Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
VI Die Aussöhnung
45: Jesu Sühnetod auf Golgatha
45-A: Weint nicht über Mich, sondern vielmehr um euch und eure Kinder!
45-B: Mutter, siehe: Ich mache alles neu!
45-C: Ein Fluch erweist sich am Ende noch als Segen!
45-D: Heroische Standhaftigkeit!
45-E: Seht, das Passahlamm Gottes!
45-F: Am Fluchholz zwischen zwei Verbrechern!
45-G: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen ja garnicht, was sie da tun!
45-H: Wahrlich, heute noch wirst du mit Mir im Paradiese sein!
45-I: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben!
45-J: Lasst uns Sein erlesenes Gewand nicht zerreißen!
45-K: Siehe, deine Mutter! Siehe, dein Sohn!
45-L: Eine Mutter für die ganze Gemeinde Jesu Christi!
45-M: Marias Tod beim ersten Apostelkonzil um die Streitfrage: Gesetz oder Gnade
45-N: In ihrer Todesstunde wurde sie vom Herrn in die Himmel aufgenommen!
45-O: Was den Apostels Johannes zum Lieblingsjünger des Herrn machte
45-P: Drei Stunden Finsternis! Mitten am Tag!
45-Q: Eli! Eloi, lama sabachthani!
45-R: Mich dürstet!
45-S: Es ist vollbracht! Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist!
45-T: Der Tod ist besiegt und sein Kerker aufgebrochen!
45-U: Was wie das Jüngste Gericht erschien, war in Wirklichkeit Kraftwirkung der Gnade!
45-V: Heiden kamen darüber zum Glauben! Jedoch nicht die hohen Geistlichen Israels!
(A)
Nachdem Jesus aber von Pontius Pilatus auf das energische Verlangen des total aufgebrachten Volkes zum Tode am Kreuz verurteilt worden war, zogen die Soldaten der römischen Hinrichtungs-Abordnung Ihm den Purpurmantel aus, den sie Ihm zum Spott übergeworfen hatten, so dass Er nur noch mit einem Lendenschurz bekleidet war; und sie bürdeten Ihm den massigen, schweren Querbalken auf, an welchem Er gekreuzigt werden sollte, ebenso, wie auch den beiden Verbrechern, dem Dysmas und Gestas.
Und sie trieben die drei Verurteilten durch die Straßen von Jerusalem hinaus zur »Schädelstätte«, welche von den Hebräern »Golgatha« genannt wurde, wo sie die Verurteilten zu kreuzigen pflegten.
Es folgte Ihnen aber eine große Volksmenge und viele Frauen; die heulten und beweinten den Propheten mit gebrochenem Herzen unter großem Jammern und Wehklagen. Jesus aber wandte sich zu ihnen um und seufzte: „O ihr, Meine geliebten Töchter Jerusalems! Weint nicht über Mich, sondern weint vielmehr über euch selbst und über eure Kinder und Kindes-Kinder, welche in jeder Hinsicht die Zeugungen und Wiedergeburten ihrer verstockten Väter sein werden, in allem noch ihres Geistes Kinder, weswegen sie auch unweigerlich unter Gottes Zorn und Gericht kommen müssen wegen ihrer früheren Taten aus ihren Vor-Leben!
Denn siehe, es wird die Zeit kommen, in der die Eurigen den Tag ihrer Geburt verfluchen werden und man unter euch wehklagen wird: »Selig sind die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht gesäugt haben!«
Dann nämlich werden die Nach-Geburten eurer Väter und Männer anheben mit großem Jammern und Wehklagen, und sich sogar wünschen, zu sterben, dass sie gar zu den Bergen rufen werden: »Fallt über uns!«, und zu den Felsen: »Bedeckt uns! Besser unter euch begraben zu werden, als unter das geraten zu müssen und das aushalten zu müssen, was beständig gegen uns heraufzieht und uns unablässig ereilt!«
Darüber weint und jammert und klagt! – wie Ich es tue! Denn Mein Herz dreht sich in Mir um! Unaufhörlich schmerzt es Mich aus Meinem tiefsten Inneren! – mehr noch, als das Geschick, das Mich jetzt selber trifft und ereilt hat um euretwillen! Erregt ist all Mein Mitleid über allem, was wegen dieser Stunde über euch noch kommen muss, bis ihr denn endlich erkennt und ruft: »Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN!« Denn wenn solches schon dem frischen, guten Holz geschehen muss, was wird dann erst noch mit dem dürren, schlechten werden?!“
(B)
Es war aber auch Maria, Seine Mutter, bei den Jüngerinnen, die Ihm, über Sein Schicksal heulend und wehklagend, begleiteten. Und als Er unter der Last Seines Kreuzes zu Boden stürzte, da stach´s ihr durchs Herz. Denn sie sah mit ihrem inneren Auge ihren kleinen Jungen, wie Er einstmals vor ihren Augen zu Boden fiel und sich die Nase blutig schlug, worüber sie damals zutiefst erschrak, weil sie da erstmals eine schmerzliche Ahnung befiel, was ihrem Kleinen einstmals bevorstehen würde.
Und wie damals stürzte sie auch jetzt zu ihrem über alles geliebten Sohn, um Ihm beizustehen und wischte Ihm mit ihrem Schleier das Blut aus dem Gesicht und suchte, Ihn zu trösten: „Ich bin ja bei Dir, Mein Junge! Ich bin bei Dir!“ Er aber richtete sich wieder auf, als ginge Er Seinen beschwerlichen Weg gerade auch für sie mit eiserner Entschlossenheit und sprach zu ihr: „Frau! Siehe! Ich mache alles neu!“
(C)
Als sie aber durch das »Gennath-Tor« aus der Stadt kamen, stürzte Jesus erneut unter der Last des schweren Balkens, den Er zu tragen hatte. Denn Er war schon schlimm zugerichtet worden durch die schwere Geißelung und Misshandlung, welche Er zuvor bereits im Hof des Prätoriums über sich hatte ergehen lassen müssen.
Da ergriffen die römischen Soldaten einen reinlich für die Festtage herausgeputzten Mann, der eben aus dem westlichen Park des Herodes oberhalb der nördlichen Stadtmauer zum sogenannten »Garten-Tor« kam und vorüberging, um sich in die Heilige Stadt zum Tempel zu begeben; und sie zwangen ihn, dem blutverschmierten Gottes-Sohn beim Tragen des Kreuz-Balkens zu stützen, so dass jener wider seinen Willen und trotz seiner energischen Verweigerung in die Joch-Gemeinschaft mit den Herrn gezwungen wurde, mit Ihm Sein Kreuz zu tragen, hinauf nach Golgatha, der Schädelstätte bei der »Gehenna«, der Müllhalde des alten Steinbruchs, welche der Nord-Stadt mit dem Tempel und den Palast-Anlagen des Herodes im Westen gegenüber lag.
Jener Mann aber mit Namen Simon war zunächst am Boden zerstört. Denn er war aus dem fernen Libyen aus Kyrene nach Jerusalem gekommen, um das Passah und die Tage der ungesäuerten Brote in der Heiligen Stadt zu feiern. Da er nun aber genötigt worden war, mit einem Verfluchten dessen Schandholz zu tragen, war er dadurch verunreinigt worden, so dass er das Heiligtum Gottes hinfort nicht mehr betreten konnte. Doch sollte sich für jenen Simon von Kyrene diese herbe Enttäuschung noch in allergrößte Freude kehren.
Denn jene Begegnung mit dem Herrn sollte ihm noch zur großen Lebenswende werden. Und jener, dem so zuerst der Zugang zum Tempel Gottes in Jerusalem verwehrt blieb, sollte dafür später einen unablässigen freimütigen Zugang in das wahre Herz und Allerheiligste Gottes finden, das sich nicht auf Erden befindet, sondern in den höchsten Himmeln der Herrlichkeit ist – durch Jesus Christus, der die Vergebung aller unserer Sünden und aller Welt Versöhnung und Heiland und Erlöser ist, weil Er uns befreit hat von jeder Belastung durch ein schlechtes Gewissen wegen all unserer Verfehlungen, denen wir immer wieder erliegen, so dass wir – trotz aller bleibenden Unzulänglichkeit und Unreinheit! – befreit von jedem drückenden Gewissen doch unverbrüchlich beständigen Zugang ins himmlische Allerheiligste der alle liebenden Abba-Gottheit haben dürfen.
So sollte jener Simon von Kyrene durch die Last, die ihm zunächst wider seinen Willen aufgebürdet wurde, den finden, welcher ihm schließlich alle seine eigenen viel drückenderen Lasten abnahm! – wie es oft im Leben ist, dass sich eine große Enttäuschung und eine schwere Prüfung am Ende im Nachhinein als großes Heil für unser Leben erweist.
Aber nicht allein Simon von Kyrene sollte auf diese Weise das Heil in Jesus, dem Christus, finden, sondern mit ihm sogar sein ganzes Haus! Denn nicht nur Simon fand auf diese Weise das Heil in dem Herrn, sondern ebenso auch seine Frau und seine beiden Söhne, Alexander und Rufus, welche der Gemeinde in Rom als getreue Diener des Herrn wohl bekannt sind.
(D)
„Über Meinem gebrochenen Herzen wurde Ich auch noch verhöhnt;
und keinerlei Mitleid wurde Mir entgegen gebracht!
Ich hoffte auf irgendein tröstliches Wort; aber da kam nichts!
Meinem gebrochenen Herzen spie man nur zusätzlich noch Hohn entgegen!
Und um Meinen vertrocknete Kehle zu tränken,
reichte man Mir Galle und Essig!“
Und sie kamen an die Stätte mit Namen »Golgatha«, was übersetzt heißt: »Schädelstätte«; denn vor der Anhöhe, wo die Kreuze der Verurteilten aufgerichtet wurden, befand sich ein Felsen in der Form eines Schädels. Und dieser Felsen ist zu sehen bis auf den heutigen Tag.
Und der Mann, welcher mit Jesus in Jochgemeinschaft das Kreuz bis zur Anhöhe tragen musste, wurde entlassen; doch siehe: Er konnte nicht gehen, weil er von Mitleid ergriffen war, aber auch von Bewunderung, mit welcher Würde und Entschlossenheit der Verurteilte, dem er aufhelfen musste, Sein Kreuz bis zu Ende trug, zu der Stätte Seiner Hinrichtung hin.
