3-A: Lasst uns standhaft bleiben! Denn was hier geschah, war übermächtig!

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Als aber die römischen Soldaten, die unter dem Hauptmann Petronius (a) zur Sicherung des Felsengrabes abgestellt worden waren, in jener Nacht wieder zu sich kamen und den mächtigen Felsen vom Grab weggewälzt vorfanden, die Gruft aber leer – denn sie waren alle niedergestreckt worden, wie von einem Blitz (b), – da befiel sie alle Angst und Entsetzen über dem, was geschehen war, und dem, was ihnen wegen dieser Sache widerfahren konnte. Denn sie waren sich sicher, dass ihnen niemand Glauben schenken würde, sondern man ihnen vorhalten würde, sie wären allesamt eingeschlafen und hätten den Leichnam Jesu stehlen lassen (c). Und sie wussten alle, dass eine derartige Pflichtverletzung mit der Todesstrafe geahndet wurde (d). So geriet der ganze Wachtrupp in große Aufregung, und manche Soldaten wollten sich schon anschicken, sich unversehens das Leben zu nehmen (e).

Petronius aber, ihr Hauptmann, der für seine Strenge und seinen Todesmut bekannt war und bei allen hohes Ansehen genoss, verstand es, selbst jetzt noch, seinen Wachtrupp wieder zusammen zu bringen, indem er rief: „Männer! Soldaten! Reißt euch zusammen! Und dass es mir ja keiner wagt, Reißaus zu nehmen oder sich etwas anzutun! Wir sind doch keine Waschweiber! Wir sind Römer! – … Soldaten! Sollten wir uns nachsagen lassen, dass wir fahnenflüchtig geworden sind?!

Was immer sich hier gerade ereignet haben mag: Lasst uns unsere Standhaftigkeit unter Beweis stellen! Denn fürwahr: Was da geschah, war übermächtig! Wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen!

Und ihr wisst, welchen Ruf ich im ganzen Heer genieße! – und ebenso auch bei unserem Statthalter Pilatus! Wir werden uns also der Sache mannhaft stellen und getreulich berichten, was sich hier eben zugetragen hat! Oder wollt ihr etwa davonlaufen, euch ergreifen lassen und ohne jeden Grund ehrlos sterben?!

Fürwahr, ich bin als ehrenwerter Mann bekannt! Und euer Statthalter weiß aus eigener Erfahrung von meiner Zuverlässigkeit, sowie auch von meinem Todesmut! Denn wir hatten gar manche Schlacht Seite an Seite miteinander gekämpft! Wenn ich ihm nun bei meiner Ehre berichte, was geschehen ist, wird er mir Glauben schenken!

Denn wir strafen alle Lügen, wenn wir jetzt NICHT davonlaufen, wie verängstigte Weibsbilder, sondern uns allen Vorhaltungen mannhaft stellen, wie es sich für todesmutige römische Soldaten gehört! Oder sollten wir unsere Ehre beschmutzen lassen?! Und selbst, wenn man unserem Zeugnis nicht Glauben schenken sollte, so stünde dann doch wenigstens bis zuletzt gegen alle Anschuldigungen unserer Verkläger unsere eigene einhellige Beteuerung und unser beharrlicher Schwur (f).

So kann uns, was immer dies alles nach sich ziehen mag, doch keiner unsere Ehre nehmen, wenn wir denn standhaft bis zum Ende festhalten an unserem Zeugnis, was wir mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört haben, was aber so übermächtig war, dass es uns alle übermannen musste!

Aber ich weiß: Pilatus wird mir Glauben schenken, denn er verehrt wahrhaftig die Götter und weiß also darum, was diesen alles möglich ist! Und wer weiß: Vielleicht war jener, welchen diese jüdischen Barbaren unbedingt sterben sehen wollten, ja fürwahr ein Sohn unserer Götter (g) und selbst ein Gott! (h) Darüber müssen andere urteilen.

Wir aber wollen standhaft bezeugen, was wir gesehen und gehört haben, und sei´s um unser Leben, wie es sich für mannhafte Soldaten des Römischen Imperiums gehört, dem die Götter, wie aller Welt ersichtlich ist, höchst wohl gesonnen sind! Diese wissen um alles, was hier geschehen ist, und werden uns aufnehmen in ihren Kreis, wenn unserem Zeugnis tatsächlich keiner Glauben schenken sollte, dass einer von den Ihren oder ein von ihnen Gezeugter unter uns gewesen (i) und nun vor unser aller Augen von ihnen wieder zu sich geholt worden ist.

