1-A: Wer kommt da nach Jerusalem?

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Es geschah aber in den Tagen, als Joseph und Maria mit ihrem kleinen Jesus-Kind bereits ein Jahr lang am Rande der Stadt Davids in einer bescheidenen Lehmhütte wohnten, die Joseph dort von der Mitgift Marias hatte errichten lassen (a), siehe, da geriet die Hauptstadt Jerusalem in helle Aufregung wegen dem aufsehen-erregenden Einzug von zwei großen prächtigen Karawanen, die zeitgleich vom Norden, wie vom Süden kommend in der Heiligen Stadt eintrafen; denn der Einzug dieser beiden Kolonnen glich königlichen Prozessionen: so herrlich und prunkvoll, wie sie selbst bei Herodes dem Großen oder dem Eintreffen von römischen Legaten noch nicht gesehen worden waren.

Vom Norden her ritten über den Schafmarkt auf drei majestätisch geschmückten Kamelen – unter Baldachinen thronend – prachtvoll in schwarz und weiß gekleidete und mit viel Silber und Gold behängte hohe Persönlichkeiten ein, deren Turbane denen von Königen oder geistlichen Oberhäuptern aus dem fernen Orient glichen (b), gefolgt von weiteren drei, auf ebenso herrschaftlich herausgeputzten edlen Rössern sitzenden, nicht minder prunkvoll gekleideten erhabenen Führern mit grün schillernden Schleppen, die über den Hinterlauf ihrer Pferde ausgebreitet waren, sowie eng anliegenden schmuckreich durchwirkten farbenprächtigen Hosen und seltsam anmutenden roten helm-artigen Kapuzen, wie sich die höchsten aramäischen Priester im nördlich von Israel gelegenen, gebirgigen Syrien zu kleiden pflegten.

Und dieser erhabene Einzug jener Fürsten aus dem Morgenland, über den nördlich unterhalb des Tempels gelegenen Schafmarkt und am Teich Bethesda vorbei, zur empor-ragenden Burg Antonia hinauf, fand in Begleitung von viel Fußvolk statt, das offensichtlich deren Dienerschaft war und schwer bepackte weitere Kamele, sowie eine große Anzahl ebenso beladener Maultiere mit sich führte.

Nicht weniger atemberaubend prachtvoll war die königliche Prozession, die sich, vom südlichen Wasser-Tor her kommend, durch die Unterstadt Jerusalems nach Norden zum Tempel hinauf bewegte – vorbei an der westlich gelegenen Oberstadt mit dem Essener-Viertel auf dem Berg Zion im Süden und dem oberen Königspalast von Herodes dem Großen mit seinen drei Türmen Hippikus, Phasael und Mariamne in der hoch-gelegenen westlichen Stadtmauer im Norden, sowie an den prachtvoll in der westlichen Oberstadt empor-ragenden Caesareum und Agrippeum vorbei, – bis jene feierliche Kolonne schließlich den unteren Palast des Herodes im Norden der Jerusalemer Unterstadt erreicht hatte, den einstigen Hasmonäer-Palast, welcher direkt der süd-westlichen Ecke des nord-östlich gelegenen Tempels gegenüber lag, um von dort, unter der gewaltigen Tor-Brücke hindurch, weiter durch die im Tyropoyon-Tal gelegene Nordstadt, westlich an der längsseitigen mächtigen Tempelmauer des Heiligtums des HERRN entlang, ebenfalls zu der noch weiter im Norden alles überragenden gewaltigen Burg-Feste Antonia hinauf zu ziehen.

Im Zentrum dieses prächtigen Konvois befanden sich ebenfalls Kamele, auf deren ersten, ebenso unter einem Baldachin, ein in königliche glutrote Gewänder gehüllter, gleichfalls mit viel Goldschmuck behängter altehrwürdiger Herrscher mit einem zwiebel-förmigen, kronen-ähnlichen Turban ritt, dessen dunkle Hautfarbe unter seinem silbergrauen Bart und seinem rasta-lockigem Haar verriet, dass er ein hoher arabischer Ethnarch sein musste.

Dieser Regent, dessen Kamel an der Spitze noch einige weitere, schwer beladenene Höckertiere folgten, hatte zu beiden Seiten seines majestätisch in Rot und Gold geschmückten erhabenen Kamels edle Reiter auf Maultieren in seinem Gefolge, die – genau wie die Priester im Heiligen Tempel von Jerusalem – mit weißen leinern-baumwollenen Gewändern bekleidet waren und sich von den Cohenim und Leviten in Jerusalem lediglich durch ihre dunkle, mitunter sogar tiefschwarze Hautfarbe unterschieden, was darauf schließen ließ, dass es sich ebenfalls um Priester des Gottes Israels handeln musste, die mit ihrem Patriarchen aus dem Königreich Saba im äußersten Süden von Arabien oder aber sogar überdies auch von Äthiopien an der Ostküste Afrikas herauf-gezogen waren, da man dort seit den Tagen des großen Königs Salomo ebenfalls den Gott Israels verehrte (c) und Ihm sogar Heiligtümer nach dem Vorbild des salomonischen Tempels errichtet hatte.

So kam es, dass sich zeitgleich von zwei Seiten, sowohl vom Norden als auch vom Süden her, ein königlicher Prozessionszug durch die Heilige Stadt zur Burg-Feste Antonia, dem imposantesten Palast des Königs Herodes an der Nord-West-Ecke über dem Heiligtum Gottes, hin zubewegte. Und ganz Jerusalem geriet in helle Aufregung, was dies wohl zu bedeuten hatte. Denn noch nie hatte man solche Pracht und Herrlichkeit in der Heiligen Stadt einziehen sehen (d).

