Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
VII Die Auferstehung
5: Eine Bestätigung? Das Grab war tatsächlich leer!
5-A: Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!
5-B: Warum nur glaubt ihr mir nicht?!
5-C: All eure Zeugnisse widersprechen sich mehr, als sie einander bestätigen!
5-D: Warum sollte der Herr zuerst euch Frauen erschienen sein?!
5-E: Was berechtigt dich, Simon, unser aller Wortführer zu sein?!
5-F: Ich weiß, mein Kind! Er ist wahrhaftig auferstanden!
5-G: Wahrlich auferstanden? Oder nur entwendet worden?
5-H: Ein leeres Grab sagt noch garnichts! Das kann viel bedeuten!
(A)
Inzwischen hatte Marie Magdalena die Herberge am Fuß des Berges Zion erreicht, wo sich die Apostel Jesu voll unsäglicher Trauer unter Weinen und Wehklagen im oberen Saal versteckt hielten, welchen der Herr für sie in weiser Voraussicht bereits über den Seder-Abend hinaus für alle Tage der ungesäuerten Brote angemietet hatte.
Als Maria aber bei den Jüngern eintraf, wo sie sich verbarrikadiert hatten aus Angst vor den Juden, schlug sie in ihrer freudigen Erregung völlig aufgelöst heftig an die verschlossene Tür des Saals, dass alle, die sich darin befanden, von Furcht erfasst wurden, weil sie zuerst meinten, ihr heimliches Versteck im Dachgeschoss jener Gaststätte wäre nun doch noch aufgeflogen. Da gab sie sich zu erkennen und stürmte, kaum hatte man ihr geöffnet, zu den Elfen hinein.
Und sie sprang jubilierend umher, umarmte jeden der Jünger und gab ohne jede Scham einen jeden von ihnen einen beherzten Begrüßungskuss und sang schon fast: „Weint nicht länger, Brüder, trauert und verzweifelt nicht mehr! Denn Er ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Und Seine Huld wird nun immer mit euch sein und euch hüten! Lasst uns Seine Größe preisen! Denn Er hat sich aufgerichtet und wird auch uns alle aufrichten!“
Sie wirkte aber auf die Jünger wie eine Trunkene, als hätte sie über ihrer großen Trauer den Verstand verloren.
Johannes aber fasste sie bei der Hand und bei der Schulter und versuchte sie zu beruhigen: „Liebe Schwester, wir alle wissen, dass der Herr dich lieber hatte, als all die anderen Frauen, die Ihm folgten, und wie über alle Maßen du den Herrn geliebt hast. So sage uns die Worte, die der Herr zu dir gesagt haben soll, soweit du dich erinnern kannst, von denen wir noch nicht wissen.“
Sie aber berichtete ihnen alles haargenau und schloss mit den Worten, die der Herr zu ihr gesagt hatte: „Und Er sprach zu mir: »Segen über dich, da du nicht gestrauchelt bist bei Meinem von Leid und Schmerz entstellten Anblick! Denn wie es um euer Herz bestellt ist, so wird es auch an eurer Kraft und Standhaftigkeit zu sehen sein.« Und mit solchen Worten der Liebe hob Er meine Seele bis in die höchsten Himmel empor, wie im Traum, dass ich meinte, die Engel unaussprechliche Hymnen singen zu hören, von Mysterien, die kein Mensch sagen darf, dass mir das Herz davon brannte.“
(B)
Petrus aber fuhr sie wirsch an: „Schweig, Frau! Du bist ja ganz von Sinnen! Dein Kummer hat dich um den Verstand gebracht!“
Andere aber spotteten: „WAS hast du gesehen?! Du hast es doch selbst bekundet: nur einen GÄRTNER! So hast du dir doch ganz offensichtlich nur eingebildet, wonach du im tiefsten Herzen verlangt hast! Es war nur deine unendliche Sehnsucht! Sie ließ dich am Ende gar in einem gewöhnlichen Grabpfleger den Meister erblicken! Wieso sollte der Herr nunmehr ein Gärtner sein, der im Angesicht des Totes Blumen pflanzt?!“