So wehrt allen Anflügen von Angst und Panik und allen Gedanken an Flucht oder schmählichen Selbstmord, wie römische Soldaten! Männer! Das seid ihr doch! Alle! So besinnt euch lieber darauf, was ihr gesehen und gehört habt, um mit mir unserem Präfekten getreulich Bericht erstatten zu können von den Dingen, die hier geschehen sind, in einer einhelligen Bezeugung aus unser aller Mund!“ (j)

3-B: Was ihr gefürchtet habt, ist nun eingetreten!

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Und mit dieser Kampf-Rede brachte der Hauptmann Petronius schließlich seinen ganzen Wachtrupp wieder in Reih und Glied hinter sich und begab sich mit seinen Soldaten unversehens, noch mitten in der Nacht, zum Statthalter, um ihm Bericht zu erstatten von allem, was geschehen war (a).

Und er ließ den Pilatus holen, was trotz der nächtlichen Stunde keinen Umstand darstellte, denn dieser war ohnehin wach von dem schweren Erdbeben um Mitternacht (b), und der Hauptmann Petronius berichtete dem Präfekten zunächst unter vier Augen alles, was sich zugetragen hatte. Denn er hatte das Vertrauen des Statthalters.

Pilatus aber schickte nach dem Hohen Rat und forderte, dass sich all seine Mitglieder unverzüglich einfinden sollten, und begab sich zusammen mit dem Hauptmann Petronius in die Vorhalle des Prätoriums (c), wohin er auch die Wachsoldaten bestellte, um sich von allen einzeln nacheinander berichten zu lassen, was sich zugetragen hatte.

Und wiewohl Pilatus dem Hauptmann glaubte, ging er die Soldaten hart an und ließ sie bei den Göttern schwören. Und sie erzählten dem Präfekten alles, was sie gesehen hatten, voller Unruhe und sprachen: „Wahrhaftig! Dieser muss ein Sohn der Götter gewesen sein! (d) Vielleicht am Ende gar der, an welchen die Juden glauben!“ (e)

Pilatus aber trieb sie in die Enge: „Wer versichert mir, dass ihr nicht eingeschlafen seid und man den Leichnam dieses Propheten stahl?!“ (f)

Da beschworen sie ihn und sprachen: „Bei unserer Ehre! Warst du nicht dabei, wie sich schon die Welt verfinstert hatte und die Erde aufriss, als Jener nur verschied?!“ (g)

Pilatus aber antwortete ihnen: „Ich will euch glauben um des Traumes meiner Frau willen“ (h).

Schließlich trafen auch alle Mitglieder des Sanhedrin ein. Und als sie sich alle vor dem Prätorium versammelt hatten und gemeinsam in dessen Vorhalle eintraten, da wirschte Pilatus sie über alle Maßen erbost an, ohne sich von seinem Stuhl zu erheben, der auf der Anhöhe der Vorhalle stand: „Was ihr gefürchtet habt, ist nun offensichtlich eingetreten! (i) – und dieser, den ihr durch unsere Hand kreuzigen ließt, ist nun wahrhaftig von den Toten auferstanden! Aber ich bin rein am Blute dieses Gottes-Sohnes! Das habt ihr zu verantworten! Denn ihr allein habt solches beschlossen!“ (j)

Sie aber versuchten, den Präfekten zu beschwichtigen: „Herr! Glaubt doch nicht leichtfertig, was diese euch künden! Sie haben nur geschlafen und den Leichnam stehlen lassen, und reden sich nunmehr heraus mit solchen Ammenmärchen!“

3-C: So wahr euer Gott leben mag: Dieser Jesus jedenfalls lebt!

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Da erboste sich der Hauptmann Petronius, der an der Seite des Präfekten stand, über solch üble Nachrede und ereiferte sich: „Bei meiner Ehre! Wenn dem so wäre und wir solch unzuverlässige Soldaten wären, wie jene Barbaren uns unterstellen wollen, so wären wir allesamt geflohen und untergetaucht, was hier in der Fremde wohl gar ein Leichtes wäre! Denn wir alle wissen, dass solch eine Nachlässigkeit des Todes würdig ist! (a)

