen hielt die Thora des Mose ohnehin dazu an, dass die Passah-Lämmer eigentlich ausschließlich im Heiligtum des HERRN geopfert und allein nur innerhalb der Mauern von Jerusalem verzehrt werden sollten. Und strenge Gesetzeslehrer aus der rabbinischen Schule des Schammai sahen darin sogar eine Übertretung des göttlichen Gebotes, wenn man das Passah fern von Jerusalem beging, statt dafür zum Tempel des HERRN in die Heilige Stadt zu pilgern.

Und so hielten es auch schon vor dem genauen Schammai viele strenggläubige Juden im Exil in Babylon, als der Tempel des Salomo zerstört war und sie alle fern ihrer Heimat leben mussten. Da wurde dann in den Häusern während der rituellen Exodus-Feier auf das Passah-Lamm verzichtet; und man begnügte sich mit dem Verzehr von Matze, dem ungesäuerten Brot, zusammen mit Bitter-Kräutern.

An der Stelle aber, wo gewöhnlich das Sühnelamm verspeist wurde, stimmte man stattdessen einen Buß- und Klage-Psalm an, in welchem man Gott, den HERRN, anflehte, Er möge Seinem Volk vergeben und sich ihm wieder zuwenden, es zurück nach Israel führen und ihm wieder einen Ort der Entsühnung stiften.

Nach dem Dafürhalten jener äußerst peniblen Gesetzestreuen war also die Schlachtung von Passah-Lämmern außerhalb des Tempels und fern von Jerusalem ohnehin nicht erlaubt. Und so sah es freilich erst recht die sadduzäische Priesterschaft, die durch den Tempel-Kultus alles Volk an sich band und durch die Opfergaben zu Macht und Reichtum gekommen war.

Denn nach ihrer Ansicht heiligte der Altar das Opfer und nicht etwa das Opfer den Altar. Denn dies war die einzige Stätte, die Gott Seinem Volk als Sühneort gestiftet hatte, so dass Ihm allein dort Sühneopfer gefällig waren, dass Er sie als Entsühnung anerkannte. Wo also kein Tempel war, da nützte auch das beste Opfer nichts und brachte sogar vielmehr unter den Zorn!

(C)

Gemäßigtere Rabbiner dagegen hielten es mit der Lehr-Meinung des hoch-geachteten Hillel, der unter den Pharisäern an der Spitze der weitherzigeren Gesetzes-Ausleger stand.

Dieser vertrat die Ansicht, dass das erste Passah in der Stunde größter Not schließlich auch noch fern vom gelobten Land in Ägypten begangen wurde, als es auch noch nicht einmal eine Stiftshütte gab, welche schließlich später, nach der Einnahme des Landes Kanaan, in Form des Tempels – in Stein gehauen, mit edelsten Hölzern getäfelt und mit Gold überzogen – seine letzte, vollendete Gestalt voll Pracht und Herrlichkeit erhielt.

So war nicht der Tempel vor dem Opfer, sondern das Opfer vor dem Tempel; und es hatte damit auch ohne den Tempel bereits seine erlösende Kraft und Sühnewirkung.

Und da das Passah dem Volk Israel in der Zeit größter Not zur Erlösung gestiftet worden war, noch ehe es einen Tempel oder auch nur eine Stiftshütte gab und als sie noch fern vom gelobten, verheißenen Land waren, darum war es nach dem Verständnis der liberaleren Rabbiner auch weiterhin in Zeiten der Not gestattet, das Passah-Lamm auch außerhalb des Heiligen Landes und der Heiligen Stadt, fern vom Tempel des HERRN, zu opfern und zu verzehren, wenn man nicht in der Lage war, eine Pilger-Reise nach Israel zum Heiligtum Gottes auf sich zu nehmen.

Und ebenso wurde es von einer pharisäischen Parteiung bereits in Babylon vertreten, die es den Juden im Exil gestattete, auch fern von Israel im mesopotamischen Zweistromland zum Passahfest Sühne-Lämmer zu schlachten und zu verzehren, obwohl der Tempel in Jerusalem zerstört worden war.