Maria aber sprach fassungslos: „Aber glaubt mir doch! Er ist mir wahrhaft erschienen! Und die Engel stiegen auf und ab an Ihm in der unermesslichen Größe, die Er, als Er mich mit sich in die Himmel hob, anzunehmen begann; und sie alle huldigten Ihm und dienten Ihm!“
Da fuhr Petrus sie harsch an: „Willst du dich etwa zur Apostolin über uns alle, Seine Apostel, erheben und fortan unsere »Apostola Apostolorum« sein, die noch über den vom Herrn erwählten Ersten steht?!“
Maria aber flehte unter Tränen: „Und wenn ihr alle auch meint, ich sei von Sinnen! Bei meiner Liebe und meinem Leben: Er ist mir wahrhaftig erschienen in Seiner unbeschreiblichen Herrlichkeit, die immerfort noch zunahm! Ist es nicht das, was Er uns von Anfang an verkündigt hat?! – und was in den Schriften von Ihm geschrieben steht?! »Wenn Er Sein Leben als Sühneopfer dargebracht hat, wird Er endlos leben, und Seine Nachkommenschaft wird zahllos sein! Denn des HERRN Werk wird durch Seine Hand gelingen!«
Warum nur glaubt ihr mir nicht?! Gehört ihr jetzt zu denen, welche weder die Schrift zu deuten wissen, noch die unermessliche Kraft Gottes kennen, dass ihr´s auch nicht glauben könnt, wenn der Eine als der Erste tatsächlich von den Toten auferstanden ist?!
Und hat es euch der Herr nicht selbst gesagt, dass man auch Meiner gedenken wird, wo immer dies Evangelium von Ihm verkündigt wird, dass Er die Wehen des Todes aufgelöst und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat?!
Wo immer dies ausgerufen wird, hat Er verheißen, würde man auch meiner gedenken! Von welchem von euch hat er solches jemals bekundet?! Daran könnt ihr erkennen, dass der Herr auch mich berufen und mich aus unerfindlicher Güte als die Aller-Unwürdigste doch gewürdigt hat, Seine allererste Zeugin zu sein – wohl, um anzuzeigen, dass Seine Huld und Gnade wahrlich allen gilt und sich auch der Aller-Unwürdigsten annehmen will!
Doch geht es mir dabei doch überhaupt nicht um irgendeine Ehre oder Stellung! Denn ich will nicht herrschen, so wie ihr, sondern nur dienen im Verborgenen, wie Er uns allen gedient hat und allen nur dienen will. Mir geht es nur darum, dass ihr glaubt! Geht doch hin zum Grab und seht, ob ihr den Lebenden bei den Toten findet!“
Petrus aber fuhr ihr wirsch ins Wort und wandte sich an die anderen: „Sollte der Herr tatsächlich einem Weibsbild erschienen sein und zu ihr allein gesprochen, uns aber ausgeschlossen haben, die wir doch die von Ihm erwählten Apostel sind?! Sollten wir IHR also fortan alle zunicken und auf SIE hören, dass SIE, die von sieben Dämonen besessen war, fortan UNS belehrt?! Überlegt doch! Sollte der Herr denn wirklich ein Weibsbild uns allen vorgezogen haben?!“
Da weinte Maria und sprach zu Kephas: „Mein Bruder Petrus! Was sagst du da?! Meinst du, ich hätte mir dies alles nur ersonnen in meinem Herzen und würde so über den Retter aller Welt lügen?!“
Schließlich ergriff Levi das Wort und sprach zu Simon: „Petrus, du bist von je her aufbrausend. Und jetzt muss ich auch noch mit ansehen, wie du selbst über diese arme Schwester in ihrer Trauer herfällst, als wärst du ihr Verkläger in einem Rechtsstreit! Lass sie doch reden in ihrer Kümmernis! Worte in diesem Zustand sind für den Wind! Bekümmere sie über all ihren Kummer nicht auch noch du!
