Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
VI Die Aussöhnung
1: Jesu Einzug in Jerusalem
1-A: Juble, Tochter Zion! Denn dein König kommt zu dir!
1-B: Hosianna dem Sohn Davids! Endlich bringt Er Gottes Reich!
1-C: Ja, bejubelt Ihn! Er ist der Befreier Israels! Der Messias!
1-D: Kein Halten mehr! Selbst die Pharisäer sind machtlos!
1-E: O, Jerusalem! Welch furchtbare Grauen werden über dich kommen!
1-F: O, Jerusalem! Meine einst so geliebte Braut! Was ist nur aus dir geworden?!
(A)
Jesus war also aus Peräa, vom östlichen Jordan-Tal, wieder nach Judäa zurück-gekehrt, als das Passah-Fest der Juden unmittelbar bevorstand; und Er begab sich nunmehr mit Seiner Gefolgschaft von Jericho, wo Er den Oberzöllner Zacharias ins Heil geführt hatte, hinauf nach Jerusalem. Und Er mischte sich mit Seinen Anhängern unter die großen Ströme von Pilgern, die von allen Seiten und aus aller Herren Länder zur Heiligen Stadt zogen.
Als sie sich aber dem kleinen Weiler »Beth-Phage« näherten, dem Dorf mit dem Namen »Haus der kleinen, unreifen Feige«, das am Osthang des Ölbergs lag, über dem sich ein Feigenbaum-Hain bis zum Gipfel des Bergkammes erstreckte, sandte Jesus Seine beiden »Donner-Söhne«, die zwei Zebedäiden Johannes und Jakobus, voraus mit dem Auftrag: „Eilt nach Beth-Phage voraus, das vor uns liegt!
Dort werdet ihr, gleich wenn ihr hinein-kommt, eine Eselin mit ihrem Füllen angebunden vorfinden, auf der noch nie ein Mensch gesessen war. Die bindet los und führt sie zu Mir!
Und wenn euch jemand zur Rede stellen sollte und euch fragt: »Was tut ihr da?! Was nehmt ihr euch da heraus, einfach dieses Maultier mit seinem Jungen loszubinden?!«, dann erklärt: »Der Herr bedarf ihrer! Und wenn sie ihren Dienst erfüllt haben, sendet Er sie sogleich wieder zurück!« So wird man euch gewähren lassen; und dann nehmt die Esel-Mutter mit ihrem Füllen und bringt sie her zu Mir!“
Da waren die beiden Cousins Jesu etwas irritiert. Wer sollte ihnen auf diese Erklärung hin einfach seine Tiere überlassen?! Denn ihnen war in diesem Augenblick noch nicht bewusst, dass sich darin eine alte Prophezeiung über den Messias erfüllen würde.
Also gingen die beiden Brüder den anderen voraus und fanden tatsächlich eine Eselin mit einem Jungtier unmittelbar beim Ortseingang von Beth-Phage, an einem geräumigen Platz, wo zwei Wege sich kreuzten, vor einer Lehmhütte angebunden. Und sie banden die beiden Tiere los.
Da trat jedoch sogleich ein älterer Mann zu ihnen, dem ganz offensichtlich jene Tiere gehörten; denn er empörte sich: „He, ihr da! Was fällt euch ein?! Was macht ihr da, dass ihr meine Maultiere losbindet?!“
Da antworteten sie dem Besitzer, wie Jesus es ihnen aufgetragen hatte: „Der Herr bedarf ihrer!“
„Der Herr?!“, wiederholte da der Alte und begann über das ganze Gesicht zu strahlen, wie ein Kind: „Dann erfüllt sich endlich die Prophezeiung des Propheten Sacharja!
Denn schon vor Jahren habe ich in einem Traumgesicht die Zusage erhalten, dass ich dies noch erleben dürfte! Und ich wurde aufgefordert, für den, der da kommen soll, ein Lasttier bereit zu halten! Und mir wurde gesagt: »Ziehe diese Eselin auf und lass sie niemals irgendeine Last tragen! Auch kein Mensch soll jemals auf ihr sitzen. Denn sie ist dem bestimmt, den Ich zu euch senden werde, auf dass sich für euch endlich erfüllen möge, was euch geweissagt worden ist durch Meinen Sendboten Sacharja, bei dem geschrieben steht: „Juble Tochter Zion! Denn siehe, dein König kommt zu dir!
