Syn-Evangelium
(Roman-Fassung)
Das großartige Evangelium des vollkommenen Lebens
im Schatz der unverlierbaren Liebe Jesu Christi
VII Die Auferstehung
6: Begegnung des Auferstandenen mit Petrus
6-A: Recht geschah ihm! Diesem Verräter!
6-B: Doch wer lag denn da?! Er selbst!
6-C: Meinst du immernoch, du wärst besser als Judas?!
6-D: Hat euch nicht alle ebenso all das angefochten, was diesen straucheln ließ?!
6-E: Erblicke doch diesen deinen gestrauchelten Bruder mit Meinen Augen der Barmherzigkeit!
6-F: Ist nicht für alle ein Opfer erbracht?! Was bedarf es da noch eines Sündenbocks?!
6-G: In deinem Richtgeist über andere kränkst und verleugnest du Mich!
6-H: Meinst du denn, seine Untreue könnte Meine Treue aufheben?!
6-I: Sollte Ich nicht jedem Meiner Schafe nachgehen, bis Ich sie alle heim-gebracht habe?!
6-J: Ihr seid Mir alle in Meine Wundmale gezeichnet auf ewig!
(A)
Auf seinem Rückweg aber kam Simon Petrus an dem »Akeldamach« vorbei: dem später sprichwörtlich gewordenen »Blutsacker«, auf welchem sich Judas, sein Bruder im Geiste, selbst gerichtet und in seiner Verzweiflung erhängt hatte, nachdem ihm – durch das untrügliche Zeugnis selbst noch seines verlorenen Herzens – bewusst geworden war, dass er unschuldiges Blut überliefert hatte.
Judas lag mit ausgestreckter Zunge und einem Strick um den Hals, verbunden mit einem abgebrochenen abgestorbenen Ast, am Fuße des Abhangs unter dem verdorrten Feigenbaum, der wegen seiner Fruchtlosigkeit unter den Fluch des Herrn gekommen war, woraus Kephas schließen konnte, dass er sich an dem verwunschenen Gewächs erhängt hatte.
Und Simon Petrus dachte nur voll Häme und Verachtung bei sich: „Da hat sich jener Verfluchte ja das rechte Fluchholz ausgesucht!“
Und wiewohl den Simon Petrus der grauenvolle Anblick des Leichnams des Judas, der sich an jenem verdorrten Feigenbaum erhängt hatte, entsetzte und erschaudern ließ, so erfüllte sein Herz doch eine gewisse Genugtuung, dass auf diese Weise wenigstens jenem ruchlosen Verräter und Mörder, der für den furchtbaren Ausgang und ihrer aller Elend verantwortlich war, wie Kephas wähnte, göttliche Gerechtigkeit widerfahren war und er den Tod eines auf ewig Verdammten und Verfluchten gestorben war – wie denn geschrieben steht: „Verflucht ist, wer am Fluchholz hängt.“
Doch ganz offensichtlich hatte selbst dieser verfluchte, verdorrte Feigenbaum auf der Anhöhe jenes Ackers, an welchem Judas sich erhängt hatte, ihn nicht tragen wollen, so dass dieses Baumgerippe – abgestorben wie es war – nachgegeben hatte und zerborsten war, weswegen der erhängte Leib des Judas kopfüber hinab-gestürzt und auf einem Felsen aufgeschlagen war und dort auseinander geborsten war, dass die Eingeweide aus ihm herausgequollen waren.
(B)
Was Simon Petrus dann aber erblickte, als er noch näher kam, ließ ihn derart erschaudern, dass ihm das Blut in den Adern gefror, es ihm die Kehle zuschnürte, ihm die Knie weich werden und versagen ließ und er, wie vom Blitz getroffen, neben dem Leichnam seines einstigen Bruders Judas zu Boden sank.
Dem Simon war es nämlich, als würde er in sein eigenes Angesicht blicken, als er in die aufgerissenen, von Entsetzen erfüllten, totenstarren Augen des Judas sah. Das ließ ihn, von tiefstem, eiskalten Schauder erfasst, zu Boden sinken, wie einen Toten.