Und wenn der Meister sie am Ende tatsächlich für wert genug hielt, ihr vor uns allen zu erscheinen: Wer bist du, dass du sie dafür verklagst und gar verdammst?! Denn gewiss kennt der Herr, der tief ins Herz hinein blickt, sie besser, als wir alle! Und vielleicht hat Er sie dafür auch mehr als uns alle geliebt!
Und wenn sie am Ende Recht behält, dann müssen wir uns alle schämen, weil sie sich als mannhafter erwiesen hat, als wir alle, die wir doch einstmals zuerst vor ihr gesetzt und bestimmt worden waren, das Evangelium von Ihm hinauszurufen von den Dächern und es aller Welt zu künden.“ Er sagte dies aber nicht, weil die Magdalena ihn überzeugt hatte, sondern aus Mitleid und Mitgefühl mit ihr.
Sie alle nämlich zweifelten an den Worten der Maria Magdalena, dass Er lebe und von ihr gesehen worden sei, und glaubten es ihr nicht.
(C)
Als Maria Magdalena von der Auferstehung des Herrn gekündet hatte, ihr aber niemand Glauben schenken wollte, da kamen auch die vielen anderen Frauen vom Grab, die dort später, als Maria Magdalena, eingetroffen waren, und berichteten, wie sie in der Gruft einen Engel gesehen hatten am Fußende des zugehauenen Felsens, auf welchen sie den Leichnam des Herrn gelegt hatten, welcher aber nicht mehr da war, sondern allein sein Leichentuch und die Binden, und wie jener himmlische Jüngling zu ihnen gesprochen hatte: „Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?!“
Salome und eine andere beteuerten überdies: „Es waren sogar ZWEI Engel, so dass sich die Schrift erfüllte: »Auf zweier Zeugen Mund soll die Wahrheit auferstehen«!“
Und sie berichteten weiter: „Wir aber fürchteten uns zuerst, es irgend jemanden zu künden. Denn wir sagten uns: »Wer wird unserem Zeugnis schon Glauben schenken! Wir sind doch nur Frauen!«
Dann aber erschien uns der Herr selbst und vermahnte uns ebenso, es euch zu künden. Und es war fürwahr kein Gespenst oder ein Geist oder Dämon; denn wir berührten Ihn an Händen und Füßen, und Er ließ es sich gefallen. Und Er wies uns an, euch nach Galiläa zu schicken. Dort wolle Er sich euch allen offenbaren.“
Als die Frauen den Elfen so das Zeugnis der Maria Magdalena bestätigten und dies kündeten, da glaubten sie es ihnen jedoch auch nicht, und sprachen: „Ihr habt euch dies alles doch nur ersonnen!
Seht doch, wie ihr euch mit euren eigenen Worten widerlegt! War es nun nur EIN Engel oder waren es ZWEI?!“
Sie aber beschworen: „Es ist wahrhaftig wahr! Allein, wir waren von dem überirdischen Licht wie geblendet, denn jene Herrlichkeit war stechend weiß wie Schnee und leuchtete wie ein lodernder Blitz; und wir fielen alle auf unsere Angesichter und fürchteten uns, allein nur aufzublicken: Denn die Erscheinung war übergewaltig, und ihre Stimme wie Donner und der Chor eines ganzen Heerlagers. Überdies befanden wir uns nicht alle in der Gruft, als jene himmlischen Wesen uns erschienen sind.“
Thomas aber zog ihre Worte weiterhin in Zweifel: „Eure eigenen Worte überführen euch! Ihr berichtet, der Herr hätte sich von euch berühren lassen. Magdalena aber gab Zeugnis, dass Er ihr ebendies verweigert hatte, da Er noch nicht aufgefahren ist zu Seinem Vater.“
Die Frauen aber verteidigten sich: „Vielleicht hatte Er das ja dazwischen auch getan!“
Doch die Jünger konnten darüber nur spotten: „Und ist dann wieder wie ein Blitz vom Himmel gestoßen, um sich euch anderen Frauen zu zeigen?!“
Denn sie verstanden nicht, dass die jenseitige Himmelswelt nicht nur in fernsten Regionen jenseits der Sterne liegt und sich überall ins Unendliche ausbreitet, sondern ebenso zugleich in einer höheren Sphäre überall gegenwärtig ist, wie auch der Allmächtige alles in Seiner Kraft trägt und auch die Schutzpatrone, die ein jedes Gotteskind geleiten und pausenlos umschirmen, zugleich beständig das Angesicht des Höchsten sehen und vor Ihm stehen, sowie Christus ja auch das Totenreich gesprengt und die dort befindlichen Seelen der Gläubigen mit sich in den dritten Himmel ins Paradies geführt hatte im Zuge Seiner Erhöhung und Auferstehung zum Vater hin.
