17-A: Einladung bei einem Freund der einstigen Familie

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Maria Magdalena war es gar nicht wohl dabei, als Jesus Seiner Anhängerschaft eröffnet hatte, dass Er auf ihrer Pilgerreise in die Heilige Stadt zum »Sukkot«-Fest der »Laubhütten« (a) in Bethanien, das nahe bei Jerusalem lag, einen Mann mit Namen Simon einen Besuch abstatten wollte, den Er vor längerer Zeit vom Aussatz geheilt hatte (b).

Jener hatte den Meister nämlich aus überschwänglicher Dankbarkeit angeboten, dass Er jederzeit mit seiner ganzen Gefolgschaft bei ihm eingeladen wäre, wenn Er in der Gegend wäre, und Ihm versichert, dass er dann ebenso dafür Sorge tragen würde, dass alle Anhänger Jesu in seinem Heimatort auch Herberge finden könnten. Und der Herr wollte dieses Angebot nun dankbar in Anspruch nehmen.

Das Problem bei der ganzen Sache war nur: Jener Simon stammte aus einem Haus, das mit der Familie der Maria Magdalena gut befreundet war! Mirijam war nämlich in Bethanien aufgewachsen; und sie hatte zwei ältere Geschwister, Lazarus und Martha (c).

17-B: Vor der Vermählung mit dem Vergewaltiger geflohen

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Aber als Maria mit dreizehn Jahren mit einem angesehenen, frommen Mann aus ihrer Synagoge verheiratet werden sollte, nachdem dieser ihr Gewalt angetan hatte, war sie damals geflohen.

Denn keiner wollte ihr glauben, dass sie jenem gafernden alten Lustmolch keineswegs schöne Augen gemacht und ihn verführt hatte, sondern dass er vielmehr, als er dazu Gelegenheit gefunden hatte, über sie hergefallen war (a). Und da es sich bei diesem Täter um ein allgemein hochgeschätztes, spendenfreudiges wohlhabendes Gemeinde-Mitglied handelte (b), sie aber nur ein junges Ding war, wollte ihr niemand Glauben schenken, wie sich die ganze Sache in Wahrheit zugetragen hatte (c). Denn was galt schon die Behauptung eines jungen, fast noch unmündigen Mädchens gegen das eines betagten honorigen Mannes, der zudem in der ganzen Versammlung als höchst tugendhaft, gott-ergeben und fromm galt?!

So blieb der Mirijam seinerzeit nichts anderes übrig, als die Flucht zu ergreifen. Denn ihr Vater schenkte ihrer Schilderung keinerlei Glauben und wollte sie an diesen wohlhabenden Fürsten als ihrem künftigen »Ehe-Herren« ausliefern (d), da jener sein vermeintliches Recht beanspruchte, sie nun auch ehelichen zu dürfen (e), nachdem sie sich, wie er behauptete, an ihn geworfen und ihn zum Beischlaf ermuntert hatte.

Andernfalls wäre Maria nämlich aufgrund ihrer verlorenen Jungfräulichkeit und eingebüßten Unschuld entehrt gewesen und hätte niemals mehr einen anderen Mann finden können (f). Und so wäre sie für ihren Vater nicht nur zu einer lebenslangen Last geworden, sondern hätte überdies noch sein ganzes Haus entehrt; denn sie hätte dann als ein loses Frauenzimmer gegolten, das einem unbescholtenen Mann erst schöne Augen gemacht und ihn verführt hatte, dann aber nicht die Konsequenzen auf sich nehmen wollte (g), welche das Gesetz im Falle eines vor-ehelichen Geschlechtsverkehrs vorschrieb, dass sie sich dann auch für den Rest ihres Lebens dem Mann, der ihr beiwohnen durfte, als ihrem »Ehe-Herrn« hätte ergeben müssen.

Mirijams Bruder Lazarus, der ihrer Schilderung, was sich wirklich zugetragen hatte, wohl vielleicht sogar Glauben geschenkt haben mochte, hatte es seinerzeit allerdings nicht gewagt, sich gegen ihren übergestrengen Vater zu stellen; und Martha, ihre ältere Schwester, war ohnehin der Meinung, die Frauen hätten sich in allem klaglos in ihr Schicksal zu fügen, da schließlich nach Gottes Ordnung den Männern die Herrschaft über die Frauen gegeben worden war, wie diese auch allein bereits nach dem Bild des Höchsten gestaltet worden waren (h), weswegen Seelen, welche ins minderwertige weibliche Geschlecht hinein-geboren worden waren (i), das Heil nur erlangen konnten, wenn sie sich demütig in ihr gottgegebenes Schicksal fügten und sich den Männern ergeben unterordnen würden – hinlänglich, ob diese nun im Recht waren oder sich an ihnen vergriffen und ihnen schweres Unrecht antaten! (j)

