Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
V Die Abkehr
1: Großartige Erweckung in Samaria
1-A: Dieses Mal blieb wirklich nur die Flucht nach Samaria
1-B: Die Absonderung der Samariter nach ihrem Ausschluss vom Tempel
1-C: Jesu Einkehr in Sichem, der Passhöhe aller Anfänge
1-D: Zurück zur Urquelle: der Weihe-Stätte des Stammvaters Israels
1-E: Die letzte Ruhestätte des verworfenen Stammvaters Joseph, den aber Gott erhöht hatte!
1-F: Der Ort der Bewahrung der wahrhaftigen, ursprünglichen mosaischen Tradition?
1-G: Wer hatte die wahre Stätte der Anbetung?
1-H: Wer waren denn in Wahrheit die Abtrünnigen?!
1-I: Wie?! Du wendest Dich mir zu?! Ist das nicht unter Deiner Würde?!
1-J: Was für ein Wasser könntest Du mir bieten, das selbst das des Jakob noch übertrifft?!
1-K: All das weißt Du von mir? – und verachtest mich doch nicht?
1-L: In Mir findest du den Liebhaber, den du bislang vergeblich gesucht hast!
1-M: Wo ist der Höchste wahrhaftig zu finden?
1-N: Eure Herzen werden es sein! Euer aller Herzen!
1-O: Bald wird Gottes Liebe überall zu finden sein!
1-P: Ja, der Wiederhersteller von allem: Ich bin´s!
1-Q: Das ist Mir selbst Speise: alle zu nähren!
1-R: Ein anderer Gottes-Acker – und doch reich zur Ernte!
1-S: Thomas und Dina
1-T: Hier ist mehr als Joseph!
1-U: Aber der Taheb will auch zwischen euch und dem Rest Israels Versöhnung sein!
1-V: Abschied von Samaria
(A)
Nachdem Jesus in der Heiligen Stadt Jerusalem zum Sukkot-Fest der Laubhütten fast gelyncht und gesteinigt worden war, entwich Er mit Seinen Jüngern nach Samaria, da Er nunmehr auch in ganz Judäa nicht mehr sicher war.
In Galiläa nämlich wurde ohnehin schon ebenso nach Ihm durch die Späher des Herodes gesucht, der Ihn töten lassen wollte, weil Herodes den Meister für den wieder-erstandenen Täufer Johannes hielt, den er hatte enthaupten lassen.
Und dieses Mal war es selbst auch allen Jüngern Jesu einsichtig, dass dann wohl doch jenes verruchte Samaria – nach der gegebenen Sachlage – ganz offensichtlich die einzige Gegend war, wo man Ihn nicht zu ergreifen suchte und Ihm nicht nach dem Leben trachten würde, auch wenn ihr Meister dort bislang nur Ablehnung erfahren hatte, weswegen bereits die beiden Söhne des Zebedäus bei ihrer ersten Durch-Reise durch Samaria ihren Rabbi aufgefordert hatten, Er solle doch Feuer vom Himmel über diese ganze gottlose Gegend fallen lassen, weil man Ihm dort sogar selbst nicht einmal eine Herberge gegen Bezahlung zur Verfügung stellen wollte, worüber Jesu beiden Cousins mütterlicherseits in ihrer brennenden Liebe zu ihrem Rabbi so in Rage geraten waren, dass sie sämtlichen Einwohnern ganz Samarias ewige Verdammnis gewünscht hatten, wofür ihr Meister sie allerdings schwer getadelt hatte und wodurch sie auch zu ihrem neueren aramäischen Spitznamen »Bnehargem«, griechisch »Boanerges«, was da heißt: »Donnersöhne«, gekommen waren, mit denen der Herr sie fortan neckisch rief.
(B)
Es verhielt sich nämlich so, dass ganz Samaria allen übrigen Juden als eine gänzlich verruchte und gottlose Gegend galt – schlimmer noch, als es die heidnischen Ländereien um das Heilige Land waren, da es sich bei den Einwohnern Samarias nämlich um einstige Juden handelte, die sich jedoch nach ihrer Rückkehr aus dem babylonischen Exil durch Heiraten mit den dort angesiedelten assyrischen und babylonischen Heiden vermischt hatten, die nach der Verschleppung ganz Israels nach Babylon dort von den chaldäischen Bezwingern Israels angesiedelt worden waren.
Mit diesen verruchten Heiden, die im Herzen Israels aus dem Zweistromland angesiedelt worden waren, hatten sich also die dahin zurück gekehrten Israeliten verheiratet und verschwägert, obwohl diese doch den babylonischen National-Gott »Bel Marduk« und dessen himmlischer Vater »Ea«, auch »Elil« oder »Enki« genannt, und nicht den Gott Israels als den Höchsten Gott über allen Göttern verehrten, auch wenn sie diesen mit Letzterem gleichsetzen mochten. Und damit hatte die Nachkommenschaft des Joseph Ben Israel aus dem Stamm »Ephraim« und »Manasse«, die sich dort wieder angesiedelt hatte, ganz augenscheinlich vorsätzlich das ausdrückliche göttliche Gebot im Gesetz des Mose übertreten, sich nur ja nicht mit den Heiden im Land zu verbinden, die anderen Göttern dienten, wie sie damit auch gegen die gestrenge Mahnung des Esra verstoßen hatten, der allen Pharisäern als ihr höchster Ahn-Herr und als der ehrenwerteste Vater aller Schriftgelehrten galt, da er die bei der Verschleppung nach Babylon verloren gegangene Thora im Zweistromland nach der mündlichen Überlieferung der Väter, die sich in der geistlichen Nachfolge des Mose sahen, neu verfassen ließ.
Da sich nun die jüdischen Stämme Ephraim und Manasse aus der Nachkommenschaft des Joseph Ben Israel aber nicht – gegen das ausdrückliche Geheiß des Erz-Pharisäers Esra, der nach Überzeugung aller Rabbiner die Thora wieder ans Licht gebracht hatte – von ihren heidnischen Weibern trennen wollten, wurde ihnen der Zugang zum Heiligtum Gottes in Jerusalem verwehrt; und dies führte wiederum dazu, dass die Nachkommen Israels aus dem Geschlecht des Joseph sich auf dem heiligen Berg Garazim im Herzen Samarias, wo einst Josua Monolithen hatte errichten lassen, in welche die Thora eingefräst worden war, ihr eigenes Heiligtum erbauten, das fortan das Zentrum ihrer eigenen Gottes-Anbetung war. Und so blieb es auch, selbst nachdem der makkabäische Hasmonäer Johannes Hyrkanos, der Erste, ihren Tempel auf ihrem heiligen Berg hatte zerstören lassen.
Entsprechend war Samaria im Herzen Israels allen rechtgläubigen, orthodoxen Juden von je her ein Dorn im Auge und ein Stachel im Fleisch; und sie hassten die Samariter als abtrünnig gewordene Israeliten noch inbrünstiger, als alle Heiden, wie sie ihrerseits im Gegenzug von dem Samaritern gehasst wurden, die sich als die einzig wirklich gott-verbundene Nachkommenschaft Israels betrachteten, die sich den wahren, rechten Glauben bewahrt hätte, hatte doch der Erz-Vater Jakob einstmals seinen Sohn Joseph verheißen: „In dir, Joseph, und in deiner Nachkommenschaft aus Ephraim und Manasse, wird ganz Israel sich segnen in der Huldigung: »Möge Gott uns doch alle machen, wie Ephraim und Manasse!«“
Die Thora der Pharisäer aber, welche unter Esra gänzlich neu nach der mündlichen Überlieferung der Väter in Babylon verfasst worden war und die in ganz Israel als verbindliche neuere geistliche Inspiration des göttlichen Gesetzes galt, wurde von den Samaritern schlichtweg nicht anerkannt; und sie beanspruchten für sich allein, die rechte mosaische Tradition gewahrt zu haben.
(C)
In diese samaritische Gegend entwich darum nunmehr Jesus mit Seiner Anhängerschaft, da man Ihm sowohl in Judäa, als auch in Galiläa zu ergreifen suchte. Und Er begab sich ins Herz Samarias, in die Stadt Sychar auf der Passhöhe zwischen dem Mittelmeer und dem Jordantal, wo sich auch die weit ältere Stadt »Sichem« befand, die gleichsam den Scheitel des Passes bildete, woher sie auch ihren Namen erhalten hatte, der »Nacken« bedeutet, da jene Stadt in der tiefen Talsohle zwischen den beiden mächtigen Bergen des Ebal im Norden und des heiligen Garazim im Süden lag, welche gleichsam zu dieser Passhöhe die beiden Schultern bildeten.
Dort stand einst ganz Israel, als es nach seinem Auszug aus Ägypten unter Josua ins Land der Verheißung kam, um die Bundeslade herum, die eine Hälfte zum Berg Ebal, die andere aber zum Berg Garazim hin, um alle Worte des Gesetzes zu hören und gesegnet zu werden, nachdem Josua einen Altar auf dem Berg Ebal errichtet hatte, die Gedenksteine der Thora aber auf dem Berg Garazim. Und dort versammelte Josua alles Volk noch ein weiteres Mal vor seinem Tod, um sie aufzufordern, ihren Bund mit Gott zu erneuern.
(D)
Als nun der Meister mit Seinen Jüngern in die Stadt Sychar zwischen den beiden Bergen kam, begab Er sich dort an den Quell-Brunnen des Jakob, welcher der Stammvater des ganzen Volkes Israels war. Dort befand sich nämlich auch der Landstrich, welchen der Erz-Vater Israels einstmals vor den Toren Sichems von den Regenten jenes Stadt-Staates erworben hatte, um sich dort anzusiedeln, und wo auch er bereits dem Gott Israels einen Altar errichtet hatte.