Denn schließlich, so argumentierten sie, wohne Gott ohnehin nicht allein im Tempel, in einem Haus aus abgestorbenen Holz und totem Stein – ebenso wenig, wie in irgendeinem Götzenbild. Vielmehr könne selbst der Himmel und aller Himmel Himmel den HERRN in Seiner Unendlichkeit nicht fassen, so dass das ganze All Sein Haus und Sein Tempel ist.

Darum, so ihre Überzeugung, war Gott überall auf der Welt – und einem jeden Herzen nahe, dass sich nach Ihm verzehren würde und Ihn suchen würde. Und aus diesem Grund bedürfe es nicht zwingend des Tempels, um Ihm nahen zu können, so dass nach ihrer Auslegung das Passah auch fern vom Tempel in Jerusalem geopfert werden durfte, wenn es die Umstände nicht ermöglichten, hinauf zum Haus des HERRN zu ziehen.

(D)

So war in Wahrheit das ganze All der Tempel des HERRN, da Seine Gegenwart keineswegs auf einen einzigen Ort in der Welt beschränkt war, sondern Er in Wirklichkeit überall in gleicher Weise gegenwärtig ist. Und der Tempel, wie auch das Opfer, das Gott zur Entsühnung gestiftet hatte, war einzig und allein ein äußeres Zeichen von Seiner überall gegebenen All-Gegenwart, sowie von Seiner auch an den gott-fernsten Orten geltenden Vergebungsbereitschaft.

Denn alle Schlachtopfer sollten den Menschen allein vor Augen führen, was es die göttliche Liebe kosten würde, all ihre Treue-Brüche und Untaten zu erdulden und diese alle in dem Meer Ihrer unendlichen Liebe, Gnade und Barmherzigkeit zu versenken und so in sich selbst zu verschlingen und auszulöschen.

Folglich war, nach dieser offenherzigeren Auffassung, weder der Altar, noch das Opfer für sich selbst irgendetwas, sondern erhielt seine sühne-wirkende Kraft allein durch die Gnade des HERRN, die Er aber auch jenseits von Altar und Opfer einer jeden nach Vergebung verlangenden reuigen Seele gewährt: wann und wo auch immer – wie schließlich selbst schon dem Abel außerhalb des Paradieses, fern vom Baum des Lebens, Vergebung zuteil wurde durch die Sühnekraft, welche Er, der Höchste selbst, in jedes Schlachtopfer gelegt hatte, indem Er selbst das erste Opferlamm für die gefallenen Ur-Ahnen der Menschen zur Sühne ihrer Schuld dahin-gab, um mit seinem Fell ihre Scham zu bedecken, dass sie wieder vor Ihn treten und sich Ihm wieder nahen konnten, wie nackt und bloß und entstellt und beschmutzt und besudelt sie für sich selbst unter ihrer von Gott gestifteten Sühne-Bedeckung auch immer geworden waren.

So hatte der HERR schon von Urzeiten an die Opfer aller reuigen Menschen anerkannt – unendlich lange, bevor Sein Tempel als ein Ort zur Entsühnung errichtet worden war!

Und dem Kain, der seinen Bruder Abel erschlagen hatte, hatte der All-Heilige sogar Gnade gewährt, obwohl dieser sogar nicht einmal in der Lage war, ein würdiges Opfer darzubringen!

(E)

Und ebenso sahen es auch die Samariter. Denn als sie nach ihrer Rückkehr aus dem babylonischen Exil Mischehen mit den Heiden eingingen, die zuvor an ihrer Stelle aus Assur und Babylon in Samaria angesiedelt worden waren, da wurden ihre Priester vom Dienst am Tempel des HERRN ausgeschlossen.

Daraufhin errichteten sich die Samariter unter Manessah aus dem hohepriesterlichen Geschlecht des Aaron ein eigenes Heiligtum für alle Juden, die in Samaria lebten – dort, wo einst durch Josua nach der Weisung des Mose Gedenksteine der Thora aufgestellt worden waren, um fortan nicht mehr im Tempel von Jerusalem, sondern auf diesem Berg ihre Opfer darzubringen und anzubeten. Und so behielten sie es auch bei, nachdem ihr eigenes Haus des HERRN auf dem Berg Garazim durch den hasmonäischen Hohepriester-Monarchen Johannes Hyrkanos, den Ersten, zerstört worden war.