Wir aber sind trotzdem gekommen und haben gemeldet, was sich in Wahrheit zugetragen hat, wie unglaubwürdig es auch immer erscheinen mag – selbst auf die Gefahr hin, dass uns niemand Glauben schenkt, um so unsere Standhaftigkeit zu beweisen! Denn wir wollen lieber ehrenvoll sterben, als Schande über unsere Häuser und Familien zu bringen!“ (b)

Die Hohenpriester aber ereiferten und empörten sich: „Es wäre doch keine Schande, wenn die Soldaten tatsächlich eingeschlafen sind, nach den anstrengenden Tagen des Passah, wo alles Volk in Jerusalem versammelt war und ihr den Aufruhr des Barabbas niederschlagen musstet (c) und darüber noch einen weiteren Aufstand der Zeloten fürchten musstet! Die Soldaten waren einfach zu erschöpft, um die ganze Nacht hindurch wachen zu können, und wurden, was nur allzu verständlich ist, schlichtweg vom Schlaf übermannt! (d)

Aber so wahr der HERR lebt: Dass jener auferstanden sein soll, wie jene berichten? Das ist einfach unmöglich! Das kann und darf nicht sein! Wir glauben euch nicht!“ (e)

Da erwiderte ihnen der Hauptmann Petronius: „So viele Zeichen habt ihr von jenem Menschen gesehen und seid nicht zum Glauben gekommen! (f) Wie also solltet ihr UNS da glauben, die wir in euren Augen doch alle gottlose Heiden sein sollen, die angeblich keine Gottesfurcht besitzen?! (g) Jener ist heute Nacht auferstanden! Und so wahr euer HERR und Gott leben mag: Jener Jesus jedenfalls lebt!“ (h)

3-D: Sagt mir, warum ich meinen eigenen Leuten nicht glauben sollte?!

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Der Statthalter aber war über die Maßen aufgebracht, da nun ganz offensichtlich das eingetreten war, was auch er selbst über allem am meisten gefürchtet hatte. Und Pilatus fuhr die Priester und Schriftgelehrten streng an: „Hört ihr, was dieser, mein Hauptmann sagt?! Sollte ich eure Mutmaßungen über das Wort eines römischen Offiziers stellen, der mir schon in mancher Schlacht todesmutig zur Seite stand und sich nie auch nur der geringsten Nachlässigkeit jemals schuldig gemacht hat?! Was gilt wohl mehr: Das Wort von zehntausend Juden oder das eines einzigen Römers?!“

Und der Präfekt wetterte weiter erbost in unbändigem Zorn: „Warum sollte es sich nicht zugetragen haben, wie diese getreuen Soldaten Roms hier standhaft, ohne den Tod durch eine Verurteilung zu fürchten, alle bis auf den letzten Mann vor uns allen hier bekunden?! (a) Sie hätten, wie ihr gehört habt, schließlich auch alle fliehen können!

Und passt das nicht alles zusammen?! Ihr selbst habt es doch miterlebt, wie sich schon zu Seiner Todesstunde der Himmel verfinsterte (b), dass euer auserwähltes Gottesvolk selbst in Panik, sich an die Brust schlagend umher-lief und nicht wusste, wohin (c), – und wie seit dieser Stunde, ausgehend von Jerusalem ein Beben auf das andere folgte, dass sich die Felsen spalteten und Häuser einstürzten und sogar, wie mir berichtet wurde, der Vorhang in eurem eigenen heiligen Tempel, der euer Allerheiligstes verbirgt, das niemand sehen darf (d), von oben bis unten zerriss! (e) Und hat es nicht fürwahr heute Nacht das schlimmste von allen Erdbeben gegeben (f), dass selbst ich danach keinen Schlaf mehr fand?! Sagt mir also, warum ich diesen nicht glauben sollte, was diese, die auch hätten fliehen können, ohne eine Strafe zu fürchten, hier mannhaft vor uns allen bekunden?!“

Und tatsächlich war Pilatus, wiewohl er sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen und über allem doch noch so etwas, wie überlegene Gelassenheit zu mimen, doch selbst in höchstem Maße beunruhigt über das, was ihm von Petronius und seinem Wachtrupp berichtet worden war. Denn er war schon bei der Verhandlung über Jesus zu dem Schluss gekommen, dass dieser wundertätige Prophet, den er verurteilen und hinrichten lassen sollte, mehr als ein gewöhnlicher Mensch gewesen sein musste (g) – ja, ein Heiliger, ein Sohn der Götter, in dem sich ihre Kraft manifestierte und wirksam wurde (h).

