(A)

Es war schon eine sonderbare Sache um das Passahfest in diesem Jahr! Denn das Pessach sollte von der Mehrheit des Volkes auf das Geheiß der Pharisäer hin diesjährig um einen Tag vorverlegt werden, weil der Fest-Sabbat des Passah in diesem Jahr auf den regulären Wochen-Sabbat fiel, weswegen dieser Sabbat auch »großer Sabbat« genannt wurde. Die Pharisäer aber waren der Meinung, der Fest-Sabbat des Pessach müsse gesondert begangen werden, um dem Gesetz auch wirklich in allen Stücken gerecht zu werden, weswegen sie anordneten, dass das Passah vom gemeinen Volk einen Tag früher gefeiert werden müsse.

Die Sadduzäer jedoch gestanden es dagegen allen, welche dem Priestergeschlecht angehörten, zu, dass diese das Passahfest auch erst am Rüsttag zum »großen« Sabbat hin feiern konnten, da die Leviten schließlich auch am Sabbat im Tempel Dienst tun durften. So gab es in diesem Jahr zwei Festkalender für das Pessach: den der Pharisäer, sowie den der Sadduzäer, was schon außerordentlich ungewöhnlich war.

Und dann gab es überdies ja schließlich sogar noch ein nochmals um zwei Tage vorgezogenes drittes Passahfest – nämlich das der Essener, welche die jüdischen Feiertage nach dem Sonnen-Kalender begingen, da sie diesen für den ursprünglicheren hielten und folglich auch das Passahfest nicht, wie die sadduzäischen Priester im Tempel, nach dem von den Babyloniern übernommenen Mond-Kalender feierten, weswegen sie sich schließlich einst auch von den Cohenim im Tempel abgespalten hatten.

So wurde in diesem Jahr das Passahfest gleich dreimal gefeiert, wie sich zu diesem Passah schließlich auch die dreifaltige Gottheit in Jesus Christus für alle Menschen – ungeachtet ihrer besonderen Frömmigkeit – hingeben sollte.

(B)

Aber nicht allein dies war in diesem Jahr ganz außergewöhnlich, dass in Jerusalem das Passahfest gleich dreimal gefeiert wurde: Hinzu kam außerdem noch, dass Jesus durchblicken ließ, dass Er dieses Jahr das Passah nicht zusammen mit Seiner Mutter und Tante im Kreis Seiner Familie im Haus des Zebedäus feiern wollte – so, wie noch im vorausgehenden Jahr.

Zebedäus war nämlich mit Jesu Tante Salome, der jüngeren Schwester von Jesu Mutter Maria verheiratet. Und Jesus war mit Seiner Mutter Maria sogar von Nazareth nach Kapernaum gezogen, als es zunehmend zu Spannungen mit Seinen Halb-Brüdern, den Söhnen des alten Witwers Joseph nach dessen Tod gekommen war, der einstmals in schon hohem Alter Jesu jungfräuliche Mutter Maria auf priesterliche Anordnung aus dem Tempel in seine Obhut hatte nehmen müssen, woraufhin diese dann aber auch noch unvermittelt mit Jesus schwanger geworden war, ohne je von einem Mann berührt worden zu sein.

Die junge Maria nämlich hatte damals beteuert, ihr Kind sei vom Heiligen Geist. Die Brüder Jesu aber glaubten nicht an Ihn und Seine göttliche Herkunft und Sendung; und sie hielten auch die Erzählungen ihres greisen Vaters über Marias wundersame Empfängnis für Wahnvorstellungen, mit denen sich ihr alter Vater – wie sie meinten – die Schande ausreden wollte, die ihm anvertraute Jungfrau Maria nicht ausreichend behütet zu haben, welche ihre hochbetagten Eltern doch einstmals dem HERRN geweiht hatten, so dass sie zu lebenslanger Keuschheit auserkoren worden war. Da die weit älteren Halb-Brüder Jesu aber nicht an dessen göttliche Sendung glaubten, gab es immer heftigere Spannungen zwischen ihnen und Jesus, als Er begann, zum Anstoß aller selbstgefälligen „Frommen“ unter dem Volk die unverlierbare Liebe Seines Abbas gegen ausnahmslos alle zu verkündigen.

Aus diesem Grunde war Jesus mit Seiner Mutter von Nazareth weg nach Kapernaum ins Haus des Zebedäus gezogen, als es schließlich zu einem großen Zerwürfnis mit Seinen älteren Brüdern gekommen war – vor allem mit Jakobus, dem ältesten Halb-Bruder Jesu, der nach dem Tod ihres Vaters Joseph das Familienoberhaupt geworden war und Jesus verbieten wollte, weiterhin als Prophet Gottes durch das Land zu ziehen, nachdem schon Jesu Vorläufer, der Täufer Johannes, der ebenso viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, hingerichtet worden war.

Da war Jesus mit Seiner Mutter von Nazareth nach Kapernaum gezogen, wo Jesu Mutter Maria fortan im Haus des Zebedäus bei ihrer Schwester Salome wohnte. Und seit dieser Zeit war das Haus des Zebedäus in Kapernaum auch für Jesus das Heim, von wo aus Er mit Seinen Anhängern alle Seine Reisen durch das ganze Heilige Land unternahm.