Und dieses Gebiet gab Jakob, der Stamm-Vater Israels, später schließlich den beiden Söhnen seines Sohnes Joseph, dem Ephraim und Manasse, zum Erbteil, als er in Ägypten seine beiden Enkel auf dem Sterbebett mit überkreuzten Armen segnete.
Entsprechend wurde dorthin beim Auszug der Kinder Israel aus Ägypten auch der Sarkophag des Joseph gebracht, welcher in Ägypten nach der Sitte der Pharaonen einbalsamiert worden war, da jener Sohn Jakobs dort zum Groß-Wesir des damaligen Pharaos über ganz Ägypten gesetzt worden war, weil er als einziger in der Lage gewesen war, die unheils-schwangeren Träume des Pharaos zu deuten und so ganz Ägyptenland vor einer schweren Hungersnot zu bewahren.
Diese große Hungersnot hatte damals schließlich auch Jakob und alle seine Söhne veranlasst, nach Ägypten zu ziehen, wo sie vierhundert Jahre lebten und zu einem großen Volk wurden, bis sie unter einem neuen, verkehrten Pharaonen-Geschlecht schließlich versklavt wurden, woraufhin Gott, der HERR, sie durch Mose in die Freiheit führte.
Folglich war jener Landstrich auf der Passhöhe zwischen den beiden mächtigen, steil ansteigenden Bergen Ebal und Garazim, sowie zwischen den Städten Sychar und Sichem, die allererste Region, welche Jakob, der Stammvater des ganzen Volkes Israels, im Herzen des Heiligen Landes erworben und mit seinen zwölf Söhnen und all deren Frauen und Kindern und Knechten und Herden in Besitz genommen und besiedelt hatte, und wo er dem Gott seiner Väter Abraham und Isaak auch den ersten Altar als dem »Gott Israels« errichtet hatte.
Es war der Ort, wo dem ganzen Volk Israel im Zuge der Einnahme des gelobten Landes unter Josua, dem Knecht und Nachfolger des Mose, der sie aus dem Sklavenhaus Ägypten durch die Wüste geführt hatte, gleich zwei Mal die ganze Thora des Mose verlesen worden war und wo der Bund Gottes mit dem Volk Israel besiegelt wurde und wo es den Segen des Höchsten empfangen hatte, wie dort auch dem HERRN erstmalig auf beiden Bergen eine unvergleichliche Menge an Schlachtopfern dargebracht worden war, und wo schließlich die Gedenksteine, in welche das ganze göttliche Gesetz eingraviert worden war, aufgerichtet worden waren.
(E)
Und es war der Ort, wo der bedeutendste Sohn des Jakob, nämlich Joseph mit seinen beiden Söhnen Ephraim und Manasse, den Stammvätern der Samariter, seine letzte Ruhestätte gefunden hatte: jener von Gott erwählte Sohn Israels, der auch der Lieblingssohn des Jakob, des Stammvaters aller Juden, war, welchen Gott am Jabbok den Namen »Israel«, »Gottes-Kämpfer«, gegeben hatte, und den Jakob-Israel mehr liebte, als alle seine anderen Söhne, weil er der Erstgeborene seiner liebsten Frau Rahel war – Joseph, der von Israel, wie auch von Gott bevorzugte Sohn, der darum, wegen seiner Träume und Visionen, einstmals ein großer Herrscher Gottes zu werden, von seinen Halb-Brüdern aus Eifersucht und Neid nach Ägypten in die Sklaverei verkauft worden war, wo er aber durch seine besondere prophetische Gnadengabe der Traum-Deuterei sogar zum geistlichen Vater des Pharaos aufsteigen sollte, der darum in ihm, dem Joseph, den Künder des Willens des höchsten Gottes aller göttlichen Wächter Ägyptens erkannte und ihn zum Groß-Wesir erhob über sein ganzes Reich, das dann bald unter der Nachkommenschaft dieses Pharaos den Gott Josephs als den Vater des Lichts und Regenten aller göttlichen Himmels-Lichter und Götter Ägyptens in der Gestalt der Sonne unter dem Namen »Aton« als das Licht der Welt verehrte, bis diese glorreiche Pharaonen-Dynastie, die unter dem Gott-König Echnaton als dem höchsten Priester-Pharao Atons ihren Höhepunkt fand, von der missgünstigen Priesterschaft der übrigen Götter Ägyptens, insbesondere von der hohen Geistlichkeit des widder-köpfigen Gottes Amun, gestürzt wurde und die Herrschaft Ägyptens an einen Emporkömmling, den kriegerischen Feldherrn Haremhab fiel, der ein Günstling jener sich auflehnenden Priesterschaft war, die keinen höchsten Gott-Vater über all ihren Göttern dulden wollten und jenen nach der Ermordung von Echnaton, sowie auch von seinem Sohn Tut Ench Aton, den sie in den Amun-Glauben zwangen, zu ihren neuen gott-losen Pharao erhoben hatten.
Unter diesem Thron-Räuber des einst so glorreichen und gesegneten heiligen Pharaonen-Stuhls und unter dessen Nachkommenschaft wurde dann schließlich ganz Israel in unbeschreiblicher Weise geknechtet und versklavt, bis der Gott Israels sich den Mose erweckt hatte, um Sein Volk aus der Sklaverei zurück in das Land seiner Väter zu führen.
(F)
So endete die Geschichte von Jakob, dem Stammvater Israels, und von Joseph, seinem, wie auch Gottes liebsten Sohn, dort, wo sie begonnen hatte: in Sichem, auf der Passhöhe zwischen den mächtigen Bergen Ebal und Garazim, wo die Vorgeschichte Israels ihren Abschluss fand und die Heilsgeschichte Gottes mit dem Volk Israel im Heiligen Land ihren Anfang nahm.
Und aus diesem Grund betrachteten die Samariter den heiligen Berg Garazim als den rechtesten, würdigsten Ort der Anbetung des Gottes Israels, da er schließlich auch der erste und ursprünglichste war, wie sie auch ihre eigene mosaische Tradition als die einzig rechte und wahre betrachteten, da doch hier, im Herzen Samarias, wie ganz Israels, erstmalig die wahre, ursprüngliche Thora des Mose verlesen und das ganze Volk Israel darauf verpflichtet worden war – und nicht etwa in Jerusalem, wo das aus dem babylonischen Exil zurück-gekehrte Volk Israel auf die Neufassung der Masora, die unter dem Pharisäer Esra in Babylon erstellt worden war, eingeschworen wurde.
Folglich war es eigentlich nur allzu verständlich, dass die Samariter ihren heiligen Berg Garazim zum einzig wahren Ort der rechten Anbetung Gottes erklärten, nachdem ihre Priester vom Dienst am neuen Jerusalemer Tempel ausgeschlossen wurden, der unter Esra und Nehemia wieder aufgebaut worden war, weil sie ihre ehelichen Verbindungen mit den assyrischen und babylonischen Frauen nicht aufgeben wollten, die sie bei der Wiederbesiedlung ihres Erbteils aus Joseph mit jenen eingegangen waren, die dort nach ihrer Verschleppung von den Chaldäern angesiedelt worden waren.
Und so betrachteten die Samariter fortan ihren heiligen Berg, den Garazim, als den einzig wahren und ursprünglichsten Ort der Anbetung Gottes, da hier – und nicht etwa in Jerusalem – der Stammvater Israels zuerst seinem Gott und Herrn Schlachtopfer dargebracht hatte, wie sie sich auch allein als die wahre, erlesendste Nachkommenschaft Israels betrachteten, da der von Gott erwählte Joseph ihr Stammvater war – jener, welcher auch bereits von den Erz-Vätern der übrigen Stämme Israels verachtet und verworfen, von dem Höchsten Israels aber vor ihnen allen auserwählt worden war, wie er auch selbst eine Heidin zur Frau hatte: nämlich Asenat, die Tochter des Potifar, des Hohenpriesters von »An«, das später »Heliopolis«, »Sonnen-Stadt«, genannt wurde, da es das Zentrum des alt-ägyptischen Sonnenkultes war.
Und diese Ägypterin gebar dem Joseph auch die beiden Söhne Ephraim und Manasse, welche die Ur-Ahnen jener beiden israelitischen Stämme wurden, so dass alle Samariter bereits von Anfang an vermeintlich heidnisches Blut in sich trugen und mütterlicherseits Ägypter waren. Aber vor dem Erz-Pharisäer Esra, der auf die Reinhaltung der vermeintlich heiligen jüdischen Rasse bestand, hatte auch daran niemals irgendjemand Anstoß genommen!
(G)
Dahin also hatte Jesus sich mit Seinen Jüngern begeben: in das Herz Samarias, das den Samaritern das eigentliche, wahre, ursprünglichste heilige Zentrum von ganz Israel war, wofür sie von allen anderen Stämmen Israels verachtet wurden und weswegen sie allen übrigen Juden verhasst waren, weil alle anderen Israeliten allein die Heilige Stadt Jerusalem mit dem dort befindlichen Tempel des HERRN als den vom Höchsten einzig erwählten und geweihten Ort Seiner Anbetung betrachteten und anerkannten.
Denn dorthin hatte schließlich der messianische, geist-gesalbte König David einstmals die Bundeslade bringen lassen, wie dort schließlich auch sein Sohn, der große weise König Salomo, dem HERRN anstelle der Stiftshütte einen prunkvollen Tempel errichten ließ, in welchem bei dessen Einweihung sogar vor den Augen des ganzen Volkes Israel die »Schechina«, die »Herrlichkeit« des Höchsten, eingezogen war.