Und nachdem Jesus ihm selbst bezeugt hatte, Er würde nach drei Tagen wieder auferstehen und in die Himmel geführt werden (i), fürchtete Pontius nun ernsthaft, dass jener wahrhaftig von den Göttern aufgenommen worden war.

Über allem aber entsetzte ihn, dass sich dies ganz offensichtlich, nach dem, was ihm zugetragen wurde, nicht allein geistig in der jenseitigen Welt, vollzogen zu haben schien, sondern überdies sogar die Leibhaftigkeit jenes Heiligen mit einbezogen haben musste, so dass Er sogar in Fleisch und Blut in die jenseitigen Sphären der Götter entschwunden war (j). Denn solches hatte man noch von keinem Sohn der Götter gehört!

Ganz abgesehen von den Begleiterscheinungen seines Todes und Seiner Auferstehung in die Himmel: der Finsternis, die über das ganze Land herein-gebrochen war, wie die schweren Erdbeben, die seit der Stunde Seines Verscheidens eingesetzt hatten und sich bis zu Seiner Hinwegnahme zunehmend gesteigert hatten! (k)

So war Pilatus bereits durchaus geneigt, sich dem Glauben seiner Frau anzuschließen (l), dass dies nicht nur irgendein weiterer Sohn der Götter gewesen sein konnte, sondern dass Er DER Sohn des höchsten Götter-Vaters selbst gewesen sein musste, wenn nicht am Ende sogar dieser Allerhöchste selbst, der zu Seinen Menschenkindern hinab-gestiegen war! (m)

Darum trieb der Präfekt die Hohenpriester nun nicht mehr allein nur aus seiner bisherigen Lust, sie zu provozieren und zu reizen, in die Enge, sondern inzwischen wahrhaftig aufgrund von wahrer zunehmend sich steigernder Bestürzung über das, was seit seiner Verurteilung dieses Gerechten in Gang gekommen war (n), weswegen sich auch sein Hass ins Unermessliche steigerte gegen die, welche ihn zu dieser Untat genötigt hatten.

3-E: Dies alles können nur angsterfüllte Wahnvorstellungen gewesen sein!

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Als die Hohenpriester aber bemerkten, wie der Statthalter darüber in echte Rage kam, dass sie das Zeugnis seiner Soldaten in Zweifel zogen, da lenkten sie ein (a). Und der Hohepriester Kaiphas sprach: „Wir wollen ja garnicht in Zweifel ziehen, dass deine mannhaften Soldaten getreulich berichten, was sie vernommen zu haben meinen. Doch, wie ihr schon recht festgestellt habt, war heute Nacht erneut ein gewaltiges Erdbeben. Und fürwahr, es versetzte ganz Israel in Angst und Schrecken über die Dinge, die da kommen könnten (b), dass sie in Furcht und Entsetzen aufschrien: »Wehe über unsere Sünden! Denn das Gericht und das Ende der Welt ist herbeigekommen! (c) Wer aber sollte bestehen können bei Seiner Ankunft!« (d)

Jedoch: Es war ein Erdbeben! Nichts, als bloß ein Erdbeben! Eine gewöhnliche Naturerscheinung, wie sie immer wieder dann und wann auftritt, ohne dass man sagen kann, wieso und warum!

Das einfache Volk, Präfekt, verdammt und verloren, wie es ist (e), mag darin sehen, was immer es will; und es ist von je her äußerst abergläubig und einbildungsstark! Aber wir, hoher Statthalter, sind doch alle miteinander gebildete Menschen, und wissen, was wir von solchen Launen der Natur zu halten haben! So wollen wir auch garnicht in Zweifel ziehen, dass eure Soldaten gesehen zu haben glauben, was sie gesehen zu haben glauben! Doch lasst uns dies doch recht einordnen und beurteilen!

Sie haben sich das alles nur eingebildet und wurden lediglich von Schauder und Angst erfüllt, als das Erdbeben den Felsen vom Grab wälzte, dass sie meinten, da müssten höhere Mächte im Spiel sein! Es war aber lediglich das Erdbeben und nichts als das Erdbeben, was den Felsen von der Gruft weichen ließ!

Sie aber erschraken wohl so sehr darüber, dass sie meinten, es müsse der Tote sein, der in dem Felsengrab lag. Denn wir wissen, dass ihr Heiden alle von Aberglauben beherrscht seid und euch vor Dämonen und Gespenstern fürchtet (f).