Und nachdem Maria von ihren Geschwistern keinerlei Unterstützung und Fürsprache gegenüber ihrem knallharten Vater erfuhr, der wütete und tobte, sie hätte sich jenem unsträflichen Mann auszuliefern, nachdem sie ihn schon, wie einst Eva den Adam, zur Sünde verführt habe (k), um den Fluch, den sie damit über sie alle gebracht hätte, noch in Segen zu wandeln, indem sie nun auch die harten Konsequenzen ihres unzüchtigen Verhaltens auf sich zu nehmen hätte, da blieb ihr dann schließlich tatsächlich keine andere Möglichkeit mehr, als ihre heimliche Flucht.

17-C: Vom voraus-eilenden schlechten Ruf auf die schiefe Bahn gezwungen

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Anfangs konnte sie sich noch als eine einfache Dienstmagd ohne jede Rechte durchs Leben schlagen. Dann aber flog irgendwie ihre unrühmliche Vorgeschichte auf, die man freilich ihr anlastete, so dass sie nirgendwo mehr eine Anstellung fand. Denn keiner wollte ihrer Version der ganzen damaligen Geschehnisse glauben, da sie doch nur eine Frau war und ihr Wort gegen das eines frommen, altehrwürdigen Israeliten stand (a).

Da Mirijam aber eine ausgesprochen attraktive junge jüdische Frau war, wurden ihr bald von römischen Soldaten und Offizieren, sowie von wohlhabenden Griechen und vermögenden heidnischen Handelsreisenden unmoralische Angebote gemacht, denen sie schließlich erlag, weil sie anders keinerlei Auskommen mehr sah und ohnehin schon allen frommen, gottesfürchtigen Juden als eine Geächtete galt.

So war Maria auf die schiefe Bahn geraten und hatte als Freudenmädchen für die gottlosen Heiden im Heiligen Land ihren Lebensunterhalt verdient, bis schließlich Jesus in ihr Leben getreten war, sie vor ihrer Steinigung wegen schändlicher Hurerei bewahrt hatte (b) und ihr sogar gestattet hatte, sich Seiner Jüngerschar anzuschließen, obwohl sie doch nur eine Frau und zudem auch noch geächtet war (c).

17-D: Wie würde sich ihre Schwester nun zu ihr stellen?

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Doch mit ihrer Familie in Bethanien hatte Mirijam, die auch Magdalena genannt wurde, weil sie vor ihrer Begegnung mit Jesus in Magdala sesshaft war, seit ihrer Flucht keinerlei Kontakt mehr gehabt.

Dass ihr über-gestrenger, rigider Vater bereits verstorben war, wie auch jener Synagogen-Älteste, der sich an ihr vergriffen hatte, das hatte Maria schon in Erfahrung gebracht.

Aber wie würden sich ihre beiden weit älteren Geschwister, Lazarus und Martha, zu ihr stellen, die bestimmt ihrerseits umgekehrt schon längst erfahren hatten, auf welche schändlichen Abwege sie in den Augen aller frommen, gottesfürchtigen Juden gekommen war, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen?

Sie hätte ja seinerzeit schließlich auch reumütig zurück-kehren und sich doch noch in ihr Geschick als ergebene Sklavin jenes nach ihr gierenden, lüsternden Ältesten fügen können, der darauf aus gewesen war, sie als ihr »Ehe-Herr« in Besitz zu nehmen (a), statt sich nun auch noch willig als ein loses Freudenmädchen einer allgemeinen Schändung durch zahllose gottlose Unbeschnittene zu ergeben – was überdies, im Rückblick, die Verleumdung jenes frommen Fürsten, er wäre von Maria verführt worden, schließlich nur noch weit glaubhafter hatte erscheinen lassen müssen!

So jedenfalls – da war sich Mirijam sicher – würde es mit Bestimmtheit ihre weit ältere Schwester sehen, die nach dem frühen Tod von ihrer beider Mutter mehr oder minder deren Rolle gegenüber Maria eingenommen hatte. Sie würde ganz bestimmt überhaupt nicht gelten lassen können, dass die Freier, welche Magdalena sich aufgrund ihrer betörenden Schönheit selbst auswählen konnte, weit respektvoller mit ihr umgingen, als jener vermeintliche, allgemein so hoch-geschätzte fromme Bethanier, der mit Gewalt in sie eingedrungen war.