Und auch Johannes und Jakobus, die beiden Söhne des Zebedäus, welche die Cousins Jesu mütterlicherseits waren, begleiteten Ihn. Denn Jesus hatte sie aus der großen Schar Seiner damaligen Nachfolger und Jünger in den besonderen Kreis Seiner zwölf Apostel erwählt, die allezeit bei Ihm bleiben durften.

Zebedäus aber, der Mann der Salome, der Schwester von Jesu Mutter, und der Vater von Johannes und Jakobus, welche zwei der zwölf besonders auserwählten Apostel Jesu waren: jener Zebedäus war ein recht wohlhabender Eigner einer ausgesprochen gut laufenden Fischerei in Kapernaum mit vielen Angestellten; und er besaß darum sogar ein eigenes weiteres Haus in Jerusalem, in der Nähe des Fischmarktes, wo sie einen Großteil ihrer Fische verkauften und sogar auch den Hohen Rat belieferten.

Und da Jesus mit Seiner Mutter Maria in die Familie des Zebedäus aufgenommen worden war, wäre es eigentlich angemessen gewesen, dass Er wieder zusammen mit Seinen Aposteln auch mit ihnen das Passahfest im Haus des Zebedäus in Jerusalem gefeiert hätte. So hatte ihr Meister es schließlich auch im vorausgehenden Jahr gehalten – jedoch gänzlich privat und im Verborgenen, ohne sich zum Passahfest der Öffentlichkeit zu zeigen, weil Er sich da noch vor Herodes Antipas verbergen musste, der Ihm nach dem Leben trachtete, da er Jesus für den wieder-erstandenen Tauf-Propheten Johannes hielt, den er hatte hinrichten lassen, und meinte, dieser sei zurück-gekehrt, um an ihm Rache zu nehmen.

(C)

Dieses Jahr aber sollte alles anders sein: Jesus hatte schon durchblicken lassen, dass Er dieses Mal das Passah allein nur mit Seinen zwölf Aposteln feiern wollte, und hatte auch die Frauen in Seinem Gefolge angewiesen, das Pessach nicht für Ihn und Seine Apostel, sondern, wie im letzten Jahr, für alle anderen im Haus des Zebedäus vorzubereiten.

Selbst sogar Maria Magdalena, die Ihm besonders nahe stand und darum als Seine Gefährtin galt, wies der Herr an, das Passah dieses Jahr nicht mit Ihm und den Zwölfen, sondern mit den anderen zu feiern.

Da traten die Jünger an Jesus heran und fragten: „Willst Du denn wirklich nicht auch dieses Jahr zu deinen Verwandten gehen, dass wir alle miteinander im Hause des Zebedäus, dem Vater Deiner Donnersöhne Jakobus und Johannes, das Passah feiern, wie auch im letzten Jahr? – zumal doch auch Petrus und Andreas seiner Fischerei angehören!“

Er aber antwortete ihnen: „Nein; sondern es ist schon eine andere Städte bereitet. Wir wollen es nicht mit Meinen Verwandten feiern im Haus des Zebedäus in diesem Jahr. Denn Ich begehre nicht vornehmlich, Fleisch mit euch zu essen an diesem Passah.“

(D)

Gleichwohl hatte Jesus den Zebedäus eindringlichst gebeten, trotz allem das Passah-Fest aber auch, wie Er und Seine Jünger, schon am Rüsttag zum Fest-Sabbat, welchen die Pharisäer um einen Tag vor den regulären Sabbat vor-verlegt hatten, zu feiern.

Denn das Haus des Zebedäus gehörte eigentlich dem Priestergeschlecht Levis an, so dass sie das Passah auch erst mit den Sadduzäern am Rüsttag zum »großen Sabbat« hätten feiern können.

Aber Jesus erklärte dem Zebedäus, dass Er, auch wenn Er dieses Passah in diesem Jahr allein mit Seinen Jüngern feiern müsse, dennoch sehnlichst danach verlangte, sich wenigstens im Geiste mit ihnen zu diesem Passah verbunden zu wissen.

Überdies – so hatte der Herr dem Zebedäus erklärt – würde Gott, der HERR, der himmlische Vater aller, am Rüsttag des Tempel-Passah, dass die Priester am Vortag zum regulären Sabbat, dem »großen Sabbat«, begingen, der ganzen Welt ein neues Sühne-Lamm opfern und darbringen, so dass sie dann keine Gelegenheit mehr hätten, das alte Pessach zu feiern, weil an diesem Tag vom Abba der Himmel ein neues Testament in einem neuen Passahfest gestiftet würde.

Sie alle aber verstanden nicht, dass Er von Seinem eigenen Opfertod als dem neuen Passah-Lamm Gottes sprach, in welchem ein völlig neuer, großartiger, vollendeter Bund mit allen Geschöpfen aufgerichtet werden sollte zum Heil und zur Erlösung für ausnahmslos alle.

Jesus aber hatte den Zebedäus in solcher Eindringlichkeit und mit derart sehnsüchtiger Seelen-Schwere gebeten, dass Zebedäus, ohne zu verstehen, warum das dem Herrn so ungemein wichtig war, doch der Bitte des Meisters entsprach.

Und es war gut so, dass er dem Rabbi rückhaltlos vertraute. Denn am Rüsttag zum Tempel-Passah hätten sie das Pessach nicht mehr feiern können. Denn es war der Tag, an welchem ihr Meister Jesus hingerichtet wurde – das neue Passah-Lamm der Gottheit zur Versöhnung der ganzen Welt.