Hab keine Furcht, denn Er ist sanftmütig und demütig, voller Gnade und Vergebung! Und daran wirst du Ihn erkennen: Er wird nicht hoch zu Ross daher-kommen und mit einer großen Reiterei einmarschieren, sondern bescheiden, auf einer Eselin, in Begleitung nur von dessen kleinen Füllen!“«
O, gepriesen sei der HERR, dass ich dies nun tatsächlich noch erleben darf! So nehmt schon das Maultier und sein Junges! Behende! Und führt es zu dem Herrn, und sagt ihm: »Ich versichere, dass noch nie irgendjemand auf der Eselin gesessen war! Sondern allein für Dich habe ich sie bereit gehalten!«“
So konnten die beiden Zebedäiden das Lasttier mit seinem Füllen zurück zu ihrem Meister führen. Und die Jünger legten ihre besten Umhänge auf die Eselin; und ihr Meister setzte sich auf das Maultier, um auf ihm über den Ölberg in die Heilige Stadt ein-zu-reiten.
(B)
Inzwischen war der hochbetagte Besitzer der beiden Esel sogleich in sein Dorf gestürmt und hatte allen berichtet, dass sich die Prophezeiung nun tatsächlich erfüllt hatte, die ihm persönlich vor vielen Jahren gegeben worden war, und dass der Messias nun tatsächlich auf dem Wege sei und nach seinem Maultier verlangt hätte.
Ebenso stellten aber auch unter den Wallfahrern einige, die von Bethanien nach Jerusalem auf dem Wege waren, mit einem Male fest, dass sich Jesus mit Seinen Jüngern unter der Pilgerschar befand. Die riefen begeistert aus: „Ist dies nicht der, der den Lazarus von den Toten auferweckt hat?!“ Und sie begannen, unter all den Pilgern, die von weit her gekommen waren und davon noch nichts gehört hatten, Ihn zu rühmen.
Schließlich wurde der Meister von immer mehr Menschen wieder-erkannt, die Ihn bereits einmal erlebt hatten. Und so verbreitete es sich wie ein Lauffeuer unter allen Pilgerströmen bis hinein in die Heilige Stadt, noch ehe Jesus mit dem Maultier den Gipfel des Ölberges erreicht hatte, dass der Mann Gottes, der einst im ganzen Heiligen Land so viele Wunder gewirkt hatte, mit einem Male wieder erschienen sei.
Denn der Rabbi hatte sich im letzten halben Jahr schließlich hauptsächlich außerhalb des Heiligen Landes, unter den Abtrünnigen in Samaria, sowie im gottlosen Syro-Phönizien und im schon heidnisch angesehenen Gaulanitis und dann schließlich in der Region der Unbeschnittenen von Dekapolis aufgehalten, wie Er sich sodann auch gänzlich in den Norden nach Cäsarea-Philippi am Fuße des Hermon-Gebirges zurückgezogen hatte, nachdem Er in Galiläa, aber auch in Judäa zunehmend mehr Ablehnung erfahren hatte und mitunter sogar auf erbitterten Widerstand gestoßen war.
Nun aber schien alles wieder ganz anders zu sein! Von Widerwillen war absolut nichts mehr zu spüren! Vielmehr drängten nicht allein all die Pilgerscharen, die vor und hinter ihnen waren, zu Jesus hin, so dass Ihm und den Seinen ein Vorankommen schon fast nicht mehr möglich wurde, sondern auch aus der Heiligen Stadt strömten ihnen ganze Scharen von Menschen begeistert entgegen, die mitbekommen hatten, dass Er nach Jerusalem käme.
Und die Menschen hieben sich Palmwedel und grüne Zweige von Büschen und Bäumen, um Ihn damit unter großem Jubel wie einen König zu begrüßen. Überall um ihnen wurden Palmzweige geschwenkt oder auf dem Weg ausgebreitet, wohin Er auf Seinem Maultier ritt. Und sogar ihre Ober-Gewänder warfen die begeisterten Leute auf den staubigen Boden, um den Rabbi auf Seiner Eselin darüber schreiten zu lassen.