Herodes ließ die Fürsten, wie von je her den nimmer endenden Strom von erlesenen Gästen aus aller Welt, auf der Burg Antonia in Empfang nehmen. Denn sie hatten freilich Boten voraus-gesandt, die ihren Besuch angekündigt hatten, dass sie herauf gezogen wären, um dem König der Juden zu huldigen.

Darum begab sich der idumäischer Herrscher auch kurz nach ihrem Eintreffen in der großen Empfangshalle der Festung Antonia persönlich hinunter zu seinen Gästen – hoch erfreut darüber, dass er offensichtlich wenigstens im ganzen Orient und Umland Israels zu Ruhm und Ansehen gekommen war, der ihm in seinem eigenen Volk der undankbaren Juden versagt blieb, obwohl er die Hauptstadt Israels, wie auch die Hafenstadt Caesarea und Sarmarias Hauptstadt Sebaste, in solch großartiger hellenistischer Pracht und Herrlichkeit hatte erstehen lassen, dass diese Städte selbst der strahlenden Weltstadt Rom in nichts mehr nachstanden, und er über allem aber den Tempel des HERRN schon seit Jahrzehnten zu solch majestätischer Erhabenheit ausbauen ließ, dass sich selbst der einstige Tempel des großen Königs Salomo dagegen ausmachte, wie eine provisorisch errichtete Stiftshütte (e).

1-B: Wo ist der neugeborene König aller Könige?

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Als Herodes, der sich gerne als »der Große« rühmen ließ, seinen Gästen gegenübertrat, die, wie er von ihren vorausgeschickten Abgesandten wusste, aus allen vier Himmelsrichtungen, aus Medopersien, Mesopotamien und Syrien, sowie aus Süd-Arabien und Äthiopien in die Heilige Stadt Israels gekommen waren, um ihm, wie er meinte, Ehrerbietung zu erweisen, da musste er allerdings bald zu seiner großen Enttäuschung und Verärgerung feststellen, dass sie nicht etwa seinetwegen nach Jerusalem heraufgezogen waren, um ihn als dem König Israels ihre Aufwartung zu machen – wie es einstmals der ganze vordere Orient bei dem großen, strahlenden König Salomo getan hatte, der den ersten Tempel des HERRN in damals so noch nicht da-gewesener Pracht hatte errichten lassen (a).

Denn sie erklärten: „Wir sind von den vier Enden der Erde heraufgezogen, um dem NEUEN König der Juden zu huldigen, der, wie wir wissen, vor kurzem in diesem Reich geboren worden sein muss – jenem, welcher einstmals die glorreiche Herrschaft über alle Welt antreten wird, von einem Ende des Himmels bis zum anderen (b).

Wir haben nämlich Seinen Stern aufgehen sehen, der seit Seiner Geburt vom Morgenland bis zum Abendland alle Welt überstrahlt; und wir sind darum gekommen, Ihm zu huldigen und Ihm die Ehre zu erweisen (c), da wir zu der Erkenntnis gelangt sind, dass in Ihm der Sohn des Höchsten selbst in die Welt gekommen ist (d), aus dem königlichen Geblüt des David (e), dessen Geburt nicht allein von all euren Propheten angekündigt worden ist, sondern überall auf dem ganzen Erdball durch geistgesalbte Gott-Gesandte prophezeit worden ist“ (f).

Als aber dem König Herodes das zu Ohren kam, entsetzte er sich und er wurde über alle Maßen bestürzt (g). Herodes der Große nämlich hatte zwar mehr als sieben Söhne von den zehn verschiedenen Frauen, die er im Laufe seines Lebens hatte. Doch diejenigen von ihnen, die er nicht schon selbst hatte hinrichten lassen, da er meinte, sie hätten sich gegen ihn verschworen, um ihn zu stürzen, waren alle bereits ausgewachsene Männer und überdies nicht von einer Davidin geboren worden, so dass keiner von ihnen – was ihr großes Glück war! – in Frage kam, jener neugeborene König der Juden zu sein, der von den Propheten der Juden als der einstige Messias und Erlöser Israels angekündigt worden war.

Und auch Herodes selbst war nicht aus dem königlichen Geblüt des David, aus dem der Messias kommen sollte. Er war in den Augen der Israeliten nicht einmal ein wirklicher Jude, da er dem Geschlecht der Idumäer entstammte, den Nachkommen des Esau (h), welche unter den Hasmonäern als Proselyten dem jüdischen Volk hinzugetan worden waren (i).

Und allein durch die Gunst Roms war Herodes nach seinem Vater, dem Antipater, an die Macht gekommen und vom Römischen Imperium als ein Vasall und Lehnsmann über Israel eingesetzt worden, nachdem er mit Hilfe der Römer den letzten aufständischen Hasmonäer besiegt hatte – nämlich den Antigonus Mattathias, den Zweiten, den Sohn von Aristobulos, dem Zweiten, der mit seinem Bruder Johannes Hyrkanos, dem Zweiten, um die monarchisch-hohepriesterliche Thronfolge gestritten hatte.

Da Herodes aber aufgrund seiner nicht-jüdischen Abkunft von den Juden niemals als ihr König anerkannt worden war (j), erbebte er bei dem Gedanken, dass nun derjenige emporkommen sollte, welcher in den Augen des jüdischen Volkes der rechtmäßige Erbe seines Thrones war; denn er war ein von allen gefürchteter Tyrann, persönlich wohl tapfer, doch grausam und von solch tiefen Misstrauen gegen jedermann beherrscht, dass er selbst in seinen nächsten Anverwandten heimliche Rivalen und Verschwörer gegen sich auszumachen glaubte und schon einige von ihnen hatte töten lassen: nämlich seine Frau Mariamne aus dem königlichen Hohepriester-Geschlecht der Hasmonäer, sowie die beiden Söhne, welche sie ihm geschenkt hatte, da sie das königliche Blut der einstigen Hasmonäer-Dynastie in sich trugen und – im Gegensatz zu ihm – Nachkommen der Makkabäer waren, die einstmals das Volk Israel von den Seleukiden befreit hatten.