Und an den vielen Frauen, die um Seinetwillen heulten und wehklagten, wie auch an den vielen anderen, die betroffen dem Zug der zum Tode Verdammten folgten, erkannte er, dass jener Mann, dem er beim Tragen Seines Fluch-Balkens stützen sollte, ein Heiliger gewesen sein musste – ja, ein großer Prophet Gottes, den das selbe Geschick ereilt hatte, wie alle Gottes-Propheten vor Ihm.
Darum blieb jener Simon von Kyrene, der mit Jesus dessen schweren Kreuz-Balgen bis nach Golgatha hinauf getragen hatte, an der Stätte Seiner Hinrichtung bis zum Ende. Und siehe, er fand über dem, was er dort sah und hörte, zum Glauben, dass jener von der Welt ans Fluchholz Geschlagene wahrhaftig der Sohn Gottes war.
Als die römischen Soldaten aber den schon völlig entstellten, blutverschmierten Leib Jesu völlig entblößt und nackt ausgezogen hatten, legten sie Ihn auf den staubigen Boden, um Seine Arme auf den Querbalken zu nageln. Und sie wollten Ihm Myrrhe in Essig-Wein mit Galle vermischt zu trinken geben, um Ihm durch diesen berauschenden Trank die Schmerzen zu lindern.
Als Er es aber schmeckte, wollte Er´s nicht trinken – so, als wolle Er freiwillig und entschlossen alles noch bevorstehende Leid in seiner ganzen bodenlosen Schwere bis zum Allerletzten in vollem Bewusstsein erdulden und ertragen.
(E)
Danach nahmen sie die groben, fingerdicken Nägel, je etwa zwei Hand-Breiten lang, und trieben sie Ihm unterhalb der Handgelenke durchs Fleisch. Er aber schrie trotz der unsäglichen Schmerzen nicht, auf dass sich erfüllte, was von Jesaja prophezeit worden war: „Als Er misshandelt wurde, fügte Er sich in alles und tat Seinen Mund nicht auf, wie ein Opferlamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinen Scherern, tat Er Seinen Mund nicht auf!“ So stöhnte Er allein, als Ihm die Nägel durch die Sehnen getrieben wurden und wendete Sein Angesicht ab. Doch im Gegensatz zu den anderen schrie Er nicht.
Und als sie Seine Arme unterhalb der Handwurzeln auf den Querbalken genagelt hatten, zogen sie den Rabbi an Seinem Marterpfahl hinauf und sicherten den Querbalken; und daraufhin schlugen sie mit einem weiteren dritten groben Nägel durch Seine beiden Füße auf die am Pfahl angebrachte Fußstütze.
Es war aber die dritte Stunde nach Tagesanbruch, als sie Ihn kreuzigten, also noch am Vormittag. Das aber war genau um die Zeit, in welcher auch im Tempel die ersten Passah-Lämmer für die Priester geschlachtet wurden, wodurch offenbar werden sollte, dass Christus das Passah-Lamm Gottes ist, das hinweg nimmt die Sünde der ganzen Welt. Denn durch Sein Blut wurde aller Welt Sünde gesühnt, so dass der teuflische Verkläger, der alle Menschenkinder um ihrer Verfehlungen willen beständig verklagt und verteufelt und ihrer aller Verdammung einfordert, keinerlei Anrecht mehr auf irgend einer Seele ewiges Verderben hat.
Denn die göttlichen Gebote der Liebe, die niemand vollends erfüllen kann, welche der Satan zum Anlass nahm, die Verdammung aller Kinder Gottes einzufordern, und die jener damit zu seiner Anklageschrift wider alle Geschöpfe Gottes gemacht hatte, wurde mit Christus ans Kreuz geschlagen, weil unser Heiland und Erlöser durch Seine stellvertretende Lebenshingabe zur Sühne für alle Welt alles hinweg nahm, was gegen alle Gotteskinder in ihrer Verderbtheit und Verlorenheit stand.
So ist nunmehr alles zugedeckt durch das Blut Jesu Christi als dem von Gott selbst gestifteten Passah-Lamm, das Er selbst, der Vater, in dem Sohn ist, so dass der Verkläger aller Geschöpfe Gottes wirklich auf keine Seele mehr Anrecht hat, sie in seinem Todesgriff zu halten und auf ewig unter dem Bannfluch zu binden, wie auch schon vormals der Verderber an all jenen Häusern vorbeiziehen musste, ohne hinein greifen zu dürfen, um mit sich Seelen in die Finsternis der absoluten Gottesferne zu ziehen, deren Türpfosten mit dem Blut des Passah-Lammes bestrichen waren.
Denn ebenso hatte sich nunmehr die Gottheit selbst wahrhaft alle Seelen erkauft in und über Ihr für alle vergossenes Christus-Blut! – auf dass sich erfüllen sollte, was schon verkündigt wurde durch den Propheten Jesaja: „Die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir alle Frieden fänden und hätten; und weil Ihn unsere Strafe traf, werden wir alle am Ende noch Sein Heil erfahren und verschont!“
(F)
So schlachteten sie also den Erlöser der Welt zu der Stunde, als auch die Opferlämmer Gottes im Tempel abgeschlachtet wurden – aller Welt zum Zeugnis.
Und ebenso kreuzigten sie auch die beiden Verbrecher, den Dysmas und Gestas zu Seiner Rechten und Seiner Linken, auf dass sich erfüllte, was von Ihm durch Jesaja geschaut worden war: „Und siehe, Er wurde zu den Übeltätern gerechnet und fand dasselbe Ende, wie die abgeurteilten Verbrecher.“ Denn Er hing in der Mitte zwischen ihnen.
(G)
„Ein Anblick des Elends bin Ich geworden,
als Mensch kaum wiederzuerkennen!
Zum Spott der Meute bin Ich geworden,
zum Hohn für das ganze Volk!
Alle, die Mich sahen, verachteten Mich,
verzogen ihre Lippen und erheiterten sich über Mich!
Denn von allen wurde Ich für nichts geachtet!
Denn da nichts Ansehnliches mehr an Mir war,
hielten Mich alle für verstoßen und verdammt von Gott,
dem Höchsten, selbst!“
Alle aber, die vorübergingen oder auch stehen blieben, um das grausame Schauspiel begaffend zu genießen, schüttelten belustigt ihre Köpfe und verlästerten Ihn: „Wollte dieser nicht den Tempel Gottes zerstören und in drei Tagen einen anderen errichten?!
He, Du da, der Du das Heiligtum Gottes niederreißen und Dir in drei Tagen Deine eigene Weihe-Stätte errichten wolltest: Was ist nun?! Wenn Du so mächtig bist, gleich Gott, warum hilfst Du Dir nun nicht selber?! Wenn Du Gottes Sohn bist, so steig´ doch einfach herab vom Kreuz!“
Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: „Andern will Er geholfen haben und kann sich nun selber nicht helfen?! Die Welt will Er aus ihrem Leid erlösen und kann nicht einmal sich selbst erlösen?! Da möge Er sich nun doch erst einmal selber retten und helfen, wenn Er denn der Christus, der Auserwählte Gottes, ist!“
Und sie verhöhnten Ihn: „He, Du, Arzt aller Kranken! Heile Dich zuerst einmal selbst! Bist Du wahrlich der König Israels, warum steigst Du dann nicht vom Kreuz herab?! Oh, tu uns doch bitte den Gefallen! Dann wollen wir auch an Dich glauben und Dir huldigen!
Wo ist denn nun Dein Gott, den Du verkündigt hast und auf den Du vertraust?! Warum erlöst Er Dich nicht, wenn Er allein an Dir so großen Wohlgefallen hat?! – wenn Du denn wahrlich bist, was Du vorgibst: Gottes über alles geliebter Sohn!“
Mit solchen und noch vielen anderen Spott-Rufen verhöhnten und verlästerten sie Ihn – genau in der Weise, wie es im Buch der Weisheit des Königs Salomo angekündigt worden war, wo ihr Hohn auf den Gerechten Gottes bereits beschrieben worden ist.
Denn sie verspotteten Ihn ebenso, wie es dort geschrieben steht: „Er behauptet, Erkenntnis Gottes zu haben?! Und rühmt sich, Gottes Sohn zu sein?! Unsere Frömmigkeit aber zieht Er in den Schmutz! Darum ist uns Sein Anblick unerträglich geworden! Denn Sein Leben unterscheidet sich gänzlich von dem unseren; und die Wege, die Er lehrt, sind völlig anders als die, die wir schon immer gingen!
Lasst uns doch sehen, ob Seine Verkündigung wahr ist, und prüfen, was nun bei Seinem Ende geschehen wird! Ist Er der Gerechte und Sohn Gottes, so mag der Ihm jetzt helfen und Ihn erretten aus der Hand all derer, die Er in Seiner Abtrünnigkeit von ihren altbewährten Wegen gegen sich aufgebracht hat.
Durch Schmach und Qual wollen wir Ihn auf die Probe stellen, um zu sehen, wieviel dieser Gottes-Mann ertragen kann, um zu prüfen, ob Seine Langmut und Güte, die Er heuchlerisch herausgekehrt hat, sich wirklich im Ausharren bis ans Ende bewährt, wenn wir Ihn hinrichten und hingeben in den schändlichsten und nur erdenklich schmachvollsten Tod!“
Aber auch die Geldwechlser und Viehhändler verspotteten Ihn – wie etwa der, dessen Passahlamm, das Judas für das Seder-Mahl ausgesucht hatte, von Jesus abgelehnt wurde. Der verhöhnte nun den Sohn Gottes: „Ein Lamm hat Er vor dem Tod errettet, aber sich selbst kann Er nicht retten!“ Aber auch die anderen Verkäufer von Schlachtopfer-Tieren ließen sich über Ihn aus und höhnten: „Du hast die Händler mit Ochsen, Schafen und Tauben aus dem Tempel getrieben und bist nun dafür selbst zu einem Opfertier geworden, das geschlachtet worden ist!“
Jesus aber blickte zum Himmel hinauf und rief: „Abba, lieber Vater! Vergib ihnen, denn sie wissen ja garnicht, was sie da tun!“ – und flehte so für die Gottlosen, dass sie für ihre Verderbtheit nicht auf ewig ausgetilgt würden, wie es schon vormals auch Mose getan hatte; und Er erwies sich darin als der messianische Prophet, von welchem Mose verheißen hat: „Den wird euch Gott aus eurer eigenen Mitte erwecken! Und Er wird vom selben Geist und von der selben Gesinnung sein, wie ich.“
Und in diesem Seinem Gebet um Vergebung, für welche Er sogar bereit war, Sein eigenes Leben als Sühneopfer hinzugeben, vollendete sich in Christus wahrhaftig die göttliche Liebe. Denn Er flehte nicht allein um die Seinen, die Ihn aber auch allesamt verlassen und verleugnet hatten, sondern Er trat sogar überdies in Fürbitte für all diejenigen ein, welche Ihm ohne Ursache Feind waren und hassten: ja, für all Seine Widersacher, die Ihm Seine Liebe mit Hass vergolten hatten – in der unerschütterlichen inbrünstigen Sehnsucht, dass selbst auch sie von ihren Abwegen teuflischer Selbstverblendung noch abkämen und Erlösung finden mochten.