17-E: Was würde sie erwarten?! Verständnis oder Verdammung?

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Darum fürchtete Maria sich davor, ihren Geschwistern in Bethanien zu begegnen. Denn einerseits wünschte sie sich freilich nichts so sehr, als wie eine Aussprache mit ihren Geschwistern, um sich ihnen erklären zu können, und, um ihnen irgendwie verständlich zu machen, dass es für sie damals einfach keinen anderen Ausweg aus ihrer misslichen Lage gegeben hatte; – ja: nichts hätte sie mehr von den Altlasten ihres früheren Lebens befreien können, die ihre Seele noch immer bedrückten, als sich auch noch mit ihren Geschwistern wieder aussöhnen zu können, nachdem Jesus sie aus ihrem verruchten, verkommenen Dasein heraus-geholt hatte, welches sie aber – bei Gott! – sich nicht freiwillig ausgesucht hatte, sondern in das sie durch die bedrückenden Ereignisse, die sie überrollt hatten, geraten war! – und doch fürchtete Mirijam nichts so sehr, wie eben diese Begegnung mit ihren Geschwistern.

Denn würden sie ihre einstige Entscheidung nachvollziehen können, die sie in Gegenwehr zu dem, was man ihr angetan hatte und überdies noch zumuten wollte, getroffen hatte, dem allen dann lieber noch ein verworfenes, allgemein geächtetes Leben als eine käufliche Frau vorzuziehen? Und Magdalena hatte unbändige Angst davor, für ihren damaligen Entschluss von ihren beiden Geschwistern bleibend verachtet und verdammt zu werden – insbesondere von ihrer älteren Schwester Maria, die ihr gleichsam zur Mutter geworden war, die es aber als die gottgegebene Pflicht aller Frauen ansah, sich demütig und klaglos in ihr Schicksal zu fügen, wie viel Unrecht ihnen auch immer geschehen mochte! (a)

Und jetzt beabsichtigte Jesus, Marias geliebter Meister, ausgerechnet bei Simon aus Bethanien einzukehren und nunmehr dessen einst ausgesprochene Einladung zu einem großen feierlichen Festmahl anzunehmen! (b) Da war es schließlich absehbar, dass Symeon auch alle seine besten Freunde und Bekannte einladen würde, um sie mit dem Mann Gottes bekannt zu machen, der ihn einstmals geheilt hatte, was für Maria bedeutete: dort würde sie ganz bestimmt auch ihren beiden älteren Geschwistern, dem Lazarus und der Martha, begegnen, da ihre Familien von je her eng befreundet waren.

Bei ihrem älteren, väterlichen Bruder Lazarus machte Mirijam sich weniger Gedanken: So gutmütig, wie dieser schon immer war, würde er ihr bestimmt alles nachsehen, was inzwischen vorgefallen war! Er würde sich wahrscheinlich sogar vielmehr selbst bei ihr entschuldigen, dass er ihr damals nicht entschiedener gegen ihren altersstarrsinnigen Vater zur Seite stand und nicht den Mut aufgebracht hatte, diesem in seinen rigiden Ansichten zu widersprechen und ihm die Stirn zu bieten! (c)

Aber Martha, die es als die gottgegebene Pflicht aller Frauen ansah, alles widerspruchslos hinzunehmen und ertragen und erdulden zu müssen, was ihnen von der Männerwelt diktiert wurde (d), und die sich selbst in unüberbietbarer Weise in ihr Schicksal gefügt hatte, in allem immer nur den Männern, dem Vater, wie dem Bruder, ergeben zu sein und zu dienen, ja, darin wohl sogar auch tatsächlich ihre höchste Erfüllung fand: (e) sie würde es bestimmt nicht schaffen, ihr, der Maria, ihrer kleinen Schwester, die sie zu rechter Demut hatte erziehen wollen, alles nachzusehen und vergeben zu können, weil Magdalena sich zu solch einer selbst-verleumderischen Aufopferung eben nicht in der Lage sah (f); sondern sie würde Mirijam wohl vielmehr dafür bleibend verachten und ihr ihren Ausbruch, der Schande über sie alle gebracht hatte, da sie zu einer Dirne geworden war, niemals verzeihen können!

17-F: Doch der Herr wusste sehr wohl Bescheid!