Denn er erkannte in diesem Augenblick in letzter Klarheit, wie nie zuvor oder hernach in seinem Leben, dass es nichts als Gnade war, dass ihn nicht ein ebenso furchtbares Geschick ereilt hatte, war er doch selbst ebenso an seinem Herrn und Meister irre geworden und verzweifelt, und hatte er darüber doch in gänzlich gleicher Weise unter allergrößten – unwiderruflichen! – Selbstverwünschungen seine Liebe, sein Leben, seinen besten Freund verleugnet und verraten!
Und in diesem Augenblick, bei diesem Anblick erstmalig: Auch Mitleid und Mitgefühl für Judas, den Verräter, sowie auch Trauer und tiefes Bedauern und Betrübnis über das Los seines einstigen Bruders befiel, ergriff und erfasste ihn!
(C)
Und als Petrus so neben dem Leichnam seines unseligen, elendig verendeten Bruders Judas lag, da wurde es mit einem Male licht, erschreckende Klarheit umleuchtete ihn und der Auferstandene erschien direkt vor ihm.
Petrus spürte es sofort, dass es der Auferstandene war, wagte aber nicht, zu Ihm aufzublicken. Ihn erfüllte vielmehr abgrundtiefe Scham und gewaltige Furcht fiel ihn an, dass er den auf ihn ruhenden Blick des Auferstandenen nicht länger ertragen zu können glaubte und sich wünschte, der Boden täte sich auf, um ihn zu verschlingen; und er flehte nur: „Geh von mir! Nur wende Dein Antlitz von mir ab! Denn auch ich bin ein durch und durch verkommener, verdammungswürdiger Mensch!“ Der Herr aber schwieg und wendete Seinen Blick nicht von ihm.
Da versuchte sich Simon zu erklären und zu entschuldigen: „Ich wollte dir fürwahr folgen bis in den Tod! Doch was habe ich getan?! Dich schmählich verleugnet und verraten! Aber das war gewisslich, bei meinem Leben, NIEMALS meine Absicht!
Ich war nur so verwirrt und verstand nichts mehr! Und so von innen bedrängt, und überdies auch noch von außen angegriffen, versagte ich, weil ich jeden Boden unter den Füßen verloren hatte und wahrhaft selbst nicht mehr wusste, was nun recht und was unrecht ist!“
Jesus aber fragte nur: „Meinst du immernoch, du bist besser als alle anderen? – besser als jener, der mit dir vor Mir zerschmettert, dahingerafft, so bedauernswert schmachvoll am Boden, in seinem Dreck und Unflat liegt, weil er – wie du – an Mir irre geworden und verzweifelt ist, und Mich schließlich, weil er es nicht mehr aushielt, darüber sogar verleugnete und verriet?!“
Und nach einer unendlich lange erscheinenden Weile fuhr Jesus, der Herzenskenner aller, der allein weiß, was in aller Herzen ist, fort und gab Zeugnis von Judas:
(D)
„Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir: Er hat Mich ebenso geliebt, wie ihr alle, aber mit fleischlicher Liebe, und nichts verstanden, wie ein jeder von euch. Ja, in der Verirrung seines Herzens verstieg er sich sogar in den Irrwahn, er würde Gott selbst damit einen Dienst erweisen, wenn er Mich dem Sanhedrin überantworten würde, auf dass Ich genötigt wäre, endlich unwiderlegbar vor aller Welt Meine Herrlichkeit zu offenbaren, um sodann unversehens Israel mit Gewalt und Blutvergießen aus den Händen der brutalen Römer zu befreien. Denn er meinte, es sei ihm aufgegeben worden, Mich zu versuchen und in etwas hinein zu zwingen, was Ich nicht bin!
Und doch musste er selbst auch darin tatsächlich im Letzten Gott dienen, dass Ich Meine WAHRE Herrlichkeit offenbaren konnte vor aller Welt.
Habe Ich es euch nicht immer wieder gesagt und eingeschärft, dass Ich nicht gekommen bin, die Seelen der Ungläubigen und Gottlosen und Heiden zu richten und zu vernichten und zu verderben, sondern, um auch sie alle zu erlösen und zu erhalten?! – ebenso wie auch die Vollzahl des ganzen, ebenso verlorenen Hauses Israel! – und nicht zuletzt auch euch selbst, die ihr alle in gleicher Weise versagt habt, ohne den anderen, vermeintlich Verdammungswürdigeren in irgendetwas nachzustehen! Genau darum war es auch notwendig, dass Ich euch auf diese Weise erlösen musste – durch Mein Leben und Blut!“
Sie nämlich, die Jünger Jesu, hatten alle – wie Judas – darauf gehofft und gewartet, Jesus würde in Jerusalem Seine Herrlichkeit offenbaren und sodann mit großer Kraft und Gewalt die Macht aus den Händen der Gottlosen und Heiden reißen und alsdann unversehens das Reich Gottes aufrichten für Israel.