(F)

Und schließlich sahen es nicht zuletzt auch die im ganzen Volk hoch-geschätzten frommen »Chassidim« so, die von den Hellenisten »Essener« genannt wurden. Diese hielten sich für die wahre zaddokidische Priesterschaft aus dem hohepriesterlichen Geschlecht des Zadok, der einstmals als Hoherpriester an der Seite des großen Königs David stand – in Opposition zu den Sadduzäern, die sich ebenso als die priesterliche Nachkommenschaft des Zadok betrachteten, der von ihnen Sadduk genannt wurde.

Von dieser sadduzäischen Priesterschaft hatten sich die Essener nämlich als die einzig wahre zaddokidische Priesterschaft abgesondert, weil die Sadduzäer nicht allein den einstmals auf das Sonnen-Jahr ausgerichteten jüdischen Festkalender im Exil an die babylonisch-persische Jahres-Berechnung angeglichen hatten und damit die im Gesetz des Mose vorgegebenen Festzeiten auf höchst verwerfliche, schändliche Weise eigenwillig abgeändert hatten, sondern weil jener aristokratische Priester-Adel überdies völlig verweltlicht war, nachdem sich die Sadduzäer den kriegerischen Makkabäern angeschlossen hatten, die Israel durch blutige Schlachten aus der Hand der Seleukiden befreit hatten und alsdann in ihrer eigenen hasmonäischen Dynastie Thron und Altar miteinander verbanden und ein mit weltlicher Gewalt herrschendes hohepriesterliches Königtum begründet hatten.

Eine derart unselige Vermischung von Geistlichem und Weltlichen lehnten die essenischen Priester jedoch strikt ab, zumal an den Händen der kriegerischen hasmonäischen Hohepriester-Könige viel Blut klebte.

Und damit war in den Augen der Essener auch der ganze Opferdienst im Jerusalemer Heiligtum von jenen falschen sadduzäischen Lügen-Priestern entweiht und verunreinigt worden, weswegen sich die Chassidim auch vom gesamten dortigen Tempel-Kultus abgewendet hatten und sich – zuerst in Qumran am Toten Meer, dann aber auf dem Berg Zion – ein neues, eigenes heiliges »Lager Gottes«, wie sie es nannten, errichtet hatten, das der HERR durch Seine Gegenwart selbst zu einem geistlichen Tempel machte; und wo sie hinfort durch ihr gänzlich von aller Welt abgewandtes, pazifistisches, vollauf geheiligtes, allein Gott, dem HERRN, geweihtes, auch in Hinblick auf Fleisch- und Wein-Genuss enthaltsames, sowie in jeder Hinsicht von Entsagung und Verzicht bestimmtes, monastisch-zölibatäres Leben führten und auf diese Weise ein völlig vergeistigtes Priestertum des Lichts bilden wollten, das in ihren Augen weit edler und vollkommener war, als das der verweltlichten Sadduzäer, da sie anstelle von Schlachtopfern nunmehr gleichsam sich selbst für Gott als Sühneopfer für das gesamte vom rechten Weg abgekommene Volk Israel hingeben und darbringen wollten, um so die Ankunft des Messias vorzubereiten.

Vergebung für ihre eigenen Unzulänglichkeiten und Verfehlungen erwarteten sie sich aber anstelle von Schlachtopfern durch rituelle Bäder und Waschungen, die bei ihnen zur Aufrechterhaltung ihrer spirituellen Reinheit eine zentrale Rolle spielten.

(G)

So war in ihren Augen weder der Tempel, noch das Opfer für sich selbst irgendetwas, da es letztlich doch allein die Huld und Gnade des HERRN war, die aus freien Stücken aus reiner Gnade und Barmherzigkeit sowohl den Tempel als einen Sühne-Ort, wie auch alle Sühne-Opfer selbst zur Vergebung der Sünden gestiftet hatte – gänzlich umsonst, womit alles, was dem Höchsten dargebracht werden konnte, doch letztlich eine Gabe des HERRN an Seine gestrauchelten Kinder zur Sühne für alle ihre Sünden war.