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Nun, Jesus hatte durch eine Vorhut, die Er nach Bethanien vorausgeschickt hatte, dem Symeon, welchen Er vom Aussatz gereinigt hatte, Seinen Besuch bereits angekündigt. Und als sie in der Ortschaft eintrafen, beauftragte Er Maria Magdalena und Judas Bar Simon damit, Besorgungen für Seine Gefolgsleute zu erledigen und die Herbergen für diejenigen Jünger von Ihm ausfindig zu machen, die bei Symeon keine Unterkunft finden konnten. Und der Meister hatte erklärt, dass sie erst später, nach verrichteter Dinge, zu dem Gastmahl nachkommen sollten, das Simon für Ihn und all Seine Anhänger ausrichten wollte.

Denn der Rabbi wusste wohl, was Seine Magdalena dort erwartete, und, welche Vor-Arbeit Er zu leisten hatte, um ihrer Schwester das Herz zu erweichen und sie milde und nachsichtig zu stimmen.

Bei dem Gastmahl trug Jesus dann nochmals Sein Gleichnis von den beiden verlorenen Söhnen vor, das Er schon einmal erzählt hatte, um Seinen Jünger, den Kephas, gegenüber dem Zöllner Levi Matthäus, gnädig zu stimmen, den Er dann ebenfalls in Seine Gefolgschaft aufgenommen hatte: (a) die Geschichte von dem EINEN Sohn auf der einen Seite, der sich dreist sein Erbe hatte auszahlen lassen und seinen alten greisen Vater im Stich ließ, um in die Welt zu ziehen, wo er allerdings alles Ererbte verprasste und schließlich am Schweine-Trog landete, bis er dann endlich wieder zur Besinnung kam und zu seinem Vater zurück-kehren wollte, und von dem ANDEREN Sohn auf der anderen Seite, der seinem Vater stets gedient hatte und zuerst keinerlei Verständnis dafür aufbringen konnte, dass sein Vater seinem missratenen Bruder alles nachsah und vergab – voll überschwänglicher Freude, diesen schon auf ewig verloren geglaubten, trotz allem aber dennoch unaufgebbar geliebten Sohn am Ende doch noch wieder-gewonnen zu haben (b).

Jesus erzählte nun dieses Gleichnis auch bei Symeon von Bethanien im Beisein von Lazarus und Martha, jedoch in einer etwas abgeänderten Variante: nämlich als die Geschichte von zwei Töchtern, wo die eine ihrem Vater stets in allem ergeben war und sich in um Anerkennung heischender Dienstbarkeit alles versagte, um ihrem Vater stets genehm zu sein (c), wohingegen deren jüngere Schwester aus allem ausbrach und die Flucht ergriff, weil sie sich nicht mit dem Mann vermählen lassen wollte, den ihr Vater ihr auserkoren hatte, woraufhin diese ebenso auf die schiefe Bahn geriet und schließlich völlig verelendete, bis sie reumütig zu ihrem Vater zurück-kehrte und von diesem freudig ohne irgendwelche Vorhaltungen wieder aufgenommen wurde.

17-G: Söhne dich doch bitte aus mit deiner wieder-gefundenen Schwester!

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Und Jesus erzählte, wie der Vater sich schließlich in gleicher Weise, wie in Seinem ursprünglichen Gleichnis, dann um seine treue Tochter bemühte, die es absolut nicht verstehen wollte, dass dieser ihrer so vom rechten Weg abgekommenen Schwester alles nachsah und ihr auch noch ein Festmahl bereitete, als sie endlich zur Besinnung gekommen und reumütig zurück-gekehrt war, und, wie jener Vater daraufhin dieser seiner schmollenden Tochter, die sich dadurch zurück-gesetzt fühlte, nachging und ihr erklärte: „Aber mein liebes Kind! Alles, was mein ist, ist doch auch dein! Und du hättest jederzeit auch mit deinen Freundinnen feiern und es dir gut gehen lassen können! (a)

Von Herzen würde ich dir´s gönnen, wenn du´s nur je auch in Anspruch nehmen würdest! (b) Du musst mir nicht immerfort selbstvergessen dienen, ohne dir auch je selbst etwas zugestehen zu dürfen, um mir genehm zu sein! Ich liebe dich doch, so, wie du bist, auch wenn du nichts vorweisen könntest! (c) Du selbst bist es, die du meinst, dir dies alles versagen zu müssen! (d)