Allein die Frauen verstanden all diese Dinge, weil sie sich nicht von ihrem unzulänglichen Verstand in die Irre leiten ließen, sondern allein dem Zeugnis ihrer Herzen vertrauten.
So entgegneten sie: „Hatte der Herr nicht selbst zu Maria gesagt: »Ich fahre jetzt auf zu Meinem Vater und eurem Vater und zu Meinem Gott und eurem Gott.« Vielleicht ist Er ja genau in diesem Augenblick schon tatsächlich aufgefahren zu seinem Vater und hat Maria im Geiste mitgenommen, da sie meinte, ihre Seele würde bei Seinen Worten in die Himmel gehoben, dass sie die Engel an Ihm auf und absteigen sah, so dass sie Ihn wohl sogar selbst unmittelbar nach dieser Versetzung im Geist hätte berühren können, wenn Er nicht vor ihren Augen entschwunden wäre!“
(D)
Petrus aber herrschte sie alle an: „Schweigt, ihr alle! Denn ihr wisst und versteht nichts, und erkennt nicht, was dies bedeuten würde, wenn der Herr sich jenen Weibsbildern anstelle von uns gezeigt hätte!“ Und er wandte sich an die Frauen: „Wollt also fortan IHR UNS lehren?!
Wenn der Herr tatsächlich EUCH hätte erscheinen wollen bei Seiner Auferstehung und nicht uns, warum hat Er dann nicht gleich euch Frauen zu Seinen Aposteln erwählt?! Sollte das Wort zuerst an EUCH ergangen sein, dass IHR es künden solltet vor allen anderen?!“
Da erwiderte Maria Magdalena: „Wurde das Wort nicht auch zuerst empfangen von einer FRAU, nämlich von unserer verehrten Mutter Maria? Und auch ihr glaubten die Männer nicht!“
Sie sprach aber von Joseph, dem Witwer, welchem Maria, die Mutter Jesu, mit zwölf Jahren anvertraut worden war, und von dessen Söhnen, den Brüdern Jesu.
Johannes aber, den Jesus lieb hatte, fasste als Erster Glauben und sprach zu Petrus: „Lass uns hingehen und die Sache besehen, die uns von ihnen gekündet worden ist!
Hat nicht der Herr selbst die unmündigen Kinder verteidigt, das in ihrem Lobgesang mehr Wahrheit ist als in dem Munde der Schriftgelehrten und Priester?! Und ist Er nicht gekommen, das Niedrige zu erhöhen und das Hohe zu erniedrigen, das Kleine groß und das Große klein zu machen?! Ja, hat Er nicht überdies verheißen, dass einstmals selbst die Steine Seine Liebe künden würden?! Wenn Er sich also selbst aus den Steinen Kinder und Zeugen erwecken kann, wieviel mehr die, welche beständig um Ihn waren und Ihm dienten, auch wenn es nur Frauen sind?!