Damit aber hatte der All-Heilige letztlich überhaupt kein Opfer nötig, um Gnade und Barmherzigkeit zu erzeigen; sondern vielmehr stiftete diese Seine Gnade und Barmherzigkeit jene Möglichkeit der Entsühnung durch die Darbringung von Opfern im Tempel selbst, gänzlich frei und umsonst! – jedem reuigen, zerknirschten Herz aber auch gänzlich ohne sie!

(H)

Damit gab es also innerhalb des Judentums auch viele Strömungen, die der Überzeugung waren, dass es in Wirklichkeit überhaupt nicht des Tempels bedarf, um sich Gott nahen zu können, sondern dass dafür letztlich einzig und allein ein reuiges und umkehr-williges Herz von Nöten war; und vielleicht – so schlossen Maria und Joseph – bedürfe es über allem gar bald auch nicht einmal der Schlachtung eines Sühneopfers mehr, um Vergebung zu erlangen, wenn das Kind, das aus Gott geboren war, dies nicht länger haben wollte – jenes Kind, das doch dazu bestimmt war, aller Welt in letzter Klarheit das Wesen und den Willen der Gottheit zu enthüllen, sowie die letzte, endgültige Erlösung zu bringen.

Zugleich aber entsetzen sie sich auch. Denn was würde das ihrem Sohn wohl einstmals noch abverlangen und Ihn kosten, eine Sühnung zu erwirken, die jedes weitere Opfer einstmals überflüssig machen sollte?!

(I)

Also feierten sie das Passah auf das Drängen und Betteln ihres kleinen Jesus hin in diesem Jahr ohne Opferlamm, und so auch in den folgenden Jahren, solange sie fern der Heimat waren. Und die Schnucke Jesu wurde nicht geschlachtet und durfte ihr Leben behalten.

Dies taten sie aber nicht, wie manche Juden, aus der Überzeugung, dass der HERR Sühneopfer, die Ihm in der Ferne dargebracht werden mussten, darum nicht anerkennen würde, sondern vielmehr aus der Erkenntnis, dass die Gottheit in der Gestalt Ihres aus Ihr geborenen Kindes sich selbst hingeben und für alle Ihre Kinder Sühne erwirken wollte zur Versöhnung der ganzen Welt, so dass es hinfort keines weiteren Schlachtopfers mehr bedurfte zur Vergebung der Sünden.

(J)

Damit hatte Jesus also schon als kleiner Junge bekundet, dass Er keine weitere Darbringung von Schlachtopfern mehr wolle und dafür sogar bereit wäre, sich anstelle all dieser Opfertiere selbst als Opferlamm Gottes abschlachten zu lassen.

Aber auch später, als Er erwachsen war, bestätigte und bekräftigte der Herr noch mehrmals diesen Seinen Wunsch, dass der ganze Opferritus, welcher bei den Juden Brauch war, abgeschafft werden sollte, indem Er etwa sprach: „Opfert Gott, dem HERR, eurem Abba, keine Tiere mehr, sondern vielmehr Dank für Seine bedingungslose, freie Gnade, welche Er euch auch ohne Sühneopfer gewährt, gänzlich aus sich selbst und völlig umsonst!

Denn sollte die ewige Gottheit, die aller Himmel Himmel nicht fassen können und vor deren Unendlichkeit die ganze Welt – aufgehängt in der Leere des Nichts, mitten über den mächtigen astralen Nebeln des Alls: sollte die ewige alles tragende Kraft der Liebe, vor der dieses verschwindend kleine Erdenrund geachtet ist wie ein Körnchen im Sand und ein Tröpfchen im Meer, wie ein Nichts im ganzen Sternen-All: sollte diese unermessliche Weite, aus der doch überhaupt immerfort überall erst alles Leben hervorgeht und sprießt, und in der alles lebt und webt und ist, denn wirklich das Fleisch Ihrer eigenen Kreaturen, die Sie hervorgebracht hat, zu verzehren wünschen und das Blut Ihrer eigenen Geschöpfe schlürfen wollen? – ja, solches überhaupt nötig haben?