So widerstand Er ihrem Hass mit Liebe und allem Bösen mit dem göttlichen Guten, und erwies sich darin fürwahr als die Geburt und Erscheinung der göttlichen Agape, die Hass nicht mit Hass erwidert und nicht auf Vergeltung aus ist, sondern vielmehr in allem nur auf Vergebung und Versöhnung hinwirkt, um so alles Böse durch Ihre unüberbietbare Güte und allen Hass durch Ihre unerschütterliche, über alles erhabene Liebe zu überwinden.
(H)
Aber selbst sogar einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte Ihm mit Schmähungen, indem er Ihn verhöhnte: „Bist Du nicht der Christus Gottes? Dann hilf Dir selbst und uns!“ Es war aber Gestas, der Ihn so verhöhnte, welcher zu Seiner Linken hing.
Da wies ihn der andere zur Rechten Jesu mit Namen Dysmas zurecht und schalt ihn: „Hast du nicht die geringste Ehrfurcht vor Gott, der du doch unter dem gleichen Fluch der Verdammnis gekommen bist?! Und uns geschieht ja nur Recht, da wir auf so furchtbare Abwege gekommen sind, wie ich es jetzt leider viel zu spät erst erkenne! So empfangen wir sehr wohl den rechten Lohn, den wir für unsre Gräueltaten verdienen! Dieser aber hat nie irgendetwas Schlechtes oder Unrechtes getan!“
Dann aber wandte sich Dysmas um zu dem Herrn und flehte Ihn an: „Meister, ich wage es, eine Bitte an Dich zu richten! Denn Dein Flehen für all uns Verlorenen hat mich aller meiner Übeltaten überführt, und ich habe erkannt, dass Du der Heilige Gottes bist, sowie ich auch in Dir erkannt habe, dass die Heiligkeit der göttlichen Allmacht wahrhaftig nichts als Liebe sein muss!
Ich war ja so falsch gelegen, in allem, wie ich alles in meinem Unglauben wahrgenommen und mir zurecht-gelegt hatte! Und ich habe so unsäglich viel Grausamkeiten begangen, derer ich mich jetzt zuallertiefst schämen muss! Darum, sei bitte auch Mir gnädig, Jesus! Und gedenke meiner in Deiner Liebe, die wahrhaft alles vergeben will, wenn Du in Dein Reich kommst!“
Jesus aber richtete Seine Augen voll Dankbarkeit in die Himmel. Denn Er erkannte, wie Gott Ihm Sein Opfer schon hier am Kreuz zu vergelten begann, dass Er Ihm den ersten aus seiner Sündenverstrickung Erlösten schenkte und Ihn so ermutigte, auch noch alles Übrige bis zum bitteren Ende zu ertragen.
Und Jesus wandte sich dem Dysmas zu, dem ersten Sohn Seines Reiches, der Ihm geschenkt worden war, und versicherte Ihm: „Wahrlich, Ich sage dir: Heute noch wirst du mit Mir in die Herrlichkeiten der lichten Gottes-Himmel eingehen, in den Schoß der göttlichen Abba-Liebe selbst, und alsdann auf ewig bei Mir in Meinem Paradies und in Meinem himmlischen Tempel, im Jerusalem droben, sein!“
Und Dysmas tat sogar noch sein erstes gutes Werk, dass er für seinen unverständigen Kumpanen Fürbitte tat: „Kannst Du auch ihm vergeben und seine Gottlosigkeit nachsehen? Denn fürwahr: Er weiß nicht, was er da redet und sich selbst damit antut!“
Jesus aber nickte ihm zu: „So wahr Ich erhöht wurde für alle, will Ich auch noch alle zu Mir an Mein Herz ziehen!“
Gestas aber, der Verruchte zur Linken Jesu, hörte es nicht, denn er war aufgrund seiner Atemnot soeben wieder in Ohnmacht gesunken; und er sollte es auch noch nicht hören; denn ihm stand zunächst noch die Hölle absoluter Gottverlassenheit bevor, um darüber ernüchtert und geläutert zu werden.
(I)
Schließlich kam ein römischer Soldat mit der Holz-Tafel, auf welcher der Schuldspruch verzeichnet war. Denn es war Sitte bei den Römern, den Grund für das Todesurteil auf einer Holz-Platte über den Hingerichteten ans Fluchholz zu nageln, damit dieser grauenhafte Tod des Verurteilten allen anderen auch augenscheinlich zur Abschreckung diente.
Pilatus aber hatte als Grund für Jesu Hinrichtung Folgendes auf die Holz-Tafel schreiben lassen; und als die Holz-Platte über dem mit der Dornenkrone gekrönten Haupt Jesu Christi angenagelt wurde, konnten es alle lesen. Die Aufschrift aber war: „Jesus von Nazareth, König der Juden“ Und diesen Schuldspruch lasen viele Juden; denn die Stätte nahe des alten Steinbruchs, wo Jesus gekreuzigt wurde, war an dem hohen nord-westlichen Berghang unmittelbar gegenüber der Nord-Stadt mit der Palast-Anlage des Herodes, sowie der Festung Antonia und dem Tempel, sowie oberhalb des Parkes, welchen der Tetrarch vor dem »Gennath-Tor«, was verdolmetscht »Garten-Tor« heißt, hatte anlegen lassen, der sich wiederum unterhalb der alten Stadtmauer befand, welche die Neu-Stadt im Norden von der Alt-Stadt im Süden trennte, von wo aus die Tafeln mit den Schuldsprüchen über den Gemarterten ebenso noch zu sehen waren.
Die Urteilsbegründung war aber nicht allein in der römischen Sprache Latein, sondern auch in griechischer und in hebräischer Sprache aufgeführt worden. Und überdies wurde der Schuldspruch nach der Sitte der Römer nicht nur in kleiner Schrift, die man allein von Nahem lesen konnte, auf der Holz-Tafel niedergeschrieben, sondern es wurden überdies die Anfangsbuchstaben der Urteilsbegründung auch in großen Lettern aufgebracht, die man auch noch von Weitem lesen konnte, damit jeder, der das angegebene Vergehen gelesen hatte, durch die großen Initialen immer wieder zur Abschreckung an die Untat erinnert wurde, welche ein Todesurteil nach sich zog.
So war es nun auch bei Jesus: Da stand nämlich auf Seiner Tafel »Jesus von Nazareth, König der Juden«, was auf lateinisch hieß: »Iesus Nazoraeus Rex Iudearum«, abgekürzt aber »INRI«. In Hebräisch aber lautete der Urteilsspruch »Jeschua Ha´Norzi, Wu´Melech Ha`Jehudim«, was zu den großen die Initialen »JHWH« führte.
Als das aber die Juden lasen, entsetzten sie sich alle über die Maßen. Denn dies war das Tetragramm, die Konsonanten des Namens ihres Gottes »Jahwe«, den niemand auch nur aussprechen durfte. Und eben dieser Name des Höchsten Israels stand nun über dem Kreuz! Denn es war der Wille »Gottes, des Allmächtigen«, des »El Schaddaj«, dass sich die Bedeutung Seines Namens in dieser Stunde aller Welt enthüllen sollte, die allein dadurch lebte, dass der Lebendige Sein Leben an alle austeilte und hingab.
Als dies aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten, sowie alle Ältesten und Fürsten Israels, die Mitglieder des Hohen Rates, lasen, entsetzten sie sich über die Maßen und wandten sich unversehens völlig aufgebracht an Pilatus, ob er sich überhaupt klar wäre, was er da über das Kreuz jenes von ihnen Verurteilten habe schreiben lassen.
Pilatus aber verwunderte sich: „Was regt ihr euch denn so darüber auf?! Das war es doch, weswegen ihr Seinen Tod gefordert habt, weil Er erklärt hatte, Er sei der König und Messias Israels!“
Sie aber entrüsteten sich: „So steht es aber nicht auf der Tafel! Da steht, Er sei wahrhaftig der König der Juden und wäre deswegen hingerichtet worden, und nicht, dass Er dies nur von sich behauptet hat! Diese Aufschrift muss darum unbedingt geändert werden! Es muss dort stehen, dass Er dies lediglich unrechtmäßig für sich beansprucht hat, Er sei der König der Juden! So aber verhöhnst Du damit ja auch das ganze Volk Israel, als ob es seinen eigenen König und den Messias Gottes ans Kreuz geschlagen hat, und du verspottest damit uns Juden, weil es so klingt, als zeige dessen Schicksal, was einem jeden wahren König der Juden von Rom widerfahren wird! So gibst du mit deinem Schuldspruch ganz Israel, sowie auch seinen Gott der Lächerlichkeit preis!
Denn über allem ergeben diese Initialen den Namen unseres Gottes, des Heiligen Israels! Doch der Name des »Ha´Schem Andonais«, des »Namens des HERRN«, darf nicht einmal ausgesprochen werden! Und du wagst es, ihn auch noch über Sein Kreuz – also ein Fluchholz! – SCHREIBEN zu lassen! Damit lästerst du selbst sogar unserem Gott!“
Pilatus aber sprach eiskalt gänzlich ungerührt: „Nun, zum Glück unterstehe ich nicht – wie jener von euch abgeurteilte angebliche Gotteslästerer – eurer Gerichtsbarkeit, sondern vielmehr ihr der Meinen! Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben! Und wenn ihr´s denn wissen wollt: Jedes einzelne Wort war sehr wohl mit Bedacht von mir gewählt! So soll es alle Welt lesen, dass ihr nach meinem Urteil euren eigenen gott-gesandten König habt niederschlachten lassen und euch damit versündigt habt an eurem eigenen Gott!