Schließlich begannen die Pilgerscharen vor und hinter ihnen den Meister als ihren Messias zu bejubeln. Denn sie riefen: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN: der König und Befreier Israels! Nun wird das Reich unseres Vaters David für Israel endlich wieder-erstehen, das aller Welt Frieden bringt zur Ehre des Allerhöchsten! Hosianna in der Höhe!“
Ja, in der Tat: Alles Volk geriet derart in Aufruhr, dass man sich bald in ganz Jerusalem fragte: „Wer kommt denn da in die Heilige Stadt, dass er bejubelt wird, wie der Messias?!“ Und es sprach sich schnell herum, dass dies Jesus, der große Prophet von Nazareth aus Galiläa war, der nun tatsächlich doch wieder nach Jerusalem gekommen war.
(C)
Da packte schließlich auch alle Jünger Jesu überschwängliche Euphorie: Nun hatte sich doch noch alles zum Guten gewendet! Endlich hatte ganz Israel erkannt, dass ihr Meister der Gesalbte Gottes war, und begrüßte Ihn nun doch noch begeistert als Seinen Heiland und Messias!
Ja, jetzt würde bestimmt auch ihr Herr erkennen, dass Seine bösen Vorahnungen gänzlich unbegründet waren, sondern dass Ihm nunmehr, wo Ihm schließlich doch noch alles Volk zufiel, nichts mehr aufhalten konnte, um die Herrschaft zu ergreifen und das Reich Gottes aufzurichten!
Darum jubelten auch all Seine Gefolgsleute: „Begrüßt Ihn, den Befreier Israels! Ja, Er ist es, der das Joch, das auf Israels Nacken liegt, endlich zerbricht, der gekommen ist, über allen Niedergedrückten und Gebeugten die Befreiung auszurufen, und die Fesseln aller Gebundenen zu lösen und alle zu Unrecht Gefangenen aus ihren Kerkern zu führen!
Er ist es, der sich unter euch schon im ganzen Heiligen Land als der Gesalbte Gottes erwiesen hat durch eine Unzahl von Macht-Erweisen und zeichenhaften Wundern, der alles erfüllt hat, was uns von Ihm prophezeit worden ist, dass Er Blinde wieder sehend und Taube wieder hörend macht, Gelähmte wieder gehen lässt, und ja: selbst Tote wieder auferweckt! Denn haben wir dies alle nicht mit eigenen Augen mitten unter uns gesehen?! Preist Ihm, dem Sohn Davids, der da kommt im Namen des HERRN! Hosianna in der Höhe!“
(D)
Schließlich hatte es dann ganz offensichtlich endlich auch ihr Rabbi erkannt, dass die Stunde Seiner Macht-Ergreifung nun doch noch gekommen war! So jedenfalls erschien es dem Bar Simon, als sich dem Meister einige aufgebrachte Pharisäer in den Weg stellten, die ihm feindselig gesonnen waren, um Ihn anzuwirschen: „Verbiete deinen Anhängern und den Volksmengen dieses unmögliche Gebaren! Das ist Gotteslästerung! Sie feiern Dich ja geradezu, als wärst Du der Auserwählte Gottes: der uns verheißene Messias!
Oder willst Du etwa, dass es noch zu einem allgemeinen Aufstand und auf diesem Passah-Fest zu einem unbeschreiblichen Blutvergießen kommt?! Darum gebiete dem gänzlich aufgelösten Volk Einhalt, ehe es noch völlig durchbricht und nicht mehr zu bändigen ist! Du kannst Dich doch nicht als den Sohn Davids bejubeln lassen, der Israel zur Erlösung gesandt worden ist!“
Und endlich schien es auch der Rabbi begriffen zu haben, dass Ihm angesichts des Zulaufs von ganz Israel, einer Millionenschaft, die nunmehr in der Heiligen Stadt versammelt war und Ihn als ihren gott-gesalbten Erlöser feierte, wahrlich niemand mehr aufhalten konnte!
Und wie frohlockte da Judas aus Karioth inwendig, der das Reittier führte, auf welchem sein endlich allgemein anerkannter Messias saß! Ja, sein Herz schlug regelrechte Haken, als der Meister jene Widersacher siegesgewiss verhöhnte: „Ach! Kann und darf Ich das nicht?! Mich von aller Welt als den Retter Gottes begrüßen lassen? Erkennt ihr´s denn noch immer nicht?!