Auf Jesu Wunsch hin wurde also auch im Haus des Zebedäus das Passahfest schon einen Tag vor dem eigentlichen Pessach gefeiert, wie es von den Pharisäern gefordert worden war, da sonst der Fest-Sabbat des Passah nicht gesondert eingehalten worden wäre, da er in diesem Jahr auf den regulären Wochen-Sabbat fiel.

Und alle wunderten sich darüber, dass Jesus sich mit einem Mal widerspruchslos den völlig überzogenen Anordnungen der Pharisäer unterworfen hatte, dass der Passah-Sabbat gesondert zu begehen sei, wo Er doch sonst so oft mit den Pharisäern wegen ihrer über-gestrengen Auslegung, wie der Sabbat strikt einzuhalten wäre, in Konflikt kam. Aber sie alle fügten sich – vielleicht gerade deswegen – dem ausdrücklichen Wunsch des Herrn und spürten wohl auch intuitiv, dass es mit diesem Pessach etwas Besonders auf sich hatte, und ja: dass auch Unheil drohte.

(E)

So hatte Jesus auch alle Seine Jüngerinnen von sich geschickt: Sie sollten, wie im vorausgehenden Jahr, die Vorbereitungen des Passah im Haus des Zebedäus übernehmen. Und darum hatten in diesem Jahr die Apostel des Herrn selbst das Pessach für Jesus und sich vorzubereiten, was in den letzten Jahren immer die Frauen in der Gefolgschaft Jesu übernommen hatten.

Jesus hatte ihnen aber überdies bis zuletzt nicht einmal anvertraut, wo Er denn, wenn nicht mit den anderen zusammen im Hause des Zebedäus, in diesem Jahr das Passah mit ihnen ganz allein, abgesondert von allen, feiern wollte. Er erklärte immer nur, es sei schon alles vereinbart, sie sollten sich von Ihm überraschen lassen, denn Er habe dieses Jahr eine besondere Feier mit ihnen vor, welche sogar die große Wende aller Äonen einleiten würde.

So wussten sie allein, dass Jesus das Pessach mit ihnen irgendwo in der Heiligen Stadt feiern würde. Denn es war den Juden vorgeschrieben, das Passahlamm innerhalb der Mauern Jerusalems zu verzehren, an der Städte des HERRN.

Schließlich kam der Rüsttag zum vorverlegten Fest-Sabbat des Passah, mit dem das Fest der ungesäuerten Brote seinen Anfang nahm – der Tag also, an dem die Passah-Lämmer geschlachtet werden sollten für das Volk, an dem alle, die nicht den sadduzäischen Priestern angehörten, ihre Opferlämmer schlachten ließen im Tempel des HERRN.

Die zwölf Apostel aber befanden sich allein mit ihrem Rabbi im Garten Gethsemane. Da fragten ihn Seine Jünger, bereits über die Maßen besorgt: „Herr! Es ist schon über der Zeit! Wo willst Du denn nun, dass wir hingehen und für uns das Passah-Lamm bereiten?! Denn wir wissen noch immer nicht, wo Du es mit uns feiern willst!“

Jesus aber erwiderte ihnen: „Begehre Ich denn, Fleisch mit euch an diesem Passah zu essen? Vielmehr will Ich euch zu diesem Pessach Mein Fleisch zum Essen geben!“

Als sie Ihn aber bedrängten: „Aber der Verzehr des Sühne-Lammes gehört doch zum Passah-Fest dazu!“, da gewährte Er es ihnen.

Und Jesus sandte zwei Seiner vertrautesten Jünger, nämlich Petrus und Johannes, Seinen kleinen Cousin, und sprach zu ihnen: „Geht ihr hin und bereitet uns das Passah-Lamm, dass wir es essen Denn fürwahr: Unendlichkeiten habe Ich danach verlangt, dies Passahfest mit euch zu feiern!“

Sie aber fragten Ihn: „Aber wo, Herr, willst Du denn nun, dass wir’s bereiten?!“ Jesus aber gab ihnen selbst auch jetzt noch keine genaue, klare Auskunft, sondern Er sprach zu ihnen: „Geht hinüber in die Stadt! Siehe, wenn ihr aber durch unser Tor kommt, das wir zu nehmen pflegen, und ihr in Jerusalem hinein gelangt, so werdet ihr an den Brunnen kommen, wo wir uns immer erfrischen, aus dem die Frauen ihr Wasser schöpfen.

Aber dieses Mal wird euch dort auch ein Mann begegnen, der einen Krug mit Wasser trägt. Sicher wird der euch gleich auffallen.“ Es war nämlich nicht üblich, dass auch Männer gingen, um Wasser zu schöpfen; denn dies war gewöhnlich die Aufgabe der Frauen.

Und der Rabbi sprach weiter: „Diesem Mann mit dem Krug folgt in das Haus, in das er hineingeht, und sprecht dort zu dem Hausherrn: »Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist nun da: Ich will bei dir, wie vereinbart, das Passah-Mahl feiern mit Meinen Jüngern. Und Er lässt dich fragen: »Wo ist der vereinbarte Gastraum, in dem Ich das Passah-Lamm essen kann mit Meinen Jüngern?« Und der Hausherr wird euch einen großen Saal im Obergeschoss zeigen, der mit Polstern ausgestattet und schon für das Festmahl hergerichtet ist; dort bereitet das Passah-Lamm und richtet alles für uns zu!“

Und Jesus ließ ihnen von Judas, dem Ischarioth, das Geld geben für das Opferlamm. Denn der Ischarioth verwaltete die Kasse für die Jünger. Dieser aber war glücklicher Weise nach dem großen Zerwürfnis am vorigen Abend in Bethanien im Laufe des Tages doch wieder zu ihnen zurückgekehrt.