Die Samariter wiederum konnten darüber nur verächtlich spotten, da sich doch im Allerheiligsten des nach dem babylonischen Exil in Jerusalem wieder-errichteten Tempels überhaupt nicht mehr die Bundeslade Gottes befand, die als Sein Thron- und Gnaden-Stuhl galt, da diese von dem Propheten Jeremia vor der Einnahme der Heiligen Stadt durch den babylonischen Herrscher Nebukadnezar an einen geheimen Ort gebracht worden war, so dass sich nunmehr augenscheinlich Gottes Sitz ganz offensichtlich überhaupt nicht mehr an jenem vermeintlich rechten Ort Seiner Anbetung befand. Der Prophet Jeremia hatte die Lade Gottes angeblich in der Höhle eines Berges verstecken lassen; und alle Samariter waren davon überzeugt, dass dies nur der heilige Berg Garazim sein konnte, der darum nach ihrer Meinung der einzig wahre, rechtmäßige Ort der Verehrung Gottes sein konnte.
(H)
Entsprechend gab es unter der Nachkommenschaft Israels keine Feindschaft, die so erbittert war, wie die zwischen den Samaritern, der Nachkommenschaft des Joseph und seiner Söhne Ephraim und Manasse, und den übrigen zehn Stämmen Israels. Ja, die Samariter waren den übrigen Juden in ganz Israel noch verhasster als die gottlosen Heiden, wohingegen diese im Gegenzug für sich beanspruchten, die einzig rechte, wirklich geist-geleitete Nachkommenschaft Israels zu sein, wie es sich doch schon bei ihrem Stammvater Joseph erwiesen hatte, der ebenso von seinen Brüdern verstoßen worden war, aber als einziger wahrhaft erwählt worden war von Gott, weswegen die Samariter ebenso alle übrigen Juden als die wahren Abtrünnigen Israels verachteten und hassten, die sich mit ihrer noch über die schriftliche Masora hinausgehenden Halacha, ihrer noch weit umgreifenderen Überlieferung der seit Esra ins Leben gerufenen pharisäischen Schulen mit all ihren detaillierten Sonder-Satzungen und peniblen Zusatz-Bestimmungen, die sie wie einen dichten Zaun überdies auch noch um die eigentliche göttliche Thora aufgerichtet hatten, vom wahren Wesen und Kern des mosaischen Gesetzes, das im Grunde ursprünglich doch nur zu Liebe und Barmherzigkeit anhielt gegen jedermann – auch gegen alle Fremden im Lande! – inzwischen himmelweit entfernt hatten.
Dorthin also war Jesus nunmehr – von allen Juden, die sich für recht-gläubig hielten, verfolgt und selbst als dämonisch besetzter Samariter beschimpft – gewichen: ins Herz Samarias, wo Ihm allerdings bislang auch nur Verachtung entgegen-geschlagen war, da man Ihn hier wiederum als einen Propheten betrachtete, der außerhalb Samarias, aus dem restlichen, von Gott abgefallenen Judentum erstanden war und darum nach Ansicht der Samariter nimmermehr ein wahrer Rufer Gottes sein konnte.
(I)
Dort also, am Brunn-Quell des Stammvaters Israels in der samaritischen Stadt Sychar, ließ Jesus sich nieder, um sich mit Seiner Gefolgschaft von ihrem hektischen Aufbruch aus Judäa auszuruhen; und Er schickte schließlich Seine Jünger in die Stadt, um Reiseproviant für sie alle zu besorgen. Dieses Mal nämlich hatten die Anhänger Jesu sich nicht schon im Vorfeld ausreichend mit Wegzehrung eindecken können, um nur ja nicht in jenem verruchten Samaria unkoschere Speise erwerben zu müssen, da sie schließlich alle Jerusalem und Judäa Hals über Kopf fluchtartig verlassen mussten.
Es war aber um die sechste Stunde, also zur Mittagszeit; und in der nächsten Umgebung hatte es sich schnell herum-gesprochen, dass ein nicht-samaritischer Jude mit Seiner Gefolgschaft in die Stadt gekommen war, der überdies außerhalb Sarmarias vielen Israeliten als ein großer Prophet galt.
Und da war eine Samariterin mit Namen Dina, die mit einem Krug hinaus zu Jesus an den Brunnen trat, unter dem Vorwand, Wasser schöpfen zu wollen. In Wahrheit aber suchte sie insgeheim nach etwas, von dem sie selbst nicht wusste, was es war.
Als nun Jesus jene Samariterin mit einem Schöpfkrug auf sich zu, zum Brunnen kommen sah, erhob Er sich jedoch nicht, um auf Abstand zu gehen, um sich nicht durch sie verunreinigen zu lassen, wie es jeder andere strenggläubige Jude außerhalb Samarias getan hätte.
Denn die Samariter galten allen anderen Juden als unrein und sie mieden darum jedweden Kontakt mit ihnen. Deswegen war es schließlich für alle Samariter schon so überraschend, dass dieser Prophet Israels überhaupt in ihre Gegend gekommen war.
Dina stutzte, erkannte aber schnell, dass jener Rabbi aus Galiläa sie sehr wohl wahrgenommen hatte und sie einladend ansah, ruhig näher zu kommen, ja, sogar auf dem aus einem Felsen gehauenen Brunnen-Sims, auf welchem Er saß, zur Seite rückte, um ihr Platz zu machen, ihren Krug zur Quelle hinunter-lassen zu können.
Dina war darüber etwas irritiert, und grüßte Jesus mit einem fragenden „Rabbi?“, indem ihre ganze Verwunderung mitschwang, ob sie tatsächlich näher treten dürfe. Aber ehe sie sich besann, dass dies doch schließlich ihr Brunnen und jener Jude ein fremder Eindringling war, erwiderte Jesus ihren Gruß bereits mit einem freundlichen warmherzigen „Schalom! Friede sei mit dir!“
Dina war wirklich aufs Höchste überrascht: Solch eine herzlichen Gruß hatte sie noch von keinem einzigen Juden außerhalb von Samaria vernommen!
Als die Samariterin daraufhin ihren Krug in den Brunnen hinab ließ, nicht, ohne einen heimlichen, schüchternen Blick auf jenen Fremden zu werfen, erkannte sie, dass Jesus ihr völlig gelassen zusah und Seinen Blick noch immer auf sie gerichtet hatte. So trafen sich ihre Augen, und der Rabbi sprach zu ihr: „Könntest du Mir auch etwas zum Trinken geben?“
Da konnte Dina mit ihrer tiefen Verwunderung nicht mehr an sich halten und fragte den Meister: „Wie?! Du, der Du doch ein Jude bist, bittest Mich, Dir zu trinken zu geben, obwohl ich eine Samariterin bin?! – und noch-dazu eine Frau! Ist das nicht für einen jeden Juden außerhalb Samarias gänzlich unter seiner Würde? Fürchtest Du nicht, von mir verunreinigt zu werden? – da wir in euren Augen doch verkommener als alle Heiden sind!“
Überdies aber war es den strenggläubigen Juden auch nicht erlaubt, überhaupt irgendeine fremde Frau in der Öffentlichkeit auch nur anzusprechen, weil dies als höchst anzüglich und anstößig galt. Darum versetzte dieser fremde Prophet, der sich offensichtlich über alle außerhalb Samarias aufgestellten Etiketten des Anstands, sowie alle in Israel geltenden Konvention hinwegsetzte, wahrhaftig in Staunen.
Jesus blickte ihr tief in die Augen und antwortete ihr: „Wenn du erst wüsstest, WER der ist, der dich um etwas Wasser bittet, und was für ein überreiches Geschenk Gottes Er DIR zu bieten hat, DU würdest IHN um Wasser bitten, und Er würde dir wahrhaftiges Lebens-Wasser geben, wonach dir doch im Eigentlichen schon immer so sehr verlangt! Bist du nicht in Wahrheit darum zu Mir heraus-gekommen?“
Dina stach es durch´s Herz, denn sie fühlte sich regelrecht wie nackt ausgezogen, gänzlich durchschaut; und es war nun selbst ihr nur noch allzu peinlich, von einem Wildfremden in so intimer Unmittelbarkeit angesprochen zu werden.
So versuchte sie jenem Angebot dieses Propheten, das zugleich eine ins Tiefste gehende Anfrage an sie war, auszuweichen und ihre Betroffenheit zu überspielen, indem sie scherzend erwiderte, als hätte sie nicht verstanden – oder besser: nicht hören und verstehen WOLLEN, worauf dieser Rabbi doch nur allzu-deutlich anspielte: „Aber werter Fremder! Du hast doch überhaupt nichts, womit Du mir Wasser schöpfen könntest! Und dieser Brunnen ist überaus tief! Wie willst Du da an den sprudelnden Quell jenes Wassers kommen?!“
Jesus aber blickte sie noch eindringlicher an; und ihr wurde es immer unangenehmer, dass Er Seinen Blick nicht von ihr wandte. Dann aber blieb ihr fast die Spucke weg; und ihr Herz begann ihr zu rasen. Denn da sprach dieser fremde Pilger sie doch mit einem Mal mit ihrem Namen an: „DINA! Du weißt doch ganz genau, dass Ich von einem anderen Wasser spreche!“
Und nun entsetzte sich Dina wirklich: War das tatsächlich ein Prophet? Woher nur kannte Er ihren Namen?! Und wer weiß, was jener wohl noch alles von ihr wusste, was ihr nur allzu unangenehm gewesen wäre!
(J)
Was konnte sie jetzt noch gegen-halten, um sich diesen so rücksichtslos in sie eindringenden Gottes-Mann auf Abstand zu halten? Sie wusste es schon: Sie musste Ihn zur Rede stellen, für wen Er sich denn eigentlich hielt, ihr hier solche Offerten zu machen.