1-C: Seid ihr euch wirklich sicher?

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Herodes aber verstand es glänzend, gegenüber seinen Gästen seinen inneren Unmut und heimlichen Groll darüber zu überspielen, dass sie nach einem neugeborenen König fragten, der einstmals über Israel herrschen sollte an seiner statt. Denn der idumäische Herrscher besaß unübertreffliches diplomatisches Geschick und verstand sich bestens auf hinterhältige Ränke. Darum war es ihm ein Leichtes, freudige Überraschung zu mimen.

Und Herodes erklärte: „In der Tat erwartet unser Volk schon seit geraumer Zeit die Ankunft des Messias! Doch ist bis jetzt noch nirgends im ganzen Land etwas davon bekannt geworden, dass dieser nun endlich geboren worden sein soll!

Denn dann wären wir schließlich auch schon alle hingezogen, um Ihm zu huldigen, und ich hätte Ihn an den königlichen Hof geholt, um Ihn herrschaftlich zu erziehen wie meinen eigenen Sohn, um Ihn auf Seine große göttliche Aufgabe vorzubereiten, einstmals die Herrschaft über alle Welt anzutreten und eine Ära des Friedens unter allen Völkern und Nationen in Recht und Gerechtigkeit unter der Ordnung des Allerhöchsten, des Gottes und Herrn über das ganze Menschengeschlecht, herauf zu führen! (a)

Darum bin auch ich, wie ihr euch denken könnt, von je her begierig, zu erfahren, ob jenes uns verheißene göttliche Kind bereits geboren worden ist! Doch obwohl das ganze Land Israel nach Ihm beständig Ausschau hält, ist noch von keinem Ort die Kunde hervor-gedrungen, dass Er nun endlich in die Welt getreten wäre!

Darum sagt mir: Seid ihr euch wirklich sicher, dass untrügliche Zeichen von den Himmeln her erschienen sind?“ Sie beteuerten: „Wir sind es, und wissen aus der geschulten Erkundung aller Bewegungen am Sternen-Firmament über eine Unzahl von Generationen geübter Astrologen: Die Sterne lügen nicht! Niemals!

Überdies haben uns die unzähligen Prophezeiungen an dies euer Volk in unserer astrologischen Erkenntnis bestätigt, dass der große König über alle Welt nunmehr in Israel geboren sein muss, den euer ganzes Volk als seinen Messias erwartet.

So ist es uns unmöglich, dieses Land zu verlassen, bevor wir Ihn nicht gefunden und Ihm die Ehre erwiesen haben! (b) Denn, wie schon gesagt: Die Sterne lügen nicht! Und wenn sich selbst die Himmel Ihm zuneigen, so müssen auch wir auf Erden es tun! Und wehe uns, wenn wir, die wir gewürdigt wurden, es als Erste erfahren zu dürfen, dem nicht nachkommen würden, wie sich´s letztlich für alle Welt gebührt!“ (c)

Da antwortete Herodes: „Nun, wenn dem so ist, so dürft ihr versichert sein, dass auch ich nicht mehr ruhen kann, bis ich denn in Erfahrung gebracht habe, wo das göttliche Kind geboren worden ist. Denn wie ich euch schon bekundet habe, bin auch ich schon von Kindesbeinen an von Sehnsucht ergriffen und verlange danach, Ihn zu finden und zu sehen (d), wobei sich nun auch meine Hoffnung ins Unermessliche steigert, wenn denn sogar, wie ihr es beteuert, schon die Gestirne am Himmel Seine Geburt bereits anzeigen und die Weiten des Kosmos Seine Niederkunft künden.

So will ich die höchsten Schriftgelehrten meines Volkes versammeln und sie befragen, ob sich in unseren Heiligen Schriften, nach denen wir leben, irgendwelche Weissagungen unserer Propheten finden, wo jener König aller Könige und Herr über allen Herren (e) in diese Welt treten soll.

Seid bis dahin meine Gäste! Würdige Unterkunft ist für euch bereits eingerichtet worden. Ihr könnt euch in meinen königlichen Parkanlagen und Gärten von eurer beschwerlichen Anreise erholen oder aber dem Allerhöchsten, den ihr, wie ich mit Freuden vernehmen darf, genauso verehrt, wie wir, in unserem Tempel Ehrerbietung erweisen, den ich, wie ihr feststellen werdet, schon seit vielen Jahren zu unvergleichlicher Pracht und Herrlichkeit ausbauen lasse (f), wie es dem Allmächtigen als dem höchsten Gott über allen Göttern der Welt gebührt (g).

Heute abend sollt ihr dann bei einem großen Festmahl meine Gäste sein. Dann müsst ihr mir alles noch einmal genauestes in allen Details berichten, wie ihr aus den Himmeln die frohe Kunde erhalten habt, dass der Sohn des Höchsten nun endlich geboren worden und in unsere Welt getreten ist. Ich meinerseits werde euch dann über alles in Kenntnis setzen, was ich in Hinblick auf den Ort Seiner Niederkunft in Erfahrung bringen konnte.“

Das gefiel den angereisten Oberhäuptern aus den Nationen ausgesprochen gut. Denn Herodes hatte ihnen so viel Wohlwollen, Gunst und Ehrerbietung entgegen gebracht, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Verdacht schöpfen konnten, wie unliebsam ihr Erscheinen für ihn tatsächlich in Wahrheit war.

1-D: Was künden die Propheten?