Wahrlich, Ich sage euch: Wenn diese alle schweigen würden, so würden´s sogar die Steine hinaus-schreien! Denn wenn ihr´s trotz allem nicht annehmen wollt, die ihr euch für Kinder Abrahams haltet, weil euer Herz noch härter als Stein geworden ist, so wird sich Mein Vater dann eben aus Steinen Kindern erwecken! Und ja, Amen: Noch jedes Knie und Herz wird sich vor Mir beugen!“
Und mit diesen Worten lenkte der Rabbi Sein Gefährt an den aufgebrachten Schriftgelehrten vorbei, als wären sie nichts, völlig bedeutungslos, null und nichtig; und Er ließ sie einfach links liegen!
Die Rabbiner aber blickten einander völlig machtlos an, als würden sie sich zusprechen: „Was können wir da noch ausrichten?! Alle Welt läuft Ihm nach!“
„O ja!“, jubilierte da Judas Bar Simon, der des Meisters Maultier führte: „Nun kann Ihn wahrlich nichts mehr aufhalten! Und keiner wird es mehr wagen, die Hand gegen Ihn zu erheben oder auch nur das Wort gegen Ihn zu ergreifen, da nun wahrlich jeder erkennt, dass, wer sich gegen den wahren Heiland Gottes stellt und Ihn zu töten sucht, wohl vielmehr selbst von den darüber aufgebrachten Heerscharen Israels auf der Stelle gelyncht und gesteinigt würde!“
Ja, Judas Ischarioth, wie auch alle anderen Jünger Jesu wurden von solch einem Sieges-Taumel berauscht, da sie endlich das Offenbarwerden des Reiches Gottes für gekommen glaubten, dass sie garnicht mitbekamen, was sich auf der Anhöhe des Ölbergs abspielte, als sich vor ihnen allen endlich der Blick auf die Heilige Stadt Jerusalem auftat und die ganze Pilgerschar in unüberbietbaren Jubel ausbrach.
Jesu kleiner, einfühlsamer Cousin Johannes, der immer am Herzen Seines Meisters lag, war offensichtlich der Einzige, der mitbekam, was sich zutrug, als ihrer aller Herr die Stadt Gottes erblickte. Denn es schien ihm, als würde ihr Rabbi mit einem Mal, beim Anblick der Heiligen Stadt, durch ein visionäres Gesicht zutiefst bis ins Innerste hinein erschüttert, als würde Er ein unbeschreibliches Grauen erblicken.
(E)
Sein Meister war aschfahl angelaufen, als wäre Er vom Tod selbst berührt worden; und so leichenblass, wie Er wurde, dass Ihm kalter Schweiß aus den Poren trat, so blutrot liefen Ihm mit dick werdenden Äderchen Seine Ihm übergehenden Augen an, aus denen sogleich ein übermächtiger Schwall von Tränen floss.
Und Johannes hörte inmitten des Jubels, der für ihn mit einem Mal gänzlich zu verhallen schien, einen herzzerreißenden Klageseufzer allerschmerzlichster Wehmut von seinem Herrn: „O Jerusalem! Geliebtes Jerusalem! Wenn du doch nur schon zu dieser Zeit erkennen würdest, was dir zum Frieden dient! Aber nun ist´s momentan ganz offensichtlich noch gänzlich vor deinen Augen verborgen!
Ach, und was für schwere, furchtbare Zeiten und wieviel Grauen müssen darum erst noch über dich kommen! Denn deine Feinde werden um dich einen Wall aufwerfen und dich von allen Seiten belagern und bedrängen; und sie werden dich am Ende dem Erdboden gleichmachen, samt all deinen Kindern in dir! Und keinen einzigen Stein in dir werden sie auf dem andern lassen, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du doch so gnädig heimgesucht worden bist!“
Johannes stockte bei diesen Worten seines Rabbis der Atem. Ihm war, als wolle sein Herz still-stehen, worauf es aber sogleich in wilder Angst und Panik zu rasen begann.
Und er fragte den Meister: „Herr! Was ist nur?! Was hast Du gesehen?!“
Und Jesus blickte zu ihm, unter Tränen aufgelöst, hinunter und bekundete ihm: „Ach, Johannes! Mein lieber Johannes, der du als der einzige Treue bewahren wirst! Mein Innerstes dreht sich in Mir um! Alle Meine Eingeweihte wühlen sich in Mir auf!
Nicht wegen dem, was dieses Volk, das Mich jetzt noch so bejubelt, Mir bald schon antun wird, sondern vielmehr um dessentwillen, was es damit über sich selbst heraufbeschwört!
Ja, ganz und gar erregt ist darüber all Mein Mitleid! Nicht auszumachen ist Mein Schmerz über all dem, was dieses Geschlecht damit noch über sich selbst bringen wird, das zu erlösen Ich doch eigentlich gekommen bin!