Aber sieh doch: Deine arme Schwester ist so vom rechten Weg abgekommen, dass wir schon glauben mussten, sie sei uns auf ewig verloren gegangen! Und nun ist sie doch noch zurück-gekehrt, und gleichwie von den Toten wieder-auferstanden! Ist das kein Grund, überschwänglich von Freude erfüllt zu sein und ihre Rückkehr, ihre Heimkehr mit Jubel zu feiern?! (e)

So würde ich es auch ebenso tun, wenn du dich als Verlorene wieder-fändest und dich auf meine Liebe besinnen würdest, die doch auch dir immer und ewig gilt, wie fern du mir im Herzen auch immer sein magst! (f)

Darum flehe ich dich inständig an und beschwöre dich: Söhne dich doch bitte auch du mit deiner Schwester wieder aus und lass so das Fest für sie auch zu einem Fest für dich werden! (g) Denn dann habe ich euch beide als meine geliebten Kleinen, über alles geliebten Töchter wieder gewonnen, die sich einander auch wieder liebende Schwestern sind – in der Liebe, wie ich euch beide in gleicher Weise liebe und immer lieben werde, was auch immer sein und kommen mag, ohne eine von euch zu bevorzugen oder die andere zu verachten! (h)

Du bist doch ebenso gesucht und geliebt! Sonst wäre ich ja wohl jetzt auch nicht zu dir heraus-gekommen und hätte alle, die drinnen die Rückkehr deiner Schwester feiern, hinter mir gelassen, um auch dich wieder zu mir nach hause in Meine Obhut und Schirmung zu bringen!“ (i)

Und als Jesus dieses Gleichnis erzählt hatte, sprach Er zur Schwester der Magdalena: „Hast du zugehört, Martha? – und auch alles verstanden?“ Die verwunderte sich: „Aber ja doch! Freilich, werter Rabbi!“

Da sprach der Meister zu ihr: „Dann geh hinaus vor die Tür (j). Denn dort kommt nun auch DEINE Schwester, die ebenso verloren war, aber ebenso wieder gefunden worden ist von Meiner Liebe, mit der Ich sie liebe, wie Ich dich für deine stete Ergebenheit und unablässige Tatkraft und allduldsame Dienstbarkeit liebe! (k) Geh hinaus zu deiner einst so tief gefallenen Schwester, die mittlerweile Meiner Gefolgschaft angehört, und heiße sie willkommen! (l) Denn das ist es, wonach sie sich mehr, als nach allem anderen auf der Welt, verzehrt und sehnt! – wie auch Ich!“

17-H: Sei ein guter Vermittler!

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Als Marthas Bruder Lazarus das hörte, dass seine für immer verloren geglaubte Schwester vor der Türe war, und ihm nach ihr verlangte, da er sich selbst mehr in ihrer Schuld, als sie in Schuld an seinem Hause sah, fragte er wie ein Schuljunge den Rabbi, der direkt an seiner Seite saß: „Meister, darf ich auch?“

Jesus lächelte: „Aber natürlich! Dass du keine gesonderte Aufforderung brauchst, war Mir schon klar!“

Und sogleich sprang auch Lazarus auf, um seine zurückgekehrte kleine Schwester zu begrüßen.

Der Rabbi aber hielt Lazarus am Unterarm fest und flüsterte ihm noch zu: „Und was du damals bei deinem starrsinnigen Vater versäumt hast, das kannst du nunmehr in Hinblick auf deine Schwester, die Martha, wieder wettmachen. Denn trotz allem, was Ich versucht habe, deiner treu-sorgenden Schwester Martha klar zu machen, die sich nie etwas zu Schulden hat kommen lassen und sich darum mit Nachsicht denen gegenüber schwerer tut, die nicht so stark und standfest sind, wie sie selbst: (a) ihr gegenüber wird deine kleine Schwester Maria jetzt ebenso all deine Fürsprache und Vermittlung nötig haben, dass Martha ihr wirklich alles nachsehen kann, was bei Maria daneben gegangen und auf die schiefe Bahn geraten ist“ (b).

17-I: Alles zu versöhnen: dazu bin Ich gekommen!

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Also stürmte auch Lazarus seiner Schwester Martha nach, die bereits nach draußen gegangen war. Und nach einiger Zeit kamen alle drei Arm in Arm wieder zu den anderen herein: Mirijam überglücklich, wie auch total verheult in der Mitte ihrer beiden Geschwister; und auch Martha hatte, wie ihr anzusehen war, nicht weniger Tränen vergossen.

Und Jesus konstatierte: „So ist nun auch im Hause des Lazarus endlich Versöhnung eingekehrt! Denn allseits Versöhnung zu schaffen: dazu bin Ich gekommen!“ (a)