So wenn dieser falsche Prophet selbst das ganze Volk Israel, das niemanden kennt als den HERRN, irre machen konnte mit der Rede von Seiner Auferstehung (g), warum nicht vielmehr auch euch, die ihr an derlei Dinge, wie auch an viele Götter und Dämonen glaubt?!

Denn siehe, als in dieser Nacht jenes schwere Erdbeben war, da meintet nicht ihr allein, Tote zu sehen! Sondern in ganz Jerusalem macht solches Gerede Umlauf, dass es seit dessen Verscheiden überall Erscheinungen von Toten gegeben haben soll! (h) Wenn selbst unser eigenes Volk, das niemanden fürchtet, als allein den HERRN, in Anbetracht der gewaltigen Natur-Ereignisse in den letzten Tagen, die sich keiner von ihnen erklären kann, vermeinte, solch übersinnliche Dinge zu sehen, wieviel mehr dann ihr, die ihr an Geister und Dämonen glaubt! (i) Von euch erst, wie auch von den Griechen, sind doch solch absonderliche Vorstellungen überhaupt erst in unser Volk eingedrungen und haben dessen Glauben an die alleinige Macht des Aller-Einzigen aufgeweicht und verkehrt!“ (j)

3-F: Wir wissen aus unseren heiligen Schriften, dass es derartige Dinge nicht gibt!

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Da widersprachen aber die Wach-Soldaten: „Nein, das war keineswegs alles nur das Erdbeben! Denn wir haben mit eigenen Augen gesehen, wie ein Gott aus dem sich öffnenden Himmel hernieder stieß, wie ein krachender Blitz, den Felsbrocken vom Eingang der Grabes-Höhle wälzte und sich darauf niederließ.

Sein Ansehen aber war wie gleißend blendendes loderndes Licht und sein Kleid weiß, wie stechend glitzernder Schnee. Und seine übermächtige Erscheinung erfüllte selbst uns mit Angst und Entsetzen! Denn wir waren völlig machtlos! Es riss uns vielmehr zu Boden und wir wurden wie Tote! Wir alle waren wie erstarrt und konnten uns nicht bewegen und hatten schon keine Hoffnung mehr, überhaupt noch einmal das Tageslicht erblicken zu können! (a) Zudem war der Leichnam dieses Propheten verschwunden, als wir wieder zu uns kamen!“

Da sprach einer aus dem Hohen Rat: „Nun, ihr spracht von einem Blitz! Vielleicht war ja ein Blitz unmittelbar vor dem Felsengrab eingeschlagen und hat euch alle niedergestreckt und betäubt?! Und während ihr besinnungslos am Boden lagt und jene Einbildungen, aus eurem furchtbaren Erschrecken gespeist, in euch aufstiegen (b), kamen Seine Jünger und haben den Leichnam entwendet!“

Und einer von den Sadduzäern ergänzte: „Präfekt! Wir wissen aus den Schriften und Offenbarungen unseres HERRN, der allein Gott ist über allem, dass es derlei Dinge nicht gibt: weder ein Leben für Tote (c), noch irgendwelche Toten-Geister oder Gespenster oder leiblose Seelen, noch eine Auferstehung (d). Sondern solche Lehren sind von den Heiden bei uns eingedrungen; und manche legen nunmehr selbst unsere heiligen Schriften in jenem griechischen Un-Geist aus.“

Die anwesenden Pharisäer aber, die in diesen Dingen anderer Meinung waren (e), widersprachen den Sadduzäern nicht; denn sie wollten sich nicht durch Streitigkeiten untereinander selbst vor den Heiden unglaubwürdig machen (f).

So sprach einer von den Pharisäern: „Siehe, Statthalter! Wenngleich auch wir in vielen Dingen untereinander verschiedene Ansichten vertreten, so sind wir doch alle darin übereingekommen und einhellig zu dem Urteil gelangt, dass dieser Jesus von Nazareth ein Volksverführer der allerschlimmsten Sorte war, der mit bösen Mächten im Bunde gestanden haben muss, welche Ihm Macht verliehen haben, das ganze Volk irrezuführen und zu täuschen! (g)

Siehe, selbst deine eigene Frau ließ sich durch diesen Magier durch furchteinflößende Träume verängstigen, einschüchtern und verzaubern!“ (h)