Und nachdem solch eine Ungeheuerlichkeit nun schon geschehen musste und ich dafür wohl einstmals von aller Welt geschmäht und verachtet werde, so soll die Welt wenigstens wissen, dass ich selbst dazu genötigt wurde und anders geurteilt habe als ihr!
IHR wolltet Seinen Tod, weil Er euch bekundet hat, euer Heiland und Erlöser zu sein – NICHT ICH! So soll alle Welt sehen, wie ihr dies eurem König gedankt habt! So wird kein Jota weggenommen von dem, was ich habe schreiben lassen! Und was geschrieben steht, das steht geschrieben!“
Und ohne eine Erwiderung abzuwarten, wandte Pilatus sich von ihnen allen über alle Maßen erbost ab und ließ sie einfach stehen.
(J)
Als aber die vier Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, die damit beauftragt worden waren, nahmen sie Seine Kleider, die einer von ihnen mitgenommen hatte; nachdem aber niemand von Seinen Angehörigen danach verlangt hatte, teilten die vier Römer sie unter sich auf, für jeden Soldaten einen Teil. Das Gewand des Rabbuni aber schien nicht aus Einzelteilen zusammengenäht, sondern auf höchst wundersame Weise völlig makellos von oben bis unten in einem Stück gewebt worden zu sein.
Da sprachen sie untereinander: „Lasst uns diese erlesene Toga nicht zerreißen, sondern darum losen, wem sie gehören soll!“ Also warfen sie Würfel darum, wer das kostbare Gewand erhalten sollte.
Aber selbst sogar auf diese Weise erfüllte sich die Schrift, in welcher prophezeit worden war: „Sie haben Meine Kleider unter sich geteilt und haben über Mein Gewand das Los geworfen“ „Ja, die Gewaltigen teilen das Meine als ihre Beute unter sich auf.“ Denn genau das taten die Soldaten. Danach saßen sie da und hielten Wache. Denn die Sonne erklomm ihren Zenit und es wurde in ihrer Gluteshitze immer schwüler.
(K)
Wenngleich fast alle Seiner Jünger aus Angst um ihr nacktes Leben die Flucht ergriffen hatten, so war der Meister aber doch nicht ganz alleine Seinen letzten Weg gegangen. Denn es standen weitab in der Ferne einige Seiner Verwandten und Bekannten, direkt unter Seinem Kreuz aber vor allem viele Frauen: all jene, welche Ihm aus Galiläa nachgefolgt waren und Seine Jüngerinnen waren und Ihm und Seinen Aposteln gedient hatten, indem sie für Seine Gemeinschaft in den Dörfern, in welche sie zogen, Speisen kauften und diese für Jesu ganze Anhängerschaft zuzubereiten pflegten – all Seine Jüngerinnen also, die nun auch mit Ihm und den Seinigen nach Jerusalem herauf gezogen waren: nämlich Maria Magdalena, also die Schwester der Martha und des Lazarus aus Bethanien, welchen der Herr vom Tode auferweckt hatte, jene, die Ihn auch einige Tage zuvor im Hause Simons, welchen der Herr vom Aussatz geheilt hatte, für Sein Begräbnis gesalbt hatte und Ihm schon immer ganz besonders nahe stand, so dass sie von vielen als Seine Gefährtin angesehen wurde, weil der Herr sie auf den Mund zu küssen pflegte; – weiter Johanna, die einstige Frau des Chusa, des Verwalters des Herodes, sowie Susanna und noch viele andere; – außerdem Maria, die Frau des Kleopas Alphäus, welcher der Halb-Bruder von Jesu Zieh-Vater Joseph war, und deren Söhne in der Gefolgschaft Jesu waren, nämlich Jakobus der Kleine, den der Meister sogar in den engeren Kreis Seiner zwölf Apostel erwählt hatte, sowie Joses und Simeon, die den zwei undsiebzig Herolden angehörten.
Schließlich befand sich unter dem Kreuz freilich auch – völlig zerbrochen – Jesu Mutter Maria, welche Jesu Lieblingsjünger Johannes, der ihr Neffe war, unter großen Mühen aufrecht zu halten suchte, da sie sich vor Schmerzen über dem, was ihr geliebter einziger Sohn erleiden musste, auf den Boden werfen wollte; und auch die Schwester von Jesu Mutter, nämlich Salome war zugegen, welche die Frau des Zebedäus und die Mutter von Jesu Vettern Johannes und Jakobus war, welche der Meister in den Kreis Seiner besonders erwählten zwölf Apostel aufgenommen hatte.
Als nun Jesus Seine Mutter sah, die von Seinem kleinen Cousin gestützt wurde, dem jungen Johannes, jenem Jünger, den Er besonders lieb hatte, da sprach der Rabbi zu Seiner Mutter: „Frau! Siehe, das ist dein Sohn!“ Und zu Johannes, Seinem Liebling, sprach Er: „Siehe, Mein lieber Bruder! Das ist fortan auch deine Mutter!“ Und Jesus bat den Johannes, Seine Mutter zu sich nach Hause zu führen; und von der Stunde an nahm sie Johannes zu sich und sorgte für sie.
(L)
Und Maria lebte fortan zusammen mit Johannes in seines Vaters Haus in Jerusalem, wo Zebedäus, des Johannes Vater, ein weiteres, stattliches Gebäude zusätzlich zu seinem Wohnhaus in Kapernaum besaß, jenem Haus am See Genezareth, wo Maria zuvor bei ihrer Schwester Salome, des Zebedäus Frau, gewohnt hatte, seit Jesus mit ihr von Nazareth dorthin umgezogen war, von wo aus Er das ganze heilige Land auf Seinen Missionsreisen mit Seinen Aposteln durchwandert hatte.
Von dieser Stunde an aber verblieb des Herrn Mutter in der Heiligen Stadt Jerusalem im zweiten Hause des Zebedäus, wo er verweilte, wenn er dort auf dem Markt einen Großteil der Fänge seiner Fischerei verkaufte.
Denn von diesem Tage an sollte der Wohnsitz der Mutter des Herrn dort im zweiten Haus des Zebedäus in Jerusalem am Hang des Berges Zion sein, wo sich die erste judenchristliche Urgemeinde Jesu Christi ansiedeln sollte; denn auch viele der Frommen, welche Essener genannt wurden, von denen ein abgeschlossenes kloster-gleiches Viertel auf dem Gipfel des Berges Zions lag, schlossen sich der neuen jüdischen Glaubensgemeinschaft an und erkannten in Jesus den Sohn Davids und Gottes, für dessen Ankunft sie ihr ganzes Leben geweiht und durch regelmäßige rituelle Tauf-Bäder reingehalten hatten.
So lebte fortan die Mutter des Herrn inmitten Seiner Gemeinde und wurde so auch zur heiligen Mutter für viele Gläubige. Denn weil sie in dem Sohn Gottes auch ihren eigenen über alles geliebten Sohn, der die Frucht ihres Leibes war, hingeben musste, ebenso wie die Heilige Ruach und Gottheit selbst, sollte sie als Lohn für ihr großes Opfer ihres einzigen Kindes unzählige andere Kinder geschenkt bekommen.
Denn wenngleich sie, die Mutter des Herrn, eine stille, andachtsvolle Jungfrau war, die in der ersten juden-christlichen Ur-Gemeinde des Herrn in Jerusalem auf dem Berg Zion nicht viel Aufhebens um ihre Person machte und die Zurückgezogenheit in der Zwiesprache mit ihrem Sohn und dessen himmlischen Vater bevorzugte, so wurde sie vielen – vielleicht auch gerade deswegen – zu einer heiligen Mutter. Denn sie strahlte wie keine andere Seele die göttliche Liebe aus.
Und gar viele kamen zu ihr und suchten ihren Rat und Zuspruch und Trost und baten sie um ihre Fürbitte bei dem Herrn, so dass sie schon auf Erden auf ihren Dienst vorbereitet wurde, denn sie später fortan in den Himmeln haben sollte.
Denn sie sollte der ganzen Christenheit, allen Geschwistern des Herrn, die hinzu gewonnen werden sollten, ebenso eine fürsorgliche Mutter werden, wie einstmals ihrem geliebten Jungen, dem Herrn, selbst. Und darum auch schenkte der Herr ihr alle Seine Geschwister, die Er mit Seinem Geist beseelte, wie allen Seinen hinzu-gewonnenen Geschwistern auch Seine Mutter, die Ihn aufgezogen und als Kleinkind umhütet und beschirmt hatte.
Und ein jeder, der, wie einst Jesu Liebling Johannes, in ganz besonderer Herzensnähe mit seinem Herrn und Heiland Jesus verbunden ist, der wird auch die Gemeinschaft mit Seiner so überaus sanftmütigen, demütigen Mutter suchen, lieben und genießen. Denn sie ist fürwahr eine unvergleichliche Magd des HERRN und darum ein Spiegel und Abglanz all der mütterlichen Eigenschaften der göttlichen Agape selbst: voll von Liebe, Sanftmut, Mitgefühl, Einfühlsamkeit, Barmherzigkeit, Langmut, Geduld, Fürsorglichkeit, Freundlichkeit, Empfindsamkeit, Nachsicht, Vergebungsbereitschaft, All-Duldsamkeit und was sonst noch alles das göttliche Mutterherz beschreibt, welches ein jedes Herz zu trösten und zu stillen vermag, wie der wiegende Schoß einer liebenden Mutter.
So wurde nicht allein dem Johannes von Seinem dahinscheidenden geliebten Herrn als Tröstung jene Mutter geschenkt, sondern wahrhaft mit ihm allen – der ganzen Christenheit und der gesamten Schar der vom Heiland hinzu-gewonnenen Geschwister und Gotteskinder; und ebenso beschenkte der Herr damit auch Seine Mutter für das leidvolle Opfer, das sie erbringen musste, dass sie ihren einzigen, über alles geliebten Sohn so schmerzlich dahin geben musste, auf dass sich so auch dies Wort der Schrift erfüllen sollte: „Die, welcher ihr Kind entzogen wird, so dass sie ohne ihre Leibesfrucht zurückbleiben muss, eben diese soll unzählige Kinder geschenkt bekommen und nicht ohne Leibesfrucht bleiben!“
(M)
Und so lebte die Mutter des Herrn als Tröstung für viele Gotteskinder auf dem Berg Zion bis zu ihrem Tod. Und als sie verschied, waren alle Apostel des Herrn um sie versammelt, so dass sie – diese alle segnend – von ihnen schied.