Als Jesus sich dem aber verweigerte, sondern sich vielmehr – ohne Gegenwehr zu erlauben! – überantworten und darüber – ohne jede Widerrede! – auch noch von der Hohen Geistlichkeit Israels in ihrem Wächteramt der Gotteslästerung bezichtigen und zum erdenklich schmachvollsten Tode am Fluchholz verurteilen ließ, da nahmen sie alle – wie Judas – Anstoß an Ihm und zweifelten an Ihm und Seiner göttlichen Sendung. Denn sie alle sagten sich: „Das kann doch niemals der Wille Gottes sein!“
Seine immer neuen Leidensankündigungen, mit denen Jesus sie auf alles vorbereiten wollte, was geschehen musste zur Erlösung aller Welt, die konnten sie weder hören, noch verstehen, noch annehmen. Sie nämlich erwarteten – wie ganz Israel – den Welten-Richter, nicht aber den Retter und aller Welt Erlöser.
Und Jesus erinnerte Simon daran und sprach: „Und habe Ich euch nicht gescholten und gefragt, wes Geistes Kinder ihr seid, als ihr Höllenfeuer und Gericht für alle einfordern wolltet, die nicht gewillt waren, Mich jetzt schon anzunehmen? – wo ihr Mich selbst, so wie Ich wahrhaftig bin, doch ebenso-wenig wolltet und angenommen habt!“
(E)
Und Er gab weiter Zeugnis von Judas: „Sieh doch, was für einen hoffnungsvollen Anfang jener gemacht hat, der so furchtbar endete! Hatte er nicht auch alles aufgegeben und zurückgelassen für Mich – wie ihr?! Er hatte so große Hoffnungen und Erwartungen in Mich gesetzt – nur mit so unsäglich viel Unverstand!
Jener Unglückselige aber verstand einfach nicht, und wollte und konnte es darum auch nicht begreifen – so, wie ihr aber alle! Und er nahm Ärgernis an Mir, gleichwie ihr aber alle, als Ich mit äußerstem Nachdruck erklärte, dass Ich keineswegs gekommen bin, allen Leiden auf Erden augenblicklich ein Ende zu setzen, weil diese Welt in ihrer Sündenverstrickung nicht anders zu retten ist, denn durch unsäglich viele Leiden.
So nahm er Anstoß an Mir und wandte sich ab von Mir, als er nicht mehr an sich halten konnte über seinem Unwillen und Ungemach: Da wollte er schließlich alles auf eine Karte setzen, selbst sogar Mein, wie aber auch sein eigenes Leben, um Mich zu nötigen, endlich Meine Macht zu offenbaren zu einem vermeintlich unverzüglichen Heil für alle Welt, und er verleugnete und verriet Mich in seinem Wahn darüber sogar – jedoch aus Unkenntnis und Unverstand! So wurde Ich ihm zu einem Stein des Anstoßes, wie aber auch ebenso euch allen, nur dass er darüber strauchelte und fiel.
Denn an ihm wurde nur offenbar und trat hervor, wie ein unseliger Trieb, was in euch allen schwelte und was darüber wahrlich in aller Welt brodelt, wofür Mir alle Welt in ihrem Unbill und Leiden abschwört und flucht – aus Unkenntnis und Unverstand.
Und wie jener alle seine Hoffnungen auf Mich gesetzt hatte, so verzweifelte er an Mir, mehr als ihr alle, wie er Mich auch, wie er meinte und wähnte, mehr liebte, als ihr alle! – ebenso, wie auch du! Nur verstieg er sich in den Irrwahn, Gott und Meine Sendung besser zu verstehen, als Ich selbst! Ihr alle aber liebtet nicht Mich, sondern euer liebgewonnenes Bild von Mir, das Ich nicht bin!