Und sie fragten ihn: „Brauchen wir denn nicht auch Geld für den Speisesaal?“

Er aber sprach zu ihnen: „Nein. Es ist schon alles geregelt und bezahlt.“

Sie aber verwunderten sich darüber, denn selbst Judas, der sonst gewöhnlich solche geschäftlichen Vereinbarungen bezüglich ihrer Herberge abzuwickeln pflegte, war dieses Mal vom Herrn in nichts eingeweiht worden.

Jesus musste also dieses Mal alles schon lange vorher selbst im Verborgenen organisiert haben – ohne das Wissen auch nur eines einzigen Seiner Apostel! – wahrscheinlich mit Geld, dass Er sich von einem Seiner Unterstützer oder einer Seiner Gönnerinnen hatte geben lassen, etwa von der wohlhabenden Susanna oder der Johanna, der Frau des Chusa, des Verwalters des Herodes, welche sie zusammen mit anderen Jüngerinnen auf vielen Reisen begleitetet hatten und für die ganze Gefolgschaft Jesu die Mahlzeiten einzukaufen und zuzubereiteten pflegten.

(F)

Warum aber hatte der Herr die Vorbereitung für dieses Passah-Mahl in Seine eigene Hand genommen?! Warum überhaupt konnten sie nicht, wie gewohnt, mit den anderen im Haus des Zebedäus das Passah feiern?! Und warum hielt Er bis zuletzt den Ort für ihr Passahfest geheim?!

Das alles war höchst verwunderlich, suspekt, um nicht zu sagen: verstörend, besorgnis-erregend und geradezu beängstigend! War es wirklich so schlimm um ihren Meister bestellt, seit Er im Tempel Gottes Seinen Wutausbruch bekommen und sämtliche Geldwechlser und Händler gewaltsam mit einer Geißel aus dem Heiligtum Gottes hinaus getrieben hatte?!

So von glühender Wut und feurigem Eifer für den HERRN hatten sie zuvor ihren Meister noch nie erlebt! Ja, Er war derart von heiligem Zorn ergriffen worden, dass Er fürwahr ganz allein – brutal Tische und Tiergatter umstoßend – nur mit Seiner Geißel in der Hand, mit der Er wütend um sich schlug, die ganze Meute aus dem Tempel getrieben hatte, so wie einst der Richter Simson – vom Geist des Herrn erfasst – mit nur einem Esels-Backenknochen tausend Philister bezwang!

Doch auch, wenn das ganze Volk – zumindest dem Augenschein nach – noch voll hinter ihrem Rabbi stand und an Ihm hing, wenn Er im Haus Gottes lehrte, so dass es niemand gewagt hätte, Ihn zu ergreifen, so hatte Jesus sich mit diesem Seinen heftigen Auftritt bei Seinem ersten Besuch im Tempel doch die gesamte geistliche Obrigkeit zu erbitterten Feinden gemacht!

Immerhin – so beschwichtigten Petrus und Johannes einander – hatte ihr Meister nun offensichtlich doch nicht mehr vor, sich selbst dem Hohen Rat auszuliefern, wie Er es den Seinigen immer wieder angekündigt hatte, nachdem Er nunmehr offensichtlich solch penible Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatte, dass Er selbst sogar Seine vertrautesten Jünger bis zum letzten Augenblick im Ungewissen hielt, wo Er mit ihnen das Passah feiern wollte!

Ihr Rabbi schien also doch noch zur Besinnung gekommen zu sein, dass es, wie sie alle meinten, unmöglich der Wille Gottes sein konnte, dass Er, der doch der Messias Israels war, zu diesem Passah als ein Sühnelamm des HERRN sich selbst als Opfer hingeben sollte, wie ihr Meister es beim Propheten Jesaja in dessen Lied vom leidenden Gottesknecht angekündigt zu finden geglaubt hatte.

(G)

Mit derlei Gedanken machten sich die beiden, Simon Petrus und Johannes, auf den Weg in die Stadt und fanden alles so, wie ihr Rabbi es ihnen angekündigt hatte. Und doch verwunderten sie sich über die Maßen, als sie bei dem vom Herrn genannten Treffpunkt jenen von Ihm nicht weiter benannten mysteriösen Krug-Träger antrafen:

Denn dieser angekündigte Mann mit dem Krug, der offensichtlich am Brunnen schon auf sie wartete, war kein anderer als Johannes Markus, der ihnen durchaus gut bekannt war; denn jener war der Sohn eines wohlhabenden Bürgers von Jerusalem, der in seinem überaus geräumigen Haus in der Heiligen Stadt vielen Pilgern Herberge bot. Und dieser Vermögende war ein ihnen allen wohlbekannter Gönner Jesu, der ihnen schon immer den Garten »Gethsemane«, seinen Privat-Grund auf dem Ölberg, zum Rückzug und zur Übernachtung zur Verfügung gestellt hatte, wenn sie in der Heiligen Stadt waren. Jener Garten war nämlich ein abgeschlossener und von Mauern umgebener Olivenhain mit einer eigenen Ölpresse, sowie einem Wirtschafts-Gebäude, zu dem sonst niemand Zugang hatte.