So stellte sie Ihn; und es schwang etwas Abschätziges, Verächtliches in ihrer Anfrage mit: „Bist Du denn etwa MEHR als unser Vater Jakob, der Stammvater ganz Israels, der uns diesen Brunnen errichtet hat, dass Du uns ein besseres Wasser anbieten zu können glaubst, als das, was er selbst hier getrunken hat? – wie auch alle seine Kinder, seine Söhne und Töchter mit all ihren Familien und Knechten und all ihren Vieh-Herden, und das all die Nachkommen seines Lieblingssohnes Joseph von je her trinken, bis auf den heutigen Tag! Was für eine noch bessere Wasser-Quelle soll DAS denn sein?!“
Jesus aber antwortete Ihr: „Welche Seele auch immer von diesem Wasser hier trinkt, das aus diesem Brunnen hier kommt, der wird wieder dürsten; denn es ist nur irdisches Wasser, für den Leib. Welche Seele aber von dem Wasser trinken wird, das Ich ihr gebe, der wird wahrlich nicht mehr dürsten in alle Ewigkeit: denn es ist ein überirdisches, himmlisches Wasser, das sich in aller Seelen Herzen ergießen will und noch wird: es ist lebendiges Wasser für das Herz und für die Seele! Nämlich nichts, als die überschwängliche göttliche Abba-Liebe, welche die Gottheit zu wahrhaft allen Ihren Kindern hat!
Und diese Liebe ist so gewaltig und überströmend, so unauslöschlich und unversiegbar, was auch immer ihr tut, so kraftvoll und so mächtig, das, wer diese erst einmal gekostet haben wird, nie mehr nach irgendetwas anderem mehr verlangen wird, als nach solcher Liebe. Denn in Ihr wird aller Seelen inbrünstigster Durst wahrhaft gestillt.
Und welche Seele immer davon getrunken hat, der wird ihr eigenes Herz, das in dieser Liebe entzündet wird und brennt, zu einem eigenen übersprudelnden Quell-Born des Lebens werden, der niemals versiegt! Denn in solch ein Herz strömt dann die göttliche Liebe aus allen Ewigkeiten heraus, und ergießt sich über dies Herz in die Seele hinein, und das bis in alle Äonen der Äonen hinein, so übermächtig und gewaltig, dass es ein jedes so ergriffenes Herz selbst in Liebe überfließen lässt, so dass ein solches Herz auch vielen anderen zum Quell-Born des Lebens wird, und selbst sogar von einer solchen Seele Leib ausfließen werden Ströme lebendigen Wassers, das gar viele um sie herum aufrichtet, heilt, mit Leben erfüllt, aufblühen lässt und ihnen ewiges Leben bringt!“
Und als Jesus dies sagte, ergriff Er doch tatsächlich ihre Hand, und sprach zu ihr: „Ist es nicht das, was du schon so lange suchst und wonach dir im tiefsten Herzen verlangt?“
Als das geschah und Jesus Dina bei der Hand fasste, da wurde sie inwendig von solch einem Ansturm der Liebe erfasst, dass sie regelrecht körperlich wie von pulsierenden Wellen der Annahme und Wärme vom Kopf bis zu den Füßen durchwallt wurde, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und vor jenem fremden Rabbi in die Knie ging.
Und überwältigt von solcher Liebe seufzte sie: „Herr! Ich bitte Dich – ja, nun bitte ICH DICH: Gib mir doch allzeit solches Wasser, auf dass mich nimmermehr dürstet und ich nicht mehr rastlos, auf ewig unbefriedigt umgetrieben werde, letztlich doch gänzlich vergeblich irgendwo anders noch zu schöpfen!“
Und Jesus sprach zu ihr: „Ich will´s tun, immer und ewig! Und wer immer kommt, wann auch immer das sein mag und nach was auch immer eine Seele endlich dafür bereit wird und danach schließlich verlangt: Ich will´s tun; und sie soll empfangen – gänzlich UMSONST!“
(K)
Und Jesus richtete die Samariterin, Dina, wieder auf und sprach zu ihr: „Darum geh´ nun hin und ruf deinen Mann herbei und komme mit ihm wieder her!“
Da war Dina erneut aufs Höchste irritiert. Was war an ihr geschehen? Konnte dies denn ein Gesandter Gottes sein, wenn Er überhaupt nicht wusste, dass sie garnicht verheiratet war?! Und sie verwunderte sich: „Aber ich habe doch gar keinen Mann!“
Da lachte Jesus sie an, als könnte Er alle ihre Gedanken lesen, und erklärte: „Schön, dass du es von dir selbst aus zugibst! Denn ganz recht hast du geantwortet mit deiner Bekundung: »Ich habe doch gar keinen Mann!«
Denn wie viele Männer hast du bis jetzt gehabt? Fünf waren es, oder? Aber es waren alles nur Liebhaber, die dir allesamt keine rechten Ehemänner waren, und bei denen allen du nicht gefunden hast, was du eigentlich suchst!
Und so ist es auch bei deinem gegenwärtigen Lebensgefährten, der sich auch nicht fest an dich binden will, ebenso wenig, wie du dich an ihn, da auch er nicht wirklich das ist, was du letztlich suchst! – der EINE, der dir in Seiner Liebe diese absolute Geborgenheit schenkt, nach der du dich letztlich doch sehnst, der dich um deiner selbst willen liebt, so wie du in deinem Herzen eigentlich bist, nicht nur um deines aufreizenden äußeren Erscheinungsbildes willen, das überdies irgendwann vergeht!“
Da setzte sich die Samariterin neben Jesus auf den Felsvorsprung vor dem Brunnen und fragte überrascht: „All das weißt Du von mir?! Und trotz allem sprichst Du noch mit mir?! Da müsste ich Dir als strenggläubigen Juden und heiligen Gottesmann doch als eine verworfene lose Hure gelten, eine Dirne, die kein Sohn Israels außerhalb von Samaria auch nur eines Blickes würdigen würde, geschweige denn, dass er sie auch nur in seine Nähe ließe, um durch sie nur ja nicht verunreinigt zu werden!“
Jesus aber sprach zu ihr: „So mögen die Menschen urteilen, gerade die, die sich für die Rechtgläubigsten und für gar ach so fromme Kinder Israels halten mögen; aber nicht Ich: Denn Ich sehe die Herzen an.
Und wiewohl Ich in die Herzen aller Seelen blicken kann, verurteile und verdamme Ich doch nicht eine EINZIGE von ihnen! Denn ich bin nicht in diese Welt gesandt worden, um zu richten und zu verdammen, sondern vielmehr, um zu erretten und zu erlösen, was immer verloren ist! – seien es nun Juden oder Samariter, wie sie doch auch in Wahrheit beide Israeliten und Kinder Abrahams sind.
Und nicht einmal nur für diese bin Ich gekommen, für alle Kinder Israels ohne Unterschied, sondern für wahrhaft alle, ja, für die ganze Welt!“
(L)
Und Er sprach zu ihr: „Darum siehe! Ich kenne dein Herz, wie kein anderer, und weiß wohl, was du in all deinen Liebhabern gesucht und doch bei keinen von ihnen gefunden hast: die wahre, große, überschwängliche Bräutigams-Liebe, in der sich dein Herz restlos bergen und in die sich deine Seele rückhaltlos fallen lassen kann voll Zuversicht und Vertrauen, niemals, aber wirklich auch NIEMALS enttäuscht oder abgewiesen oder auf´s Neue verlassen zu werden! Das hast du wahrlich bei keinem finden können, nicht einmal bei dem einen, der Mir wie ein Zwilling glich!“
Und Dina war auf´s Neue über die Maßen überrascht. Tatsächlich hatte jener Prophet sie beim Näherkommen an einen ihrer ehemaligen Liebhaber erinnert, einen überaus gut-aussehenden Juden mit Namen Thomas, der jedoch nichts auf irgendwelche göttlichen Gebote gab und sein Leben in vollen Zügen genossen hatte.
Der war ganz anders als all die anderen gewesen, die sie zuvor hatte, konnte – oder WOLLTE ihr vielmehr – aber letztlich doch auch nicht das geben, was sie gesucht hatte. Von einem Tag auf den anderen war er plötzlich ohne jedweden ersichtlichen Anlass oder Grund auf Nimmerwiedersehen verschwunden, obwohl er ihr noch am Vortag seine heiße, innige Liebe versichert hatte!
Zu diesem einstigen Liebhaber der Dina hatte dieser fremde Gottesmann aus Israel tatsächlich eine verblüffende Ähnlichkeit; und doch, das merkte sie sofort, ging von Ihm eine ganz andere, weit wärmere Ausstrahlung aus, so dass ihr ihre erste Assoziation sogleich völlig unzutreffend erschienen war.
Dina gestand überrascht: „Woher weißt Du dies alles von mir?!“ Und sie verhehlte Ihm nicht, da er ohnehin alles über sie zu wissen schien: „Ich war schon bei manchen Sehern und Wahrsagern in Samaria, aber keiner hat mich auch nur ansatzweise so erkannt, wie Du! Du musst wahrlich ein großer Prophet Gottes sein!“
Und Jesus antwortete ihr: „Fürwahr, das bin Ich. Darum kann Ich dir auch zum Weg und Tor zu dem wahren Herzens-Bräutigam werden, den deine Seele in Wahrheit so verzweifelt sucht und doch nirgends gefunden hat Nun sollst du Ihn sehen und finden: Und DER wird dir zur neuen Stätte deiner ganzen Liebe und Anbetung werden und die heilige Bergung bringen, nach der dein Herz im Tiefsten so sehr verlangt.“
(M)
„Du scheinst tatsächlich ein gewaltiger Prophet Gottes zu sein!“, wiederholte Dina aufs Neue, „und offensichtlich nicht nur für die Juden außerhalb Samarias, die sich für die einzigen wahren, rechtgläubigen Israeliten halten, sondern auch für uns, die Nachkommenschaft des Joseph aus Ephraim und Manasse, die Samariter!
Darum sage mir doch bitte: Wo finde ich diesen Ort der Bergung, der mir – und wohl auch aller Welt, wenn ich Dich recht verstehe – zum Urquell ewig frischen Lebenswassers werden kann, so dass jener herrliche Ort mir zu einer Stätte überschwänglicher Verehrung und Anbetung wird?