Auch verharrten sie allein unter dem Kreuz bei Seinem Leiden, ohne Furcht vor Seinen Widersachern oder auch nur einen einzigen Gedanken an ihr eigenes Wohlergehen zu verschwenden, während ihr alle wie verstörte Hühner vor dem Fuchs in alle Himmelsrichtungen geflohen seid! Wäre es da nicht nur allzu gerecht, wenn der Herr nun auch ihnen zuerst erschienen ist, um uns Männer, die wir uns weibischer als verängstigte Weibsbilder verhalten haben, dadurch zu beschämen und zu tadeln?!
So lass uns die Sache überprüfen! Nicht, dass wir am Ende noch mehr beschämt werden und als solche dastehen, die, obwohl wir vor allen anderen belehrt und unterwiesen worden sind, am wenigsten verstanden haben! Darum lasst uns eilend gehen und die Sache besehen!“
(E)
Petrus aber fuhr den Johannes wirsch an, der sich so ermannt und das Wort ergriffen hatte: „Schweig, Johannes! Was weißt du schon! Du bist der Jüngste von uns allen! Fast noch ein Kind! Und ergreift das Wort?! Nur weil der Herr dich, wie du meinst, mehr liebte, als uns alle?! Meinst du etwa, DU könntest darum jetzt unser Wortführer sein?!“
Da ergriff Jakobus, der ältere Bruder des Johannes, das Wort; aber nicht, weil er den Frauen glaubte, sondern weil er Ärgernis an den Worten des Simon gegen seinen jüngeren Bruder nahm: „Hast du dich nicht SELBST schon über uns alle überhoben und wolltest größer und besser sein, als wir alle?! – und bist schlimmer gestrauchelt, als ein jeder von uns, dass du den Herrn dreimal verleugnet hast vor einer einfachen Magd – ganz nach Seinem Wort, dass du nicht besser bist, als wir alle! – und bist fast so arg gestrauchelt, wie Judas, der unseres Meisters Liebe ebenso, wie du, geschmäht und verraten hat!
Wer also macht DICH zu unserem Wortführer?! Ist mit dir dein Hochmut noch immer nicht gefallen?!
Maria Magdalena blieb standhaft, wo wir alle versagten – bis auf Johannes, den du hier maßregeln zu können meinst! Und sie blieb bei dem Herrn bis zum bitteren Ende, ja, bis zuletzt!
Und wo waren wir?! Warum also sollte der Herr nicht auch ihr zuerst erschienen sein?! Wenn es stimmt, was sie sagt, wird Er auch uns erscheinen und wir werden die Künder Seiner Auferstehung sein, mit der etwas völlig Neues beginnt und seinen Anfang nimmt, was sich keiner von uns ausmalen oder auch nur vorstellen kann!“
Da gab Simon Petrus kleinbei, weil er sich keine Blöße geben wollte, und sprach: „Dann sei´s drum: Ich und Johannes, wir werden gehen und die Sache besehen. Ihr aber bleibt hier im Verborgenen, nicht, dass sie uns alle noch ergreifen! Denn vielleicht ist es ein Hinterhalt, und man will uns alle nur ans Grab unseres Meisters locken, um uns dort noch alle zu ergreifen!“
So gaben die Jüngerinnen Jesu den Zwölfen Zeugnis: Es waren aber Maria Magdalena, Susanna und Johanna, die Frau des Chusa, des weiteren Maria, die Frau von Jesu Onkel Kleopas Alphäus und Mutter des Apostels Jakobus, des Kleinen, und des Joses und Simeon, sowie Salome, welche die Mutter von Johannes und Jakobus, der Söhne des Zebedäus, sowie die Schwester von Maria, der Mutter Jesu war, und noch einige weitere Frauen aus der Gefolgschaft Jesu, die ihr einhelliges Zeugnis vor den Aposteln ablegten. Doch ihre Bekundungen waren in den Augen der Männer leeres Gerede, und sie glaubten es ihnen nicht.