Darum, als Petrus und Johannes dort am Brunnen den besagten Johannes Markus mit einem Wasserkrug stehen und auf sie warten sahen, fragten sie sich: „Warum sagte uns das der Meister nicht gleich, dass es Johannes Markus ist, der uns am Brunnen erwartet?! Und warum schickte Er uns nicht gleich direkt zu seines Vaters Haus?!“

Denn sie alle wussten schließlich, wo das Haus des Vaters von Johannes Markus war. Dessen Haus war nämlich in der ganzen Stadt bekannt, da es eine beliebte Herberge für alle Pilger war, die aus aller Herren Länder nach Jerusalem kamen. Es war nämlich nicht, wie die meisten anderen Häuser, innerhalb der Stadtmauern eng an seine Nachbarhäuser angeschlossen, sondern befand sich auf der Anhöhe des heiligen Berges Zion an einem großflächigen geräumigen Platz, auf dem Tausende sich scharen konnten und das einen herrlichen Ausblick über die ganze Heilige Stadt bis hinüber zum Ölberg bot.

Darum fragten sich Petrus und Johannes erneut: „Was soll all diese Geheimnistuerei um den Ort unseres Passahfestes, dass der Herr ihn uns nicht einmal nennen wollte, als selbst allein nur wir, Seine auserwählten Zwölf, mit Ihm zusammen waren?!“

(H)

Johannes Markus brachte Petrus und Johannes also zu seinem Vater, welcher der Hausherr der großen Herberge von Jerusalem war. Der führte sie in einen mächtigen Saal im Obergeschoss seines Hauses, der für weit über hundert Menschen Platz bot. Jedoch konnten die einzelnen Sitzgruppen zwischen den Säulen im Saal durch schwere, dicke Vorhänge voneinander abgetrennt werden.

Der Hausherr führte sie zu dem Tisch an der Fensterfront, die mit groben Holzgittern überspannt war, welche sich öffnen ließen, so dass sich von ihren Sitzplätzen aus, wie von einem geräumigen überdachten Balkon, ein fantastischer Blick von der Oberstadt über ganz Jerusalem bis ins Kidron-Tal hinunter bot, während zur Linken der Tempel Gottes emporragte, dessen Zinnen im Licht der Sonne in strahlendem Gold blendeten, und sich im Hintergrund der Ölberg erhob, welcher der Heiligen Stadt gegenüber lag.

„Hier! Das sind die besten Plätze in diesem Saal“, sagte der Vater des Johannes Markus, „gerade gut genug für euren Meister und euch!

Doch sagt mir: Wollt ihr hier oben auch übernachten, und nicht, wie sonst, in Meinem Olivenhain, den ich euch doch schon immer gerne kostenfrei zur Verfügung gestellt habe? Denn der Rabbi hat zu meiner großen Verwunderung diesen ganzen geräumigen Saal nicht allein für diese eine Nacht zum Passah, sondern für die ganze folgende Fest-Woche angemietet und dafür im Voraus sogar schon voll bezahlt!“

Petrus und Johannes sahen sich verdutzt an und wussten nichts darauf zu sagen. Denn es war eigentlich ihre Gewohnheit, im Garten Gethsemane zu nächtigen, wie schließlich auch ganz Galiläa zum Passah in Jerusalem in Zelten auf der Anhöhe des Ölbergs lagerte.

So erklärten sie dem Hausherren: „Entschuldige bitte! Wir wissen es nicht!“

„Naja“, winkte der Vater des Johannes Markus ab, „das ist ja auch weiter kein Problem. Ein paar Liegematten zum Schlafen wären ja schnell für euch ausgerollt, sofern ihr nicht gleich hier auf den Polstern am Tisch mit diesem herrlichen Ausblick nächtigen wollt.

Solltet ihr aber eine Übernachtung in meinem Garten vorziehen, wo es vielleicht viel angenehmer und kühler ist, so würde euch mein Sohn dorthin begleiten. Mein Haus ist nämlich brechend voll mit Pilger-Gästen, so dass selbst mein Sohn, Markus, Platz für sie machen musste. Darum kann er euch heute Nacht zu unserem Olivengarten geleiten und selbst dort mit euch schlafen. Andernfalls wäre ich euch dankbar, wenn Markus mit euch hier oben schlafen dürfte.

Aber ich weiß schon: Euer Herr will das Passah dieses Jahr ganz alleine nur mit euch, Seinen zwölf Aposteln, besonders feiern. Markus wird euch dabei nicht stören, er wird schließlich auch mit uns das Passahfest feiern. Aber danach wäre ich sehr dankbar, wenn er bei euch schlafen könnte – sei es nun hier oben oder aber drüben in unserem Garten.“

Petrus und Johannes bedankten sich für die überaus freundliche Aufnahme und erklärten, dass dies wohl keine Schwierigkeiten machen dürfte, wenn Johannes Markus bei ihnen nächtigen würde.