Pilatus aber zeterte: „Lasst meine Frau aus dem Spiel! – zumal ihr wisst, dass sie es mehr mit den Gebräuchen eures Glaubens hält, als allein mit den Göttern Roms! (i) Ihr Zeugnis steht mehr gegen euch, als für euch!“

Da sprach ein anderer von den Pharisäern: „Wir wissen, dass jener Umgang mit Dämonen hatte – und mit ihrem Obersten, dem Beelzebub selbst! (j) So war es Ihm gewiss ein Leichtes, durch Seine Zaubereien jene Wachmänner zu schrecken!“

Da schloss Pilatus: „So glaubt ihr also selbst, dass Er noch lebt und die Götter durch Ihn wirksam sind?!“ (k) Denn das Wort, das sie für „Dämonen“ verwendeten, hieß in seiner Sprache „Götter“.

Sie aber verneinten: „Nein, wir sagen nicht, dass ER noch lebt und die Dämonen durch IHN wirksam sind, sondern vielmehr, dass die Dämonen, denen Er diente und die ihnen darum dienstbar waren, weiterhin am Wirken sind (l). Sie haben deine Männer getäuscht. Darum sei nachsichtig mit ihnen und bestrafe sie nicht.“ (m)

Das sagten sie aber, weil sie insgeheim noch immer glaubten, dass die Wachsoldaten sich alles ersonnen hatten, um einer Strafe zu entgehen. Denn sie glaubten ihrem Zeugnis nicht (n). Und sie legten gutes Wort für die Soldaten ein, da sie die Grabstätte verlassen hatten, die zu sichern sie beauftragt gewesen waren (o), in der Hoffnung, diese dadurch dazu bewegen zu können, von ihren Berichten Abstand zu nehmen. Denn die Hohenpriester meinten, sie hätten sich dies alles nur ersonnen aus Furcht.

3-G: In jedem Fall ist es besser, darüber Stillschweigen zu bewahren!

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Dann sahen sich die Mitglieder des Hohen Rates einander Bestätigung gebend an und nickten sich zu; denn sie waren schon im Voraus übereingekommen, den Soldaten eine beträchtliche Summe Geldes zu zahlen, um sich ihr Schweigen zu erkaufen (a).

Und der Hohepriester Kaiphas sprach: „Statthalter! Wir haben euch noch nicht gebührend gedankt, dass ihr unseren Wünschen entsprochen und Wachen für uns abgestellt habt zur Sicherung jenes Grabes (b), und wir müssen nun zu unserem großen Betrüben feststellen, wieviel Unruhe und Unannehmlichkeiten wir dir und deinen getreuen Soldaten damit bereitet haben.

Darum wollen wir sie für ihre Dienste großzügig entlohnen – für all das, was sie von Jenem erlitten haben.

Allein, verpflichte sie bitte, über all das Stillschweigen zu bewahren! Nicht, dass durch deine eigenen Leute solch widersinnige Vorstellungen noch um sich greifen, jener sei tatsächlich von den Toten auferstanden und solche Gerüchte noch das ganze Volk abspenstig machen zu einen Aufstand gegen Rom!

Wenn deine Soldaten also jemand fragen sollte, was hier vorgefallen ist, sollen sie erklären: »Wir wurden von einem Blitzschlag niedergestreckt. Und Seine Jünger kamen und stahlen den Leichnam, während wir bewusstlos dalagen und schliefen.«“ (c)

Die Wachleute aber widersprachen: „Bei unserer Ehre: Nein! Denn wer wird solche Worte glauben?! Und wie könnten wir wissen, was geschehen ist, wenn wir geschlafen haben sollen?!“

Als die Hohenpriester aber Geld darboten, um die Soldaten zum Stillschweigen zu verpflichten (d), da wusste Pilatus, dass sie selbst glaubten, dass Er vom Tode auferstanden sei und sie alle selbst darüber von Furcht und Zittern befallen waren (e).

Da traten die Ältesten Israels alle vor zum Präfekten und baten und ersuchten ihn dringend, dem Hauptmann und den Soldaten zu befehlen, niemanden zu sagen, was sie gesehen hatten. „Denn es wäre fürwahr sogar besser für uns“, sagten sie, „uns selbst der größten Sünde vor Gott schuldig zu machen, da dieser mit Seinen Getreuen barmherzig ist, als in die Hände des unbarmherzigen Judenvolkes zu fallen und gesteinigt zu werden” (f).