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Daraufhin rief Herodes alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zu sich und ließ sie in den einstigen Hasmonäer-Palast am Ende der Unterstadt gegenüber dem Tempel versammeln, wo Herodes seine Herrschaft über Israel ausübte – nämlich den amtierenden Hohenpriester Simon Ben Boethos und seinen Stellvertreter Zacharias (a), der für die Koordination des priesterlichen Dienstes am Hause des HERRN mit dem Ausbau des Tempels verantwortlich war, sowie das einstige geistliche Oberhaupt Israels, den Ananel, und den ehemaligen Hohenpriester Jesus Ben Phiabi, nebst allen Ältesten Israels, die den siebzigköpfigen Hohen Rat der Juden bildeten (b).

Denn Herodes wollte von ihnen erfahren, ob es eine Prophezeiung bezüglich des Geburtsortes des Messias geben würde (c), den ganz Israel brennend als seinen Erlöser erwartete (d). Und so fragte er sie als die höchsten Schriftkundigen Israels: „Sagt mir: Wie heißt es in den Schriften von dem Messias? Gibt es eine Weissagung, wo Er geboren werden soll? – damit ich hingehen und es denen künden kann, die um Seinetwillen aus allen Himmelsrichtungen gekommen sind“ (e).

1-E: Wäre es nicht besser, sie im Ungewissen zu lassen?

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Da ergriff Zacharias das Wort und gab zu Bedenken: „Wäre es nicht ratsamer, die Könige und Weisen, welche zu uns nach Jerusalem herauf-gezogen sind, darüber im Unklaren zu lassen? Denn es ist schon ganz Israel in heller Aufregung wegen der Kunde (a), dass diese Oberhäupter aus fernen Ländern gekommen wären, jenem zu huldigen, der einstmals nicht allein der König Israels sein soll, sondern der Herrscher über alle Regenten der Erde! (b)

Wenn wir diese Erhabenen nun zu einem bestimmten Knäblein führen würden: Würde dies nicht die Hoffnung im ganzen Volk bestärken, dass der Messias Israels tatsächlich geboren worden ist, was mit Sicherheit auf kurz oder lang zu Unruhen und Aufständen führen würde, durch welche über das ganze Land, wenn es in Aufruhr gerät, ein unbeschreibliches Blutbad hereinbrechen könnte? (c) Denn die Römer werden es ganz gewiss nicht hinnehmen, wenn sich ein neuer König mit dem Anspruch, der Messias zu sein, gegen alle Machtträger in Israel, sowie gegen die Regenten in aller Welt erhebt!“ (d)

Zacharias, welcher der stellvertretende Hohepriester in Angelegenheiten des Tempel-Ausbaus war, wusste nämlich genau, dass in Jesus, dem Sohn seiner Nichte Maria (e), der Erlöser der Welt bereits tatsächlich in Bethlehem geboren worden war.

Und er wollte das Kind schützen und verhindern, dass Sein Aufenthaltsort bekannt würde. Denn er durchschaute den Herodes sehr wohl, dass dieser danach trachtete, das Knäblein ausfindig zu machen, um es unverzüglich töten zu lassen (f), ehe es heranwachsen würde und ihm zu mächtig werden konnte.

Aus diesem Grund riet er dem Herodes: „Darum hielte ich es für besser, jenen Majestäten, die aus aller Herren Länder zu uns herauf-gezogen sind, schlichtweg mitzuteilen, dass wir von keinem solchen göttlichen Kind wissen, das unter uns geboren worden sein soll, so dass sie unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen, ohne die unbegründete Hoffnung im Volk noch zu nähren, dass der Messias, den ganz Israel erwartet, nun endlich tatsächlich irgendwo, an einem bestimmten Ort, geboren worden wäre.“

Herodes aber erklärte: „Gut gesprochen, hoch-geschätzer Priester Zacharias, und auch überaus wohl durchdacht! Allerdings dürfen wir nicht übersehen, welche Mühen jene hohen Gelehrten und geistlichen Führer ihrer Völker bereits auf sich genommen haben, dass sie wahrhaftig von den entlegensten Enden der Erde hierher nach Jerusalem heraufgezogen sind.

Sie sind der festen Überzeugung, dass ein bedeutendes königliches Kind in Israel geboren worden ist, da ihnen dies unübersehbare Zeichen am Nachthimmel gekündet hätten. Und als ich ihnen beteuerte, dass es kein derartiges Kind am königlichen Hof gäbe, da erklärten sie mir, ohne sich verunsichern zu lassen, dass jener Knabe dann irgendwo anders in Palästina geboren worden sein müsse, mit der Begründung: »denn die Sterne lügen nicht«!

Überdies machten sie auf mich den Eindruck, dass sie durchaus auch in unseren Heiligen Schriften bewandert sind, da sie darum wussten, dass das Volk der Juden einen Messias erwartet, welcher dem untergegangenen königlichen Geblüt des David entstammen würde (g).

Aus diesem Grunde glaube ich nicht, dass sie sich von uns entmutigen lassen werden und unverrichteter Dinge in ihre fernen Länder zurück ziehen würden, sondern vielmehr weitere Forschungen anstellen würden, wo der Messias Israels geboren worden sein könnte, und damit noch weit mehr Aufsehen im ganzen Land erregen würden.

Und was, wenn sie am Ende tatsächlich in den Schriften der Propheten selbst noch fündig würden? Welches Licht würde dies vor allem Volk auf uns alle werfen, wenn wir diesen Suchenden dann doch ganz offensichtlich vor aller Welt Augen unsere Mithilfe versagt hätten, den einstigen großen König Israels ausfindig machen zu können?

Darum, wie sehr uns allen dies auch aufstoßen mag: Da halte ich es doch immer-noch für sinnvoller, ihre Wege selbst zu lenken, damit wir sie genauestens überwachen können, um zu sehen, zu welchem vermeintlichen Erlöser sie ihr Weg am Ende noch führt, zumal mittlerweile mit Sicherheit in ganz Israel bekannt geworden ist, weswegen sie zu uns heraufgezogen sind. So können wir wenigstens erkunden, welches Kind sie für den Messias halten, den ganz Israel erwartet. Auf diese Weise entgleitet uns die ganze unangenehme Sache wenigstens nicht.