Siehe: Wir Samariter meinen, es wäre unser heiliger Berg Garazim, der sich vor uns hier über Sichem erhebt, welchen Josua, der Knecht des Mose, den Kindern Israel als allerersten Ort zur Gottes-Begegnung geweiht hat; alle übrigen Juden aber meinen, es wäre der Tempel in Jerusalem, welchen erstmals der Sohn Davids der Bundeslade des HERRN errichtet hat, obwohl sich in dem neuen Gotteshaus, welches unter Esra dem HERRN wieder auferbaut worden ist, der Gnadenstuhl des Höchsten Israels doch schon längst nicht mehr befindet! Wo also ist der rechte Ort der Anbetung Gottes, wo man Ihn wirklich noch finden kann?“
Jesus aber lehnte sich zurück und erklärte: „Siehe, ihr beansprucht für euch, Gott, den HERRN, allein wirklich zu kennen und die wahre Wohnstätte zu wissen, wo Er allein wahrhaftig gefunden werden kann; und ihr beansprucht DIESEN Ort hier ALLEIN für EUCH – ebenso wie die übrigen Juden IHREN Ort für SICH ALLEIN beanspruchen: nämlich IHR Heiligtum in Jerusalem. Damit aber verkennt ihr Samariter den Braut-Gemahl eurer Seelen ebenso, wie die übrigen Juden es tun. Und so verehrt ihr in gleicher Weise, wie alle übrigen Israeliten, was ihr in Wahrheit überhaupt nicht kennt! Allein, die in ihrem Herzen von der göttlichen Liebe berührt worden sind: die wissen, was sie anbeten und wo Er zu finden ist.
Es stimmt zwar: Das Heil Gottes ersteht aus euch allen, aus dem Geschlecht Israels, den Juden; und doch erkennt ihr es alle nicht! Denn es kommt weder für die Samariter ALLEIN, noch für die übrigen Juden ALLEIN, sondern für euch wahrhaft ALLE – und ebenso für die ganze übrige Welt!
Darum wird einstmals unter diesem Heil, das nunmehr aufstrahlen wird über wahrhaft ALLEN, schließlich die wahre Wohnstätte der Anbetung auch weder allein hier, auf eurem heiligen Berg Garazim, noch allein auf dem Berg Zion in Jerusalem zu finden sein, sondern überall auf der Welt – an keine bestimmte heilige Kultstätte und an keinen alleinigen Ritus oder an irgendwelche bestimmten Zeiten, Sabbate und Neumonde gebunden, ja, nicht einmal mehr an einen einzigen Gottes-Namen und -Hoheitstitel mehr, noch an irgend ein Gleichnis und Bildnis, das ihr euch von der höchsten Kraft gemacht habt!
Sondern es wird vielmehr so sein: die göttliche Liebe wird einem jeden Herzen sichtlich zugetan sein, das einzig und allein nur noch danach verlangt und sich verzehrt! Und wo immer eine schmachtende Seele danach lechzt, wie eine Hirschkuh nach frischem Wasser: die soll fündig werden, dass sich die göttliche Liebe direkt und unmittelbar in ihr eigenes Herz ergießt, dass es einer so verlangenden Seele selbst zum inwendigen Quell-Born des Heils werden wird, durch welches sie den Liebesruf ihres göttlichen Gemahlen hört.
(N)
Und so wird sich die göttliche Liebe in ein jedes Herz ergießen, das nur noch danach verlangt; und Sie wird zu einer jeden Seele selbst sprechen, zärtlich und voll Liebe, wie ein Bräutigam zu seiner Braut oder wie ein väterliches, ja, mütterliches Herz zum Herzen ihres Kleinen, da sich nämlich euer aller Bräutigams-Seele bald wahrhaft alle Seelen durch einen undenkbar hohen, unübertrefflichen Braut-Preis erworben haben wird.
Und welche Seele dies immer erkennen wird, was es die Gottes-Seele sich kosten ließ, euch alle wieder zu gewinnen, die wird in dieser unüberbietbaren Liebe aufleben – denn ihr eigenes Herz wird ihr zur Wohnstätte und zum Heiligtum und zum Tempel der göttlichen Liebe werden, zu einem inneren Raum innigster Herzensbegegnung, der dann wahrhaft allen Seelen vorbehaltlos und ewig offen-stehen wird – zu einen Quell-Born all Ihrer Liebesströme, die sich dann aus allen Ewigkeiten in solch ein davon gänzlich erfülltes, brennendes Herz ergießen werden, das solche unaussprechliche Liebe darüber hinaus aus jenem Herzen quellen muss in die ganze Welt hinein.
Das ist das Lebenswasser, das auszugießen Ich gekommen bin – in ein jedes Herz hinein, das danach verlangt, hinlänglich, ob es das Herz eines Samariters oder eines anderen Juden oder gar das eines Heiden ist, der Meine Liebe an einer nochmals anderen Kultstätte unter einem nochmals anderen Namen, Gleichnis oder Gottesbild verehrt.
Denn siehe, Dina: Gott ist Geist; die Gottheit ist die Heilige Ruach, in der alles auflebt und webt und ist; und Sie wohnt in den Herzen aller und verlangt sehnsüchtig danach, in allen Herzen wieder aufflammen zu können – unabhängig von Ort und Zeit und Name und Gleichnis und Bild. Denn die göttliche Kraft ist frei und erhaben über all dem und an nichts davon gebunden! Darum werden die wahren Gottes-Anbeter auf all das auch nichts mehr geben, weil sie erkennen: Das einzige was zählt, worauf es ankommt, ist, dass die Gottheit von Herzen im Herzen angebetet wird, aus der Kraft Ihrer Liebe heraus, die alle Herzen entzünden will und alles bewegt.
(O)
Darum wird gar bald die Zeit kommen, und siehe, sie ist schon da, da werden die wahren Anbeter die göttliche Abbaschaft im Geist und in der Wahrheit anbeten, in nichts als in der Liebe, wie denn der allmächtige Abba nichts anderes als Geist und Wahrheit und nichts als Liebe ist und sucht und will.
Darum kommt es nicht darauf an, wo und wann, an welcher Kultstätte und unter welchem Ritus, unter welchem Namen, Gleichnis und Bild du die Gottheit anbetest; entscheidend ist, ob du Sie in einem von Ihrer Liebe entzündeten Herzen anbetest im Geist und in der Wahrheit, welche weder orts- noch zeit-gebunden, wie auch gänzlich namen- und gestalt-los ist und sich doch jederzeit und überall auf Erden unter gar vielen Namen, Gleichnissen und Gottesbildern finden lässt, wo immer die göttliche Liebe verehrt wird – denn Sie ist wahrhaft reich für alle!
So wird dies allein die neue Wohnstätte, das Heiligtum und der Tempel der Gottheit sein: die Herzen aller Ihrer Kinder, in welchen Sie selbst Wohnung nehmen will und die Sie sich selbst durch Ihre liebende Gegenwart noch alle heiligen wird!
Und da wird nicht mehr Jude oder Samariter oder Heide, auch nicht mehr Mann oder Frau oder sonst irgendein Unterschied in Form von Lebensführung oder Gottesverehrung irgendeine Rolle spielen, als allein nur noch das Verlangen nach der göttlichen Liebe selbst, die aber wahrhaft allen ohne jeden Unterschied in gleicher Weise gilt, wie gut oder schlecht, richtig oder falsch, angemessen oder unangemessen diese auch immer aus dieser Liebe schon zu leben vermögen!
Und wer immer irgendetwas von dieser Liebe gekostet hat, der wird sich unterstehen, zu einem anderen Anbeter solcher Liebe zu sprechen: »Raka! Du gottloser Narr! Erkenne auch du endlich den wahren HERRN!« Denn dies wird allen wahren Gottes-Anbetern nur allzu deutlich werden, wenn die göttliche Liebe, die sich in aller Seelen Herzen ergießen will, diese alle erst überführt haben wird, das sie alle miteinander unterschiedslos doch in gleicher Weise völlig unzulänglich und gnadenbedürftig sind und ihnen allen dieselbe unverlierbare, unversiegbare ewige göttliche Liebe gilt, da alle, was immer sie sein und getan haben mögen, was immer sie noch werden und tun mögen, doch bleibend Kinder dieser Liebe sein müssen und auch sind.
Denn dazu bin Ich gekommen, dem gütigen Abba wahrhaft aller ein neues liebes-trunkenes Geschlecht zu erwecken, das von nichts anderem mehr wissen will, als von der göttlichen Liebe, die wahrhaft allen unterschiedslos unverlierbar gilt, an welchen Orten und zu welchen Zeiten und unter welchen Namen, Gleichnissen und Bildern Sie auch immer gesucht und verehrt wird, und die sich selbst noch alle zurechtbringen und an Ihr Herz ziehen wird, selbst sogar auch noch alle Undankbaren und Bösen und all die, die von Ihr nichts wissen wollen oder sogar gegen Sie aufbegehren und streiten, wie es momentan selbst in ganz Israel außerhalb Samarias noch ist.“
(P)
Da sprach die Samariterin zu Ihm: „Siehe, wir warten auf den »Taheb«, den »Wiederhersteller« der wahren göttlichen Ordnung, sowie von allem, der ganz Israel wieder zusammenführen und alle Kinder Jakobs wieder miteinander versöhnen wird, welchen der Rest Israels als seinen »Messias« herbeisehnt, der uns das alles lehren wird, …“ – und es war nur allzu deutlich, dass in Dinas Feststellung die Frage mitschwang, ob wohl Er dieser EINE war, den Samariter wie Juden erwarteten.