Und zu Pilatus sagten sie: „Und auch dir ist’s besser, all das zu verheimlichen. Denn wenn solches bekannt würde, würde das Volk meinen, seinen Messias gefunden zu haben, und sie würden sich wider dich und Rom genauso, wie gegen uns, erheben! Wer aber könnte die feurige Glut dieses Volkes bändigen, wenn es erst entzündet ist?!“ (g)

Diese Anregung überzeugte schließlich den Pilatus; denn er wollte über allem doch Ruhe unter dem Volk. Über allem wusste er nicht, ob er am Ende dem Zeugnis der Soldaten Glauben schenken sollte, und wollte sie nicht für etwas bestrafen, was übermächtig war; denn er gedachte auch des Traumes, den seine Frau von jenem Propheten hatte (h), dass Er der Christus Gottes für das Volk Israel sein sollte, sowie für alle Welt (i). Also gewährte er es ihnen und war insgeheim dankbar und erleichtert über ihre Geld-Versprechungen und ihr Gesuch.

Und Pilatus sprach zu ihnen: „War Er der Messias und Gottessohn, den euer Volk erwartet, so wird es der Welt ohnehin nicht verborgen bleiben, sondern Er wird sich ihr selber offenbaren (j). Warum also sollten wir, die Heiden, Herolde des Judenkönigs werden?! Oder ist nicht unter euch die stolze Rede »Das Heil kommt allein von den Juden!«?“ (k)

Insgeheim hoffte Pontius aber freilich noch immer, dass auch er für sich selbst auf diese Weise wenigstens vor der Welt verborgen halten konnte, welcher unverzeihlichen Untat er selbst an diesem Gerechten Gottes schuldig geworden war.

Pilatus befahl nun dem Hauptmann und den Soldaten, zu niemandem etwas zu sagen (l), und über alles, was geschehen war, Stillschweigen zu bewahren, damit es nicht zu einem Aufstand komme. Und er fuhr fort: „Auch will ich nicht, dass diese Sache noch nach Rom getragen wird und vor den Kaiser kommt!“

Folglich nahm Petronius das Geld für seine Wachsoldaten entgegen und sie taten, wie ihnen geboten worden war, dass sie jedem unter den Juden, der fragte, erklärten, der Leichnam Jesu sei bei dem großen Erdbeben heimlich entwendet worden.

Darum verbreitete sich dieses Gerücht unter den Juden bis auf den heutigen Tag (m). Denn bald schon hatte der Hohe Rat überdies erlesene Männer ausgewählt und sie in alle Welt ausgeschickt, welche verkündeten, Jesu Jünger hätten Ihn aus der Gruft bei Nacht gestohlen.*

* Märtyrer Justin: Dialog mit dem Juden Tryphon, 155 n.Chr.

Gegenüber ihren eigenen Leuten aber verschwiegen die Soldaten nicht, was geschehen war (n). Denn sie wollten ihre Ehre nicht beschmutzen lassen und vermeiden, dass Schande über sie käme. So kam es, dass sich die Kunde von der Auferstehung des Herrn unter den Heiden schneller ausbreitete, als in Seinem eigenen Volk (o).

3-H: Streuung irreführender Gerüchte über den Auferstandenen

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Nachdem Jesus aber später in Galiläa von mehr als fünfhundert Menschen auf einmal gesehen wurde (a), die dies auch im Angesicht des Todes bis zuletzt bezeugten, brachte der Hohe Rat schließlich noch andere Gerüchte in Umlauf, die sich bis auf den heutigen Tag halten sollten: (b)

So ließen sie etwa die Lüge verbreiten, Jesus hätte Seine Kreuzigung überlebt, da man in der Meinung, Er sei schon verschieden, Seine Beine nicht gebrochen hatte (c), und die Jünger Jesu hätten anstelle von Jesus einen anderen in das Grab des Joseph von Arimathia gelegt, ehe die Hohenpriester das Grab hatten versiegeln und durch die römischen Soldaten hatten sichern lassen (d).

Da jener Leichnam aber freilich bereits in Leinentücher gewickelt war, hätten sie alle diese Täuschung erst später erkannt. Und freilich soll dann aber auch dieser Leichnam von den Anhängern Jesu heimlich entwendet worden sein, als in der Nacht zu Seiner angeblichen Auferstehung hin ein großer Sturm, verbunden mit einem starken Erdbeben eine weitere Bewachung des Felsengrabes unmöglich gemacht hätte (e).