Denn jener Knabe würde auf ihre Aufwartung hin ganz gewiss zu einem Hoffnungsträger werden für ganz Israel, das wegen der Ankunft dieser Astrologen und Magier und königlichen Priester aus aller Welt bereits jetzt in höchster Aufregung ist (h).

So können wir das Ganze im Auge behalten und rechtzeitig einschreiten, ehe sich im Geburtsort jenes vermeintlichen Erlösers ein unseliger Unruheherd entwickelt, der den Frieden in ganz Israel gefährden würde; und wir können kontrollieren, ob sich die ganze unangenehme Sache wieder beruhigt und ganz von selbst wieder im Sande verläuft (i), ober aber, ob sich aufgrund der misslichen Begebenheiten, die sich soeben ereignen, in jenem Knäblein, wenn es heranwächst, der Wahn manifestiert, tatsächlich der von Gott gesandte Erlöser und Befreier Israels zu sein; und wir können beobachten, welchen Einfluss dieser vermeintliche Messias mit zunehmendem Alter auf das Volk gewinnt – und dies alles, ohne auch nur den geringsten Verdacht zu erregen und in Verruf zu kommen, gegen den gottgesandten Retter Israels zu streiten und Widersacher des Höchsten zu sein, wenn wir uns jetzt diesen Fremden gegenüber kooperativ zeigen und begierig, mit ihnen den Erlöser Israels ausfindig zu machen, um Ihm in gleicher Weise zu huldigen.“

1-F: Was gedenkst du, mit dem Kindlein zu tun?

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Da fragte Hillel, ein angesehener Rabbi unter den Pharisäern: „Wenn jene nun tatsächlich ein solches Kind ausfindig machen sollten, auf dem ihrer Meinung nach eine göttliche Verheißung zum Heil der ganzen Welt liegen würde und den sie für den König Israels halten, der unserem Volk prophezeit worden ist: Was gedenkst du dann mit diesem Kindlein zu tun?“

Da erklärte Herodes: „Nun, ich werde Rom davon unterrichten, welche Gefahr für den Frieden in Palästina von diesem Kind ausgehen könnte, und dazu raten, es mit Seiner ganzen Sippschaft ins Exil zu verbannen, in eine Provinz am anderen Ende des Römischen Imperiums, möglichst weit entfernt von Israel.

Und die Römer werden meinem Gesuch mit Bestimmtheit nachkommen, wie sie auch meinem Rat Folge geleistet haben, in ihrer Volkszählung als erstes die Ballungszentren der Daviden ausfindig zu machen, da ganz Palästina erwartet, dass der Befreier Israels aus dem königlichen Geschlecht des David erstehen wird und hervor-kommt.“

1-G: Nur ja nicht in Ungnade fallen!

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Dieser Plan des Herodes gefiel schließlich den meisten Mitgliedern des Sanhedrins. Denn ihnen allen war klar, dass dies den Frieden im Land nur massiv gefährden konnte, wenn die Hoffnung auf einen Messias im einfachen Volk genährt und geschürt würde, da sich alle Juden von dem Idumäer Herodes und von den Römern ihrer Freiheit beraubt und unterdrückt und ausgebeutet fühlten.

Denn alle Hohen Rats-Herren wussten, dass dies auf kurz oder lang zu einem Aufstand gegen Herodes führen würde, wenn das Volk endlich seinen vermeintlichen Erlöser gefunden zu haben glauben würde, sowie, dass der edomitische Beherrscher Israels jedwedes Aufbegehren im Volk mit der Unterstützung der unbezwingbaren Weltmacht Roms brutal und unbarmherzig niederschlagen würde (a).

Und sie wagten auch nicht, selbst in offene Opposition zu Herodes zu treten, wenngleich er auch in ihren Augen ein verhasster fermdländischer Herrscher über Israel war. Denn vor allem die Sadduzäer, welche die Mehrheit im Hohen Rat bildeten, wussten ganz genau, dass er auch misstrauisch und feindselig gegen sie selbst eingestellt war, da sie einstmals durch das hohepriesterliche Herrscher-Geschlecht der Hasmonäer zu Reichtum, Macht und Einfluss in Israel gekommen waren – jene makkabäische Dynastie, welche Herodes bereits mit Stumpf und Stiel skrupellos hatte ausrotten lassen, ohne vor seiner eigenen Familie, seiner Frau Mariamne und den Söhnen, welche sie ihm geschenkt hatte, Halt zu machen.

Auch wussten sie, wie er ihren Einfluss auf das Volk zu unterwandern und zu untergraben suchte, indem er die Priesterschaft der frommen Essener, die sich von ihnen, den Sadduzäern, abgespalten hatten, förderte, indem er sie direkt in der Heiligen Stadt auf dem Berg Zion eine neue Siedlung errichten ließ, nachdem ihr »Lager Gottes« (b) am Toten Meer durch ein Erdbeben zerstört worden war, wie er sie überdies als heilige Arbeitskräfte mit der ehrwürdigen Aufgabe des Ausbaus des Tempels betraut hatte (c).

Jene zaddukäische Priesterschaft der frommen »Chassidim«, wie sie von den Juden genannt wurden, hatte sich nämlich von der sadduzäischen Priesterschaft abgesondert, da sie in ihren Augen unter den Makkabäern völlig verweltlicht waren. Und diese essenische Nachkommenschaft des Hohenpriesters Zadok oder Sadduk (d), den auch die Sadduzäer als ihren Ahnherren betrachteten, wurde ganz offensichtlich von Herodes, wo immer nur möglich, begünstigt.