Und der Meister bestätigte ihr: „Ja, fürwahr: Ich Bin´s, der mit dir redet!“
(Q)
Unterdessen kamen Seine Jünger vom Markt zu dem weiten Platz zurück, wo der Quell-Brunnen des Jakob stand; und sie verwunderten sich, dass ihr Rabbi mit einer Samariterin sprach – nicht nur, weil sie den Abtrünnigen Israels angehörte, sondern überdies, weil es eine Frau war. Denn es war den Juden nicht gestattet, in der Öffentlichkeit mit einer Fremden zu reden; und es galt allen frommen Juden als höchst unanständig und über alle Maßen anzüglich und anstößig.
Es wagte aber keiner von ihnen, den Meister deswegen zur Rede zu stellen, nachdem der Herr inzwischen doch selbst Frauen von einstmals zweifelhaften Ruf in Seine Gefolgschaft aufgenommen hatte, wenngleich es ihnen allen aufstieß, dass Er sich nunmehr ganz offensichtlich auch noch offenherzig gegenüber den verworfenen Samaritern zeigte.
Allein Judas Thomas, den alle »Didymus«, »Zwilling«, nannten, weil Er dem Herrn zum Verwechseln ähnlich sah, war beim Anblick der Samariterin noch mehr geschockt, als sie alle, weil er Dina freilich, schon von Ferne, sofort wieder-erkannte. Und er versteckte sich kleinlaut und betreten hinter seinen über ihren Meister murrenden Brüdern, um nicht von ihr erspäht zu werden.
Gott sei Dank stürmte Dina dann aber, von überschwänglicher Freude und Begeisterung erfüllt, von ihrem Meister davon in die Stadt; und sie war dabei so aufgeregt, dass sie sogar ihren Krug auf dem Felsvorsprung des Brunnens stehen ließ.
Dina aber eilte in die Stadt und erzählte allen, was ihr widerfahren war, indem sie sprach: „Seht, da ist ein Gottesmann aus Israel, der mich doch nicht verachtete oder in irgendeiner Weise abschätzig behandelte, sondern ehrte, wie eine geliebte Schwester, obwohl ich doch eine Samariterin und überdies ein Weibsbild bin! Und so begegnete Er mir, obwohl Er, wie sich´s zeigte, wirklich alles über mich wusste, wie es nur ein Prophet Gottes wissen kann! Und trotz allem verurteilte Er mich doch nicht, obwohl mein Lebenswandel allen strenggläubigen Juden außerhalb von Samaria doch als höchst verwerflich gelten muss! Doch in Ihm begegnete mir nichts als vorbehaltlose Annahme und, ja: Liebe! – ohne auch nur die geringste Spur eines Vorwurfs oder irgendwelcher Vorhaltungen!
Auch erklärte Er mir, dass die göttliche Liebe nicht danach fragen würde, an welchem Ort und unter welchem Ritus man Sie suchen würde, sondern überall einem jeden Herzen begegnen würde, das nur nach Ihrer Bergung verlangt, hinlänglich ob es die Seele eines Samariters oder eines anderen Juden wäre! Denn Er verkündet, die göttliche Abba-Agape liebte alle vorbehaltlos gleich!
So kommt schnell und lasst uns sehen, ob dieser, der aus Israel zu uns geflüchtet zu sein scheint – denn Er deutete an, sie hätten Ihn wohl nicht anerkannt, – ob dieser nicht der große Taheb ist, dessen Kommen wir alle ersehnen und seit unerdenklich langer Zeit erflehen, wie auch der ganze Rest Israels!
Denn noch niemals in meinem Leben habe ich jemanden so zu Herzen gehend reden hören, wie diesen! Und auch, wenn Er außerhalb Samarias in Israel erstanden ist, so scheint Er mir nicht wirklich aus Israel zu sein! Denn Er weiß Dinge, die nur der Himmel wissen kann!“
Da machten sich viele auf, um Ihn zu sehen, und folgten dem Ruf der Dina. Denn wenn sie außerhalb Samarias in ganz Israel auch als lose Dirne verachtet worden wäre, so genoss sie in Sychar wegen ihrer Herzensweite und Barmherzigkeit gegenüber den Armen, Mittellosen und Bedürftigen doch großes Ansehen.
Darum schenkte man ihrem Zeugnis auch Glauben; und so verbreitete sich ihre Kunde von jenem ganz außergewöhnlichem Mann, der wohl aus Judäa zu ihnen nach Samaria geflohen war, in Windeseile in ganz Sychar und darüber hinaus wie ein Lauffeuer auch in Sichem und in der ganzen Umgegend.
Und so kam es, dass binnen kürzester Zeit immer mehr Volk Samarias herzu strömte und sich schnell der ganze geräumige Platz am Brunnen des Jakob so anfüllte, dass Jesus mit Seiner Gefolgschaft auf den Berg Garazim entweichen musste, wegen der unzähligen Menschenmengen, die von allen Seiten herbei strömten.
Die Jünger aber sprachen zu ihrem Meister: „Rabbi! Wir haben nun Speise besorgt! Willst Du Dich nicht erst einmal zurückziehen und Dich stärken?! Wann haben wir das letzte Mal essen können!“ Denn schließlich hatten sie Jerusalem und Judäa fluchtartig verlassen müssen, da man Ihm dort nach dem Leben getrachtet hatte.
Er aber sprach zu ihnen: „Wie könnte Ich jetzt an Essen und Trinken denken?! – wo so viel Volk zusammengeströmt ist, das noch einmal ganz anders und weit mehr darbt als wir, und das nach wahrer Speise und Sättigung verlangt!“
Da fragte Ihn Levi Matthäus: „Meister! Bist Du denn etwa schon verköstigt worden?“ Denn er meinte, vielleicht hätte Ihm jene Samariterin etwas zu Essen gebracht. Er aber sprach: „Ja, fürwahr: Hier fand Mein Herz die Köstigung, nach der ihm verlangt! – aber von einer anderen Art, als wie ihr sie kennt
Denn seht: Das ist Mir wahre Speise und das ist Mir wahrer Trank, wenn Ich den Willen Dessen tun kann, der Mich gesandt hat, und wenn Ich das Werk vollbringen kann, wofür Er Mich in diese Welt kommen ließ, und wenn Ich Herzen finde, die´s auch annehmen wollen, so dass Ich sie heilen und erlösen kann!“
Und dies war eigentlich auch nur allzu verständlich, dass, nachdem Jesus in Galiläa und Judäa nur noch erbitterte Ablehnung erfahren hatte, es Ihn zutiefst beglückte und erfüllte, aufrichtete und stärkte, endlich aufgeschlossene Herzen zu finden, die sich nach Seiner Botschaft verzehrten, dass Ihm angesichts der Unzähligen, die Ihn hier hören wollten, nicht mehr nach essen und trinken war, und es ihm inwendig weit vorzüglichere Speisung war, wenigstens hier endlich Aufnahme zu finden und Seelen für die göttliche Liebe gewinnen zu können. Denn der Eifer für die Sache des HERRN hatte Ihn vollends eingenommen und erfasst.
Die Jünger aber waren immer-noch höchst skeptisch und bangten untereinander: „Hoffentlich schlägt nicht auch hier noch die erste übergroße Begeisterung in abgrundtiefe, verächtliche Ablehnung um!“
(R)
Als aber immer mehr Menschen herbei-strömten, so dass der ganze Berg Garazim sich mit verlangenden Herzen füllte, ebenso wie auch das Tal, bis zum Berg Ebal hin, da sprach Jesus zu Seinen Jüngern: „Schaut nur! Wenn ihr die ersten Triebe auf den Feldern aufgehen seht, sprecht ihr da nicht voll Verzückung zueinander: »Seht nur! Es sind noch vier Monate bis zur Ernte! Aber seht nur, wie reich sie wohl dieses Jahr ausfallen wird!« Und nun schaut euch um! Hebt eure Augen auf und blickt um euch! Seht ihr nicht die prallen, weißen Ähren, jetzt schon reif zur Ernte, so weit das Auge reicht?!
Daran seht ihr: Wer immer sät: Es wird niemals vergebens sein! Und glückselig, wer ernten darf, denn er darf Frucht einsammeln zum ewigen Leben hin! Aber freuen werden sich beide darüber: der, welcher einstmals gesät hat, wie der, der es hernach ernten darf. Und erfüllt sich hier nicht unübertrefflich das Sprichwort: »Der eine sät; aber ein anderer wird ernten«? Und doch: Wahrlich, Ich sage euch: Es sollen sich beide an der Ernte erfreuen: Jene, die gesät haben, wie die, die es einfahren dürfen!
Seht also und erkennt es endlich: So ist es um die Pflanzungen in diesem Land in Wahrheit bestellt, die ihr in eurem Über-Eifer, blind durch eure Vor-Urteile, zunächst als Unkraut verachtet habt und mit Stumpf und Stiel ausgerissen und in verzehrendem Feuer aufgehen sehen wolltet!
Denn es waren fürwahr nicht eure Propheten, die zum Rest Israel gesandt worden sind, die hier gesät haben, sondern andere Seher und Rufer, welche Mein Abba sich selbst sehr wohl auch hier, aus Samaria, erweckt hat, dass auch sie, die Samariter, es hören und aufnehmen konnten. Und diese haben auch hier den Boden wohl recht zubereitet und besät! So dürft und könnt ihr nun mit Mir hier ernten und einfahren, was andere vor Uns hier ausgesät haben, die ihr verachtet habt, die aber doch, wie sich´s nun augenscheinlich erweist, ebenso von Meinem Geist bewegt und geleitet worden sind, um auch hier alles auf Mein Kommen zuzubereiten.
Darum lernt daraus und hütet euch künftig, vorschnell abzuurteilen und zu verwerfen und überall gleich Abtrünnigkeit und widergöttliche Wucherungen auszumachen, wo die göttliche Liebe auf andere Weise verehrt, aber doch recht aus Ihr gelebt wird, auch wenn euch dies nicht vertraut ist, auf dass ihr nicht niederreißt und verbrennt, was doch ebenso eine Pflanzung Gottes ist, die aufgegangen ist durch die Mühen anderer, die vor euch dort bereits ausgeteilt und gesät haben, auf dass ihr nicht nieder- und zunichte-macht, was doch vielmehr schon überreif zur Ernte ist, auf dass es nur noch eingeholt und eingefahren werden muss!