Denn sie hatten sich – nachdem sie bereits in alle Welt ausgeschwärmt waren, um die Frohe Botschaft von der Liebes-Hingabe ihres Herrn für wahrhaft alle allen Völkern und Nationen und Geschlechtern zu künden – noch ein letztes Mal alle in Jerusalem zusammengefunden für das erste große Konzil der Christenheit, um die erbittert geführte Streit-Frage zu klären zwischen dem später durch eine Erscheinung des Herrn berufenen Heiden-Apostel Paulus und dem Bruder des Herrn, dem Jakobus, welcher der Patriarch der jüdischen Urgemeinde Jesu Christi in Jerusalem wurde: nämlich, ob Heiden, welche Jesus, den Messias Israels, auch als ihren Heiland annahmen, darum beschnitten und als zum Judentum bekehrte Proselyten auf die Thora des Mose verpflichtet werden müssten – wie auch die Frage, ob das rückhaltlose Vertrauen auf die unverlierbare Retterliebe Christi allein schon eine sichere Heilsgewissheit schenken könne, oder, ob für die Erlangung des Heils überdies noch irgendwelche besonderen Werke notwendig wären, welche das jüdische Gesetz vorschreibt – ausgenommen der Liebe.
Jakobus nämlich, welcher der erste Fürst der Jerusalemer Urgemeinde aus dem edlen Königsgeschlecht des David wurde: Er war der Erstgeborene des Witwers Joseph, welcher den Herrn Jesus durch die Vermählung mit dessen Mutter, als sie mit Ihm schwanger war, als seinen Sohn annahm; und auch jener Herren-Bruder, Jakobus, wurde – ebenso wie Paulus – erst durch eine Erscheinung des Auferstandenen zum Glauben an den Herrn bekehrt.
Jakobus aber war ein Eiferer für das Gesetz des Mose. Und das war auch gut so, weil er im ganzen Volk der Juden wegen seiner tiefen Frömmigkeit hoch geachtet wurde, so dass man ihm sogar den Beinamen »der Gerechte« gab. Und aufgrund dieser seiner Treue zur göttlichen Thora war er ein Bollwerk gegen alle Angriffe auf die neue jüdische Sekte der Christus-gläubigen Nazarener. Denn sein Wandel vor dem Gesetz des Mose war in jeder Hinsicht tadellos und unanfechtbar, – ja, er war für seine Liebe zur Thora im ganzen jüdischen Volk hochgeschätzt und anerkannt, so dass es keiner wagte, gegen ihn und seine Jesus-gläubige Gemeinschaft auch nur das Wort zu erheben.
Dieser Eifer des Herrenbruders Jakobus für das mosaische Gesetz brachte ihn aber auch in Konflikt mit dem Heidenapostel Paulus, dem die Einsicht geschenkt worden war, dass allein das rückhaltlose Vertrauen auf die Retterliebe des Herrn, die auch die verlorensten Gottlosen noch zurechtbringen würde, wahre Glückseligkeit schenken und überhaupt erst wahre selbst-lose Retterliebe auch in den Gläubigen freisetzen kann, weswegen der Apostel Paulus darauf bestand, den Nationen nicht durch die Auferlegung all jener Satzungen, welche allein dem auserwählten Volk Israel gegeben worden waren, den Weg zum Heil in der Annahme des Herrn zu erschweren, da Christus in Seiner Gnade und Barmherzigkeit alle annehmen will allein um Seiner Retter-Liebe willen, da auch Juden, wie Heiden Seinen Geboten ja doch nie in allem gerecht werden können.
Und um diese Streitfrage zu klären, ob die Thora des Mose auch für die Heiden Gültigkeit haben müsse, die Jesus, den Messias der Juden, auch als ihren Herrn und Erlöser angenommen hatten, darum versammelten sich noch ein letztes Mal alle Apostel Jesu Christi in Jerusalem.
(N)
Maria aber, die Mutter des Herrn, verstarb nun auf dem Berg Zion während dieses ersten Konzils der Christenheit in Jerusalem, zu welchem alle Apostel durch Weisungen des Geistes Christi gerufen worden waren Und sie starb, nachdem sie im Kreis der gläubig gewordenen Essener ein letztes Ritual-Bad der Reinigung genommen hatte, auf ihrem Lager im Beisein aller Apostel – bis auf den Thomas, der auch schon zuvor, bei der ersten Erscheinung des Auferstandenen im Kreis Seiner Apostel, nicht zugegen war.
Jener nämlich konnte nicht rechtzeitig zurück kehren, da er schon seine Missionsreise nach Indien angetreten hatte, um dort unter den Hindus und Buddhisten das Evangelium des Herrn zu verkündigen, dass Christus der von Buddha angekündigte weit größere Buddha wäre, der gekommen sei, alle aus dem Teufelskreislauf des Höllenrades beständiger erneuter leidvoller Wiedergeburten von unten, aus dem Fleisch, zu befreien durch eine letzte, glückselig machende Wiedergeburt von oben, aus dem Geist.
Der Apostel Thomas wäre wohl auch überhaupt nicht mehr zum Apostelkonzil eingetroffen, wenn ihn der Geist des Herrn nicht die letzte Wegstrecke von Ninive aus direkt nach Jerusalem versetzt hätte.
Als er dort aber im Kreis der Apostel erschien, welche den soeben eingetretenen Weggang ihrer heiligen Mutter betrauerten, und als man ihn sogleich an ihr Totenbett führte: siehe, da war ihr Leichnam verschwunden und nicht mehr auffindbar, ebenso, wie es vormals bei ihrem Sohn, dem Herrn, oder wie es auch beim Leib des verstorbenen Mose war, welchen sich der Erzengel Michael gegen den Satan erstritten hatte.
Und so fragte man sich: War sie, noch ehe sie wahrhaft verschieden war, verklärt und in die Himmel entrückt worden, wie es einstmals den auf Erden lebenden Christen bei der Wiederkunft des Herrn ergehen soll? Oder war sie auferstanden von den Toten, wie es allen bereits verstorbenen Christen bei der Rückkehr ihres Herrn verheißen ist?
So wurde die Mutter der Kirche fürwahr allen Christen – sowohl den Lebenden, wie auch den bereits Verschiedenen – zu einem hoffnungsvollen Vorzeichen dessen, was alle Christus-Gläubigen bei der Wiederkunft ihres Erlösers verheißen ist.
Und wie einstmals Christus als der göttliche Bräutigam dann mit Seiner ganzen Christenheit als Seiner Braut in den Himmeln die Hochzeit vollziehen wird, so dass sie in allem eins werden, so tat der Herr es nun auch schon mit Maria.
Und Er errichtete ihr einen Thron an Seiner Seite und sprach zu ihr: „Erbitte dir von Mir, was immer du willst! Ich werde dein Ersehnen nicht abweisen!“
So setzte Christus sie in den Himmeln als Fürsprecherin für aller Welt Seelen ein, und machte sie zur Vorbeterin aller vollendeten Gerechten, die – geleitet von Seiner Heiligen Ruach – in den Himmeln für ihre Geschwister auf Erden in Fürbitte eintreten und sie mit ihren Gebeten umschirmen und durch alle Prüfungen und Drangsale geleiten, durch welche die irdischen Seelen zu ihrer Reifung noch hindurch müssen.
(O)
Jesu Lieblingsjünger Johannes aber ging, nachdem die ihm zur Obhut anvertraute Mutter des Herrn in die Herrlichkeit der Himmel aufgenommen worden war, ebenso wie alle anderen Apostel hinaus in die Welt, um das Evangelium von der unversiegbaren Retter-Liebe des Welt-Erlösers zu verkündigen.
Und es ist von ihm bekannt, dass er auf der Insel Patmos mit vielen anderen Christen für sein Zeugnis von der Liebe des Herrn lange Zeit in Verbannung gefangen gehalten wurde. Dort nämlich erschien Ihm der Christus als der Alpha-Omega und der Allmächtige selber und kündete ihm alles, was noch geschehen soll. Doch er sollte durch ein Wunder Gottes, wie einstmals schon in Jerusalem, wieder frei kommen und wirkte bis zu seinem Tod in Ephesus, wo er die von Paulus gegründete Gemeinde in der Liebe des Herrn leitete.
Dort bekämpfte er auch energisch die fälschlich sogenannte »Gnosis« und vermeintlichen »Erkenntnis« der leibfeindlichen Doketen, die behaupteten, Christus als die Sophia und Weisheit Gottes wäre nicht im Fleisch offenbar geworden in unserer Welt und hätte darum auch nicht am Kreuz den Sühnetod für uns alle erlitten, um aller Welt Leiden auf sich zu nehmen.
Da Johannes aber der Jüngste unter den Aposteln war, überlebte er sie alle, und viele Christen hofften und erwarteten, dass der Herr nun bald wieder käme, als jener letzte Apostel in das Alter der Sterblichkeit kam, da Jesus nämlich angekündigt hatte, jener Jünger würde auf Erden bleiben, bis Er einstmals wiederkehrt.
Jedoch starb Johannes dann in hohem Alter doch noch, zur Zeit der Regentschaft des Kaisers Trajan, als ein Blutzeuge für Jesus, da er nämlich zuvor in Rom unter Kaiser Domitian für sein Zeugnis von Christus das Martyrium erlitten hatte, wo er in einen Kessel mit brennendem Öl gestoßen worden war, diese Feuertaufe aber durch ein Wunder des Herrn unbeschadet überlebte, wie er auch später, zur Zeit der Herrschaft des Kaisers Nerva, von den aufgebrachten Artemis-Verehrern von Ephesus einen bitteren Kelch mit Gift als Todestrank gereicht bekommen hatte, der ihm aber gleichfalls nichts anhaben konnte, so dass sich an ihm die Prophezeiung des Herrn erfüllte, dass er einstmals – wie auch sein Bruder Jakobus, der unter dem König Herodes Agrippa, dem Ersten, hingerichtet wurde – als ein Märtyrer für Christus aus dieser Welt scheiden würde. Denn Johannes hatte sein ganzes Leben aufopferungsvoll zur Rettung vieler Seelen eingesetzt und auch mehrfach bereitwillig als ein Sühneopfer für seine Folterer dahingegeben, wie auch Jesus Sein Leben willig für ihn gegeben hatte.