Dann aber drängte sie der Hausherr in Vorfreude auf das bevorstehende Fest und nötigte sie, zu gehen: „So! Nun macht euch aber auf und bringt mir das Passah-Lamm, dass es meine Bediensteten für euch zubereiten!“

(I)

Also begaben sich Petrus und Johannes hinunter zum Tempel, kauften ein Passah-Lamm und ließen es von den Priestern im Heiligtum Gottes schlachten. Dann brachten sie das geopferte Lamm hinauf in das Haus des Vaters von Johannes Markus, um es für ihr Passah-Fest zubereiten zu lassen und gingen auch selbst hilfreich zur Hand, da alle Bediensteten wegen der vielen Pilger-Gäste vollauf eingespannt waren.

Und die beiden bereiteten in freudiger Erwartung im Obersaal alles für das bevorstehende große Festmahl vor. Denn all ihre Befürchtungen und düsteren Vorahnungen waren mit einem Mal wie verflogen, als sie sahen, was für einen herrlichen Ort ihr Meister für ihre Passah-Feier ausgesucht und bestellt hatte – mit diesem atemberaubenden Ausblick über ganz Jerusalem mit dem Tempel zur Linken und bis hinüber zum Ölberg!

Wie herrlich musste das erst werden, wenn die Heilige Stadt, angefüllt mit heiligen Pilgern aus aller Herren Länder, in die Glut des Abendrots getaucht würde, und wenn dann überall in den Häusern die Öllampen entzündet würden zur großen Feier des Pessach der Befreiung Israels aus der Knechtschaft! Und dann erst in der Nacht, wenn die Pilger aus Galiläa nach dem Passahfest mit Fackeln den Ölberg hinauf zu ihren Zelten ziehen würden, um dort ihre Lagerfeuer zu entzünden! Das musste alles traumhaft schön werden!

Und niemand – wirklich niemand! – wusste davon, wo sie ihr Passahfest feiern würden! – so penibel hatte ihr Meister alles geheim gehalten! Das hätte Er doch niemals getan, wenn Er immernoch geglaubt hätte, Er würde hier jetzt zu Jerusalem dem Tode überantwortet werden müssen!

All die düsteren Ankündigungen Jesu von dem schrecklichen Ende, dass Er hier in der Heiligen Stadt, wie alle Propheten vor Ihm, nehmen müsse, kamen ihnen plötzlich völlig abwegig vor! Und sie waren überzeugt, geradezu erleichtert, und unbändig darüber beglückt, dass nun doch ganz offensichtlich noch alles gut werden würde!

Jesus hatte sich ja sogar in die überzogene Weisung der peniblen Pharisäer gefügt, dass das Passah vom gemeinen Volk schon am Vortag zu seinem eigentlichen Termin gefeiert werden müsse, damit der Fest-Sabbat vor dem Wochen-Sabbat gesondert begangen werden könne, obwohl Er doch sonst in Fragen des rechten Sabbat-Verständnisses zu den Pharisäern geradezu provokativ in Opposition ging!

Und Jesus hatte überdies sogar den Zebedäus, den Vater des Johannes, dazu angehalten, es Ihm gleich zu tun – und das, obwohl alle Verwandten des Herrn, wie Er selber, doch nicht allein von königlicher Abkunft, alle miteinander Daviden waren, sondern überdies auch noch dem altehrwürdigen Priestergeschlecht Levis angehörten, so dass sie guten Rechts – entgegen der Weisung der Pharisäer – das Passah auch erst mit den Sadduzäern am regulären Passah-Tag hätten feiern können.

So schien ihr Herr doch ganz offensichtlich einen versöhnlichen Kurs gegenüber der geistlichen Obrigkeit einschlagen zu wollen, die in Bezug auf die Leitung des Volkes vornehmlich von den Pharisäern bestimmt war!

Allein nur ein einziger Gedanke bereitete ihnen nach wie vor noch Unbehagen, so dass sie ihn geflissentlich zu verdrängen suchten: Warum war ihr Herr und Meister nur derart über-vorsichtig, dass Er selbst sogar ihnen, Seinen zwölf vertrautesten Anhängern, die Er sich zu Seinen Aposteln erwählt hatte, die allezeit bei Ihm sein durften, …: dass Er den Ort für ihr gemeinsames Passahfest, dass Er dieses Jahr ganz alleine mit ihnen besonders feiern wollte, selbst sogar vor ihnen geheim hielt?!

Doch sie erklärten es sich so, dass ihr Meister sie wohl mit diesem grandiosen Ort überraschen wollte. Ja, dieses Passah sollte, ja, musste wohl etwas ganz Besonderes für sie alle werden! Vielleicht sollte dieses Fest ja der Auftakt zu Seiner Erhöhung werden: zu Seinem glorreichen Aufstieg, von Jerusalem ausgehend, über restlos alle Welt! Und vielleicht wollte ihr Meister nun doch die Weltherrschaft antreten, so wie sie es alle immer von Ihm erhofft hatten!

Denn sie erkannten nicht den Weg des Herrn, auf welche Weise Er die Weltherrschaft antreten wollte: nicht durch gewaltsame Unterwerfung und Unterjochung aller Seiner Widersacher, sondern dadurch, dass Er die Herzen aller Seelen gewinnen wollte und aller Welt Hartherzigkeit überwinden wollte durch die Hingabe selbst sogar Seines eigenen Lebens für wirklich alle, sogar auch Seine erbittertsten Widersacher – den größten nur erdenklichen Erweis der wahrhaft grenzenlosen göttlichen Abba-Liebe gegen ausnahmslos alle!