Folglich mussten die Sadduzäer, die den aristokratischen Priester-Adel im Volk Israel bildeten, selbst darauf achten, bei Herodes nicht noch mehr in Ungnade zu fallen, der alle misstrauisch im Auge behielt, deren Einfluss seine Machtstellung gefährden konnte. Und sie wussten, dass er ein Günstling Roms war, so dass vier seiner Söhne, Antipas, Archelaus, Philippus und Manahen sogar am Hof des römischen Kaisers erzogen und für ihre spätere Herrschaft über Israel im Sinne des Imperiums ausgebildet wurden (e).

Rom nämlich hatte ganz bewusst den Herodes als Herrscher über Israel bestellt, da der Idumäer kein strenggläubiger, fanatischer Jude, sondern ein gemäßigter Proselyt heidnischer Herkunft war (f), welcher der hellenistischen Gedankenwelt und Kultur, die im ganzen Römischen Reich das Leben prägte, durchaus weltoffen und aufgeschlossen gegenüberstand, wie es schon seine vielen großen Bauprojekte bewiesen:

So ließ Herodes nicht allein dem göttlichen Kaiser Augustus sowohl in Sebaste in Samaria als auch in Caesarea am Meer einen Tempel errichten, sondern sogar – zur großen Verärgerung aller frommen Juden – in der Vorstadt des Heiligen Jerusalems Amphitheater und Arenen aufbauen, wo alle vier Jahre zu Ehren des Kaisers Festspiele abgehalten wurden, wodurch er ganz Israel an die gottlose Lebensweise der Heiden zu gewöhnen suchte (g).

Umgekehrt verstand es Herodes nach dem Urteils Roms zugleich bestens, dieses aufsässige, höchst schwer regierbare Volk der Juden, das sich als das einzig auserwählte Volk Gottes auf Erden betrachtete und sich darum von niemanden beherrschen lassen wollte als allein von seinem Gott (h), in Zaum zu halten, indem er das Volk dadurch zu besänftigen verstand, dass er den Tempel ihres HERRN in unvergleichlicher Pracht ausbauen ließ (i) und die von allen wegen ihrer tiefen Frömmigkeit geschätzten Essener nach besten Kräften unterstützte und förderte.

1-H: Was gilt das Wort der Propheten?

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Schließlich schenkten die meisten Schriftgelehrten den Weissagungen der Propheten ohnehin keinen Glauben – insbesondere die Sadduzäer, welche die Mehrheit des Sanhedrins bildeten. Diese erkannten von je her allein die Thora des Mose als Heilige Schrift an, zumal die Propheten durchgängig gegen ihren rituellen Opferdienst im Tempel gewettert hatten und dem Volk erklärt hatten, es könne sich nicht durch Schlachtopfer bei Gott freikaufen (a), wenn es sich nicht auch redlich um ein gottgefälliges Leben bemühen würde (b).

Damit hatten die Propheten nämlich den ganzen Tempel-Kultus, welcher der Priester-Kaste zu Reichtum, Macht und Einfluss verhalf, grundsätzlich als Heuchelei in Frage gestellt (c). Ihrer Mahnung nach konnte sich jeder all diese heiligen Rituale sparen, der nicht gewillt war, umzukehren. Alle, die dies aber taten, hatten diesen ganzen aufgesetzten Kultus zur vermeintlich stets notwendigen Befriedung und Besänftigung eines angeblich rachsüchtigen, blutrünstigen Gottes, der begierig nach Opferfleisch verlangen würde, überhaupt nicht mehr nötig (d).

So unterwanderten die Propheten nach Ansicht der Sadduzäer die von Mose gestiftete göttliche Ordnung und konnten darum nimmermehr Gesandte Gottes gewesen sein.

Entsprechend betrachteten die Sadduzäer die Propheten, die früher, wie jetzt die Essener, zu ihnen in Opposition getreten waren und das Kommen eines Messias erwarteten, der nichts auf Opfer gäbe, sondern unbestechlich eine jede Seele nach ihrem Lebenswandel beurteilen würde (e), als reine Hirngespinste, mit welchem jene alles Volk gegen sie, die von Gott eingesetzte, herrschende Priesterklasse, anzustacheln suchten; und sie setzten alles daran, dem Volk solche Flausen und irrealen Hoffnungen aus dem Kopf zu treiben, um sie dazu zu erziehen, sich realistisch und nüchtern mit den tatsächlichen Gegebenheiten abzufinden und sich zur Vermeidung von noch größerem Unheil damit zu arrangieren.

Damit glaubten die Sadduzäer also weder an das Kommen eines Messias, noch an eine bevorstehende eschatologische Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse – ja, nicht einmal an eine allgemeine Auferstehung und irgendein Jüngstes Gericht (f), sondern allein daran, dass der Mensch sich durch ihren sadduzäischen Opferkultus im »Heute«, »Hier« und »Jetzt« ein besseres, angenehmeres Leben im Diesseits unter dem Segen Gottes sichern konnte, den zu vermitteln sie von Gott auserwählt worden waren (g).

Die Pharisäer und Rabbiner freilich, die sich – ohne der Priesterklasse anzugehören – durch ihre Gesetzestreue und tiefe Frömmigkeit Ansehen beim Volk erworben hatten, sahen das Ganze natürlich gänzlich anders: (h) Sie glaubten an eine Auferstehung (i) und an ein Jüngstes Gericht, sowie daran, dass die Gesetzestreue einer jeden Seele ihr einstiges ewiges Geschick bestimmen würde (j) – insbesondere die Einhaltung des Sabbats, von dem abhing, wann Gott Sein Volk für würdig erachten würde, ihm Seinen Messias zur Befreiung zu entsenden (k), um das Reich Gottes auf Erden zu errichten und die Toten aufzuerwecken, weswegen die Pharisäer auch auf die penible Einhaltung des Tages des HERRN drangen (l).