Aber weil er Mich mit hörenden Ohren nicht hören konnte und mit sehenden Augen nicht sehen konnte, wie ihr alle, weil sein Herz so verstockt und verschlossen war in seinen Wahnvorstellungen, wie Ich zu sein und zu wirken hätte, fand er, als er selbst es nötig gehabt hätte, wie kein anderer, auch nicht mehr Meinen WAHREN Trost, der selbst auch ihn so gern noch hätte retten und bewahren wollen!
Denn er war und blieb Mir über allem doch immer Mein geliebtes, nur so bedauernswert verirrtes Kind! Nur war es für ihn noch nicht an der Zeit. Doch wo er sich in Unwissen und Unkenntnis, wie Unglauben über Mein wahres Wesen und Meinen wahren Willen – selbst auch noch für ihn! – schon selbst gerichtet und sich selbst so bereits den Qualen der ewigen Feuersbrünste der Hölle ausgesetzt hat: Was sollte Ich ihn da noch richten müssen?! – oder gar wollen?! Meinst du wirklich immernoch, Mein Wille sei »Gericht«?!
Und der Herr seufzte: „Tragisch! Tragisch! Ach! Wirklich tragisch! Erblicke doch mit den Augen der Barmherzigkeit in Meiner Wehmut, was für eine tragische Gestalt und was für ein armer Teufel jener Teufel ist!
(F)
Darum richte und urteile nicht über diesen deinen Bruder, wenn du selbst nicht gerichtet und verurteilt werden willst! Denn keinem Sterblichen steht es zu, über irgend eine andere Seele zu richten oder den Stab zu brechen, als allein Gott, dem HERRN. Die göttliche Liebe aber urteilt anders, als die Menschen es tun. Ihr nämlich richtet und verdammt alle Wege; Ich aber bin gewaltig, gewaltig an Kraft des Herzens, und Ich richte und verdamme eben gerade nicht! – und niemanden! Sondern Ich weiß um alles und verstehe alles!
Siehe, ihr alle habt jenen Judas zu eurem »Asasel« gemacht! Ihr habt alles auf ihn gelegt, was ihr an euch selbst nicht ansehen und wahrhaben wollt, und ihn so an eurer statt als »Sündenbock« in die Wüste, zum »Asasel«, ja, zum »Teufel« in die Hölle geschickt. Ist es nicht das, was schon das Gesetz über euch kündet?!
Aber wahrlich, Ich sage dir: Jedes Opfer, das dem Asasel dargebracht wird, soll auch für den Asasel sein!
Denn sollte Gott wirklich dem Asasel irgendwelche Opfer darbringen lassen und jenem Satan irgend ein Opfer lassen, das jenem ruchlosen Verkläger Ehre einbringt?!
Ich sage dir: Niemals! Denn das Lamm, das dem HERRN als Opfer dargebracht wurde, hat fürwahr alle Sünden getilgt, so dass es keines weiteren Sündenbockes mehr bedarf, der überdies – über den EINEN, der sich bereits für alle hingegeben hat – in die Wüste zum Asasel – das ist unter den Fluch völliger Gott-Verlassenheit und -Verdammnis, in die Hölle – geschickt werden müsste – nicht einmal der allerletzte und allererste Asasel selbst, der – bei all seiner Größe und Macht und Majestät und Herrlichkeit und all seinem Schrecken – in Meinen Augen doch auch nur ein kümmerliches, bedauernswertes, erbarmungswürdiges gefallenes, gestraucheltes Gotteskind ist!
Allein darum steht es geschrieben, und allein darum geschieht es und erfüllt es sich auch, dass ihr an jedem Asasel, an jedem Sündenbock, den ihr – an eurer statt – aus euren eigenen Reihen erwählt und den ohne jede Gnade das harte Los des Asasel trifft, erkennt, was das gerechte Geschick und Ende von euch allen wäre – nach euer aller Gerechtigkeit, aber nicht nach der Meinen – an allen, die der Asasel sich zum Opfer macht, wenn da nicht jenes Opfer wäre, das der HERR sich selbst auserkoren hat und dass Er selbst in allem, wie auch für alle ist.
Darum richte nicht über jenen, den das Geschick ereilt hat, das auch dir dann zugestanden wäre und auch wahrlich gedroht hat, und mache ihn nicht auch du zu deinem Asasel! Denn jener bist du – und du kein anderer, als jener ist! Sondern fürchte dich darum vielmehr, dass dich nicht am Ende auch noch in deiner Selbstverkennung und Überheblichkeit ein ebensolches Geschick ereilt!“
(G)
Da ergrimmte Simon, so aller seiner eigenen Schuld und Verdammungswürdigkeit überführt, zutiefst in seinem Geist und weinte bitterlich; – und er fragte, wie er sich je von seiner Sünde wieder reinwaschen können sollte.