So deuteten sie es nicht recht, warum der Herr jenen besonderen Ort für ihr letztes gemeinsames Passahfest auserwählt und bis zuletzt vor allen geheim gehalten hatte, zumal Er jenes Obergemach gleich für alle Fest-Tage der ungesäuerten Brote nach dem Passah gebucht hatte; sondern sie sagten sich: „Nun kann doch eigentlich garnichts Schlimmes mehr mit unserem Herrn geschehen zu diesem Passah! Denn Er weiß doch um alles!

Und wenn Er immernoch glauben würde, Er müsse nun hier in Jerusalem sterben: Warum hat Er dann diesen Festsaal für die Zeit bis zum Ende der Feiertage gebucht?! So hat sich der Herr nun wohl doch noch eines Besseren besonnen und wir werden wohl doch alle die Tage des Passah hier in Jerusalem wohlbehalten überstehen.“

Denn sie erkannten nicht, dass Er ihnen allen auf diese Weise ein geheimes Versteck schaffen wollte, wenn Er hingerichtet worden war.

(J)

Als der Vater des Johannes Markus ihnen die Tür zu jenem gewaltigen Saal mit seinem grandiosen Ausblick geöffnet hatte und ihnen beiden, dem Johannes, wie dem Petrus, schier die Spucke wegblieb bei dem, was sich ihnen da eröffnete und darbot, da war ihnen beiden sofort bewusst, dass das ein „Vermögen“ gekostet haben musste, diesen ganzen wunderschönen, geräumigen, geradezu königlichen Saal anzumieten – nur für sie allein: Jesu zwölf Apostel und Ihn, ihren Meister und Herrn! – und noch-dazu nicht allein nur für die Nacht zum Passah, sondern überdies für alle folgenden Feiertage!

Was nur mochte ihren Herrn veranlasst haben, dieses Pessach mit ihnen in solch fürstlicher, ja, geradezu verschwenderischer Weise feiern zu wollen?! Musste da nicht etwas Gewaltiges, Großartiges bevorstehen und im Kommen begriffen sein?! Würde Er ihnen an diesem Abend eröffnen, dass nun doch alles ganz anders kommen würde?! Hatte Er ihnen nicht selbst schon verheißen, dass sie auf zwölf Thronen sitzen würden zu Seiner Linken und Rechten, wenn Er Seinen Messias-Thron besteigen würde zur Regentschaft über ganz Israel, das seinerseits herrschen würde über die ganze Welt von einem Ende des Himmels bis zum anderen?! So gingen mit ihnen ihre eigenen Gedanken spazieren, dass sie sich in die kühnsten Fantastereien verstiegen.

Und auch über den Umstand, dass Jesus es selbst vor ihnen, Seinen vertrautesten Anhängern, die Er sich zu Apostel erwählt hatte, bis zum Schluss geheim-gehalten hatte, wo Er mit ihnen das Passah feiern wollte, machten sie sich keine Gedanken mehr, sondern deuteten es so, dass Er sie alle freudig überraschen wollte, um ihnen zu eröffnen, dass Er sich nun doch in ihrem Sinne in der Heiligen Stadt verherrlicht würde.

Erst später, als offenbar wurde, dass einer unter ihnen, den Zwölfen, welche der Herr doch alle in gleicher Weise liebender Zuwendung besonders zur Teilhabe an Seinen Gnadenerweisen erwählt hatte, …: dass einer unter ihnen, den Vertrautesten Jesu, sich insgeheim schon von ihrem Herrn, wie auch von ihnen allen abgewendet hatte und zum Verräter geworden war, der mit dem Hohen Rat überein gekommen war, ihren Herrn in dieser Nacht an Jesu Widersacher zu überantworten, da begriffen sie und verstanden, warum ihr Rabbi für dies ihr letztes gemeinsames Passah derart penible Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte.

Denn Jesus wusste sehr wohl von Anfang an, dass sich Judas insgeheim inwendig schon längst von Ihm abgewendet hatte, als Er in Bethanien erklärt hatte, Er sei nicht gekommen, Israel, wie alle Welt, unversehens von all ihrem Leid zu erlösen, weil diese so unheilvoll in sich selbst verstrickte Welt aus ihrem wahren Leiden nicht anders erlöst werden könne, als eben gerade über dies ihr selbst-verschuldetes und -verursachtes Leiden, zu ihrer Ernüchterung, dass Er aber – allen voran-gehend – in letzter Härte und Konsequenz für sie alle die entscheidende Hauptlast dieses Leidens freiwillig auf sich nehmen und tragen wolle, um sie alle durch all dies Leid und über all dies Leid hinzuführen zu ihrer aller wahrem Heil.

Und Jesus wusste bereits ganz genau, dass der Ischarioth daran über alle Maßen Anstoß genommen hatte, weil er die Wege des Herrn, die allein für alle Welt Heil bringen konnten, nicht verstand, und darum mit dem jüdischen Hohen Rat überein-gekommen war, Ihn, Seinen Rabbi, Herrn und Meister in eben dieser Nacht an den Sanhedrin auszuliefern, und dass Judas den Fürsten Israels mitteilen wollte, wo Er sich aufhielt und ihre Häscher zu Ihm führen wollte.