Die Pharisäer also schenkten den Weissagungen der Propheten durchaus Glauben, waren aber unter den Ältesten Israels von je her in der Minderheit.

1-I: Es gibt tatsächlich eine Prophezeiung!

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Folglich befand man die Erwägungen des Herodes in der Mehrheit für gut, wie diesem unangenehmen Erscheinen jener fremdländischen Magier und Astrologen mit ihrer Behauptung, durch ihre finsteren Machenschaften (a) Erkenntnis darüber erlangt zu haben, dass der Messias für Israel geboren worden sei (b), am besten beizukommen wäre, um den Schaden, welchen sie damit angerichtet hatten, möglichst klein zu halten.

Und der Sadduzäer Hannas, der unter den Schriftgelehrten zunehmend an Macht und Einfluss gewann, erklärte: „Nun, es gibt tatsächlich eine einzige Prophezeiung in Hinblick auf Seinen Geburtsort: in einer kleinen Schriftrolle eines weniger bedeutsamen Propheten namens Micha.

Dort heißt es: »Und du, Bethlehem-Ephrata im Land Judäa, bist keineswegs die Unbedeutendste und Geringste unter den Städten Judas; denn aus dir wird der große Fürst und König hervor-kommen, dessen Ursprünge bis in die Ur-Anfänge zurück reichen – ja, sogar bestehen von allen Ewigkeiten her. Der wird Mein Volk Israel weiden wie ein guter Hirte Seine Herde (c) und alle Feinde Israels, die sich über Mein auserwähltes Volk erhoben haben, wie Tonkrüge zerschlagen« (d).

So soll der Messias, da Er der »Sohn Davids« ist, folglich auch in Bethlehem, der Geburtsstadt des David, geboren werden“ (e).

Denn wenngleich Hannas den Propheten keinerlei Glauben schenkte, war er in ihnen doch bestens bewandert – im Wissen darum, welches Machtpotenzial darin für alle lag, die sich berufen fühlten, Israel zu befreien. Als nun Herodes die gewünschte Auskunft erhalten hatte, entließ er die Hohenpriester und Ältesten des Hohen Rats (f).

1-J: Was wissen die Heiden vom Messias?

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Freilich war auch ganz Jerusalem bei dem Einzug dieser ausgesprochen prachtvollen königlichen Karawanen vom Norden und vom Süden her, von so noch nicht gesehener Herrlichkeit, in helle Aufregung geraten, und man fragte sich, was dies zu bedeuten haben könnte (a).

Denn es sprach sich natürlich auch ebenso schnell herum, dass jene hohen Herrschaften und geistlichen Oberhäupter aus aller Herren Länder nach Jerusalem gekommen waren, um dem König aller Könige und dem Herrn über allen Herrschern der Erde (b) ihre Aufwartung zu machen, der nach ihrer Erkenntnis in Israel geboren worden sein müsse. Und diese Kunde verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Heiligen Stadt, sowie im gesamten Umland von Jerusalem.

So entflammte überall die Hoffnung: „Ist es nicht das, was die Propheten angekündigt haben, was nun vor unser aller begnadeten Augen geschieht? (c) Steht es so nicht sogar schon in den Psalmen: »Die Könige aus den fernsten Ländern bringen Geschenke, die Herrscher aus Saba kommen mit Gaben, um Ihm zu huldigen, weil Er es ist, den einstmals alle Völker dienen müssen. Er wird allzeit gesegnet werden von allen Nationen der Erde vom Morgen bis zum Abend hin, weil Er sich auch der Ärmsten der Armen erbarmt und niemanden verachtet, noch übersieht.« (d)

Wie es auch geschrieben steht beim Propheten Jesaja: »Sie alle werden kommen, von Medien und Saba, mit Weihrauch und Gold, um die Ankunft des HERRN zu verkündigen, mit Seinen ruhmreichen Taten« (e), dass alle sich fragen werden: »Wer sind die, die da aus der Steppe heraufgestiegen sind in Säulen aufgewiegelten Staubs, umduftet von Weihrauch und Myrrhe und dem erlesendsten Gewürzpulvern aller Händler?!«“ (f)

Und doch war ganz Israel darüber zutiefst irritiert und geradezu bestürzt und entsetzt (g). Denn alle verwunderten sich: „Wie kann das sein, dass die Sabäer davon Kunde haben (h) – und selbst die allerschlimmsten Heiden aus der satanischen Hochburg Babylon, der Widersacherin Gottes und der Heiligen Stadt Jerusalem: (i) Astrologen und Zauberer, Magier und Geisterbeschwörer, die doch mit den widergöttlichen Mächten der Finsternis im Bund stehen?! (j) – dass sie davon Kenntnis erlangen konnten und sogar herauf-gezogen sind, Ihm als ihren göttlichen Herrscher und Gebieter zu huldigen (k), wo der Messias doch nicht ihnen, sondern uns allein als dem einzig gottgefälligen Volk auf dem ganzen Erdkreis als Erlöser, Heiland und Retter verheißen worden ist, um das auserwählte Gottesvolk Israel über alle Nationen und Geschlechter zu erheben! (l) Denn Er ist doch allein zu Israel gesandt und ausschließlich dem Volk der Juden versprochen worden! (m)

Wie kann es da sein, dass die gottlosen Heiden, die doch durch Verblendung von ihren Dämonen, die sie als Götter verehren, gefangen gehalten und gebunden sind und die den Teufeln dienen (n), Kunde erhalten haben, dass der Sohn des Höchsten geboren worden ist? – vor uns! – während unsere eigenen geistlichen Führer und Oberhäupter, die Hüter Israels, davon offensichtlich keinen blassen Schimmer einer Ahnung haben! (o)

Denn sie zügeln und beschwichtigen, ermahnen und beschwören uns doch immerfort und beständig, ja nicht jedem erst-besten selbst-ernannten Erlöser Israels nachzulaufen zu unser aller Unheil und Verderben (p), solange nicht vom Hohen Rat der Messias ausfindig gemacht worden, zweifelsfrei erkannt und als der wahre gott-gesandte Erlöser ausgerufen worden ist!