Vielmehr ist die göttliche Allgegenwart selbst das Opfer in all diesen Opfern, die von euch Ihr, der Gottheit, im Glauben, der Allmacht damit einen Dienst zu erweisen, dargebracht werden!

Eure blutigen Schlachtopfer sind der göttlichen Liebe, die aller Ihrer Geschöpfe Leben und Wohlbefinden will, vielmehr selbst ein unsäglich leidvolles Opfer, ja, mitunter sogar ein Gräuel und eine Abscheulichkeit, wenn ihr meint, die göttliche Gerechtigkeit auf diese Weise bestechen und euch freikaufen zu können, ohne auch nur im mindesten Reue und redliches Verlangen nach Umkehr zu zeigen!

Darum meint nicht, die göttliche Abba-Liebe hätte Gefallen daran, wenn Tiere oder gar Menschen in Ihrem Namen um eurer vorsätzlichen starrsinnigen Bosheit willen abgeschlachtet werden, oder, wenn ihr meint, wenn ihr irgendeinem Lebewesen auch nur irgendetwas für sein Leben verwehrt oder vorenthaltet, um es dafür Gott zu geben: das könnte ein gott-gefälliges Opfer sein für den HERRN!

Denn die göttliche Ruach und Kraft ist wahrlich in allem und das göttliche Leben pulsiert in aller Lebewesen Atem und Blut! Was die Gottheit von euch will, ist Liebe und Barmherzigkeit! Keine Schlachtopfer!

Darum, ja, Amen: Ich bin gekommen, alle derartigen Opfer abzuschaffen! Und wenn ihr nicht aufhört, in solcher verbohrten Gesinnung zu opfern, wird auch der Zorn über euch nicht aufhören!

(K)

Denn all die Tiere, welche ihr zur Sühne für eure Sünden schlachtet und deren Blut ihr an den Altar eures Gottes gießt, dass sie stellvertretend für euch ihr Leben lassen müssen an eurer statt, wie es eigentlich ihr verdient hättet um eurer anhaltenden Boshaftigkeiten willen: Meint ihr, sie könnten je hinreichen, um eure unzähligen Treuebrüche und endlosen Übertretungen reinzuwaschen?

Ich sage euch: Sie könnten eure Schuld doch niemals bedecken und aufheben, und wenn ihr alle Tiere auf Erden opfern und alle Bäume als Brennholz für eure Darbringung fällen würdet!

Denn all diese Opfer erwirken euch allein darum Sühne, weil in all diesen Opfern letztlich das Opfer der göttlichen Liebe zu finden ist, die nicht etwa zu Ihrer Genugtuung nach Schlacht-Opfern zur Sühne verlangt, sondern die in und mit all diesen Opfern, die Sie euch zur Sühne gegeben und zur Darbringung gestiftet hat und beständig opfert, sich vielmehr selbst zur Sühne darbringt und sich selbst in der Ausschüttung letztlich Ihres eigenen Lebens, in dem alles lebt, für euch alle hingibt – und das gänzlich umsonst! – aus Ihrer unendlichen Liebe zu euch heraus, die Sie – trotz allem, bleibend – zu euch allen hat, da ihr bei allem ja doch Ihre Kinder seid und auch für immer bleibt!

So sind all eure Tiere, welche ihr abschlachtet für euren HERRN nicht etwa eure Opfer für den All-Heiligen, sondern vielmehr Sein selbstloses Opfer für euch alle, auf welches all diese Gaben als Darbringung des Höchsten selbst für euch nur hinweisen.

Darum bedarf es auch keiner Opfer mehr, wenn der Vater aller Welt zweifelsfrei enthüllt hat, dass Er sich selbst für alle Seine Kleinen hingeben und als Sühneopfer darbringen will.“

(L)

Diese Worte aber sprach Jesus im Tempel der HERRN, einige Tage, nachdem Er diesen gereinigt hatte, und alle Geldwechsler und Opfertier-Händler aus den Vorhof getrieben hatte, mit den Worten: „Das Haus Meines geliebten Abbas soll ein stilles Bethaus sein, eine Stätte der Einkehr, inneren Sammlung und der Anbetung! Kein tosender Marktplatz und auch kein bluttriefender Schlachthof!“

Und mit vielen solchen Worten hob der Heiland den Opferdienst auf und wies auf Sein eigenes göttliches Opfer hin, das den ganzen Tempelritus überflüssig macht.