Der denkbar günstigste Augenblick dafür aber wäre freilich die Stunde des Passah gewesen, wo alle Bürger Jerusalems sich in ihren Häusern, sowie auch alle Pilger sich in ihren Herbergen zurückgezogen hatten und sich in ihren Tisch-Gemeinschaften zum Passah-Mahl zusammengefunden hatten. Denn da, zur Stunde des Pessach, waren alle Straßen und Gassen Jerusalems, obwohl die Heilige Stadt überfüllt von Menschen war, wie leer-gefegt. Ja, da erschien ganz Zion regelrecht wie ausgestorben, so dass eine Festnahme Jesu um diese Stunde wahrhaft keinerlei Aufsehen erregt hätte.

Jesus aber, ihr Meister, wollte noch nicht während dieses Seines letzten großen, bedeutenden Abendmahls mit Seinen Jüngern an die hohe Geistlichkeit Israels überantwortet werden. Denn Er hatte bei dieser Seiner letzten gemeinsamen Feier mit Seinen Freunden ihnen noch so viel Wichtiges zu sagen und mitzugeben! Er wusste nämlich, dass Er sie bald schon für immer verlassen musste; und Er wusste gleichfalls: Es war jetzt, zur Stunde des Passah, noch nicht an der Zeit.

(K)

Mit Sonnenuntergang brach schließlich der vierzehnte Nisan an. Und es begab sich, dass an diesem Tag die Mehrheit der Juden schon das Passahfest feierte, aber nicht alle; denn das Passahfest wurde gewöhnlich erst am Rüsttag zum Fest-Sabbat des Passah am fünfzehnten Nisan gefeiert, auf den die Fest-Woche der ungesäuerten Brote folgte.

Weil dieser besondere Fest-Sabbat am fünfzehnten Nisan aber in diesem Jahr auf einen gewöhnlichen Wochen-Sabbat fiel, weswegen dieser besondere Ruhetag des HERRN auch »großer Sabbat« genannt wurde, hatten die meisten Juden das Passahfest bereits auf den dreizehnten Nisan vorverlegt, um am vierzehnten Nisan, dem Rüsttag zum Wochen-Sabbat, den Fest-Sabbat des Passah vor dem gewöhnlichen Wochen-Sabbat gesondert begehen zu können. Denn es war die besondere Forderung der Pharisäer, dass auch kein Fest-Sabbat ausfallen dürfe, auf dass die Erfüllung der Forderungen des Gesetzes auch mit Sicherheit gewahrt bliebe. Denn am Sabbat sollte man ruhen nach dem Gesetz.

So kam es, dass die einen ihre Lämmer schon am dreizehnten Nisan im Tempel schlachten ließen, um sie nach Einbruch der Dämmerung zu verzehren, während die anderen ihre Lämmer erst am Nachmittag des vierzehnten Nisan, also am Rüsttag hin zum den großen Sabbat, im Tempel schlachten ließen, um sie am Abend, bei Anbruch des großen Sabbats, zu essen. Bei Letzteren handelte es sich hauptsächlich um die Priesterschaft der Sadduzäer, die auch am Sabbat im Tempel Dienst tun durften. Darum sah sich ihre Partei nicht genötigt, wie die Pharisäer den Fest-Sabbat des Pessach auf den Rüsttag des Wochen-Sabbats vorverlegen zu müssen, um so auch diesen besonderen Sabbat gesondert einzuhalten.

Das alles ging aber nach Gottes unermesslich weisen Ratschluss so vonstatten: Denn so kam es, dass Jesus durch das Urteil der Hohenpriester zu derselben Zeit vor den Toren der Heiligen Stadt hingeschlachtet wurde, als die Priester im Tempel ihre Passahlämmer schlachteten und opferten. Auf diese Weise wurde augenscheinlich offenbar, dass Jesus das Passah-Lamm Gottes ist, das die Sünde der ganzen Welt hinweg nimmt.

Wer auf den vertraut und aus der immerwährenden Kraft der Vergebung und Barmherzigkeit Seines Sühneblutes lebt, den kann der Arge nicht mehr verklagen und antasten, so wie der Verderber, der durch Ägypten zog, all jene verschonen musste, welche ihre Türpfosten links und rechts, wie oben und unten, also in Form eines Kreuzes, mit dem Sühneblut des Passahlammes bestrichen hatten.

Weil aber die Mehrheit der Juden, vornehmlich das gemeine Volk, das Passahfest schon einen Tag zuvor feierten, konnte Jesus selbst noch bei diesem Mahl im Voraus die Bedeutung Seines Todes erklären und so das Passahmahl als ein prophetisches Zeugnis auf Ihn hin enthüllen und in ein Gedächtnismahl Seines stellvertretenden Sühnetodes für wahrlich alle überführen.

Und so kam es also, dass Jesus, als der dreizehnte Nisan zu Ende ging, sich mit den Zwölfen zum Haus Seines reichen Gönners aufmachte, um, wie alle Pilger aus Galiläa, nach Anbruch der Dunkelheit schon am Rüsttag hin zum vorverlegten Fest-Sabbat am vierzehnten Nisan, das Passahlamm zu essen.

Und bei der Abenddämmerung erreichten sie das Haus, das mit Passahgästen schon überfüllt war; und als die Stunde kam und die ganze Heilige Stadt in die glutrote Abenddämmerung getaucht wurde, die vergoldete Zinne des Tempel zur Linken der Stadt aber blendend erstrahlte, wie die in ihm reflektierte Abendsonne, da setzte Jesus sich vor die geöffnete Fensterfront in dem für ihre Feier bereiteten Saal im Obergeschoss zu Tische nieder, und die Apostel mit Ihm.