Darum hört, was Ich euch sage: Ihr werdet gar mancherorts schon gleich ernten dürfen, wo ihr nicht ausgesät habt! Andere haben sich dort bereits abgemüht und wohl rechten Samen ausgestreut; und euch wird ihre Arbeit zugute kommen, wenn ihr´s nur zu würdigen wisst und erkennt. Dann könnt ihr als Ernte einfahren, was andere vor euch ausgesät haben, und dann wird eure Ernte überreich sein! – zu eurer Freude, wie zur Wonne derer, die vor euch ausgesät haben!“
(S)
Und Jesus begann, vom Berg Garazim hinunter zu allem Volk zu sprechen, das sich dort bis hinüber zum nördlich gelegenen Berg Ebal versammelt hatte – genau, wie es einstmals bei Josua war, der ihnen hier vorzeiten die Bedeutung der Thora dargelegt hatte. Und der Meister sprach zu ihnen vom Reich Gottes in vielen Gleichnissen und Bildern, ebenso, wie Er es in Galiläa und Judäa und im Tempel von Jerusalem getan hatte. Und alle Samariter, die zusammen-geströmt waren, hörten Ihm aufmerksam zu und waren von Seinen Worten zutiefst beeindruckt.
Freilich hatte Dina in der Zeit, wo Jesus zu allem Volk redete, irgendwann den Thomas, ihren ehemaligen Liebhaber, im Kreis der Jüngerschaft des Herrn entdeckt. Sie unterließ es aber, zu ihn zu gehen, da sie ihn nicht vor seinen Brüdern wegen seiner unrühmlichen Vergangenheit kompromittieren wollte. Er schien ihr auch ein ganz anderer geworden zu sein; und ihr genügte es, dass er ihr mit einem betretenen, schuldbewussten Lächeln zunickte, als sich ihre Blicke einmal trafen, als wolle er sie für alles um Vergebung bitten, was er ihr einstmals angetan hatte, dass er sie einfach Hals über Kopf ohne irgendeinen ersichtlichen Grund verlassen hatte.
Und ihr war inzwischen bewusst, dass er damals wohl noch garnicht anders handeln konnte, ehe auch er diesem Jesus, dem Taheb, begegnet war. Denn schließlich war es ja auch bei ihr nicht viel anders, ehe die Liebe dieses Gott-Gesandten sie gefunden und auch für sie alles grundlegend geändert hatte. Denn in Jesus hatte sie nunmehr endlich gefunden, was sie immer gesucht hatte; und sie wollte ihr Leben darum fortan ganz ihrem endlich gefundenen Erlöser weihen, von Seiner unberschreiblichen Liebe so vollends erfüllt und gänzlich überwältigt, dass sie nicht einmal mehr nach einem Ehemann Verlangen hatte!
So nickte auch Dina dem Thomas zu, und ihre strahlenden Augen verrieten ihm wohl, dass sie ihm alles von Herzen verziehen hatte. Denn es entging ihr nicht, wie er erleichtert aufatmete, als wäre er von einer drückenden Last befreit worden.
Aber all das war nun wirklich vergeben und vergessen, denn für sie gab es nur noch EINEN: diesen Herrn; und alles andere spielte keine Rolle mehr und wahr bedeutungslos geworden; und die Vergangenheit gehörte nunmehr wirklich der Vergangenheit an. Denn diesem Jesus aus Nazareth gehörte nunmehr ihre ganze Liebe und Verehrung.
(T)
Als der Tag sich schließlich seinem Ende zuneigte, baten die Samariter Jesus, bei ihnen zu bleiben und ihnen in den nächsten Tagen noch mehr vom Reich Gottes zu künden. Und schließlich rissen sich alle gänzlich darum, Ihn oder wenigstens Seine Anhänger in ihre Häuser aufnehmen zu dürfen und boten ihre Gastfreundschaft an – hier im Herzen von Samaria, in dem Land, wo man Ihm und den Seinen bei Seiner ersten Durch-Reise selbst gegen Bezahlung Herberge und Unterkunft verweigert hatte. Und so blieb Jesus noch weitere zwei Tage in Sychar und kündete ihnen die Liebe Gottes und heilte alle ihre Kranken.
Am dritten Tag aber sprach Er abschließend in Seiner Abschiedsrede zu ihnen: „Hört dies: Wie es Joseph, eurem Stammvater, dem Liebsten Israels und Gottes, erging, ebenso wird es auch dem Menschensohn ergehen: Er wird von Seinen eigenen Brüdern, allen Söhnen Israels um Samaria herum, verachtet und verstoßen werden, gleichwie ihr. Man wird ihn als dämonisch besetzten Samariter beschimpfen und bespucken und am Ende sogar zu töten und auszutilgen suchen und schließlich für dreißig Silberlinge verraten und verkaufen, wie es auch mit eurem Stammvater, dem Joseph, geschah.
Und wie Joseph in einen tiefen Brunnen geworfen, dann aber wieder von dort herausgeholt wurde, so wird auch des Menschen Sohn in die Tiefe der Erde geworfen werden, aber gleichfalls von dort wieder heraus kommen. Und Er, der von Seinen Brüdern verachtet und verstoßen wurde, wie einst schon Joseph: Er wird von Gott, gleich euerem Stammvater, erhöht werden über wahrhaft alles.
Und Seine Brüder, die Ihn einst zu Tode bringen wollten, werden als Bittsteller vor ihn treten und auf ihre Knie fallen müssen und voll reuigem Herzen um Gnade flehen müssen. Zuvor aber werden sie schwere Züchtigung erfahren müssen, dass sie ebenso in Gruben geworfen werden und in schlimmste Kerkerhaft kommen, wie sie es ihrem Bruder zugedacht hatten, welcher doch der Erwählte Gottes war.
Aber wenn sie dann endlich darüber zur Besinnung kommen und ihre einstigen allerschlimmsten Untaten bereuen, wird Er sich ihrer erbarmen, wie Er auch von Anfang an keineswegs auf Rache und Vergeltung aus war, sondern insgeheim um Seine Brüder weinte in allertiefster Bekümmernis seines Herzens, wie es auch bei Joseph war, der sich auswendig zwar fremd und gar hart gegen sie stellte, inwendig aber zutiefst aufgewühlt und von Mitleid ergriffen war.
Und wenn sie dann über ihr einstiges Verbrechen allertiefste Reue empfinden und ihre ehemalige Untat beweinen, um derentwillen so viel Unheil am Ende über sie selbst gekommen ist, dann wird Er sich ihnen endlich zu erkennen geben können, dass ER es IST.
Dann wird Er ihnen alles vergeben, was sie Ihm angetan haben und ihnen erklären: »Hat nicht der Höchste, der doch unser aller Abba ist, nicht all das Böse, das ihr verbrochen habt, in Seiner unermesslichen Weisheit und Güte und in Vorkenntnis aller Dinge, zum Besten hin gewandelt, dass Er Mich, den ihr verstoßen habt, dadurch zu euer aller Rettung und Erlösung hat werden lassen? – aber nicht nur für euch allein, sondern für wahrhaft alle! Darum grämt euch nicht länger über alles, was ihr aus Unwissen und Unverstand verbrochen habt, und vergebt euch selbst, wie auch Ich und Mein Vater euch alles längst vergeben haben!«
(U)
So wird es mit dem Menschensohn ebenso wie mit eurem Stammvater Joseph sein, dass Er mit sich und Gott versöhnt wahrhaft alle. Darum wird jener auch rechtens von euch als der »Taheb« verehrt und erwartet, nämlich als der »Wiederhersteller« und Versöhner von wahrhaft allem!
Und da Er wahrhaftig der »Taheb« ist, wird Er auch den tiefen Riss heilen, der zwischen euch, den Samaritern, und dem Rest Israels besteht, die ihr doch alle Kinder Abrahams und Israels und untereinander Geschwister seid! Er wird den Riss heilen und so wieder zusammen-führen, was doch zusammen-gehört, auf dass es wieder EINE Herde unter EINEM Hirten sei! Er wird den tiefen Riss heilen und die ganze Familie Israels in Seiner Umarmung von allen wieder zusammenbringen in der Versöhnung, welche Gott, der Höchste Israels, in Ihm für alle aufgerichtet hat – nicht allein für alle Kinder Israels, sondern für alle Kinder Gottes in der ganzen Welt!
Wenn ihr also an diesen »Taheb« glaubt und Sein Hervortreten herbei-sehnt, jener, der sich mit ALLEN Seinen Brüdern aussöhnen will, wie es auch Joseph getan hat, und der alle in Seine Versöhnung bringen will, dass sie auch untereinander Frieden schließen und wieder eine einträchtige Gottes-Familie werden, dann seid auch ihr gehalten, euch auszusöhnen mit allen anderen Kindern Israels.
Wenn ihr also dem »Taheb« folgen wollt, dessen Gegenbild bereits euer Stammvater Joseph ist, so seid auch ihr gehalten, jene zu lieben, die euch jetzt noch hassen, und all jene anzunehmen, die euch jetzt noch verstoßen und verachten, wie auch Er, euer »Taheb«, sie liebt, obwohl sie Ihn jetzt noch hassen, und sie noch alle annehmen will, obwohl sie Ihn doch alle verachtet und verstoßen haben.
Und darin werdet ihr euch als die wahren Kinder Josephs und Israels und Gottes erweisen, wenn ihr alle eure Geschwister liebt, auch wenn sie euch hassen, und für sie betet, obwohl sie euch fluchen, wie es auch einst euer Stammvater getan hat und ebenso euer »Taheb« tun wird, der nicht allein euer Erlöser ist, sondern der von ganz Israel in seiner ganzen Vollzahl, ja, und darüber hinaus für alle Welt!