Der Herr aber erklärte: „Das musst du nicht. Siehe, das habe Ich schon längst für dich getan! Aber nicht für dich allein, wie auch nicht allein für all jene, die Mir gefolgt sind und noch folgen werden, sondern wahrlich – Amen – für ausnahmslos alle!
Denn Ich kenne auch die allerletzten Regungen und Bewegungen und Sehnsüchte aller eurer Herzen unter all euren Irrungen und Wirrungen und erkenne euch alle als Meine Kinder. Und in Meinen Augen und nach Meinem Urteil seid ihr alle makellos und rein, einfach nur unreife, untüchtige, unwissende Kindlein, alle Meine Kleinen!
Siehe: Dein Treuebruch besteht nicht vorrangig darin, dass du gescheitert und gestrauchelt bist! – Denn wer tut das nicht?! – sondern darin, dass du – bei allem – noch immer über andere, vermeintlich noch Schlechtere, noch tiefer Gefallene urteilst und richtest, und mit Verdammungswünschen den Stab brichst! Darin vor allem anderen kränkst und verletzt du Mich!
Denn in wahrhaft nichts unterscheidet ihr euch von allen anderen, die noch ungläubig sind, wie auch sie sich nicht unterscheiden von euch, sondern ihr seid lediglich VOR-erwähllt, ihnen Zeugnis abzulegen von Meiner unverlierbaren Liebe gegen ausnahmslos alle, wofür Ihr allein des Geistes ERSTLINGS-Gabe empfangen habt, um sie zu lösen aus des Teufels Strick, der vormals auch eure Herzen gebunden hat!
(H)
Darum geh hin, und tue an deinem Bruder, der nach seinem unseligen Tun den Tod eines Verfluchten gestorben ist: tue an ihm, wie du es für dich selbst gewünscht hättest, wenn dich sein unseliges, beklagenswertes Schicksal ereilt hätte! Denn wahrlich, Ich weiß darum: Auch du selbst warst nicht fern davon! – wenn Ich nicht für dich gebeten, sondern dich aufgegeben hätte!
Nimm seinen Leichnam und bestatte ihn, wie es einem jedem Kind aus dem Hause Israel gebührt! Denn es ist und bleibt doch in seiner ganzen Vollzahl Mein! Und auch er bleibt ein Kind Abrahams und Gottes! – wie geschrieben steht: »Nehmt einen jeden ab, der aufgrund eines todeswürdigen Vergehens und Versagens am Fluchholz verenden muss! Seine Leiche soll auch nicht eine Nacht am Fluchholz bleiben! Sondern du sollst ihn unbedingt noch am selben Tag begraben und ihn nicht unter dem Fluch lassen, auf dass der Fluch Gottes nicht ebenso in gleicher verdienter Weise auch über dich und dein ganzes Haus kommt!«
Denn niemals kann dies der Wille Gottes sein, dass, wer auch immer sich selbst unter den Fluch gebracht hat, unter dem Fluch bleiben soll! Darum sollt ihr keinen von euch unter eurem Fluch belassen!
Oder hast du vergessen, was Ich ihm bis zuletzt blieb und ihm auch bekannte, auch wenn er selbst es vergessen und verloren und verraten hat?! …: ein Freund! Denn meinst du, Ich hätte nicht um sein Ende gewusst, als Ich ihn erwählt habe?! Meinst du, seine Untreue könnte Meine Treue aufheben, dass Ich Mich selbst verleugnen könnte, nur weil er Mich jetzt verleugnet hat?! – wie auch du! – und dass Ich darum nicht mehr das in ihm sähe und fände, was Ich von allen Uranfängen an, als Ich ihn aus Mir schöpfte und hob, gesehen und gefunden habe?!