Als Johannes aber doch starb und der Herr dennoch nicht wiederkam, wurden viele in ihrem Glauben zutiefst erschüttert, da der Sohn Gottes doch angekündigt hatte, jener würde auf Erden bleiben, bis Er einstmals wiederkommt – zumal der Apostel schon mehrfach sein ihm gleichfalls angekündigtes Martyrium in der Kraft der Auferstehung Jesu Christi überlebt hatte.
Denn sie verstanden die Prophezeiung des Herrn nicht, dass Er damit keineswegs angekündigt hatte, jener Apostel würde darum nicht sterben. Der Meister sprach nämlich vielmehr davon, dass jener Johannes durch eine nicht abreißende Wiedergeburtenkette auf Erden verbleiben würde bis zu Seiner Wiederkunft, um als der verborgene Apostel der göttlichen Christus-Liebe, dessen wirklichen Namen niemand erkennen würde, noch viele zum Heil zu führen in der Retter-Liebe des Herrn.
Eben diese Bereitschaft des Johannes, bis zur Rückkehr des Erlösers auf seine eigene Glückseligkeit in den Himmeln des Herrn zu verzichten und durch eine nicht abreißende Folge von Wiedergeburten auf Erden zu verbleiben, um noch möglichst viele Seelen aus ihren Höllen zu entreißen und ins Heil Christi zu führen, war nämlich auch der eigentliche Grund, weswegen der Herr jenen Jünger und Apostel so besonders liebte.
Und so, wie jener Apostel Johannes, erwählen in derselben Retter-Gesinnung gar manche vollendete Gerechte, wie etwa auch der große Christus-Apostel Paulus, ihre immer neue Rückkehr aus den Himmeln, um als Himmelslichter auf Erden den noch im Irdischen gebundenen Seelen den Weg ins Heil zu weisen, so dass schon gar manche, ohne es zu wissen, solche großgezogen oder beherbergt haben, die in Wahrheit schon herrlicher als die Himmel und Engel sind und, ihrem Herrn aller Herrlichkeiten gleich, in der Bereitschaft, für die noch Verlorenen zu leiden, immer wieder aus den Himmeln in die Niederungen dieses irdischen Jammertales hinunter steigen, um aller Welt die göttliche Retter-Liebe künden.
(P)
„Mein Gott, Mein Gott!
Mein Ruf zu Dir hält an von der Mitte des Tages
bis hinein in die Schwärze der tiefsten Nacht,
und in die äußerste Finsternis,
wo keine Antwort von Dir mehr zu erwarten ist!
Doch trage Ich selbst Deine Liebe in Mir in Meinem Herzen
und Deine Errettung bis zu den Orten der äußersten Verlorenheit
und Verdammnis!
Du wirst Mich von dort wieder heraus holen und erretten,
und in und mit Mir alle, die dort auf ewig gebunden sind!
Denn: Ja, Du bist heilig,
der Du thronst über den Lobgesängen Israels!
Auf Dich vertrauten unsere Väter;
sie vertrauten, und Du rettetest sie!
Zu Dir schrien sie um Hilfe und wurden alle gerettet;
sie vertrauten auf Dich und wurden nicht zuschanden!
Um dessentwillen, was heute hier geschieht …“
Zur sechsten Stunde aber, um die Mittagszeit, als die Sonne am Zenit des Himmels stand, da senkte sich mit einem Mal eine unerklärliche furchtbare Finsternis über das ganze Land Judäa, dass die Sonne vollauf ihren Schein verlor, als wäre es unvermittelt Nacht geworden. Aber auch nicht ein einziger Stern erleuchtete das Firmament! Und es zogen schwere Stürme mit sintflutartigen Regenfällen auf; und es donnerte und blitzte gewaltig überall.
Da gerieten alle in Angst und Panik, da mit einem Mal finsterste Nacht über sie hereinbrach, obwohl Jesus noch am Leben war. Denn es steht im Gesetz geschrieben, dass die Sonne nicht untergehen dürfe unter einem, der am Fluchholz hinge, und dass jener unbedingt vor Anbruch der Nacht sterben und abgenommen werden müsse, damit nicht das ganze Land unter den Fluch käme, unter welchem es jenen Verfluchten belassen hat. Es war aber Mittag und die Sonne stand im Zenit, als sie sich verfinsterte; und Finsternis bedeckte das ganze Land Judäa: ja, sie soll über die ganze Erde gekommen sein!
Darum packte alle das blanke Entsetzen, dass sie in Furcht und Schrecken in ihre Häuser liefen, da sie fürchteten, der große und schreckliche Tag des Zorns sei angebrochen, ein Tag der Schwärze und Verfinsterung vor der großen Verheerung, wie es von den Propheten angekündigt worden war, wo es heißt: „Heult! Denn nahe ist der große und schreckliche Tag des HERRN! Nun kommt Verwüstung vom Allmächtigen! – grausam, mit Grimm und Zornesglut!
Denn die Sonne wird sich verfinstern und auch der Mond wird nicht scheinen, ja, auch nicht ein einziger Stern am Himmelsfirmament! – zum Zeichen, dass der HERR heimsuchen wird aller Widersacher große Schuld!“
„An jenem Tag wird es geschehen, spricht der HERR, da lasse Ich die Sonne untergehen am Mittag und bringe große Finsternis über alles Land mitten am lichten Tag! Da werde Ich eure Freude in Trauer kehren und eure Jubelgesänge in Totenklage! Denn nun werde Ich euch alles auf euren Kopf vergelten, vom Tag der Trauer an über den einzigen eingeborenen Sohn, den ihr durchbohrt habt!“
Und alle schrien in heller Panik und schlugen sich an die Brust: „Wehe über uns wegen unserer Sünden! Nun ist das Gericht Gottes über uns gekommen und unser aller Ende steht bevor!“
Und all die gaffenden Volksmassen, die sich zu diesem grausamen Schauspiel eingefunden hatten, um sich an den Qualen des Verurteilten zu laben: Als sie sahen, was nun geschah, schrien sie die Hohenpriester und Ältesten an: „Was habt ihr nur über uns gebracht, dass ihr dessen Tod eingefordert habt?! Wenn bei Seinem Verscheiden solch überaus große Zeichen geschehen, so ist nun doch offenkundig geworden, dass dieser gerecht war!“; und sie schlugen sich an die Brust und stürmten von Höllenängsten ergriffen in alle Richtungen davon.
Die Finsternis aber hielt an bis zur neunten Stunde. Und eine beklemmende, gespenstische Totenstille breitete sich über das ganze verfinsterte Land, wie die Ruhe vor dem großen Sturm, da alle in ihre Häuser geflohen waren. Allein die Jüngerinnen Jesu verblieben unter dem Kreuz und noch einige andere; und die römischen Soldaten, denen es unter Totesstrafe versagt war, einen Gehenkten vor Eintritt seines Todes zu verlassen.
Und die vielen Frauen, die Jesus von Galiläa her gefolgt waren und Ihm und den Seinigen gedient hatten, erhoben Weh-Geschreie zum Himmel und klagten unter tiefster Bekümmernis: „Nun hat sich das Licht der Welt vor unseren Augen verborgen! Denn der Herr unserer Liebe ist gekreuzigt worden!“
Und jene totale Nacht-Schwärze und Düsternis hielt volle drei Stunden an, von der sechsten Stunde zu Mittag bis zur neunten Stunde am Nachmittag – zum Zeichen, dass nicht allein der Sohn Gottes zur Erlösung für alle Welt am Kreuz litt und Sein Leben für alle hingab, um allen Geschöpfen Gottes Leben aus Seinem göttlichen Leben zu schenken, sondern in und mit dem Sohn ebenso auch der Vater selbst, wie auch der Heilige Geist. Denn in dem an der Gottlosigkeit aller Welt leidenden Christus war die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.
Und darum verdunkelte sich die Welt für drei Stunden – zum Zeichen, dass die ganze dreifaltige Gottheit zur Sühne für aller Welt Erlösung litt: wie Jeschua – das ist der Name Jesu auf hebräisch, – so auch der Abba und ebenso die göttliche Ruach.
Denn wiewohl uns die Gottheit in diesen drei Gestalten begegnet, ist sie doch einzig und allein beseelt von Ihrem göttlichen Christus-Wesen der himmlischen Retter-Liebe, die sich uns in dem für uns gekreuzigten Christus enthüllt und geoffenbart hat. Denn in jeder Ihrer drei Personen sind auch die anderen Personen Ihres dreifaltigen Wesens beständig vollauf gegenwärtig, wie dies dreieinige Wesen in Wahrheit auch nur ein einziges Wesen und eine einzige Person ist: niemand anders als Jesus Christus allein!
So hing in diesen drei Stunden wahrhaftig die ganze Fülle der dreieinigen Gottheit an den drei Nägeln des Kreuzes, und ging selbst unter den Fluch äußerster Gottverlassenheit, so dass es nunmehr keinerlei Fluch vollendeter Gottesferne mehr gibt und keine Höllen-Region, wo sich die göttliche Abba-Liebe nicht doch noch finden ließe! Und fürwahr, Sie harrt unser oft an den unvermutetsten dunkelsten Orten! – mitunter in unserer selbst-erwählten Hölle!
(Q)
„Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?
Ich stöhne und schreie nach Dir! Doch Du bist unendlich fern!
Und auf Dich bin Ich doch geworfen schon vom Mutterschoße her!
Von Meiner Mutter Leib an bist Du allein Mein Gott!
Sei nicht fern von Mir auch in dieser Not äußerster Gott-Verlassenheit,
wo sonst keine Erlösung mehr zu finden ist!“
Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme auf und rief: „Eli, Eloi, lama sabachthani?!“ Das heißt verdolmetscht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?!“
Als aber einige der Umstehenden es hörten, sagten sie: „Er schreit zu Elia! Siehe, Er ruft den Elia!“; denn sie verstanden nicht, was Er rief.