(F)
Maria Magdalena aber begab sich mit den Frauen zu Maria, der Mutter des Herrn, die sich im Haus ihres Schwagers Zebedäus befand. Und als Magdalena mit den anderen Jüngerinnen in die Kammer von Mirijam trat, grüßte sie diese mit „Mutter“, kniete vor ihr nieder, küsste ihre Hände und erzählte ihr alles, was sich zugetragen hatte und wie der Herr ihr erschienen war und dass Er von den Toten auferstanden war.
Maria aber, die Mutter des Herrn, legte ihre Hand an Magdalenas Wange, so, wie der Herr es zu tun pflegte, und ihre Augen strahlten; ja, sie, die am Vortag noch so um Jahre gealtert und gebrochen erschien, wirkte verjüngt wie zum Tage ihrer Vermählung, und sie sagte mit leuchtenden Augen: „Oh ja, mein Kind, ich weiß! Er ist wahrhaftig auferstanden!“
(G)
Maria von Magdala und die anderen Frauen hatten also den Brüdern berichtet, dass sie das Grab ihres Herrn leer vorgefunden hätten und ihnen Engel erschienen seien, welche ihnen gekündet hatten, ihr Meister sei von den Toten auferstanden, und dass ihnen überdies allen dann sogar der Herr selbst noch erschienen wäre – zuerst der Maria Magdalena, dann aber auch allen anderen Frauen, die später im Garten des Joseph von Arimathia eingetroffen waren.
Die Jünger aber schenkten ihren Bekundungen keinen Glauben; denn es erschien ihnen wie Weibertratsch. Und doch brachten die Frauen die Brüder mit ihren Berichten so außer Fassung, dass ein Streit unter ihnen ausbrach, und Petrus beschloss, das Grab ihres Herrn aufzusuchen, um die Sache zu überprüfen.
Und er nahm den Johannes mit sich, den jüngsten von ihnen, der dem Herrn besonders nahe stand und sogar zu Tisch an der Brust Jesu liegen durfte. Diese beiden also machten sich auf den Weg zum Garten des Joseph von Arimathia, in welchem sich die Felsengruft befand, in der ihr Herr bestattet worden war.
Johannes aber konnte nicht an sich halten und rannte dem Kephas voraus. Denn er war weit jünger als Petrus und darum viel flinker als er. So kam Johannes als erster zur Gruft und fand alles so vor, wie Maria Magdalena und die anderen Frauen es bekundet hatten: Der mächtige Felsbrocken war beiseite gewälzt, und auf der Lagerstätte sorgsam zusammengelegt das Leichentuch des Herrn mit einem Abdruck von Seinem Antlitz auf dem Schweißtuch, und links und rechts davon, gesondert gelegt, die Leinentücher daneben.
Als aber Petrus nachgekommen war und die Gruft betrat, da rief Johannes ihm begeistert zu: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Denn dem Johannes genügte, was er sah, vollauf, um alles glauben zu können, was die Frauen bezeugt hatten, denn er war noch jung und hatte sich ein kindliches Gemüt bewahrt.
So stürzte jener Johannes voll Überschwang an Petrus, der eben erst eingetreten war, vorbei, ohne dessen Reaktion abzuwarten, und eilte davon, um es den anderen zu künden, dass alles wahr sei und stimmen musste, was die Jüngerinnen Jesu berichtet hatten.
Kephas aber trat an die leere Lagerstätte seines Herrn und wurde über die Maßen betrübt, als er den Schweiß-Abdruck vom Antlitz Seines geschundenen Meisters auf dem Leichentuch sah. Denn da er älter war, konnte ihn all das, was er vorfand, doch noch nicht überzeugen, und er wusste nicht, was er davon halten sollte, dass das Grab leer war.
Und Petrus meinte, die Magdalena hatte wohl recht mit ihrer ersten Vermutung, von der sie berichtet hatte, dass die Hohenpriester den Leichnam des Herrn hatten entfernen lassen und ihn unter Verwahrung genommen hatten, um einen späteren Diebstahl des Leichnams Jesu zu vereiteln.