So erkennt: Der »Taheb« will die göttliche Liebe bringen und aufrichten unter euch und wahrhaft allen! Er will alles wieder herstellen und miteinander versöhnen: alle Menschen mit ihrem Gott, wie darüber auch alle Menschen untereinander, was auch immer sie gewesen sein mögen und Ihm und einander angetan haben mögen: Er will sie alle mit sich, wie auch untereinander versöhnen und wieder zusammenbringen und vereinigen in Seiner unversiegbaren Liebe gegen wahrhaft alle.
Und wenn ihr dies von eurem »Taheb« glaubt und erkennt und danach handelt: Wahrlich, Ich sage euch: dann werdet ihr Ihn bald erhöht sehen, gleich dem Joseph, aber noch ungleich höher als diesen bis hin zum Gott über alles. Denn hier ist mehr als Joseph! Und Er ist der EINE über aller Welt!“
Als das die Samariter von Ihm hörten, da glaubten viele von ihnen an Ihn, dass Er Ihr »Taheb« sei, wie auch der »Messias« der übrigen Juden: der »Christus«, der »Gesalbte« Gottes, der alles wiederherstellen und würde und wieder vereinigen könnte.
Denn in diesen Tagen war nämlich ganz Israel in unzählige Parteiungen zersplittert und zerrissen: Da waren einmal die Pharisäer, wobei diese Rabbiner wiederum in zwei Lager gespalten waren, nämlich in die Schule Hillels und die Schammais, welche allesamt aber wiederum in Opposition zu den Sadduzäern standen, der aristokratischen Priesterschaft in Jerusalem, von der sich ihrerseits die puritanische zadokidische Priesterschaft der Essener abgespalten hatte, weiter die Zeloten, welche das Land mit Gewalt von der verhassten römischen Besatzungsmacht befreien wollten, und in allen Römer- und Griechen-Freunden, wie den Zöllnern, die für Rom die Steuern eintrieben, sowie in allen liberal eingestellten Juden, die dem hellenistischen Ansichten zugeneigt waren, allerschlimmste Abtrünnige sahen, die es noch erbitterter, als die Heiden, zu bekämpfen galt; und dann schließlich noch der tiefe Riss zwischen den Samaritern und dem ganzen Rest Israels, die sich gegenseitig als Abtrünnige betrachteten und aufs Erbittertste miteinander verfeindet waren.
Ja, ganz Israel glich fürwahr einer gänzlich zerstreuten Herde ohne einen wahren Hirten, der es verstanden hätte, sie alle wieder zusammen zu führen! So war ganz Israel nicht nur von außen aufs Übelste bedrängt, sondern auch inwendig vollends zersetzt und hoffnungslos zerstritten – in einer Weise, dass es tatsächlich eines göttlichen Erlösers bedurfte, um das jüdische Volk unter seinem EINEN Gott und Herrn wieder zu einen.
(V)
Als Jesus so am dritten Tage zu ihnen gesprochen hatte, erklärte Er, dass Er nunmehr wieder aufbrechen müsse, um Seine Mission erfüllen zu können, für die Er in diese Welt gesandt worden war. Und viel Volk begleitete Jesus und Seine Gefolgschaft bis an die nördlichen Grenzen Samarias, zum Karmel und zum Mittelmeer und nach Syro-Phönizien hin; und überall, wo Er in Samaria mit ihnen allen hinkam, predigte Er ihnen das Evangelium von der unversiegbaren Liebe Gottes, Seines Vaters, zu unterschiedslos allen; und Er heilte alle Kranken und Gebrechlichen, die zu Ihm gebracht wurden.
Und ganz Samaria frohlockte: „Wahrlich: Unser aller Heiland und Erlöser ist nunmehr gekommen!“ Und sie beschworen Ihn, doch in Samaria zu bleiben.
Er aber erklärte ihnen: „Lasst Mich! Denn ich muss den Weg gehen, den Mein Vater Mir bestimmt hat, wie auch Joseph den Weg gehen musste, der ihm bestimmt war – Mir voraus und euch allen zum prophetischen Vorzeichen. Denn hier ist mehr als Joseph!
Darum lasst alles so kommen und geschehen, wie es von Ewigkeit her ersehen und beschlossen worden ist, auf dass es aller Welt offenbar werde, wie die über allem erhabene himmlische Güte auch das allerschlimmste Übel noch zum Besten wendet und alles Böse noch überwindet. Darum wehrt all dem nicht, und greift auch nicht ein, was immer noch kommen mag, sondern beobachtet und bestaunt, was an Heil der Höchste aus all dem noch werden lässt für wahrhaft alle, was nun bald anhebt und kommt.“
Und als Jesus sich von allen Samaritern, die Ihn bis an ihre Grenze begleitet hatten, verabschiedete, tat Er dies freilich in ganz besonders herzlicher Weise von Dina, die Er innigst umarmte, wie eine Schwester, und ihr sogar zärtlich auf die Stirn küsste, wie es ein Bräutigam bei seiner Braut tut und wie Er es sonst nur bei Maria Magdalena zu tun pflegte, die darum von manchen als Seine Gefährtin angesehen wurde.
Aber Magdalena war der Dina deswegen nicht gram, da sie wusste, dass ihr Meister ihr nicht allein gehörte, wie sie auch darum wusste, dass Seine Bräutigams-Seele eine jede Braut-Seele auf eine ganz einzigartige, besondere überschwängliche Art und Weise liebte, als ob es sonst keine andere Seele gäbe, die Ihm so wichtig wäre – wie es schließlich jedes Herz erfährt, das von der Liebe Jesu Christi erfüllt worden ist.
So küsste Jesus Seine Dina auf die Stirn und ihre Wangen und sprach zu ihr: „Du weißt es in deinem Herzen! Ich gehe nicht wirklich weg und werde dich niemals verlassen! Sondern Ich werde immer bei Dir bleiben und sein: in deinem Herzen, wie du bei Mir, in Meinem Herzen: auf ewig!“
Und daraufhin wendete Er sich nach Norden, ohne sich nochmals nach ihr umzusehen; und doch spürte Dina: Er sah sie doch noch immer unablässig in Seiner Liebe an!
Seiner Anhängerschaft aber wollte Dina sich doch nicht anschließen, obwohl schon einige Frauen in Seiner Gefolgschaft waren, was für sich schon außerordentlich ungewöhnlich war – wie etwa jene Maria Magdalena, die nie von Seiner Seite wich und von der man sich erzählte, sie sei einstmals eine Dirne gewesen, die dieser vollmächtige Prophet Gottes von sieben unreinen Geistern aller möglichen Laster befreit haben sollte.
Dina meinte aber, nach allem, was Jesus angedeutet hatte, dass Er unter den Juden außerhalb Samarias schon ohnehin genug Anfeindung ausgesetzt war. Da wollte Dina es Ihm ersparen, sich in ganz Israel noch mehr erbittertste, hasserfüllte Gegnerschaft zuzuziehen, wenn Er nun auch noch eine Samariterin in Seine Gefolgschaft nehmen würde. Das wäre, so meinte Dina, Seiner göttlichen Mission – zumindest gegenwärtig – wohl ganz bestimmt nicht gerade zuträglich gewesen.
Außerdem hatte sie seit der Begegnung mit Jesus ständig das sonderbare, aber in höchstem Maße beglückende Gefühl, als ob Er beständig bei ihr und um sie war, ja, als ob Er sogar anhaltend in intimster Weise zu ihrem Herzen sprach, in welchem sie Ihn nunmehr trug – und das in einer Lebendigkeit, die noch alles zu übertreffen schien, was Er ihr am Brunnen verheißen hatte.
Und Dina wurde bald bewusst und sie spürte es deutlich in ihrem Herzen, dass Jesus sogar noch weit mehr sein musste, als der zur Erlösung ganz Israels und aller Welt Gesandte Gottes, wo Er doch, selbst wenn Er rein körperlich auch fern von ihr war, so doch im Geiste in einer Unmittelbarkeit und bergenden Nähe um sie, ja, in ihr selbst war, wie es eigentlich nur die allgegenwärtige Gottheit selbst sein konnte, deren reinste, durchläutertste Abba-Liebe und Hingabe sich ihr erst durch Jesus wahrhaft erschlossen hatte.
Und der Herr verließ Samaria mit den Seinigen unweit vom Mittelmeer und wendete sich zum Karmel nach Syro-Phönizien hin; denn Er wollte noch weiterhin das Heiligen Land meiden, solange in ganz Israel noch solche Erbitterung gegen Ihn schwelte.
Als die Samariter aber auf dem Rückweg nach Sychar waren, sprachen sie zu Dina: „Jetzt glauben wir nicht mehr an Ihn um der Dinge willen, die du uns von Ihm bekundet hast; sondern wir selbst durften es hören und sehen und auch erleben, gleichwie du, und haben alle erkannt: Dieser muss wahrlich aller Welt Heiland sein!“
Dina aber wusste in ihrem Herzen: „Und doch durfte ich die Aller-Erste sein, der Er sich in ganz Samaria zu erkennen gab, obwohl Ich eine Samariterin von nicht gerade bestem Lebenswandel war, und überdies doch eine Frau!“
Und sie bewegte alle Worte, die Jesus zu ihnen gesprochen hatte, in ihrem Herzen, das immer mehr darüber brannte und regelrecht bersten wollte von Seiner überschwänglichen Liebe; und es war ihr, als wäre Er beständig von allen Seiten bergend um sie, ja in ihr, wie sie immerfort in Seiner schirmenden Umarmung; und sie hielt beständig innere Zwiesprache mit Ihm und war ohne Ende von Beglückung und Freude über Seine Liebe erfüllt.