Denn in jenen drei Stunden war Er fürwahr in äußerster Finsternis in der totalen Verlorenheit absoluter Gottesferne, fürwahr unter dem allerschlimmsten Gottesfluch völliger Verdammnis, gleichsam in der Hölle, um so allen Fluch auf sich zu nehmen, dass fürwahr für keine Seele ewiger Fluch mehr sei!
Und als Er so in die Hölle äußerster Verfluchung unter vollendete Gottverlassenheit geworfen war, schrie Er diese Worte, auf dass offenbar würde, dass die Gottheit selbst in Ihm in die äußerste Gottesferne getreten war, um ein für alle Mal allen Fluch in nichts aufzulösen und in Ihrer bis an die äußersten Enden reichenden liebenden Allgegenwart zu verschlingen.
Und als Er so schrie zu Seinem Abba, da tat Er dies zugleich doch im Voll-Bewusstsein, gerade in dieser äußersten Gott-Verlassenheit ganz eins mit Gott zu sein. Denn Er verspürte zugleich in Seinem Herzen jenes größte nur erdenkliche Paradoxon als letzte göttliche Wahrheit, dass die göttliche Abba-Liebe Ihm in diesem Augenblick näher und mehr eins mit Ihm war, als überhaupt je zuvor! – ja, dass Sie, die ganze Fülle der Gottheit, selbst ganz in Ihm und Er selber war und dass Sie vollends in Ihm ein- und aufgegangen war und in und mit Ihm in ihr Eigentlichstes, Wahrhaftigstes, Letztes hinein gekommen war, um eben dies zu enthüllen und zu offenbaren und auch zu verwirklichen – in eben diesen drei Stunden, in welcher Er für alle Verlorenen die äußerste Gott-Verlassenheit erlitt, um sie auch von den Verlorensten der Verlorenen zu nehmen!
Und in eben diesem Bewusstsein, in aller Gottverlassenheit die Gottheit selbst zu sein, die sich selbst verlassen und aufgegeben hat und in Ihre eigene Verstoßung gegangen ist, um alle Gott-Verlassenen und Verstoßenen zu erreichen und heimzuholen, in eben diesem Bewusstsein in jener äußersten Gottesferne dem Herzen der Gottheit am nächsten zu sein, rief Er, auf dass die Schrift erfüllt werde und alles offenbar werde, was an wunderbarsten Unglaublichkeiten und Unvorstellbarkeiten die Gottheit für alle Ihre gottfernsten Gotteskinder erlitt: „Eli, Eli, lama sabachthani?!“ – „Mein Gott, Mein Gott! Wofür hast Du Dich selbst verlassen?“
(R)
„Wie Wasser bin Ich hingeschüttet,
und alle Meine Gebeine haben sich zertrennt;
wie Wachs ist Mein Herz geworden,
zerschmolzen in Meinen Innern!
O Meine Stärke, o Du Mein Leben! Warum hast Du Mich verlassen?!
Meine Kraft ist vertrocknet, Meine Kehle wie eine verkrustete Scherbe,
und Meine Zunge klebt an Meinem Gaumen;
und in den Staub des Todes legst du Mich!
Und sie geben Mir zur Speise Galle,
und in Meinem Durst tränken sie Mich mit Essig!“
Und als Jesus wusste, dass nunmehr schon alles vollbracht war, da in Ihm die göttliche Abba-Liebe und Gottheit selbst in die äußerste Gottesferne hinein-gegangen war, um den Fluch aller Gottesferne für immer aufzulösen, da seufzte Er, damit die Schrift auch in jedem einzelnen Jota erfüllt würde und alles offenbar würde, was Er in aller Kreatur erleidet, die vergeht und verschmachtet in ihrem Durst und Verlangen nach der göttlichen Gerechtigkeit: „Mich dürstet!“
Denn fürwahr: Das innerste der Gottheit selbst ist aufgerissen über all dem Leid und Elend in dieser Welt! Und wo kommt eine Seele um, wo die göttliche Abba-Liebe nicht darüber inwendig verbrennen würde?! Kein Schmerz gleicht dem Schmerz dieser göttlichen Agape, die wahrhaft alles in allen erleidet und erduldet und erträgt, um darüber aber noch alles in Ihre Herrlichkeit zu führen und noch alles in Ihrer Liebe zu verschlingen!
Es stand nun dort unter den Kreuzen ein Gefäß voll Essig. Einer aber von den römischen Soldaten füllte einen Schwamm mit Essig, legte ihn um einen Ysop, ein berauschendes Heilkraut; und er steckte ihn auf ein Rohr und führte es dem Herrn an den Mund, um Christus davon zu Trinken zu geben.
Da standen aber auch die anderen Soldaten auf und kamen herbei und riefen: „Halt, lasst uns sehen, ob Elia kommt, Ihn zu retten und herab zu nehmen!“ Und sie zogen den Rohrstab mit dem Essig-Schwamm, welchen der andere hielt, immer wieder weg, als Jesus davon trinken wollte. Und die Römer verspotteten Ihn und sprachen: „Bist Du nicht der König der Juden, der allen das Wasser des Lebens versprochen hat?! So tränke Dich doch nun selber!“
Da schalt sie Dysmas, der zur Rechten Jesu hing: „Was quält und verhöhnt ihr diesen noch über allem, was ihr Ihm schon angetan habt?! Wir nämlich leiden zu Recht um der Freveltaten willen, die wir begangen haben; dieser aber, der euer, wie aller Heiland ist: Was hat Er euch denn zu Leide getan?!“
Da wurden die Soldaten zornig auf jenen reumütigen Verbrecher und sprachen: „Dir werden wir deine Schenkel nicht brechen, um deinem Leiden ein schnelles Ende zu setzen, damit du unter größten Qualen verenden musst!“
Danach aber ließen sie jenen Soldaten, der Jesus mit dem Essig-Schwamm um den Ysop tränken wollte, und er konnte nun dem Rabbi davon zu Trinken geben.
(S)
„Du aber, HERR, sei nicht fern!
Meine Stärke, eile mir zur Hilfe!
Du hast Mich erhört!
Verkünden will ich Deinen Namen Meinen Brüdern!“
Als nun Jesus den Essig genommen hatte, da Er spürte und Ihm Sein Innerstes das inwendige Zeugnis gegeben hatte, dass Er die göttliche Abba-Liebe auch in die gottfernsten Regionen der Hölle und Verdammnis äußerster Gottverlassenheit getragen hatte, und dass Er so wahrhaftig allen Bannfluch aufgelöst hatte für alle Gotteskreatur, um wahrhaft restlos die ganze Schöpfung noch der ihr bestimmten über alle Maßen glückselige Gotteskindschaft zuführen zu können, da stieß Er erlöst und erleichtert einen lauten Triumph-Schrei aus, und rief in die Himmel: „Abba! ABBA! Lieber Vater! Es ist alles vollbracht! Der Urgrund und Sinn von allem ist nunmehr gelegt!“
Und sodann rief der Heiland mit lauter Stimme: „Abba! Baddach ephkid ruel!“ – „Vater, in Deine Hände befehle ich Meinen Geist!“ Und als Er dies ausgerufen hatte, neigte sich Sein Haupt; denn in diesem Moment gab Er Seinen Geist auf und übergab Ihn an Gott, und Er verschied und wurde aufgenommen.
Aber siehe, bei Seinem Schrei, mit welchem Er Seinen Geist aushauchte und übergab, da bebte die Erde so gewaltig, dass die Felsen zerrissen und Häuser in sich zusammenstürzten.
Und von dem Beben riss sogar der handbreit dicke Vorhang des Tempels aus violetten und rotem Purpur und Karmesin-Stoff mit gezwirntem Byssus, versehen mit den Cherubim, die das Paradies und das ewige Leben von den gefallenen Menschenseelen abschirmten: – jene Barriere, welche den Zugang zum Allerheiligsten, in welchem die Heiligkeit Gottes wohnte, versperrte und von der unheiligen, unreinen Welt absonderte, jene ewige Kraft der Trennung zerriss von oben bis unten auseinander entzwei.
Dies aber geschah zum Zeichen, dass nunmehr alle Gotteswesen, befreit von allen Ängsten und Gewissensbissen wegen ihrer Unzulänglichkeit und Verderbtheit vor Gott, doch freimütigen Zugang zu Seinem innersten Herzen und darin Ruhe und Frieden für ihre Seelen haben sollen, da die Gottheit, die in Christus selbst draußen, außerhalb der Heiligen Stadt und fern von all ihren himmlischen Wonnen zum Fluch für alle wurde, allen Fluch für immer aus der Welt geräumt hat, auf dass wahrhaftig für keine Gottes-Seele jemals mehr irgend ein Fluch sei und auf ewig bestehen bleiben kann.
Sondern in Ihm wurde fürwahr allen Seelen ein freier Zugang erschaffen zum göttlichen Heil, für immer und auf ewig, so dass bis in die Äonen der Äonen hinein der Lockruf erschallen wird: „Wem da dürstet, der komme und trinke von den Lebenswassern der Erlösung – gänzlich umsonst!“, bis auch die allerletzte verlorene Satansseele ihr Heil noch in Christus gefunden hat und Ihn um Seiner Retter-Liebe selbst auch gegen die Verlorensten der Verlorenen anbeten und Ihm huldigen wird.
(T)
Und von dieser Stunde an, da die Erde erbebte, dass selbst Felsen auseinander rissen, taten sich auch viele Gräber auf, und die Seelen vieler Verstorbener erschienen ihren Anverwandten. Aber auch viele erst kürzlich Verstorbene erstanden leibhaftig vom Tod und verließen ihre Gruften und kamen in die Heilige Stadt und erschienen vielen – dazu auch Heilige vom Himmel her.
Welche aber aus dem Totenreich erstanden waren, die warnten ihre Volksgenossen, indem sie sprachen: „Kehrt um und lasst euch von uns sagen, dass dieser wahrhaftig der Christus ist, der allein aus allen Höllen befreien kann! Denn wenn ihr nicht umkehrt und euch zu der Erlösung in Seiner unversiegbaren Retter-Liebe kehrt, so müssen alle Flüche und Gerichte über euch kommen, die euch schon Mose angedroht hat!
Denn dieser, der uns aus den Ketten ewiger Umnachtung befreit hat als das Licht aus dem göttlichen Licht, dieser kam auch zu euch fürwahr aus dem Wahrhaftigen und Er ist in Seiner Christus- und Erlöser-Liebe der Wahrhaftige selber!