So, wie kann das sein, dass die Heiden um Seine Geburt bereits wissen, unsere höchsten Schriftgelehrten jedoch nicht? (q) Kann das sein?! Darf das überhaupt sein?!

1-K: Der Messias am Hof des Herodes?!

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Und was ist davon zu halten, dass diese Gelehrten aus fremden Ländern den Retter Israels am Hof des Herodes suchen, der doch ein furchtbarer Widersacher Israels ist und der das ganze Hasmonäer-Geschlecht, das uns einstmals aus der Hand der Heiden erlöst und errettet hat, ausrotten ließ, um sich der Herrschaft über Israel zu bemächtigen?!“

Andere wiederum sprachen: „Vielleicht tun wir ja dem Herodes am Ende auch Unrecht, dass wir ihn verachten und als unseren König nicht anerkennen wollen, nur weil er ein Idumäer ist! Ist er nicht auch, wie alle Söhne Esaus (a), des Zwillingsbruders von Jakob-Israel (b), ein Sohn des Abraham? (c) – wie überdies alle Edomiter durch Beschneidung unter den Hasmonäern dem auserwählten Volk Israel hinzugetan worden sind! (d)

Und beweist Herodes seine Gottergebenheit nicht darin, das er den Tempel des HERRN in solch großer neuer Pracht und Herrlichkeit erstehen lässt (e), dass das Heiligtum Gottes einstmals alle Götzentempel überstrahlen wird?

Ist er es nicht, der die chassidischen Essener, die ausgesonderte wahre, reine, geheiligte zaddokidische Priesterschaft Gottes, auf den Berg Zion nach Jerusalem geholt hat und sie fördert, wo immer er kann, dass sie die ursprüngliche gottgewollte Ordnung wiederherstellen können?

Und war er es nicht, der uns alle in den Zeiten schwerster Hungersnot nicht allein einen Großteil der zu entrichtenden Steuern erließ, sondern uns alle überdies aus seinem eigenen Vermögen aus den Korn-Speichern Ägyptens völlig kostenfrei versorgte und ernährte und am Leben erhielt – ebenso, wie es einst der von Gott erwählte Joseph, der Sohn unseres Stammvaters Jakob, getan hatte (f), der ebenso von seinen Brüdern verachtet und nicht als ihr von Gott auserkorene Herrscher anerkannt worden war? (g) So tun wir alle dem Herodes vielleicht Unrecht, dass wir ihn allein wegen seiner nicht reinrassigen jüdischen Herkunft verachten!“ (h)

Solchen Mutmaßungen widersprachen aber wiederum auch viele im Volk, über die Maßen erbost und mokiert: „Das alles tut dieser Herodes doch nur aus reinem taktischem Kalkül und aus eiskalter Berechnung, um als vermeintlicher Wohltäter Gunst beim ganzen Volk zu erlangen! (i) Von wem hat er denn die Reichtümer, die er in Zeiten der Not an alle Welt austeilt? Sind es nicht die Steuern, die er uns zuvor aufgezwungen und abgenötigt hat?!

Und seht und erkennt ihr etwa nicht, wie er die Gott-Ergebenheit des ganzen Volkes zu unterlaufen und zu unterwandern sucht, indem er uns alle an den gottlosen Wandel der Heiden zu gewöhnen sucht, indem er nicht allein sogar vor der Heiligen Stadt Jerusalem Amphitheater, Arenen und Kampfbahnen errichten ließ (j), sondern überdies sogar den Kaiserkult fördert, indem er einem Sterblichen wie einem Gott in »Caesarea« und »Sebaste« ein Heiligtum errichten ließ (k) und diese Städte Israels sogar namentlich dem »Kaiser«, dem ach so »Erhabenen«, angeblich göttlichen »Sebaste« Augustus, geweiht hat?!

So ist doch aller Welt hinlänglich ersichtlich, dass er ein Diener Satans ist, der sich nur zu einem Engel des Lichts verstellt! (l) Auch bleibt er bei allem doch ein Edomiter, über die Gottes Urteil klar bekundet ist in der Weissagung: »Jakob habe Ich von je her geliebt, Esau aber habe Ich von Anfang an nur gehasst! Edom ist ein Land der Gottlosigkeit, das der HERR in Ewigkeit verwünscht hat!« (m)

Darum ist es gänzlich unmöglich, dass am Hof des Herodes der Messias geboren worden sein kann, der doch ein Sohn Davids ist (n) und unter dem die einstige glorreiche Dynastie des David wieder-erstehen soll (o), die nach Salomos Abfall untergegangen ist!“ (p)

So wusste ganz Israel nicht, was es davon zu halten hatte, dass heidnische Hoheiten von allen Enden der Erde in der Überzeugung nach Jerusalem herauf-gezogen waren (q), dass der verheißene Messias Israels geboren worden sein soll, und dass sie diesen am Hof des verachteten und verhassten Idumäers Herodes zu finden glaubten. Und man fragte sich: „Was hat dies alles zu bedeuten? Können sie dort etwa fündig werden? Wenn aber nicht: Wohin wird ihre Suche sie wohl noch hinführen?“

Denn ganz Jerusalem war klar, dass es sich bei dem König, dem zu huldigen gar heidnische Oberhäupter gekommen waren und dessen Geburt sogar die Gestirne verkündet haben sollen, wenn dies alles denn seine Richtigkeit hatte: dass es sich dann bei jenem Kind allein nur um den einstigen Weltbeherrscher handeln konnte, den Gott erkoren hatte, um Ihn auf ewig die glorreiche Regentschaft Davids über den ganzen Erdball anzuvertrauen (r).