Welche aber bei der Kreuzigung Jesu zugegen waren und das grausame Schauspiel Seiner Hinrichtung verfolgt hatten, wussten es genau und konnten dies auch bestätigen, dass Er wahrhaftig am Fluchholz verschieden war, denn Sein Herz wurde von einem der Soldaten mit einer Lanze durchbohrt, so dass Blut und Wasser aus Seiner Brust strömte (f).

Und siehe: Jener Soldat, der Ihm am Kreuz mit der Lanze durchbohrt hatte, kann es selbst bestätigen! (g) Denn er ist zum Glauben an den Herrn gekommen (h), weil er auch bei Seiner Auferstehung zugegen war. Und sein Name ist Longinus (i), und sein Zeugnis ist in der ganzen Gemeinde Roms bekannt (j).

Und obwohl die Juden es nicht widerlegen konnten, dass Er tatsächlich für alle Welt Sein heiliges Leben als Sühneopfer gelassen hat (k), wie Er auch für alle Welt ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat mit Seiner Auferstehung (l), so setzten sie doch alles daran, die Verkündigung dieses großartigen Evangeliums, das aller Welt Heil verheißt, in Misskredit zu bringen (m).

Ja, sie ersannen sich sogar derartige Lügen, wie die, Jesus sei überhaupt nicht gekreuzigt worden, sondern ein ihm Ähnlicher aus Seinem Jüngerkreis hätte sich als Jesus ausgegeben (n) und für Ihn geopfert und hätte sich an Seiner statt kreuzigen lassen, während Jesus bis nach Indien geflohen sei.

Manche behaupteten, jener Jünger, der für den Herrn sein Leben gab, wäre Judas Ischarioth gewesen, der Ihn in Wahrheit verraten und dem Sanhedrin überantwortet hatte (o).

Andere behaupteten, es wäre Jesu anderer Jünger mit Namen Judas gewesen, welcher von allen »Thomas«, in Griechisch »Didymus« genannt wurde (p) – das heißt: »Zwilling« (q) – weil er dem Herrn zum Verwechseln ähnlich sah: Auch von diesem Judas Thomas verbreiteten sie das Gerücht, er wäre an Stelle seines Meisters ans Kreuz gegangen, da jener bereit war, für seinen Herrn zu sterben (r) und Jesus überdies angeblich von ihm angekündigt haben sollte, er würde einstmals den bitteren Kelch trinken, der Ihm bestimmt war (s).

Da jener Apostel aber das Evangelium des Herrn ins Morgenland über ganz Persien bis nach Indien trug, wo er das Heil in der Erlösung aus dem Höllen-Rad der Wiedergeburt von unten durch die Wiedergeburt von oben verkündigte (t), und somit jener Jünger des Herrn in weiter Ferne war, konnten sich solche Behauptungen, er wäre an Stelle seines Herrn am Kreuz gestorben, im Abendland über geraume Zeiten hin halten (u).

Jener Apostel Thomas aber, der dem Herrn glich, wie ein Zwilling, und in der Kraft des Herrn – Ihm zum verwechseln ähnlich – gleich einem Mensch-gewordenen Gott (v) die Wunder des Herrn unter den Hindus und Buddhisten wirkte, wie er auch die Lehre des Herrn unter ihnen in Indien verkündigte (w) bis zu seinem Tod, soll in Wahrheit der Herr, Jesus Christus, selbst gewesen sein, der nach Indien geflohen wäre.

Alle aber, welche damals zugegen waren, konnten bestätigen, dass dem nicht so war, wie es die Widersacher der Wahrheit verbreiteten, denen der Teufel jeden Sinn für die Wahrheit verblendet hatte (x). Und viele von jenen wahren Zeitzeugen waren bereit, ihr Zeugnis mit ihrem Leben zu besiegeln, in der gewissen Hoffnung auf die Auferstehung, die ihr Erlöser, der zugleich aller Welt Heiland ist (y), restlos allen ganz sicher und gewiss erstritten und errungen hat (z) – wie auch ihr Christus Sein Leben als Siegel des Zeugnisses von der göttlichen Liebe gegen ausnahmslos alle gegeben hatte (aa).

Und die Zahl jener Blutzeugen lässt sich nicht fassen! Wer aber hat je sein Leben gegeben für dies betrügerische Zeugnis, dass der Erlöser aller Welt nicht für alle gestorben oder auferstanden sei?! So hat die Wahrheit unendlich viele Blutzeugen, die Lüge aber auch nicht einen!