So wenn ihr den nicht aufnehmt und die Erlösung nicht annehmt, welche jener euch, wie aller Welt, gebracht hat und anbietet, so müsst ihr in eurer Verlorenheit sterben, um auf diesem Wege, durch ewige Höllenqualen, die ihr Seinem Heil vorgezogen habt, ernüchtert und gänzlich aufgebrochen zu werden für Seine Errettung, die Er aller Welt in ihrer Verlorenheit gebracht hat.“
Und selbst auch vielen Rats-Herren aus dem Sanhedrin erschienen welche von denen, die Christus mit sich aus dem Hades ins Paradies geführt hatte; doch glaubten sie´s ihnen nicht und schrieben ihre Traum-Gesichter ihren Ängsten zu – wie ebenso auch den diabolischen Zauberkräften, welche sie dem Christus Gottes unterstellt hatten.
So erfüllte sich an ihnen das Urteil Jesu. Denn sie hatten doch schon Mose und alle ihm folgenden Propheten! Da sie aber schon denen nicht glauben wollten in ihrer Starrsinnigkeit, konnten sie´s auch in ihrer totalen Verstocktheit nicht mehr fassen und ergreifen, als es ihnen sogar von solchen verkündigt wurde, die aus den Totenreich befreit worden waren und in die Himmel auferstanden sind.
Als aber die Erde so gewaltig bebte, dass viele Häuser einstürzten und selbst Felsen sich spalteten, da wurden die Menschen auf Erden erneut erfüllt von Angst und Entsetzen, wie schon bei der großen Finsternis, die über ganz Judäa gekommen war, denn sie meinten, nun würde tatsächlich das Jüngste Gericht über sie herein brechen – der große und schreckliche Tag des HERRN, an dem kein Gottloser bestehen kann, – und die ganze Welt würde nunmehr untergehen.
Denn sie wussten´s nicht besser und erkannten nicht, dass all jene gewaltigen Beben, die von der Stunde Seines Abscheidens ansetzten und sich bis zu Seiner Auferstehung immer mehr steigerten, von den gewaltigen Umwälzungen ausgelöst wurden, welche sich in den unsichtbaren, jenseitigen Welten vollzogen: dass nämlich das Totenreich gleichsam von innen heraus gesprengt wurde, als die mit der Sünden-Schwere aller Welt beladene verstorbene, leblose Seele des Welt-Erlösers in jenen Abgrund des Abaddon hinab gesunken war, dann aber dort wieder-belebt wurde, als sich der Geist Christi wieder mit dem Geist Seines Abbas vereinte, in welchen Jesus bei Seinem Verscheiden Sein Pneuma hinein-gegeben hatte.
Und als inmitten jenes überdimensionalen Gedärms des übergewaltigen Todes-Dämons, der seit dem Sündenfall aller Welt verlorenen Seelen verschlungen hatte, der Geist Christi durch den göttlichen Geist, in welchen Er wieder ein- und auf-ging, sich urplötzlich ausweitete und ausbreitete über alle Räume und Zeiten hin zu dem göttlichen Pneuma, das selbst auch der Himmel und aller Himmel Himmel nicht zu fassen vermögen, da wurde das Scheol und Hades davon gleichsam von innen auseinander gerissen und zerfetzt; und ja: da erhielt der Tod selbst seine tödliche Wunde, von welcher er sich nie mehr erholen, noch davon genesen soll!
So wurde hier aller spirituelle Tod selbst seinem eigenen Tod und Verderben übergeben, um in allen noch das göttliche Leben freizusetzen. Denn nachdem der Menschensohn Sein menschliches Leben hingegeben hatte für alle Menschen, da nahm der Gottessohn mitten aus dem tiefsten Schlund des Todes wieder Sein göttliches Leben an, dass sich in Seiner unbegrenzten Lebendigkeit ausweitete und ausbreitete über alles, um wieder alles zu durchdringen und zu erfüllen.
So riss der Christus Gottes bei Seiner Erhöhung zu Gott aus der tiefsten Tiefe heraus das Totenreich regelrecht auseinander und sprengte seine Ketten der ewigen Finsternis, und führte zahllose Seelen mit sich hinauf ins Paradies.
Denn in der Kraft Seiner Auferstehung, welche in alle Zeit-Räume hinein wirkte bis zu den Uranfängen der Schöpfung hin, die selbst schon allein in Seiner Lebenshingabe auf Golgatha, die allem das Leben schenkt, begründet ist: in eben dieser Kraft Seiner Auferstehung wurde auch schon vorzeiten das Paradies von der Erde weg in die Himmel der Herrlichkeiten Gottes versetzt und von allen Uranfängen an ein Zugang zu ihm eröffnet für alle Seelen, welche von der göttlichen Liebe entzündet und beseelt und zu Heiligen wurden, so dass aus aller Welt Enden aus allen Nationen und Religionen fürwahr schon immer vollendete Gerechte in die Himmel Gottes eingehen konnten in der Kraft dessen, was Christus im Zenit der Zeiten für alle Zeiten erwirkt hat – im Zenit der Zeiten, in dem auch überhaupt alle Zeiten selbst begründet sind und ihren Anfang nahmen.
Und ebenso muss das Totenreich darum schon von je her auch immer wieder Seelen freigeben zu einer sterblichen Wiedergeburt von unten her, auf dass sie darüber noch die unsterbliche Wiedergeburt von oben her finden möchten – Kraft der Auferstehung des Christus, nachdem Er für alle Welt das Lösegeld bezahlt hat, so dass der Verderber keine Seele mehr auf ewig in den Tiefen seines Schlundes halten darf.
(U)
So war, was von den gottlosen Menschen in ihrem Unglauben und Unverstand auf Erden als ein göttliches Gericht wahrgenommen und empfunden wurde, in Wirklichkeit eine Auswirkung des übergewaltigen Heilswirkens des Christus- und Aller-Welt-Heiland-Gottes in den jenseitigen Welten – wie es sich ja immer bei den noch unerlösten, vom Satan geblendeten Seelen verhält, dass sie alles in ihrem Unverstand und Unglauben als göttliches Gericht und als Rache und Vergeltung des Höchsten deuten, wenn Unheil über sie kommt, weil sie Sein wahres Wesen der Liebe, die nichts als Heil und Erlösung will und wirkt, nicht erkennen können.
So können sie´s auch nicht fassen, dass sich selbst hinter allem Gericht, das über sie herein bricht, doch immer nur Gnade verbirgt – und hinter allem Unheil, das über sie kommt, doch immer nur Heil, weil solches letztlich alle Verlorenen endlich über ihre völlige Verlorenheit ernüchtert und so bereitet für die Erlösung aus ihrer selbstgewählten unseligen Gottlosigkeit und sie empfänglich macht für das Heil, das aller Schöpfung von allen Uranfängen an von Ewigkeit her zugedacht ist – die gott-selige Gotteskindschaft, für die allein alles erschaffen worden ist.
(V)
So erbebte die ganze Erde, als Jesus verschied, und große Furcht und Höllenangst breitete sich überall aus. Und selbst sogar die Ältesten und die Priester erkannten in diesem Moment, welch großes Übel sie angerichtet hatten, dass sie das Maß ihrer Sünden voll gemacht hatten, und begannen zu heulen und mit den Zähnen zu klappern in furchtbarer Erwartung des Gerichts und des Eifers des Höllenfeuers, das alle Widersacher verzehren wird, weil sie den Sohn Gottes mit Füßen getreten und Sein Heil verschmäht und unter Hohn und Spott ausgeschlagen hatten. Und sie flehten fürwahr in diesem Augenblick zum Himmel um Gnade!
Dann aber endeten alle Beben und Stille trat ein und die Sonne strahlte unvermittelt wieder auf und leuchtete wieder heiter, wie am lichten Nachmittag, und es fand sich, dass die neunte Stunde war.
Und als es doch wieder lichter, strahlender Tag wurde, da hatten die hohen Geistlichen Israels schon unversehens wieder vergessen, was ihnen aufgegangen war, als die Welt über ihnen zusammen zu brechen schien. Denn ihre Herzen waren schon ebenso hoffnungslos verhärtet und verstockt, wie einstmals das Herz des Pharao!
Als aber der Hauptmann mit den Soldaten, die Jesus bewachten, das Erdbeben sahen und das, was geschah, fürchteten sie sich sehr und erkannten: „Wahrhaftig, dieser muss doch ein Sohn der Götter gewesen sein!“ Und der Hauptmann, der dem ans Kreuz geschlagenen Christus gegenüberstand und gesehen hatte, wie heroisch Er verschied und welche Worte der Liebe und Gnade Er selbst noch für Seine Widersacher fand, verherrlichte und pries Gott darüber und bekannte: „Wirklich, dies war ein frommer und gerechter Mensch! Fürwahr ein Heiliger, wenn nicht gar wahrhaftig, wie Er´s von sich bekundete, Gottes Sohn!“
So kam dieser Heide zum Glauben, wie zuvor schon jener Verbrecher am Kreuz neben Jesus, während die geistlichen Führer Israels in ihrem Unglauben verstockt und verhärtet blieben; und es erfüllte sich, was Jesus all diesen selbst-gefälligen, selbst-herrlichen Selbst-Verblendeten mahnend in Aussicht gestellt hatte, dass noch so manche Heiden und selbst sogar Verbrecher, welche diese vermeintlich ach so „Frommen“ für hoffnungslos verdammte gottlose Sünder hielten, denen in ihrer Verlorenheit nicht mehr zu helfen wäre, noch lange vor ihnen selbst ins Himmelreich eingehen würden.
Denn dies ist das gerechte her-richtende Gericht, das mit Christus gekommen ist, dass alle, die an ihrer geistlichen Armut und Blindheit leiden, sehend würden, während alle, die sich für sehend halten, erblinden und in die tiefste Verfinsterung fallen müssen, auf dass so alle, die sich für sehend halten, ihrer wahrhaftigen Blindheit überführt würden, auf dass auch sie noch über ihre Blindheit ernüchtert und wahrhaft sehend würden. So birgt Christi Gericht über alle Blindheit am Ende aber doch für alle Gnade! Denn auch all Sein Gericht über die vermeintlich „Sehenden“ ist doch nichts als ein ernüchternder, überführender Zuchtmeister auf Seine Gnade hin!