(I)
Meinst du, er bliebe nicht von Mir geliebt und auch erwählt?! – auch wenn die Vollzahl Meiner zwölf Apostel nach dem Fleisch wiederhergestellt werden muss für das Fleisch, dass aller Wellt ersichtlich wird, dass Ich Mir ein neues Gottesvolk zeugen will aus allen Nationen durch jene Meine neueren zwölf Stammväter, so dass ein anderer, wie es recht und billig ist, an die Stelle des gefallenen zwölften Apostels Judas treten muss, in jenes hohe Amt, das er verschmäht und verraten hat, so dass ein anderer für diese Würde auserwählt werden muss, zu tun und zu wirken, was einstmals ihm zugedacht und bestimmt war – zu seiner eigenen Beschämung und ihn überführenden Schmach! – jedoch nicht der, den ihr erwählt, sondern der, den Ich Mir erwählt habe: einen, der ebenso, wie Judas, auch schon einmal an Mir irre geworden war und ebenso im Selbstmord geendet ist, und dem Ich dennoch nachging und nachgehe, um noch Meine Herrlichkeit in Meiner Gnadenwahl und unbeirrbaren Berufung seiner so tief gefallenen Seele vor aller Welt zu offenbaren.
Darum: Meinst du, Ich würde – trotz allem, was geschehen ist – nicht auch diesem verlorenen Schaf Meiner Herde nachgehen nach dem Willen des Vaters, dass auch nicht EINES Seiner Kleinen verloren bliebe, bis Ich es denn gefunden hätte, und es Mich und sich selbst wieder gefunden hat, um es selbst heim zu tragen an Meinem Herzen unter Meinem Gewandbausch?!
Und wenn Ich auch weit über neun mal neunundneunzig mal neunhundert-neunundneunzig mal neuntausend-neunhundert-neunundneunzig Schafe habe, sollte Ich wirklich auch nur EIN EINZIGES von ihnen zurücklassen in seiner Verlorenheit?! Habe Ich es euch nicht in einfachsten Gleichnissen und Bildern dargelegt, die selbst auch das kleinste Kind versteht?!
Denn wahrlich, Ich sage dir: Auch wenn er gerichtet wurde nach seinem Fleisch, auf dass das Ende allen Fleisches in seiner Fleischlichkeit offenbar werde – und was der Lohn des Satans für alle seine ihm getreuen Diener ist, so soll er doch noch errettet werden nach dem Geist an Meinem Tag, auf dass die ewige, weit größere Kraft des Geistes offenbar würde, in der ein ewiges Sühneopfer dargebracht worden ist zur Versöhnung wahrhaft aller Welt aus der Kraft dessen, der alles in allem wirkt und alles mit sich in Sein Leben zieht.“
(J)
Als der Herr dies aber gesagt hatte, richtete er den Blick des Simon auf sich, und Simon erkannte, dass Er durchbohrt war an Händen und Füßen, wie auch an Seiner Seite.
Und der Herr blickte ihm tief in die Augen, voller Liebe, und sprach: „Simon! SIMON! Mein »Petrus«! Mein »Fels«! Sieh auf Meine Hände und Füße und Meine Seite, und sei nicht länger ungläubig, sondern gläubig! Siehe, ihr seid Mir ALLE in Meine Wundmale gezeichnet! – UNVERLIERBAR und AUF EWIG!“
Mit diesen Worten aber entschwand der Herr unversehens vor den Augen des Petrus, zuerst Seine Gestalt, zuletzt aber Seine dreifaltigen Wundmale.
Und Petrus erhob sich und tat, wie ihm vom Herrn gewiesen worden war. Und er ließ den Verräter und Christus- und Selbst-Mörder Judas begraben auf dem Blutsacker, welchen jener als Lösegeld für das Leben seines Herrn erworben hatte, mit den Worten: „So ist es der Wille des Herrn, der allen Fluch auf sich genommen hat. Darum fürwahr: »Kein Fluch soll mehr sein!« –
… auch nicht auf dem Blutsacker für die Ausgestoßenen und Fernen. Denn Christi, des neuen Abels Blut, ruft anders, als des alten Abels Blut.“
Und weil er das gesagt und getan hatte, so ging auch er, Simon Petrus, vom Grab seines Bruders, des gefallenen Apostels Judas, dem er Barmherzigkeit erwiesen hatte, von dannen befreit und erleichtert auch von seiner eigenen Schuld.
Der verdorrte Feigenbaum aber, den der Herr verflucht hatte und der unter seiner Last zerbrochen war: er zeigte doch schon bald, nachdem er abgehauen worden war, wenn auch kümmerlich, fast unmerklich, wieder einen allerersten winzigen Trieb.