Damit aber machte Er sich die ganze sadduzäische Priesterschaft, wie schon alle Propheten vor Ihm, zum Feind, bis sie Ihn schließlich abschlachteten und damit selbst durch ihre eigene Hand ihren Opferdienst zu seinem verdienten Ende brachten.

(M)

Als die Jünger Ihn aber fragten: „Heißt dies, es gibt keine Opfer mehr?“, da erklärte ihnen Jesus: „Das ist die Vollendung der göttlichen Liebe, wenn es keiner Opfer mehr bedarf! Und doch wird es Opfer geben bis zum Ende hin! – wenn auch in einer anderen, neuen Form: in all denen, die dem göttlichen Opferlamm als weitere Opfer der Gottheit in den Tod folgen zur Sühne und Erlösung der noch verlorenen Welt.

Denn das wisst: Wo immer ein Tier oder auch ein Mensch sein Leben lassen muss für Gott, da ist die Gottheit selbst das erste und das letzte Opfer – in all diesen Opfern, in innigster Gemeinschaft mit all deren Leiden!

Und das Opfer, das Ich in diesem Leibe erbringen werde als der Sohn: es ist nur die Enthüllung des allgegenwärtigen, allumfassenden, endlosen, universalen Leidens der Gottheit – ein unsägliches Leiden, das mit euer aller Fall und trotzigem Aufbegehren seinen Anfang genommen hat und das erst enden wird, wenn ihr alle wiedergewonnen seid.

Und wo immer ein Wesen und Gotteskind leidet, da bin Ich es, und da leidet die Gottheit selbst in und mit ihm. Und was immer einem göttlichen Kind und Geschöpf angetan wird, das wird Mir angetan!

So wird Meine Agonie fortdauern bis zur Vollendung von allem hin; und sie erreicht ihr unüberbietbares Vollmaß in allem, was je gelitten hat, was jetzt gerade – wo auch immer! – leidet und was je noch leiden wird. Das ist das Opfer der Gottheit in allen Ihren Opfern.

(N)

Aber wahrlich, ja, Amen, Ich sage euch: Wer immer sein Leben für Mich lassen wird, hat Anteil an Meinem Leiden, das Sühne und Erlösung bewirkt für noch alle verlorene Welt; und ein solcher hat darum aber auch Anteil an Meiner Herrlichkeit!

Denn Seine Frucht folgt ihm nach, wie bei einem Weizenkorn, das erstirbt, um neu zu erstehen in Fülle und Kraft, um viele neue Weizenkörner auszutragen.

So ist das Blutszeugnis von allen vollendeten Gerechten von der unversiegbaren göttlichen Liebe, die – Mir nach – für die noch verlorene Welt ihr Leben als Sühneopfer geben, wie Ich es für sie gegeben habe: so ist auch deren Selbst-Hingabe für alle noch Verlorenen letztlich immer nur noch mehr, und weiterer Same für die Ausbreitung des Reiches Gottes, bis es schließlich alles erfüllt und umfasst.

(O)

Und der Hass aller eurer Widersacher, für die ihr euer Leben zu opfern bereit seid, wie auch Ich dazu bereit war für euch, als ihr Mir noch Widersacher wart: all ihr Hass und Widerstand wird von eurer opferbereiten Retterliebe, die ihr aus Mir habt, ebenso überwunden werden, wie sie auch euch schließlich überwinden musste!

Denn wahrlich, ja, Amen, Ich sage euch: So will Ich durch Meine Erhöhung, wenn Ich Mein Leben lasse für wahrhaft alle, in dieser Meiner unbezwingbaren Retter-Liebe auch restlos alle noch zu Mir ziehen! Ja, Amen: Ich will´s wirken! Wer will´s wenden?“