Denn es ist völlig von Sinnen – gelenkt von einer teuflischen Kraft, vor der sich zu hüten es schon lange verlernt hat, so dass es in seinem Wahn schon garnicht mehr weiß, was es überhaupt anrichtet und tut!
Siehe: Die heute noch voll Begeisterung »Hosianna!« jubeln, und: »Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN!«, die werden morgen schon außer sich vor Wut grölen: »Hinweg mit diesem! Kreuzigt Ihn!« und sich damit selbst für schier unendlich lange Zeit um das Heil bringen, dass ihnen doch von Ewigkeit her eigentlich ursprünglich zugedacht worden ist!
Und keiner – selbst auch Ich nicht – kann es aufhalten und verhindern, dass nicht dies alles geschehen müsste, wie es bereits geschrieben steht!
Denn wie anders sollte offenbar werden, was im tiefsten Herzen der Gottheit über allem ist, wie auch in all den aus Ihrer Liebe gefallenen Herzen, ehe sie von dieser Liebe des göttlichen Herzens wieder eingenommen und gewonnen werden, auf dass alles in selbstloser göttlicher Liebe aufgerichtet werde!
Aber was für ein leidvoller, schmerzlicher Weg ist es doch bis dahin! Und kein Wesen leidet daran so unendlich tief, wie die selbstlose, mit allen mit-leidende Gottheit, die sich in dem allem für alle, alles erduldend, hingibt, wie es jetzt aller Welt offenbar werden soll!“
(F)
Und Jesus hob nochmals zu einem Klagelied über ganz Israel an, indem Er seufzte: „O Jerusalem, du große und einst so herrliche Stadt, die du doch auserkoren worden bist, Braut des erhabenen Bräutigams und Gemahlin, ja, des höchsten Schöpfers zu werden! Wie tief bist du doch gefallen und gesunken, dass du selbst zu einer Hure geworden bist! – gleich Babylon, die du verurteilen zu dürfen meinst!
Du hast dich mit den Machthabern und Regenten und Händlern dieser Welt eingelassen und diese dir zu Männern erwählt und darüber deine einstige so herrliche Verbindung gänzlich vergessen!
Du hältst dich für reich, obwohl du so arm geworden bist, für sehend, obwohl du so blind geworden bist, für so strahlend, obwohl du derartig verfinstert bist, für lebendig, obwohl du in Wahrheit gänzlich tot bist, für geistlich, obwohl du nur noch fleischlich bist, für himmlisch, obwohl du nur noch irdisch bist! Denn du hast dich mit der Welt vermählt und die Zierde deines Brautgemachs, ohne es zu merken, schon längst verlassen, und hurst nur noch denen nach, die deinen erhabenen Gemahl verachten!
Darum musst du auch, gleich Sodom und Ägypten, untergehen! Denn all deine neuen Freier, die du deinem göttlichen Bräutigam vorziehst und denen du nachhurst, werden dich allesamt verlassen! Ja, mehr noch: sie werden sich alle noch gegen dich wenden und sich gegen dich zusammen-schließen, um dich alle miteinander nackt auszuziehen und zu entblößen und deine Scham aufzudecken, um dich hernach allesamt nieder-zu-machen! Dann wirst du vor denen, die du gesucht hast, in die tiefste Wüste und Einöde fliehen müssen, wo du nichts mehr finden wirst!
Dort aber wirst du dich auf Meine Liebe wieder besinnen; und dort kann und will Ich dann wieder zu dir sprechen und dir aufs neue Meine Liebe bekunden und dir den Brautpreis offenbaren, den Ich doch schon längst für dich bezahlt habe in Meiner grenzenlosen und unaussprechlichen Liebe, mit der Ich dich von je her so sehr liebe, dass Ich über allem doch nicht von dir lassen kann!
Aber weil du dich abgewendet hast und Mir untreu geworden bist, muss nunmehr auch Ich Mich zunächst von dir abwenden und dir untreu werden mit einer anderen Braut, die Ich Mir in Mein Brautgemach führen will, um dich zur Eifersucht zu reizen, damit auch du dich wieder darauf besinnst, woraus du gefallen bist, und von Sehnsucht ergriffen wirst, dies alles wieder zu erlangen!“
Und Er führte Sein Maultier ins Tal hinab.