Alles andere aber, was die Frauen berichtet hatten, was hernach geschehen sein sollte, nachdem sie das Felsengrab aufgebrochen und geräumt vorgefunden hatten, glaubte Simon Petrus aber dennoch noch immer nicht, sondern meinte, dass die Frauen es sich wohl so zurecht gelegt und gedeutet hatten und alles, was sie von angeblichen wundersamen Erscheinungen berichtet hatten, von ihnen nur ersonnen worden war, um ihrer Überzeugung Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Vielleicht hatte sie ja auch der Schock, die Gruft so brach vorzufinden, tatsächlich gänzlich um den Verstand gebracht, dass sie wirklich meinten, gesehen und gehört zu haben, was sie beteuerten, und sie hatten sich über allem, was sie hier an Ungeheuerlichkeiten vorfanden, das alles wahrhaftig eingebildet! Es waren ja schließlich nur Frauen! – dafür bekannt, ihre Emotionen nicht im Griff zu haben und sich die absonderlichsten Dinge einzubilden und einzureden, wenn man sie gewähren ließ!
Petrus jedenfalls befiel beim Anblick des so geschundenen Antlitzes seines Herrn auf dem Schweißtuch, das auf seiner einstigen Lagerstätte lag, nur allertiefste Kümmernis über allem, was geschehen war. Denn all seine Hoffnungen, die er auf seinen Meister gesetzt hatte, waren dahin und gänzlich zerschlagen worden, nachdem sein Meister diesen qualvollen Tod eines Gottlosen am Fluchholz gestorben war und solch ein grausames gottverlassenes Ende gefunden hatte – Er, welchen sie alle, allen voran Petrus, doch für den verheißenen Messias und Erlöser Israels gehalten hatten! Was dann aber geschehen war, war so brutal und niederschmetternd gewesen, dass aus ihnen allen auch die allerletzte Hoffnung auf noch irgendein Wunder gewichen und mit ihrem Meister ein für alle Mal gestorben war.
So sank Petrus voll Trauer vor den Felsen, auf welchem sein Herr gelegen hatte, und musste sich mit beiden Händen an den gehauenen Steinklotz stützen, so tief bekümmert wurde er über dem Gesichts-Abdruck seines so elendig zu Tode geschundenen Herrn. Und ihn erfasste über allem, was geschehen war, nur unsäglicher Schmerz, der ihn tief atmen und mit den Tränen ringen ließ.
Beten konnte er nicht. Er wusste auch nicht mehr, was er noch hätte beten können oder sollen angesichts all des unglaublich Schrecklichen, das geschehen war.
So verweilte Simon einfach nur schwer durch-atmend eine Zeit vor dem behauenen Felsen, auf welchem die Leichentücher seines Herrn lagen, und nahm diese, als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, voll Ehrfurcht an sich und verließ das Grab.
(H)
Johannes aber war mittlerweile wieder bei den anderen Jüngern eingetroffen und hatte ihnen begeistert und ganz außer sich vor Freude bekundet, dass sie das Grab genauso vorgefunden hatten, wie es von den Jüngerinnen berichtet worden war, und jubelte, dass sich alles so hat zutragen müssen, wie es die Frauen bezeugt hatten.
Die anderen aber glaubten´s trotzdem immernoch nicht und sprachen: „Ein leeres Grab ist ein leeres Grab! Nicht mehr und nicht weniger! Das kann vieles bedeuten!“ So waren sie alle gebunden in ihrem Unvermögen von Kleinglauben. Und manche schickten sich schließlich an, Jerusalem zu verlassen und an ihre Heimatorte zurück-zu-kehren. Denn die Tage des Passah waren vorüber und sie hatten keinen Glauben, dass sich die Kunde von der Auferstehung des Herrn noch bewahrheiten könnte. Darum gingen einige und verließen Jerusalem.